Frühstücken – Packen – Losfahren. Keine Hickups, nichts, was uns aufhält und trocken ist es auch. Okay, so darf es bleiben. Nach keiner Meile biegen wir links auf eine Brücke ab, die nur deshalb erwähnenswert ist, weil sie keinen Belag hat sondern aus Eisengittern besteht. Ich kenne das nur von Treppen. Bremsen oder Kurvenfahren will ich hier nicht, brauche ich auch nicht, ist auf 15 mph beschränkt. Auf der andern Seite des Columbos haben wir Washington State verlassen und sind in Oregon. Basti zahlt souverän die Maut von 1$, er hat tatsächlich daran gedacht, Geld außen dabei zu haben, nicht unter der Regenpelle irgendwo tief vergraben. Denn der Himmel ist immer noch grau in grau und wir fahren wie gestern im Zwiebel-Look. Ich habe an: Zwei Paar Strümpfe (eines davon Skisocken), lange Unterhose, T-Shirt, Fleece, Skihemd, darüber die Motorradkombi und darüber die Regenpelle. Da ist es schon schlau daran zu denken, das Geld griffig zu haben.
Jetzt also Oregon.
Nach einem winzigen Stück über die den Highway landen wir auf der Historic Orgeon Route 30. Ein Schild warnt uns: „Narrow and windig road“ – ja bitte. Die Strasse schlängelt sich zwischen dem Columbo und dem neuen Highway auf der einen und relativ steilen Bergen auf der anderen Seite entlang. Hinter jeder zweiten Kurve ist ein grandioser Wasserfall zu bewundern, wir halten aber nur an einem, den Multnomah Falls, einem zweistufigen Wasserfall über ca. 190 m. Sagt der Reiseführer. Vor Ort ist alles in Fuß angegeben und wenn ich damit noch einigermaßen klarkomme, weil ich es vom Segeln her kenne, bringen mich die Meilen regelmäßig durcheinander. Die Reichweite meines Motorrads? Keine Ahnung, zudem die Jungs hier auch noch anders rechnen. Wir rechnen wie viel Liter ein Fahrzeug auf 100km braucht. Die Amis rechnen, wie viel Meilen ein Fahrzeug mit einer Gallone schafft. Wer kann das vergleichen?
Aber was kümmern mich die Meilen oder auch die Reichweite, solange die Reichweite der Ninja kleiner ist als die der Bumble Bee. Basti wird schon halten, wenn er Sprit braucht und dann habe ich immer noch ca. 50 mlx Reserve.
Der wunderschönen, geschlängelten Historic Route 30 folgen wir weiter. Sie schraubt sich langsam in die Höhe und ab und an blitzt der Columbo auf. Davon ein Foto wäre toll, aber es gibt nur Haltemöglichkeiten an den Wasserfällen und da ist die Sicht zum Columbo meistens beschränkt. Bis wir oben sind und bevor es wieder runter, bzw. weiter vom Fluß weg geht, kommt ein Parkplatz. Mit einer phantastischen Aussicht, ein bißchen wie der Rhein auf Steroide: Alles ein etwas größer, breiter, kräftiger als nötig. Sehr beeindruckend.
Nach ein paar weiteren kurvigen Meilen, einer langweilen Ortseinfallstrasse und einem quirligen Studentenviertel mit vielen kleinen Cafes sind wir in Portland und parken fast direkt am Pioneer Courthouse Square, dem Mittelpunkt der Stadt. Der Platz ist belebt, vereint alte und neue Architektur, es gibt viele Radfahrer hier. Nett. Nach einem gesunden Mittagessen (Wrap und Salat) fahren wir weiter zum „Rose Test Garden“. Kein Wunder, dass Portland auch die Rosenstadt genannt ist, der Rosengarten ist riesig. Sehr schön, aber auch kein Grund lange zu bleiben.
Wir verlassen Portland und nähern uns über die Route 6 dem Pazifik. Ein Fest! Langgezogene Kurven, die man gleichmäßig schwingen kann, immer noch mehr. Das macht einen Heidenspaß und hat erst ein Ende als vor uns eine Schlange von Autos sich brav an das Speed Limit hält. 55mph sind erlaubt – wir waren meistens etwas schneller unterwegs, so um die 70 mph vielleicht. Also manchmal. In Ausnahmesituationen. Natürlich sind wir ansonsten absolut gesetzestreu. Wie in Deutschland eben auch. Hüstel.
Die Bumble Bee macht schaltfaul. In vielen Bereichen fährt sie ähnlich wie mein Fazer in Deutschland. Während die aber unter 5.000 Umdrehungen unwillig auf der Kette hackt, geht die Bumble Bee ab 2.000 Touren mit. Die reine Fahrfreude. Landschaft rechts und links? Ja, bestimmt vorhanden.
Ab Tillamouk biegen wir auf den Three Capes Scenic Loop ab. Von der Straße entspricht das ungefähr einer kleinen Landstraße in der Eifel, aber der Belag ist besser. Tja und dann sind wir auf einmal am Pazifik. Ich war noch nie vorher mit dem Motorrad am Meer – wozu auch. In Deutschland ist das plattes Land, schön und windig aber langweilig zum Fahren. Hier ist es atemberaubend. Die Straße schlängelt sich einen Berg hoch, von oben hat man einen kurzen aber tollen Blick auf’s Meer (keine Chance zum Anhalten), dann geht es wieder runter und es muss das Wissen reichen, dass der Pazifik zum Greifen nah ist, gleich hinter dem nächsten Hügel. Und dann ist man oben und sieht – Sand. Eines der lustigen gelben Schilder (von denen ich maximal die Hälfte richtig deuten kann) warnt vor Sandverwehungen und bevor man sich wundern kann, fährt man durch eine Dünenlandschaft. Nur der Pazifik ist nicht zu sehen und dann sind da wieder Bäume rechts und links. Aber das Meer ist da, ich weiß es genau.
Am Ende halten wir in Pacific City und bekommen gerade noch das letzte Zimmer. In US ist langes Wochenende, am Montag ist Memorial Day, und jeder ist unterwegs, die Campingplätze sind ausgebucht.
Wir haben ein Bett, pröteln noch ein wenig an den Motorrädern und gehen dann hier im Inn essen – überraschend lecker. Ein Burger wird zur Delikatesse, wenn man statt Mayo Aioli nimmt. Yummi.