Samstag, 22.Juni, Overton – I15 – Hurricane – Zion NP – Kanab, 166 mls

Da sind wir wieder – und gleich mit drei Bundesstaaten und vielfältigen Eindrücken. Wir starten in Nevada und wollen erst einmal Strecke machen, also auf die Interstate. Als rechts und links an der Straße keine Casinos mehr angezeigt werden, ist klar, dass wir Nevada verlassen haben. Die Interstate wird dafür spannend, sie steigt leicht an und wird zur Sackgasse. Zumindest sieht es so aus, denn sie führt schnurstracks auf eine Felswand zu. Recht uns links davor sind Bäume, aber definitiv keine Interstate, ja, überhaupt keine Straße. Häh?

Je näher wir kommen, desto übermächtiger wird der Eindruck, gleich gegen die Wand fahren zu müssen. Die Fahrbahnen sind getrennt, so dass man nicht sieht, woher die Autos kommen, die einem entgegenkommen.  Die Wand kommt -fast bedrohlich- näher, ist bestimmt 100m hoch, vielleicht auch mehr – und dann macht die Straße einen Knick und verschwindet in einer Schlucht. Ich bin so klein hier. Rechts und links riesige steile Wände, beeindruckende Farben, viel Rot und braun. Mindestens fünf Mal, vielleicht auch öfter überqueren wir den Fluß Virgin, nur dass ich nie Wasser entdecken kann. Am Ende sind wir durch eine der Stufen in der Landschaft, die man hier immer schon von ganz weitem sieht weil sie so hoch sind, durchgefahren und kommen auf einer Hochebene am anderen Ende wieder raus. Hier gehen die Uhren anders. Nein, wirklich, die beiden Uhren, die ich am Straßenrand sehe, sind beide eine Stunde weiter als meine am Motorrad. Aber Arizona, der Staat, in dem ich mich wähne hat dieselbe Uhrzeit wie Nevada, zumindest am Hoover Dam, wo wir ja auch schon mal einen Fuß nach Arizona gesetzt hatten. Beim Kaffeestopp in Hurricane klärt es sich durch einen Blick auf die Karte: Wir haben nur die äußerste nordwestliche Ecke von Arizona gestreift und sind jetzt bereits in Utah. Okaaay.

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Unser Ziel heißt Zion National Park. Eigentlich wollen wir „nur“ durchfahren, aber die Ranger bieten einen Bus an, der auch hoch zum Temple of Sinawava führt. Da können wir ja mal mitfahren. Eine leichtfertige Idee, kurzentschlossen und schlecht vorbereitet springen wir in den Bus. Man soll ja Wasser dabei haben, das haben wir auf den Moppeds vergessen. Und Snacks, die haben wir gar nicht. Und Sonnenschutz, na immerhin haben wir uns vor dem losgehen eingecremt und ich bin sogar in dünne Hosen geschlüpft. Ich habe zwar immer noch die dicken Moppedschuhe und mein lange Unterhose an, aber eine ganz leichte Leinenhose darüber. Warm ist mir trotzdem.

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Wir steigen das erste Mal am Weeping Rock aus und gehen ein paar Meter, vielleicht 500m, allerdings ziemlich steil. Um uns herum hohe, steile rote Wände, ganz oben etwas weiß und wo immer es geht krallen sich Pflanzen am feuchten Stein fest.  Basti bleibt auf dem Weg nach oben auf einmal stehen, es riecht durchdringend nach Kirche. Am Wegesrand wächst ein Kraut das wie Weihrauch riecht. Einfach so.

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Der Weeping Rock ist eine riesige Felswand, leicht ausgehöhlt, von der Wasser hinunterläuft. Im Bus haben sie erklärt, warum, aber ich habe nicht ausreichend gut zugehört. In dem Gang ist es deutlich kühler, Wasser tropft von der Decke und man hat einen unglaublichen Blick in den Canyon.  Wieder im Bus laufen direkt vor uns zwei Hirsche? Rehe? Rotwild? Über die Straße. Meine Biokenntnisse versagen völlig. Die beiden haben jeweils ein dickes Geweih, weißes Fell und sind beeindruckend schnell auf der Straße und auch wieder weg. Der Zion eine riesige Sackgasse, der zum Ende hin immer schmaler. Wirklich dramatisch wird es wohl, wenn die Wände so eng werden, dass man im Virgin laufen muss um weiter zu kommen. Aber das schenken wir uns. Wir fahren zwar mit dem Bus bis ans Ende und gehen auch die Strecke bis es nicht mehr mit trockenen Füßen weitergeht, aber auf weitere Wanderungen haben wir beide keine Lust. Dafür sind wir nicht ausgerüstet, obwohl man Schuhe und Wanderstöcke hätte leihen können. Auch hier passen Motorradfahren und Wandern nicht zusammen.

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Also wieder zurück, auf’s Mopped und weiter.

Wir werden allerdings ein weiteres Mal überrascht. Der Weg schraubt sich in einigen wunderschönen Serpentinen zum Carmel Tunnel hoch. Der Blick ist umwerfend. Im fast wahrsten Sinne des Wortes, denn es sind einige Autos mit Tempo 10 mph unterwegs und geraten trotzdem auf die Gegenfahrbahn. Wenn die noch langsamer werden, falle ich um. Stattdessen überholen wir – nur um einmal, wenigstens einmal auch selber anzuhalten mit dem Versuch, die Szenerie auf ein Bild zu bekommen. Ich befürchte, das gelingt nicht ganz, denn so beeindruckend die Bilder sein mögen, hier durch zu fahren ist etwas ganz eigenes.

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Vor dem Tunnel ist Blockabfertigung, ich schmelze langsam vor mich hin. Im Schritttempo geht es dann hinein und 1,7 Meilen hindurch, mit ein paar wenigen Möglichkeiten, einen Blick nach draußen zu werfen. Auf der anderen Seite sind wir dann wieder in einer völlig anderen Landschaft. Waren wir bisher in den roten Bereich der hohen Felswände und eher untern unterwegs, sind wir jetzt oben und fahren zwischen den weißen Bereichen hindurch. Und dass ist dann der erste Moment auf dieser Reise, an dem ich eine Helmkamera vermisse. Denn  natürlich halten wir an. Und natürlich sind die einzelnen Eindrücke super. Aber was mich hier wirklich finanziert ist der Wechsel, hinter jeder Kurve schieben sich andere Kanten und Klippen in den Vordergrund, andere Muster, andere Platten, es ist ein bißchen wie eine versteinerte Märchenlandschaft, nur schroffer. Hier gibt es bestimmt Trolle, die man nur deshalb nicht sieht, weil sie sich so langsam bewegen, dass man sie mit Steinen verwechselt.

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Hier will ich ein paar Fahrbilder von Basti machen. Aber hin- und herfahren und wenden – da verlieren wir uns und so ohne weiteres geht das auf der kurvigen Strecke auch nicht. Endlich habe ich eine Idee – einfach, aber ich habe echt gebraucht, darauf zu kommen. Ich fahre einfach vor, Basti gibt mir Zeit und kommt dann nach. Die Landschaft hier ist so irre, da finde ich schon etwas. Gesagt, getan. Am Checkerboard Mesa halte ich gar nicht erst an, der Stein ist deutlich zu erkennen, aber die Straße so gerade. Eine Kurve noch, hier bestimmt – und da ist dann schon der Parkausgang. Selten so geflucht.  Okay, nächstes Mal habe ich die Idee gleich parat.

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Direkt hinterm Parkausgang gibt es eine etwas längere Pause, inklusive gekühlter Getränke. Wir haben zwar an den Busstopps Wasser getrunken und unsere Thermoskanne ist inzwischen auch leer, aber Durst habe ich immer noch.

Utah hält eine weitere Überraschung für uns bereit. Wir sind jetzt auf einer der Hochebene und so eng und kurvig es bis eben war – auf einmal kann man bis zum Horizont gucken. Links von uns geht es nochmal hoch, rechts von uns, allerdings weit entfernt, geht es runter. Der nächste Halt ist leider erst in einer Senke. Aber der Blick, vor allem im Kontrast zu den engen Schluchten im Zion ist phänomenal.

Der Zion ist in unserem Reiseführer relativ kurz behandelt und ich dachte heute wird nur ein Tag um von A nach B zu kommen. So kann man sich irren.

Basti: Der Zion Canyon hat mich mehr beeindruckt als Yosemite, so irre die schiere Größe von Yosemite ist, finde ich die Enge vom Zion und die Farben einfach spektakulär. Eine gute Meile hin und zurück wandern in Moped-Jeans und Stiefeln wenn alle anderen in Shorts und Turnschuhen oder Flip-Flops unterwegs sind, ist schon ziemlich dumm, aber dann die Helme nicht in der Sonne beim Moped liegen lassen zu wollen und mitzuschleppen (und das Wasser zu vergessen) ist dämlich. Ich zahle dafür mit viel Schweiß und mitleidigen Blicken.

Wunderschöne Serpentinen rauf zum Tunnel und die tragen ihre Autos um die Kurven…. Rena hat es ja schon erwähnt, aber ich rufe in meinem Helm – trotz durchgezogener Linie – Überhol doch bitte! Und dann immer wieder der eigene Zwiespalt, da die Entscheidung für ein Foto anzuhalten den Kurvenfluss stört, aber die Bilder sind es wert. Es kostet nur immer wieder Überwindung und ich merke, dass ich keinen Blick für das Umland habe, wenn die Strecke schön wird.

Nun sind wir in Kanab unsere Station für die nächsten zwei Tage. Viele Motels, ein paar Restaurants und ein Golfplatz, aber nur 80 Meilen vom North Rim des Grand Canyon entfernt. Es sollte also Morgen ein netter Ritt mit leichtem Gepäck werden 🙂

 

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