Dienstag, 16. Juli, Joseph – Lake Wallowa Joseph, 15 mls

Nach dem gestrigen Tag haben wir entschieden auszuschlafen. Basti hat das Motel um einen weiteren Tag verlängert. Ich fühle mich wohl hier.  Wir packen Handtücher ein und fahren zum See. Aber erst halten wir an Old Chief Josephs Grab. Ein paar vertrocknete Blumen liegen neben dem Stein, für mindestens einen Menschen scheint das Grab noch wichtig zu sein. Ein paar Meter weiter liegt ein ganze Familie Weißer auf einem Indianischen Friedhof – ist das das ultimative Zeichen von Toleranz? Freundschaft? Mir gefällt es, es zeigt Möglichkeiten.

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Einmal tief Luft holen, das Gefühl von Spiritualität mitnehmen (geht das?) und weiterfahren. Vor uns springt ein Reh über die Straße, so federnd, so elegant, so schön, und verschwindet im Vorgarten eines Hauses. Es hat einen unglaublich eleganten Gang.

Wir halten am See, es regnet ein paar Tropfen, wir verschieben das Baden und fahren weiter zum Wallowa State Park. Ein paar Cabins, ein paar Zelte, eine Marina, ein Strand – in Deutschland würde man Naherholungsgebiet sagen. Hinter dem See hohe Berge. Basti steckt eine Hand ins Wasser – damit hat sich das Baden erledigt. Zu kalt.

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Wir nehmen die schräppelige alte Seilbahn, die Walloha Tram, nach oben, 27$ für einmal rauf und einmal wieder runter scheint auf den ersten Blick viel Geld, aber oben auf Mt Howard sind Wege angelegt mit vielen Hinweisschildern und ein Absprung für Paraglider – sie geben sich Mühe und ich finde, unser Spaziergang hier oben ist das Geld wert. Und es sichert Arbeitsplätze, oben sind zwei, unten sind zwei Menschen, plus eine Ticketverkäuferin.  Ach, es ist einfach schön hier oben und wir mußten nicht laufen. Alles gut.

Oben sehen wir zwei weitere Rehe, vor allem aber Heerscharen von Erd- und Streifenhörnchen, beide Arten total zutraulich. Basti streckt die Hand aus und die Tiere sind es so gewöhnt, gefüttert zu werden, dass sie rankommen statt wegzulaufen. Der einzige Nachteil: Wenn die kleinen Tiere hier so zutraulich sind, dann gibt es bestimmt keine Raubvögel.

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Es ist ruhig, wenig Leute unterwegs, es gibt einen tollen Blick in die Landschaft, wir können die Berge von Hells Canyon erkennen. Ach, ist das schön hier. Unsere Dialoge sind eher surreal, aber es hört uns ja keiner zu, zumindest niemand, der Deutsch versteht. Es geht mir gut, mein  „echtes“ Leben ist ganz weit weg, aber das stimmt nicht, das hier gehört auch zu meinem echten Leben, ich möchte wiederkommen. Sagen wir, mein Alltag ist ganz weit weg.

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Auf dem Rückweg halten wir ausnahmsweise Mal an einem der Heritage Points. Hier hat der Zug der Nez Percé Indianer von ihrer Heimat Richtung Kanada begonnen. Die meisten haben es nicht geschafft. Ich bin berührt, mir fällt kein besseres Wort ein. Seit Menschengedenken haben die Native Americans hier gelebt, ohne das Konzept „Land besitzen“ zu brauchen, zu verstehen oder zu akzeptieren.  Und jetzt sitzen sie in Reservaten, die ihnen die USA großzügigerweise zugesteht weil die hochgerühmten Pioniere mehr oder brutaler waren.  Ich nehme mir vor, mehr über die Nez Percé zu lesen, um von meinem Kinderbild „edler Wilder“, geprägt von Karl May, weg zu kommen. Und irgendwann wiederzukommen.

Basti: Rena hat es geschafft, endlich ist einer dieser riesen Schmetterlinge sitzengeblieben – ausgerechnet auf einem Parkplatz am See.

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Beim gemütlichen Schreiben am Motel zeigt das Wetter nochmal kurz wie schnell es sich ändern kann.

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Ein Gedanke zu „Dienstag, 16. Juli, Joseph – Lake Wallowa Joseph, 15 mls

  1. Maria

    Hallo Ihr beiden,
    USA ist nicht nur landschaftlich das Land der Extreme sondern auch wettertechnisch. Das hätte ich vorher nicht gedacht.
    Weiterhin viel Spass und liebe Grüsse
    Maria

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