Holla die Waldfee. Oder wie Sebastian sagt (und dann lange erst mal gar nichts: Holy Shit. Aus diesem Tag könnte man drei, fast vier machen und es wären immer noch genug Highlights dabei.
Zuerst einmal gibt es 110 mls Motorradfahrer-Himmel über die 263 und dann die 96 durch den Klamath National Forrest. Wie beschreibt man ein Motorradfahrer-Paradies allen Nicht-Fahrern? Unzählige Kurven, gleichmäßiger Radius, griffiger Asphalt, kaum Ortsdurchfahrten, kein Verkehr , phänomenale Landschaft drum herum, das Ganze auf 110 mls – alles richtig, aber es fehlt was. Die Freude, wenn eine Kurve perfekt gelingt. Das Verwischen des Zeitgefühls weil alles fließt und jeder Schwung fein in den nächsten übergeht. Die pure Euphorie wenn nach der nächsten und der nächsten und der nächsten Kurve immer noch nicht Schluss ist. In Happy Camp –schöner Name, oder?- machen wir Pause und verlassen die 96 auf eine National Forrest Route Richtung Norden. Es wird schmaler, langsamer, aber nicht weniger schön. Und ich schwöre, als wir die Grenze nach Oregon überfahren wird es schlagartig ein paar Grad kälter, trotz der Sonne. Teil eins der Highlights.
Teil zwei der Highlights hat auch etwas mit Kurven zu tun. Bisher dachte ich, dass der Begriff „sich schwindlig fahren“ bildhaft gemeint ist – die Straße zu den Orgeon Caves beweist, dass es wirklich geht. Die 46 fängt ganz harmlos in Cave Junction an. Das Städtchen heißt wirklich so (Durch Hamburg sind wir heute auch gefahren). Irgendwann kommt ein Schild, dass ab hier Anhänger nicht mehr empfohlen sind. Und dann fahren wir uns im wahrsten Sinne des Wortes schwindelig. Eine Kurve reiht sich an die andere, links geht eine Wand steil nach oben, rechts geht es genauso steil nach unten. Fast jede Rechtskurve hat auch eine Senke. Wer immer Achterbahnen erfunden hat, war vorher hier. Oben angekommen fehlen uns beiden die Worten, außer, wie gesagt „Holy Shit“, was es mit deutlicher Bewunderung in der Stimme für den Straßenbauer vermutlich auch am allerbesten beschreibt.
Teil drei der Highlights: Erstens können sich Höhlen nicht im Nebel verstecken und zweitens scheint heute sowieso die Sonne (Ja!!!!). Wir gucken uns die Oregon Caves National Monument an. Die 15:00 Uhr Führung haben wir knapp verpaßt, was uns die Chance gibt, bis zum 16:00 Start etwas zu essen. Es gibt – passenderweise – einen Milchshake und ein BLT. Passend weil das Cafe original aus den 30er Jahre ist. Wie übrigens alles hier noch Original aus der Zeit ist. Sieht super aus, schmeckt lecker und vertreibt die Stunde Wartezeit. Die sich auf jeden Fall lohnt. Die Höhlen sind gigantisch. Riesig groß, voller unterschiedlicher Tropfsteingebilden, Granit, Marmor, Höhlen, Tunneln, Löchern. Wir haben eine sehr nette Führerin, die sich gut in der Erdgeschichte aber auch in den hiesigen Geschichtchen auskennt. Die 90 min vergehen wie im Flug. Ich bin sehr stolz auf meine Kamera, denn die Bilder ohne Blitz sind beeindruckend gut.
Gegen 18:15 Uhr sind wir wieder auf der Straße, wieder die 46 runter, wieder nach Cave Junction. Und dann geht es auf der 199 zurück zum Pazifik. Wir sind beide müde, es macht aber immer noch Spaß. Aber gerade als der Tag fast zu Ende ist, als Crescent City nur noch wenige Meilen entfernt ist, da lauert hinter einer Kurve das nächste und dann tatsächlich letzte Highlight des Tages: Redwoods. Auf einmal führt die Straße durch große, hohe, riesige Bäume hindurch. Es ist schlagartig noch dunkler als an den Stellen, wo es die Sonne nicht mehr über den Berg schafft. Beeindruckend.
Was für ein phänomenaler, großartiger, anstrengender Tag.
Schon so viel geschrieben und immer noch nicht den Satz losgeworden, mit dem Basti den Tag quasi gestartet hat: „Ich habe Kaltmetall dabei.“ Mein Mann, mein geliebter, reinlicher, das Mopped zur Inspektion bringender Basti hat nicht nur Kabelbinder, Imbusschlüssel (eng: Alans), Multitool und Bordwerkzeug dabei sondern eben auch Kaltmetall. Ich bin total beeindruckt (ironiefrei!) und freue mich, dass ich mir keine Gedanken machen muss. Auch für seinen Ölverlust scheint er eine Lösung zu haben – aber das soll er selber erzählen.
Basti: Diese Überleitung zwingt mich ja geradezu dazu auch wieder was zu schreiben.
Ja, ich habe am Morgen in der Sonne unterm Motorrad gelegen um die Quelle des Ölverlusts zu lokalisieren – ich, der wie gesagt sonst immer den Schlüssel seiner Fahrzeuge an die Fachwerkstatt des Vertrauens übergibt und sagt „macht heil“. Ursprung sind nicht die Kratzer am Gehäusedeckel wie ich befürchtet habe sondern ein kleiner Kreis am oberen Ende des Gehäusedeckels. Glücklicherweise gibt es einen Motorradhändler in Yreka (sprich: Wy-reka) und der behauptet es ist ein Blindstopfen den wir vorsichtig mit Hammer und Körner weiter reindrücken. Es schwitzt immer noch etwas Öl aus, aber in einer Menge die „beobachten“ als weitere Vorgehensweise rechtfertigt. Und im Zweifel schmiere ich etwas Kaltmetall (2-Komponenten Knetmasse) drüber und es ist dicht.
Zu Renas Wegbeschreibung fallen mir nur folgende Bilder ein:
Hinter Yreka die 96 ist wie das Lahntal lang fahren nur halt über 100Km und die Landschaft fängt eher karstig (erinnert an Grand Canaria) an und wird zunehmend grüner – nur direkt im Flußtal ist es grün und üppig.
Ab Happy Camp wird die Strecke enger, eher wie gute Eifelstraßen, aber immer noch mit Mittelstreifen und super Belag. Das Beste ist allerdings, daß uns auf der gesamten Strecke von ca. 180Km zwei Hände voll Autos entgegenkommen und wir nur eins oder zwei überholen müssen – und die machen in der Regel auch noch von selbst Platz!!!
Ich bin schon lange nicht mehr so viele Kurven an einem Tag gefahren und war Renas Gesichtsausdruck nach den langen Geraden gestern eher angespannt bis genervt nimmt sie heute in den Pausen den Helm ab und….. kennt Ihr das Bild?: Ihre Augen leuchten und die Mundwinkel berühren fast die Ohren.