Archiv für den Monat: Juli 2013

Mittwoch, 24. Kirkland, 0 mls

Es ist schon ein komisches Gefühl, so gar nicht zu fahren, respektive auf einmal wieder mit dem Auto unterwegs zu sein. Die Bumble Bee fühlt sich eingesperrt: In einer Garage war sie 2 Monate nicht mehr.

Wir waren heute Morgen bei Nancy, zwei Fragen von ihr beschäftigen mich: Seid Ihr nicht froh, mal nicht auf’s Mopped zu müssen und welcher Nationalpark hat Euch am besten gefallen? Die erste Frage ist leicht zu beantworten: Gib mir noch einen Monat und ich packe sofort wieder die Gepäckrolle und schmeiße mich in die Kombi. Okay, so warm, wie es ist, würde mir das Anziehen vermutlich schwerer fallen als das Losfahren. Aber nein, ich habe noch lange nicht genug und überlege bereits, wohin mich die kleine Fazer in Deutschland bringen kann.

Die zweite Frage ist schwieriger, denn wir haben so viel gesehen. Im Gespräch mit Nancy habe ich ein paar der Nationalparks schlicht vergessen. Und die, die mir eingefallen sind, sind eher die letzten, die wir gesehen haben. Wobei – Zion ist toll und steht auch wenn ich alle NPs aufliste, an einer der ersten Stellen. Glacier fand ich auch wunderschön, aber auch Bryce, Lassen Volcanic, Yosemite und Yellowstone waren super, jeder aus einem anderen Grund. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich bin froh, dass ich mich nicht entscheiden muß. Und das waren nur die Nationalparks, da sind die National Forrests oder National Wildernesses noch nicht drin. Wobei, Forrest ist einfach: Klamath. Von den Straßen will ich gar nicht anfangen. Weil mir das Bewerten und Gewichten so schwer fällt, hier ein paar Zahlen:

8.061 Meilen in 57 Tagen, was einen Schnitt von 141 Meilen pro Tag macht.

Unsere längste Strecke waren 252 mls, die kürzeste 14 mls, wenn ich das Mopped von der Werkstadt holen in San Francisco nicht mitzähle, das waren nur 5 mls.

Wir waren in 8 Bundesstaaten (WA, OR, CA, NV, AR, WY, MT, ID), 2 Zeitzonen  und 15 Nationalparks (St. Helens, Crater Lake, Redwoods, Lassen Volcanic, Yosemite, Death Valley, Zion, Grand Canyon, Bryce Canyon, Capitol Reef, Teton, Yellowstone, Glacier, North Cascades und Mt. Rainier).

Unser niedrigster Punkt war –natürlich- Death Valley mit -280ft, unser höchster der Beartooth Pass mit 10.947ft.

Am nördlichsten waren wir in Eureka, MT (48° 52‘48‘‘N), am südlichsten in Boulder City; NV (35° 48‘43‘‘N).

Am westlichsten waren wir in Crescent City, CA (124° 12‘06‘‘W) und am östlichsten in Red Lodge, MT (108° 14‘49‘‘W).

Wir hatten Schnee, Regen, Hagel, Nebel, stürmische Böen, Sonnenschein und segende Hitze mit Temperaturen zwischen knapp über 0°C bis hin zu über 40°C, es war quasi alles dabei.

Wir haben über 5.000 Fotos gemacht, immer in der Hoffnung, dass wenigstens ein gelungenes pro Motiv dabei ist. Wir haben mindestens genauso viele, wenn nicht noch mehr, Motive verpaßt.

Wir haben großartige Natur, wilde Tiere in ihrer natürlichen Umgebung und schöne Details, Blüten und Schmetterlinge, gesehen.

Und eines ist klar: Wir werden wiederkommen. Zu den Narrows in Zion waten. Mit Bärenspray wandern gehen. Vom Glacier Point ins Yosemite Tal laufen. Mit dem Boot durch den Grand Canyon (falls das geht) fahren, Sonnenaufgangsbilder im Death Valley machen, sich auf einem Autoreifen einen schmalen Fluß entlang treiben lassen. Picknicken am Jenny Lake. Da geht noch was.

Basti: Ich habe es gestern bereits erwähnt, wir haben unser Budget mehr als eingehalten. Die Entscheidung ein zweites Motorrad gebraucht zu kaufen, anstatt zu mieten war richtig. Wir haben auf der ganzen Strecke bis auf meinen Ausrutscher keinerlei Probleme gehabt und nur Sprit nachgießen müssen. Ein geplanter Service für beide Moppeds in San Francisco, einen Satz Reifen und etwas Kettenspray war alles, was diese treuen Begleiter gebraucht haben.

Hier noch ein paar statistische Werte für diejenigen die im Laufe der Berichte Geschmack am Nachmachen gefunden haben:

Auf den 8061 Meilen haben wir 370 Galonen Sprit verbraucht (für beide Moppeds, wobei meine einen Hauch durstiger war als die Bumble Bee).

Wir haben es fast auf den Punkt geschafft unseren angepeilten durchschnittlichen Hotelpreis von $100 Brutto einzuhalten ($99,29) und das Essensbudget von $50 pro Tag leicht unterschritten ($48,75 für beide), wobei wir nicht sehr wählerisch waren – weder beim Hotel, noch beim Essen.

Der Jahrespass für die Nationalparks war eine gute Investition, da er sich gelohnt hat (wie aus Renas Liste leicht zu erkennen ist) und die Handhabung an den Parkeingängen deutlich vereinfacht hat – nur Karte zeigen und weiter.

Das TomTom Navi mit der USA-Karte hat sich als brauchbar und hilfreich erwiesen. Natürlich gab es die eine oder andere Straße die doch geteert war, oder eben nicht, aber die Streckenführung ist gut gewesen und die Hotels in den POIs mit dazugehörigen Telefonnummern waren sehr hilfreich. Für eine Motorradreise sind die verzeichneten Tankstellen in den POIs besonders wichtig wegen der eingeschränkten Reichweite von 150mls (mit Sicherheitspuffer) hier kann die 95% Genauigkeit des Navi allerdings schon zu bangen Momenten führen. Einmal war es leider ein Tanklager und keine Tankstelle, ein anderes Mal war die Tankstelle aufgegeben.

Unersetzlich für uns waren die Landkarten vom jeweiligen Bundesstaat von Rand McNally für unsere Planung und Übersicht.

Beide: Wir können noch zwei weitere Zahlen bringen. Da wir den Blog immer in Word geschrieben haben, wissen wir, dass es 73 Seiten und ca. 50.000 Worte geworden sind. Wir hoffen, Ihr hattet so viel Spaß beim Lesen, wie wir beim Schreiben.

Dienstag, 23. Juli, Anacortes – Whale watching – Kirkland, 84 mls

Der letzte Tag läßt uns wenig Zeit über „der letzte Tag“ nachzudenken. Aufstehen, frühstücken, beim Whale watching einchecken. Das Gepäck konnten wir im Hotel lassen.

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Um 11:00 Uhr legt das Schiff ab. Ich bin gerne auf dem Wasser, besonders wenn das Wetter so ist wie heute, sonnig, windig, nicht zu warm, schönes Licht. Und auch viel zu sehen. Der Mann am Mikro macht uns auf lila Seesterne, Adler und Blue Harons aufmerksam – und das alles bevor wir den Hafen wirklich verlassen haben.

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Wir fahren ziemlich direkt zur südlichen Küste der San Juan Islands und kreiseln dann mit ca. 20 anderen Booten um einen Bereich im Wasser, in dem angeblich, eben noch, quasi ganz bestimmt, links, gerade eben Wale zusehen waren.

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So skeptisch ich bin, da sind wirklich Wale, zwei Stück, Bruder und Schwester, T20 und T21. Orcas. Sie atmen aus, dann tauchen sie auf und verschwinden wieder. Ich knipse mir die Finger wund, 3 Millionen Bilder blaues Wasser weil die beiden schon wieder untergetaucht sind. Aber auf ein paar Bildern sieht man die Konturen oder zumindest die Flossen. Was auf den Bildern nur ein dunkler Fleck ist, ist in Wirklichkeit toll anzusehen, große, schöne, wilde Tiere in freier Wildbahn. Es ist zum Teil das, was ich sehe, zu einem anderen Teil, was der Mann am Mikro erzählt und zu einem dritten Teil, was ich mir vorstelle. Nur das erste Drittel schafft es auf’s Bild.

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Wenn überhaupt. Wale oder Vögel mit der Kamera zu jagen ist gar nicht so einfach, das Tele zeigt nur einen kleinen Ausschnitt, da sind die Wale gerade gewesen, aber jetzt nicht mehr. Nehme ich einen größeren Ausschnitt, sieht man keine Flosse, sondern nur eine verschwommenes Stück schwarz. Am Ende sind die Bilder eher dokumentarisch als gut, aber es ist mir egal. Und dann nehme ich die Kamera runter, und gucke einfach nur hin. Und bin hin-und hergerissen.

Ich bin auf einer Whale Watching Tour, damit habe ich jedes Recht verwirkt, über Waltourismus zu lästern. Wenn die Wale Menschen wären, würden sie über uns Paparazzi schimpfen und eine Klage auf Wahrung der Privatsphäre einreichen. Können die überhaupt noch jagen, eingekreist von so vielen Booten? Oder sind die zwei von den anderen beauftragt uns zu beschäftigen, damit die anderen ihre Ruhe haben? Der Mann am Mikro erzählt über die Intelligenz der Tiere, ihre Arbeitsteilung beim Jagen, ihre Sprache. Gehen wir einfach davon aus, dass der Job von T20 und T21 heute war, uns zu unterhalten. Als Dank dafür, daß Walfang inzwischen in den meisten Teilen der Welt verboten ist. Ein Wal – Granny- soll 1921 oder so geboren sein, die erinnert sich bestimmt noch an die Walfangzeiten und organisiert das Spektakel hier.

Wir verlassen den Bereich der Orcas, fahren durch die Inseln zurück, vorbei an ein paar Seelöwen, vielen Seevögeln und einem weiteren Adler. Schön. Auch das Panorama ist toll, Mt Baker, die Olpympics aus verschiedenen Perspektiven, mal mit Insel, mal mit Nebelbank, mal mit Segler davor. Ich mach ungefähr 450 Bildern, mit sechs Motiven: Berg, Meer, Wal, Adler, Seelöwen, weitere Vögel. Das da ein paar „wenige“ Doppelungen dabei sind, ist verständlich, oder?

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Dann sind wir zurück, ziehen uns im Hotel um, fahren den Hwy 20 weiter  über den Deception Pass bis zur Fähre von den Inseln nach Mukilteo. Auf dem Weg dahin nullt mein Meilenzähler ein weiteres Mal: 8.000 Meilen liegen jetzt hinter uns. Auf der Fähre unterhalten wir uns mit zwei Harleyfahrern aus der Gegend – gaaaaanz vielleicht hat der eine davon einen Freund, der ein zuverlässiges Mopped für einen Alaska-Ausflug sucht. Dafür hat die Bumble Bee sich in den letzten zwei Monaten eindeutige klassifiziert: Zuverlässig, treu, gut zu fahren, bequem. We won´t ship it but sell it. Basti bekommt eine Telefonnummer, mal sehen, was daraus wird.

Und dann sind es nur noch ein paar Meilen auf der I-405, ein kurzer Stopp im Supermarkt für eine Flasche Sekt, zweimal Abbiegen in Kirkland. Wir kreuzen unseren eigenen Weg von vor zwei Monaten, fahren die Einfahrt hoch, das Garagentor geht hoch, Alexander hat uns gesehen. Die Moppeds  bekommen seit zwei Monaten das erst Dach über den Kopf und wir ein herzliche Begrüßung und ein leckeres Abendessen bei Freunden.

Und damit ist die Tour zu Ende.

Und damit auch –fast- der Blog. Wir werden noch ein paar Zahlen zusammentragen, die über die 8.000 Meilen hinausgehen. Und vielleicht schaffen wir es ein Fazit zu ziehen, Also einen Bericht gibt es morgen noch. Aber bereitet Euch schon mal darauf vor, Euch eine andere (Frühstücks-)Lektüre zu suchen.

Basti: Wale gesehen, hurra! Damit fehlt in Renas Sammlung, der von ihr geforderten Tiersichtungen, nur der Elch und der Otter. OK, der Bär war nur ein kleiner und eher weit weg, aber es war ein Bär in freier Wildbahn!

Es ist ein gutes Gefühl nach 2 Monaten in Hotels am Ende bei Freunden wieder aufgenommen zu werden. So viel entspannter und wärmer, als ein Mietmotorrad irgendwo zurückgeben zu müssen und zu einem Flieger zu hetzen. Danke Steffi, danke Alexander!

Ja, wir werden sicherlich auch noch ein paar Zahlen nachreichen um das Ganze zu beschließen. Soviel vorab: Renas Planungsgenius hat sich mal wieder bewiesen, wir haben in fast allen Belangen unsere budgetierten Zahlen eingehalten – nur nicht bei der gefahrenen Strecke, da lag die Planung weit drunter!

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Montag, 22. Juli, Winthrop – Washington Pass – Anacortes, 200 mls

Nee, ist das schön hier. Hohe Berge, Nadelbaumwälder, geschwungene Straßen, was für eine schöne, letzte Strecke, der nördliche Teil des Cascades Loop. Die Temperatur stimmt endlich auch mal wieder, ich zerfließe nicht in der Kombi. Das Leben ist gut zu mir. Wir halten für ein paar Fotos, aber Fahren ist wichtiger, also fahre ich auch an dem Schild „Washington Pass Lookout“ vorbei.

Dann nagt es allerdings an mir, denn es sah so aus, als meinten die nicht den kleinen Parkplatz an der Straße sondern als ob es noch in den Wald reingehen würde. Hm. Beim nächsten Halt –auch sehr schön, mit kleinem Fluß und viel Aussicht- spreche ich Basti darauf an, der mich allerdings beruhigt, es käme noch ein toller Ausblick. Ja, Basti war schon mal hier, vor ca. 1 Jahr mit Randy. Okay, wir fahren weiter. Bis Basti anhält. Was immer noch an Lookout kommt – es ist zu tief. Also kehren wir um. Wir fahren 23 mls zurück. Halt, nein, ich korrigiere, wir fliegen 23 mls zurück. Keine Ahnung, was auf einmal los ist, aber Basti hat den Turbo angemacht. Soll der mir noch mal kommen, dass ich zu schnell unterwegs  bin. Das Recht verwirkt er gerade. Und die Überholmanöver sind auch nicht unbedingt alle total legal. Also, es paßt immer, meistens auch noch für mich, aber diese durchgezogene, gelbe Linie in der Mitte… egal, es macht einfach riesig Spaß. Und es lohnt sich dann auch noch richtig, der Lookout ist mitten im Wald, toll angelegt, super Blicke, schöne Wege – alles richtig gemacht.

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Wieder zurück, wieder bergab gehen wir es etwas langsamer an, mit der Betonung auf etwas. Der eine oder andere Autofahrer macht uns Platz, nur Harleys haben ja keinen Rückspiegel. Aber auch an denen kommen wir vorbei, allerdings nur um kurz darauf noch mal für ein paar Bilder zu halten, auch wenn die Kamera inzwischen signalisiert, dass die Batterie fast leer ist. Eines geht noch. Und noch eines.

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Am Ende halten wir noch dreimal, einmal beim ersten Blick auf den Ross Lake, dann am Ross Dam Lookout und dann nochmal am Diablo Dam. Der See hat eine tolle Farbe, ein helles, fast milchiges Grün. Super gut und durch den Wind sehr lebendig.

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Der Ross Dam Lookout  ist sehr windig und ich weiß nicht, was mir besser gefällt, der Blick auf den See mit Damm, Inseln und Wind auf dem Wasser oder die Krähen, die sich gegenseitig ihre Flugkünste im starken Wind beweisen. Etwas zerzaust sehen sie aus, vor allem, wenn der Wind von hinten kommt. Aber sie landen „Spot on“ beim Futter.

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Als wir zurück zu den Motorrädern gehen, glaube ich erst, noch jemand fährt eine Bumble Bee. Da stehen drei Leute vor –dann doch- meinem Mopped und reden. Hm. Darf ich mal durch, bitte? Es ist albern, aber es stört mich. Warum eigentlich? Vielleicht, weil das Mopped in den letzten Wochen die einzige Konstante war. Ich rede zwar auch leicht bei all den Hotels von „zuhause“, aber wirklich zuhause war ich immer dann, wenn wir das Gepäck aufgeschnallt hatten und wieder unterwegs waren.  Also raus aus meinem Vorgarten. Erst beim Fahren stelle ich fest, dass der eine Spiegel verstellt ist.

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Die erste Tankstelle, die wir sehen, ist unsere. Direkt daneben ist ein alter Zug-Waggon zu einem Imbiss umgebaut und bietet nur Sachen an, die im Smoker gegart wurden. Der Smoker steht vor dem Waggon und riecht verlockend. Wir haben heute bis auf ein geteiltes Redbull beim Losfahren und ein weiteres jetzt beim Tanken nichts gegessen. Wir teilen uns ein Brisket Beef Burger und ein Smoked Chicken Burger. Beides ist eine riesen Sauerei, denn es ist zerkleinertes Fleisch in tropfender Sosse aber es lohnt sich.

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Der Rest ist schnell erzählt, der Weg auch am Rande der berge ist nett, idyllisch, aber es wird schnell sehr städtisch und die letzten 20 mls ist der Hwy 20, bis dahin eine echte Passstraße, eine vierspurige Verkehrsader. Ich bin froh, als wir in Anacortes ankommen.

Basti: Winthrop ist von all den auf alt gemachten Orte die wir auf dieser Reise gesehen haben die sympathischste, ich kann nicht genau sagen, woran es liegt, aber es ist sicher eine gute Mischung aus wenig Nippes-Läden, einem Bäcker mit ausgezeichneten Sachen, einer Kneipe mit tollem Biergarten am Fluß (in der wir durch Zufall gelandet sind) und dem Rio Vista Hotel (auch ein Zufallstreffer). Ein schön gemachtes Zimmer mit Balkon in Richtung Fluß macht auch bei nur einer Übernachtung einen Unterschied.

Ich hatte heute beim Start ein wenig Sorge, daß meine Erinnerung den Hwy 20 womöglich genauso verklärt hat wie den Yakima Canyon, aber ich habe Glück. Die Straße und die Landschaft sind immer noch eine Wucht! Auch der Wettergott ist auf unserer Seite, da wir weder östlich noch westlich der Cascades Wolken haben – keine Selbstverständlichkeit. Es läuft gut, Wir machen wieder mehr Fotostopps, weil es erträglich warm ist. Die Straße hat „Swing“ und ist nicht zu klein, also kann ich genug sehen, sowohl Kurvenverlauf als auch Gegenverkehr. Die durchgezogenen Linien sind „Empfehlungen“ solange uns kein Sheriff entgegenkommt, da wir eindeutig eine bessere Beschleunigung haben als die rollenden Hindernisse auf der Straße. Dazu kommt, daß es hier in USA ein paar Verkehrsregeln gibt, die wir in Europa auch einführen sollten (Bild!), wer zu langsam ist muß Platz machen.

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Wenn Rena jetzt noch ein paar Orkas morgen bekommt, ist das der perfekte Abschluß für diese Reise.

Sonntag, 21. Juli, Wenatchee . Chelan – Winthrop, 103 mls

Wir trödeln beim Loskommen, wie die letzten Tage auch schon. Als ob die verbleibende Strecke dadurch länger werden würde. Die Meilen bis zum Lake Chelan sind schnell vorbei, ein kurzer Fotostopp am Rocky Reach Damm, ein paar Kurven, dann sind wir da.

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Chelan ist eine Art Naherholungsgebiet für Seattle. Steffi und Alexander sind mit den Kindern am Wochenende hier, aber anscheinend alle anderen auch – wir haben kein Zimmer mehr bekommen. Jetzt sind wir zu spät, sie haben schon ausgecheckt. Schade, aber in ein paar Tagen sind wir ja zurück in Kirkland.

Auch die Strecke nach Chelan läuft prima, so daß wir nicht halten. Erst in Twist gibt es 2 große Redbull und eine längere Pause. Und die Entscheidung, wie wir weitermachen. Entweder wir fahren durch bis zum Pazifik, das sind noch ca. 150 mls oder wir bleiben in Winthrop, das sind keine 10 mls mehr. Wir entscheiden uns für letztes.

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Basti war hier schon mal und fährt zielstrebig ein Hotel am Anfang des Ortes an. Unser Zimmer hat einen Balkon (okay, das haben alle Zimmer) und die nächste Zeit verbringen wir damit uns von der Hitze zu erholen – Basti drinnen, ich draußen. Ist schon warm, aber ohne die Moppedplünnen mit ca. 34°C sehr angenehm.

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Beim Gang durch Winthrop enden wir in einer Bierkneipe. Ich trinke Lemonade, Basti Bier. Wie ungewöhnlich, normalerweise erzählt er hier immer, dass er zwar Deutscher ist aber weder Fußball noch Bier mag. Falls es bei den Benzingesprächen mal soweit kommt – meistens geht es mehr um PS, Gear und Kurven. Der Laden ist nett, wir sitzen im Biergarten, auf der anderen Seite des Flußes grast ein Reh. Zum Bier teilen wir uns zwei Vorspeisen, so dass auf dem Rückweg noch genug Platz für Eis bleibt. Kleine Portionen haben die hier ja nicht, selbst eine Kugel ist riesig. Und teilen ist schwierig, da ich Schokoeis nicht mag – Bastis Favorit. Da müssen wir dann jeder eine eigene Portion nehmen – wir Armen :-).

Auf dem weiteren Spaziergang „jage“ ich ein paar Tiere – Raubvögel und Rehe, mehr oder weniger erfolgreich.  Aber es macht Spaß und als die Sonne langsam untergeht und das Licht weicher wird, ziehe ich nochmal alleine los. Auch der Fluß, der sich hier mehrfach teilt und wieder zusammenkommt ist ein schönes Motiv. Fotomüde? Heute nicht, ich mache knapp 500 Bilder, in der Hoffnung, dass von 60 Rehbildern wenigstens eines etwas wird.

 

Samstag, 20. Juli, Yakima – Yakima Canyon – Leavenworth – Lake Wenatchee – Wenatchee, 173 mls

Irgendwie nicht mein Tag. Beim Packen bricht der Verschluß vom Spanngurt meiner Gepäckrolle ab. Kann man mit Knoten gut Abhilfe schaffen, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass die Rolle lockerer sitzt als sonst. Von der Fahrt durch den Yakima Canyon hatte ich mir mehr erhofft. Erinnert ihr Euch noch an die Iron Butts am Mt. St. Helens, von denen einer vom  Yakima Canyon schwärmte? Hätte er auf Google Earth gesehen, müßte er unbedingt hin? Hm. Ab 80 mph macht das bestimmt Spaß, aber mit all den Gummireifen-beladenen Sonntagsfahrern vor uns … rechts und links braune Hügel, in der Mitte Fluß und ein bißchen  Grün, daneben Schienen und die Straße. Am Ende fragt Basti –ohne zwischendurch angehalten zu haben – „Davon wolltest Du ein Foto?“ Ja, also, irgendwie schon, am Anfang war es etwas steiler oder wenigstens zu dokumentarischen Zwecken. Egal, weiter. Der nächste Stopp ist Liberty, das Hinweisschild beim Rechts-Abbiegen sagt „Historic town“. Die Schilder auf den Grundstücken sagen „No trespassing“. Ein, zwei Bilder mache ich trotzdem, aber willkommen fühle ich mich hier nicht.

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Wir fahren den Hwy 97 rauf, queren einen Pass, danach geht es runter, es wird schneller, ich kann überholen. Basti kommt nicht mit.  Okay, dann bleibe ich hinter der nächsten Kolonne bis er aufgeholt hat. Was er nicht tut. Hm. Auf dem nächsten größeren Parkplatz bleibe ich stehen, er kommt an mir vorbei, hält aber nicht. Hat er mich gesehen? Ich fädele mich wieder ein, kann so überholen, dass ich wieder hinter ihm bin. Das wird er doch wohl wahrnehmen, oder? Ich bin verunsichert.

Wir kommen auf den Hwy 2, er biegt links Richtung Leavenworth ab, so weit so gut. In Leavenworth wollen wir wieder links abbiegen, Basti verliert die Geduld und fährt trotz roter Ampel, ich hinterher. Nicht gut. Dann endlich hält er an, ich habe die Chance zu fragen, was denn los ist. Sauer ist er, weil ich zu schnell war. Hm. Das mag stimmen, ich habe nicht auf den Tacho geguckt. Und es lief grad so schön. Aber Ärger war es nicht wert.

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Leavenworth ist voll, alles ist auf bayrisch gemacht und das scheint die Leute anzuziehen. Naja, wir sind ja auch hier. Wir könnten ganz schnell in Wenatchee sein, da wollen wir übernachten. Oder wir fahren ein Stück Nebenstraße bis rauf zum See Wenatchee und machen da Pause. Klingt gut, aber der See will uns nicht. Wir fahren hübsche Nebenstraßen, aber am Wasser ist alles privat, keine Chance auf eine Pause. Wir rasten schließlich am Straßenrand nur um beim Weiterfahren festzustellen, dass ½ Meile weiter ein State-Park mit Picknick-Area gewesen wäre. Wie gesagt, irgendwie nicht mein Tag.

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Aber jeder Tag hat ein Highlight. Meines ist der Fluß Wenatchee. Er fließt neben dem Hwy 2 her, den wir, jetzt wieder Richtung Leavenworth unterwegs, fahren. Es ist größtenteils Weißwasser. Steine und Wasser sind für mich eine fast unwiderstehliche Kombination. Für Fotos. Zum Gucken. Zum Füße reinhalten. Und ja, Basti hält. Erst mache ein paar Fotos von oben, aber nach kurzem Zögern klettern wir runter ans Wasser. Ich ziehe die Schuhe aus, habe sogar an einen Lappen zum Abtrocknen gedacht und dann fließt kaltes Bergwasser über meine Knöchel. Der Blick den Fluß hinunter ist wunderschön und wenn Basti nicht wie bestellt und nicht abgeholt in der Sonne sitzen würde, ich könnte Stunden hier bleiben, zu viele Fotos vom selben Motiv machen und es mir gut gehen lassen. Wir klettern stattdessen wieder zu den Motorrädern hinauf. Basti verliert kurz das Gleichgewicht, von unten sieht es aus, als ob er gleich fällt, aber es geht alles gut. Das wäre es noch, 7.500 Meilen unfallfrei und sich dann auf einer Böschung die Haxen brechen.

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Der Rest des Weges ist voll und warm. Wenatchee, die Welthauptstadt des Apfels (oder so ähnlich nennen sie sich), ist größer als gedacht, aber nicht wirklich schön. Zumindest nicht der Teil, den wir sehen. Dafür hat das Motel einen Pool und –Wunder, oh Wunder – Basti kommt tatsächlich mit ins Wasser. Was 40°C so alles mit einem Menschen anstellen können.

Das mexikanische Restaurant ist fußläufig, das führt zu Bier und Tequila für Basti und Margarita, Bier und Tequila für mich. Plus leckeres, authentisches Essen. Wir schaffen den Weg nach „Hause“ trotzdem gut. Basti hat sogar noch genug Energie um nach Öl und Luft bei den Moppeds zu gucken.

Basti: Ja, es gibt so Tage da stimmt das Timing einfach nicht. Ich fahre heute mal wieder vor und erkenne mögliche Anhaltepunkte erst wenn ich daran vorbei bin. Immer wenn ich in den Rückspiegel schaue, um zu prüfen ob Rena rechts blinkt um anzuzeigen, daß sie anhalten will sehe ich keinen Blinker und fahre weiter.

Yakima Canyon bin ich vor einem Jahr mal mit Randy gefahren und auch in meiner Erinnerung war er besser als das was wir heute erleben. Auf jeden Fall sollte man ihn Nord-Süd befahren, dann hat man nicht den ganzen Transportverkehr für die Luftmatratzen und Leute vor sich. Ich bin auch nicht wirklich in „Angas-Laune“ heute, sondern eher im Dödelmodus mit Geschwindigkeitsbegrenzung plus 10 unterwegs – im Gegensatz zu Rena. Irgendwann, als ich schneller als 90 mph fahren muß um beim Überholen dranbleiben zu können, gebe ich auf, die Straße hat keine Abzweige also können wir uns nicht wirklich verlieren. Aber auch hier sind bei solchen Spurts keine Fotopausen drin, ich habe das Gefühl wir sind beide etwas „Fotomüde“. Jedes Foto bedeutet anhalten – den Rhythmus unterbrechen – Helm ab, Handschuhe aus, Kamera raus, Bilder machen, wieder anziehen und weiterfahren. Wenn es sehr warm ist und die Haltepunkte keinen Schatten haben ist das schon schweißtreibend und ermüdend. Es sind wieder/immer noch um die 38°C hier, nur auf den Bergen ist es etwas kühler.

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Freitag, 19. Juli, Yakima – Hwy 12 – Hwy123 – Mt Rainer, Sunrise – Hwy 410 – Yakima, 193 mls

Raus aus dem Tal, auf den Berg klingt nach einer guten Idee, Yakima soll wieder 38°C kriegen.  Und ja, es ist kühler hier. Wir fahren durch einen Ort, in dem Früchte aller Art angeboten werden und dann sind wir – wieder einmal – im Wald. Schön.

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Wir halten im Smug Cove, einem Camping Platz mit Cabins und General Store.  Die Frau, die uns ein Sandwich macht, ist super reinlich, entsprechend sieht der Laden aus. Aber nett ist sie auch, wir reden über alles Mögliche. Und im Moment könnte ich mir so ein Leben gut vorstellen: einen kleinen Lebensunterhalt in der Mitte vom Nichts, Privat und Beruf verquickt, dafür keinen Nine-to-Five-Job und niemanden stört es, wenn ich mal 2h auf dem See bin. Oder so ähnlich. Dafür ist es hier im Winter vermutlich kalt, verschneit und sehr einsam.  Und ich kann nie nicht weg.

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Wir fahren weiter, halten ein paar Mal zum Fotografieren, verpassen aber auch ein paar schöne Stellen. Halt, wie immer. Dann verpaßt Basti beinahe den Abzweig in den Mt Rainier National Park, verständlich, denn an erster Stelle steht irgendein Campingplatz ausgeschildert. Wir bemerken es gerade noch rechtzeitig und schrauben uns den Berg hoch. Immer noch schön.

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Oben angekommen gibt es großartiges Panorama, sowohl rundum als auch auf ein paar Gletscher von Mt Rainier. Das Visitor Center ist gut gemacht. Aber, zum Spazierengehen haben wir beide nicht so richtig Lust. Und die interessanten Wege gehen erst mal steil nach oben. Wir enden mit Keksen und Wasser aus der Thermoskanne in der Picknick Area, die sehr nett angelegt ist. Finden auch die Vögel und Chipmonks, die nach essbaren Resten suchen.

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Zeit ist etwas Relatives. Der Weg hier hoch kam mir vor wie nichts, tatsächlich war es fast eine Stunde, 40 min um präzise zu sein. Hier sitze ich keine 15 min und schon kommt es mir total lange vor weil die Sonne ein Stückchen weitergewandert ist und ich statt im Schatten in der vollen Sonne sitze. Aber es ist auch in der Sonne nett und ich versuche weiterhin, den schönen grauen Vogel zu erwischen.

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Auf dem Rückweg kommen wir auf einem der letzten Fotostopps mit ein paar Motorradfahrern ins reden. Basti erzählt grob von unserer Strecke und einer der drei (eine ist übrigens eine selbstfahrende Frau), meint, wir hätten den besten Pass verpaßt. Ich ahne, was jetzt kommt und spätestens als er bei Yellowstone anfängt, weiß ich, dass er auf den Beartoothpass hinauswill.  Tja, …

Wir philosohieren noch etwas über Pässe und Wege über die Cascades und die Autos auf der Going-to-the-Sun-Road in GNP. Wir einigen uns auf einen Autofreien Tag pro Monat. Dann fragt Basti nach der nächsten Tankstelle. Hm, darauf hatte ich gar nicht mehr geachtet, wir sind schon mehr als 100 mls unterwegs und hier ist – nichts. Außer Campingplätzen. Aber anscheinend kommt in ca. 30 mls eine – dass sollten wir noch schaffen. Außerdem geht es ab jetzt fast durchgängig bergab. Nicht bremsen, nicht zu stark beschleunigen – wir hätten vermutlich weitere 30 mls geschafft als wir an der Tanke ankommen.

Zurück in Yakima fahren wir direkt durch zum Red Lobster um statt Burgern und Sandwiches mal wieder etwas Vernünftiges zu essen. Am Ende ist es relativ unvernünftig, kurz vor einem Eiweißschock aber sehr lecker. Allerdings muß ich leider zugeben, daß ich nicht nur Sättigungsbeilage zurückgegeben sondern auch vier grandiose Garnelen. Aber eine weitere und ich hätte wahrscheinlich rückwärts gegessen. Ich hatte Nudeln mit Jakobsmuscheln, Hummerschwanz, Miesmuscheln und Garnelen, die Menge hätte locker für zwei gereicht. Davor haben wir uns übrigens noch 1 Dutzend Garnelen geteilt und der Salat, der zum Essen gehört, war auch nicht von schlechten Eltern. Also alles überaus lecker, aber viel zu viel. Ich rolle ins Hotel und gebe mich der Verdauung hin. Ich gelobe keine Besserung, denn trotz allem war es ein Fest. Aber bitte nicht jeden Tag.

Basti: Nach all dem Gejammere, daß im Glacier Park bald alle Gletscher verschwunden sind (und die sahen echt nickelig klein aus) haben wir heute einen Platz in der ersten Reihe, Sonnenschein, keine Wolke am Himmel und die Nordostseite von Mt. Rainier direkt vor der Nase. So müssen Gletscher aussehen. OK, für alle Bettmeralp-Kenner, der Große Aletsch ist nochmal eine deutlich gößere Nummer.

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Essengehen ist Streß! Die Portionen sind hier einfach zu groß und was ich eigentlich liebe – viele Sachen bestellen und gegenseitig probieren lassen – führt hier zu einem Gelage. Mein wirkliches Problem ist allerdings, daß wir mit den Motorrädern unterwegs sind und jeden Tag in einem anderen Hotel. Die übliche Vorgehensweise sich die Sachen einpacken zu lassen und am nächsten Tag aufzuwärmen klappt nicht wenn man Tagsüber bei 38°C auf dem Motorrad die Kühlkette für 6 Stunden unterbricht. Zumindest traue ich mich nicht Nudeln mit Garnelen am nächsten Abend in der Mikrowelle aufzuwärmen wenn ich sie den ganzen Tag in einer schwarzen Tasche in direkter Sonnenbestrahlung hatte.

Die Tour heute war für mich besonders interessant, da ich in den 2 Jahren hier in der Gegend zwar mehrmals zum Skilaufen war (Crystal Mountain), die Straßen, die wir heute gefahren sind, waren aber alle im Winter gesperrt (123 und 410).

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Donnerstag, 18. Juli, Hermiston – Maryhill (OR) – Toppenish – Yakima, 181 mls

Das erste Mal, dass meine Landkarte irrt – oder lügt. Jedenfalls zeigt sie am Hwy 14, nördlich vom Columbia grüne Punkte. Das heißt eigentlich „schöne Strecke“,  aber das hier ist langweilig. Braune Hügel rechts, ab und an ein Blick auf den Fluß links, später kommen ein paar Weinfelder dazu, alles nichts wirklich sehenswertes, zudem es von großen Strommasten dominiert wird. Der Columbia ist hier auf ca. 80 Meilen gleich zweimal gestaut um Strom zu gewinnen. Was ihre Flüsse angeht, haben Deutschland (vielleicht Europa?) sehr unterschiedliche Konzepte. Die US haben Dämme wie doof gebaut, hauptsächlich zur Stromgewinnung. In Deutschland sind die Flüsse dagegen durchgängig schiffbar.

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Als Mount Rainier sich zeigt, wird das Panorama deutlich besser, ein einzelner, schneebedeckter Bergkegel am Horizont. Cool.

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Ein Schild sagt „Stonehenge ¼ mls left“. Basti bremst, ich dachte, eine ¼ Meile sei länger. Es paßt aber noch gut, Basti kriegt nichts mit, glaube ich. Stonehenge ist ein Monument, dass ein einzelner Mann auf seinem Grund gebaut hat um ein paar Soldaten aus diesem County, die im ersten Weltkrieg gefallen sind, zu ehren. Ziemlich pathetisch und raumgreifend. Er hatte auch einen General Store und noch ein paar Sachen hier geplant oder gebaut, inzwischen sind nur doch die Stelen und sein eigener Grabstein, ein paar Meter weiter übrig. Aber der Blick auf den Columbia mit Mt Rainier ist super.

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Basti nimmt die Kamera, aber er macht keine Fotos, sondern sucht mit dem Tele die nächste Tankstelle. Wir bewegen uns im letzten Viertel meiner Tankanzeige. Basti entdeckt eine Tanke und wir machen nur mal eine kurze Stippvisite nach Orgeon. Mittagspause. Basti ißt Chili con Carne mit Rührei – äh? Beides okay, aber zusammen? Hm.

Dann nehmen wir den Hwy 97 nach Norden. Erst vielversprechend, leer und kurvig, wird es langweilig, sobald wir den Summit und damit die Hochebene erreicht haben. Ab hier ist es langweilig stur geradeaus mit vielen Lastern – und es ist inzwischen warm. Sehr warm. Basti genießt ohne Verkleidung und nur in Jeans den Fahrtwind, ich schwitze mich langsam aber sicher gar.

Toppenish ist unser nächster Stopp, ich will mir die im Reiseführer erwähnten Wandgemälde (murals) ansehen. Damit wir sie nicht verpassen, halten wir vorher am Visitor Center und bekommen einen Plan. Aber sobald wir in der Stadt sind, ist klar, wir hätten nichts übersehen können, die Bilder sind riesig und überall. Auf einem Platz, „The Old Times Plaza“, schallt dazu Cowboy-Musik aus einem Lautsprecher – Yippiyaye. Aber es ist witzig gemacht, die Bilder sind keine hohe Kunst, aber in der Menge durchaus beeindruckend und zeigen alltägliche Szenen genauso wie historische Momente oder Sport.

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Aber, hatte ich schon erwähnt, dass es warm ist und in der Innenstadt anscheinend alle Läden mit kalten Getränken um 14 Uhr schließen? Wir halten es kurz und machen die letzten Meilen nach Yakima auch noch, bevor wir im klimatisierten Motelzimmer auf den Betten zusammenbrechen. 36°C sagt das Internet. Mir fällt dazu nur „scheiß-heiß“ ein und ich freue mich auf morgen – in der Nähe von Mt Rainier wird es hoffentlich mal wieder etwas kühler sein.

Basti: Hochmut kommt vor dem Fall….. Ich bestelle ein Omelett mit Käse zum „Frühstück“ gegen 14 Uhr und entscheide mich im letzten Moment für die Variante mit „Chili and Onions“, in Erwartung von frischen Chili-Schoten und Zwiebeln. Aber mein Sprachverständnis ist halt doch nur das eines Ausländers, denn ich bekomme eine Truckerportion Chili-con-Carne unter einem Omelett.

Hier im Ostteil des Staates Washingtons (östlich der Cascades) ist das Obst- und Gemüseanbaugebiet, von Getreide bis Aprikosen wächst hier alles – solange man Wasser drauf gießt. Große Obstplantagen, Hopfenfelder und Blaubeersträucher sind in den Tälern, auf den Hügeln verdorrtes Gras und Windparks. Weiter nördlich an den Bergflanken und an den Seen kommt dann der Wochenend Tourismus der „Küstenbewohner“ die den bedeckten Himmel und den Regen leid sind – und das sind einige! Wir werden die schönste Strecke Richtung Westen über die Cascades nehmen, den nördlichsten der drei Pässe (mehr Übergänge gibt es nicht), der teilweise bis in den Mai wegen Schnee gesperrt ist. Es ist der einzige der wie ein Pass wirkt und nicht wie die Brenner-Autobahn.

Mittwoch, 17. Juli, Joseph – Elgin – Umatilla – Hermiston, 154 mls

Wir kaufen in Joseph noch schnell Huckleberry-Lemonade-Powder. Klingt pervers, ist es bestimmt auch, aber ich habe dieses Pulver nicht aus dem Kopf bekommen nachdem wir es vor ein paar Tagen hier entdeckt haben. Ich hatte noch nie Huckleberry-Lemonade und die Lemonade, die man in manchen Kneipen hier aus Pulver gemacht bekommt, schmeckt nur halb so gut, wie frische. Wenn überhaupt. Aber einen Versuch ist es wert. Auf jeden Fall ist es besser, als sich noch woooochenlang zu fragen, ob das nicht ein absolutes Highlight gewesen wäre 🙂

Wir verlassen die Wallowa Mountains mit einem grandiosen Frühstück in Elgin. Ich kriege den besten Muffin mit Speck und Ei seit langem. Basti ißt auch irgendwas. Zum Rodeo sind wir zu spät, das war hier in Elgin letztes Wochenende;  in Joseph wird es nächstes Wochenende sein.  Da hätte unser Timing besser sein können.

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Danach fahren wir auf einer Hochebene weiter, kommen durch einige Skigebiete. Ich erwarte, dass jeden Moment einer der auf den vielen Schildern angekündigten Motorschlitten aus dem Unterholz bricht, aber dazu ist es vermutlich zu warm. Kurz bevor es bergab geht, halten wir an. Es gibt einen großartigen Blick in die Ebene, etwas trüb, aber trotzdem beeindruckend, so viel braun. Hellbraun wo das Korn noch steht, dunkelbraun wo das Korn schon abgeerntet ist. Und sonst – nichts. Kein Grün, keine anderen Farben. Nur Braun.

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Tja, und dann fahren wir genau da rein, rechts und links ist Korn, Korn und Korn. Bis zum Horizont Korn, Korn und Korn. Und Korn. Es ist heiß, staubig und wieder einmal ist die pure Menge die tatsächliche Show. Korn, soweit das Auge reicht, meisten ist nicht einmal am Feldrand etwas Grün dazwischen. Die Straßen sind schnurgerade, aber mit hohen Buckeln. Halten ist hier nicht, es gibt keine Ausfahrten, Wege oder Buchten und einfach auf der Straße könnte gefährlich werden, da man nicht weit vorausschauen kann und die Leute hier nicht gerade langsam fahren. Und der Fahrtwind hilft zumindest ein bißchen.  Irgendwann wird es so hüglig, dass sich Landwirtschaft nicht mehr lohnt und kaum noch etwas wächst.

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Und dann sehen wir auf einmal den Columbia, fahren ein Stück daran entlang. Heute bleiben wir noch südlich davon, wenn wir ihn Morgen überqueren sind wir zurück in Washington State. Die letzte Etappe.

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Trotz später Mittagspause mit Cheeseburger (Basti) und  Huckleberry Shake (ich) gehen wir abends noch zum Thai, etwas essen. Ich weiß ja, dass man Basti mit Reis in jedweder Form glücklich machen kann. Aber den Nachtisch muß er dann doch alleine essen: warmer, süßer Reis mit frischer Mango. Die Mango ist lecker, der Rest nicht meins.

Basti: Ja, das Frühstück war für mich eher klassisch: French Toast (Toast in Ei getaucht und ausgebraten) mit Puderzucker und Sirup, dazu Kaffee.

Der Weg aus den Bergen in die Ebene ist irre, ich habe auf der Höhe fast gefroren und mit jedem Höhenmeter den wir runterfahren wird es deutlich wärmer. Bis wir wieder bei über 30°C sind und die Landschaft nur dort fruchtbar wirkt, wo die Bauern Wasser draufgießen. Wir fahren auf kleinen Straßen in einer Rinne (Canyon wäre vermessen) mit einem kleinen Fluß –oder zumindest Grundwasser, denn hier wachsen ein paar wilde Pflanzen und Büsche. Der Vorteil dieser Rinne ist, daß sie kurvig ist und nicht so langweilig wie die langen geraden Straßen.

Wenn es morgen am Columbia River weitergeht, werden wir die Weinregion um Walla-Walla leider verpassen. Auf der anderen Seite ist beim Mopedfahren sowieso nicht viel mit Weinproben drin. Dafür schaffen wir es vielleicht doch noch zum Mount Rainier, den wir auf der Hinfahrt ausgelassen hatten.

Dienstag, 16. Juli, Joseph – Lake Wallowa Joseph, 15 mls

Nach dem gestrigen Tag haben wir entschieden auszuschlafen. Basti hat das Motel um einen weiteren Tag verlängert. Ich fühle mich wohl hier.  Wir packen Handtücher ein und fahren zum See. Aber erst halten wir an Old Chief Josephs Grab. Ein paar vertrocknete Blumen liegen neben dem Stein, für mindestens einen Menschen scheint das Grab noch wichtig zu sein. Ein paar Meter weiter liegt ein ganze Familie Weißer auf einem Indianischen Friedhof – ist das das ultimative Zeichen von Toleranz? Freundschaft? Mir gefällt es, es zeigt Möglichkeiten.

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Einmal tief Luft holen, das Gefühl von Spiritualität mitnehmen (geht das?) und weiterfahren. Vor uns springt ein Reh über die Straße, so federnd, so elegant, so schön, und verschwindet im Vorgarten eines Hauses. Es hat einen unglaublich eleganten Gang.

Wir halten am See, es regnet ein paar Tropfen, wir verschieben das Baden und fahren weiter zum Wallowa State Park. Ein paar Cabins, ein paar Zelte, eine Marina, ein Strand – in Deutschland würde man Naherholungsgebiet sagen. Hinter dem See hohe Berge. Basti steckt eine Hand ins Wasser – damit hat sich das Baden erledigt. Zu kalt.

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Wir nehmen die schräppelige alte Seilbahn, die Walloha Tram, nach oben, 27$ für einmal rauf und einmal wieder runter scheint auf den ersten Blick viel Geld, aber oben auf Mt Howard sind Wege angelegt mit vielen Hinweisschildern und ein Absprung für Paraglider – sie geben sich Mühe und ich finde, unser Spaziergang hier oben ist das Geld wert. Und es sichert Arbeitsplätze, oben sind zwei, unten sind zwei Menschen, plus eine Ticketverkäuferin.  Ach, es ist einfach schön hier oben und wir mußten nicht laufen. Alles gut.

Oben sehen wir zwei weitere Rehe, vor allem aber Heerscharen von Erd- und Streifenhörnchen, beide Arten total zutraulich. Basti streckt die Hand aus und die Tiere sind es so gewöhnt, gefüttert zu werden, dass sie rankommen statt wegzulaufen. Der einzige Nachteil: Wenn die kleinen Tiere hier so zutraulich sind, dann gibt es bestimmt keine Raubvögel.

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Es ist ruhig, wenig Leute unterwegs, es gibt einen tollen Blick in die Landschaft, wir können die Berge von Hells Canyon erkennen. Ach, ist das schön hier. Unsere Dialoge sind eher surreal, aber es hört uns ja keiner zu, zumindest niemand, der Deutsch versteht. Es geht mir gut, mein  „echtes“ Leben ist ganz weit weg, aber das stimmt nicht, das hier gehört auch zu meinem echten Leben, ich möchte wiederkommen. Sagen wir, mein Alltag ist ganz weit weg.

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Auf dem Rückweg halten wir ausnahmsweise Mal an einem der Heritage Points. Hier hat der Zug der Nez Percé Indianer von ihrer Heimat Richtung Kanada begonnen. Die meisten haben es nicht geschafft. Ich bin berührt, mir fällt kein besseres Wort ein. Seit Menschengedenken haben die Native Americans hier gelebt, ohne das Konzept „Land besitzen“ zu brauchen, zu verstehen oder zu akzeptieren.  Und jetzt sitzen sie in Reservaten, die ihnen die USA großzügigerweise zugesteht weil die hochgerühmten Pioniere mehr oder brutaler waren.  Ich nehme mir vor, mehr über die Nez Percé zu lesen, um von meinem Kinderbild „edler Wilder“, geprägt von Karl May, weg zu kommen. Und irgendwann wiederzukommen.

Basti: Rena hat es geschafft, endlich ist einer dieser riesen Schmetterlinge sitzengeblieben – ausgerechnet auf einem Parkplatz am See.

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Beim gemütlichen Schreiben am Motel zeigt das Wetter nochmal kurz wie schnell es sich ändern kann.

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Montag, 15. Juli, Joseph – Hells Canyon Overlook – Hells Canyon Dam – Halfway – Joseph, 215 mls

Der Tag fängt harmlos mit einem wunderschönen Waldweg an, den wir meilenweit für uns alleine haben. Wenn die Landschaft so gleichbleibend ist – wunderschön, aber eben meilenweit Wald – dann verliere ich ziemlich schnell mein sowieso nicht besonders ausgeprägtes Zeitgefühl. Es ist einfach nur gut. Minuten- oder Stundenlang. Kein Gedanke bleibt, sie kommen und gehen und fliegen vorbei, kommen vielleicht wieder, aber nicht aufdringlich, so ähnlich muß meditieren sein, nur dass ich statt auf meinen Atem auf die Straße achte. Einatmen, ausatmen, Rechtskurve, Linkskurve.

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Wir halten an einer Art Brücke, kaum zu erkennen, aber man sieht das Bächlein, dass uns die meiste Zeit des Weges begleitet. Statt Leitplanken gibt es Wiesenblumen und ein Nadelbaum sprießt aus dem Asphalt. Friedlich, vor allem, wenn wir die Motoren ausmachen.

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Der erste „echte“ Stopp ist der Hells Canyon Lookout. Ein gut gemachter Aussichtspunkt in der Mitte von Nichts. Wir haben mehr als eine Stunde gebraucht, näher dran sind nur Campingplätze. Es gibt einen weiten Blick ins Land, aber „Canyon“ hatte ich mir dramatischer vorgestellt. Schön ist es allemal, ich verstehe die Leute, die hier ein Picknick machen.

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Wir sind links auf den Parkplatz abgebogen, gerade aus geht die Straße ins Nichts, so sieht es zumindest aus. Überhaupt, es gehen ziemlich viele Schotterpisten rechts und links von der Straße ab, keines mit einem Verbotsschild, nur manchmal wird gewarnt, dass die Straße für normale Autos nicht geeignet ist. Kein Wunder, dass wir hier so viele Enduros sehen, zum ersten Mal deutlich mehr als Harleys.

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Der Overlook ist – wie der Name schon sagt – eher oben. Die nächsten Meilen bis zum Fluß geht es also tendenziell runter, nicht immer, ein paar Steigungen und ebene Strecken sind auch dabei, aber je weiter wir runter kommen, desto wärmer wird es. Anfangs hilft der Fluß, aber spätestens am Oxbow Dam ist es warm. Heiß. Zu heiß. Vor uns liegt eine ca. 30 Meilen lange Sackgasse, zum Hells Canyon Dam und zurück, immer schön am Snake River entlang, immer schön zwischen Hitze abstrahlenden Felsen. Ich verstehe, dass Basti, insbesondere nach dem Grand Canyon, wo man den Colorado kaum gesehen hat, mal runter ans Wasser wollte. Aber da sind wir jetzt doch. 30 Meilen bis zu einer Staumauer? Muß das?

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Ja, es muß. Und auch wenn es scheiß-heiß ist und es mir wirklich schwerfällt, am Ende muß ich zugeben, dass es sich lohnt.  Anfangs ist der Canyon fast lieblich, rechts und links zwar hochaufragende aber nicht besonders steile Hänge. Je tiefer wir kommen, desto enger wird das Tal und die Felswände rechts und links steiler. Der Fluß ist immer noch ein besserer See, aber nach dem Damm wird auch das besser, ein bi0chen Weißwasser ist zu sehen und ich kann mir zumindest vorstellen, wie es hinter der nächsten Biegung wird. Und dass es bestimmt total großartig ist, auf dem Fluß zu fahren. Aber die Straße ist 1 Meile nach dem Damm beim Visitor Center zu Ende. Und die Anfahrt ist mir für eine Bootstour zu lang. Auch etwas, wozu wir vermutlich wiederkommen müßten. Also fahren wir die 30 Meilen zurück. Gefühlt ist die Strecke zurück sowohl länger als auch wärmer.

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Aber irgendwann ist es vorbei und dann ist da die Tankstelle, an der wir halten wollen, und wo es zumindest kalte Getränke gibt und Schatten … und Basti fährt vorbei. Waaaas?

15 Meilen weiter (die wir auch wieder zurück müssen) ist ein größerer Ort, angeblich mit Tankstelle und zwei Restaurants und da fährt er jetzt hin, aber dammich, mir ist jetzt warm und wir sind sind 40 Meilen ohne Pause, ohne Schatten unterwegs und es ist immer noch scheiß-heiß und der Wind ist wie ein heißer Fön und im Death Valley war es gar nicht sooo warm. Grumph. Als er endlich hält, bin ich am Ende – aber jetzt ist es kürzer in den Ort –Halfway- als zurück.

Also fahren wir nach Halfway. Halfyway von was? Egal, es gibt hier was zu essen und Sprit. In einem Anfall von Voraussicht fragt Basti den Bartender nach den Tankstellen. Ja, zwei Stück, beide machen um 6 zu. Öh, es ist 5:30. Vor uns haben 5 Enduro-Fahrer bestellt. Basti fährt nacheinander unsere Moppeds tanken, kurz nachdem sein Burger auf dem Tisch steht, ist er auch wieder da.

Der Rückweg ist, …, ach, ich weiß nicht. Auf der einen Seite bin ich echt fertig, auf der anderen Seite ist es immer noch ein wunderschöner Waldweg. Ein einziges Reh sehe ich im Wald, dafür viele Mäuse, die über die Straße laufen. Und ein Streifenhörnchen, das auf irgendetwas wartet. Wir machen mehrere kurze Pausen. Langsam geht die Sonne unter.

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Am Ende ist unser Timing super, auf dem letzten Stück nach Joseph geht es direkt nach Westen, aber anstatt zu blenden, ist die Sonne schon hinter’m Berg verschwunden und gibt tolles Licht. Ich versuche es einzufangen, auch das wieder vorhandene Wasserballett. Nach einem kurzen Stopp am Supermarkt sind wir zurück im Motel. Basti geht zum Office um eine weitere Nacht klar zu machen. Ich will morgen schlafen bis zum Aufwachen, ohne Wecker, ohne Zeit, ohne Plan. Nein, das stimmt nicht, ich will immer noch zum Grab von Chief Joseph. Und zum See. Morgen. Heute bis ich einfach nur noch fertig. Ein kleiner 200-Meilen-Ausflug, mal so eben, hin und zurück. Und da wundert sich der Weber, dass wir bereits knappe 7.000 Meilen im Kielwasser haben…

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Sonntag, 14. Juli, Clarkston – Joseph, 161 mls

Direkt am Fluß entlang ist alles grün. Kaum schrauben wir uns höher, ist alles braun. Es gibt einen harten Übergang, Wasser, sei es durch Bewässerung oder einen Flußlauf, macht grün. Darüber hinaus ist die Fläche braun. Wir sind erst auf dem Hwy 129 WA und dann auf dem Hwy 3, OR unterwegs – dieselbe Strasse, aber an der Staaten-Grenze wechselt sie die Nummer. Was mir bisher nicht aufgefallen ist, die Bundesstaaten geben sich alle Mühe mit ihren Nummerierungsschildern der Straßen. Idaho hat seinen Umriss, Washington den Schattenriss von George Washington und Orgeon ein Wappen. Bei den anderen Staaten, durch die wir gekommen sind, immerhin 8 Stück, habe ich nicht darauf geachtet.

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Die Straße ist prima, schraubt sich vom Snake River aus auf eine Hochebene. Meilenweit erst nichts, dann Felder. Das Auge bleibt nirgendwo hängen. Wir überqueren den Rattle Snake Summit, 3600 ft hoch. Ab und an kommt so etwas ähnliches wie ein Ort, zum Beispiel Anatone, 38 Einwohner, 20 Hunde.

Bald darauf geht es wieder runter an den Fluß in einer unerwarteten Anzahl großartiger Kurven. Die Strecke ist super, selbst wenn der Hells Canyon nichts hergibt, hat sich der Umweg alleine wegen diesen Kurven gelohnt.  Ich verzichte auf Fotos und fahre Motorrad. Vielleicht sollte ich das mal erklären: Der Blick beim Moppedfahren geht so weit wie möglich voraus, man guckt tunlichst dahin, wo man hinfahren möchte. Heißt im Umkehrschluß, wenn ich den Abhang hinunter sehe, weil mich der Steile Berg fasziniert oder ich nach Motiven Ausschau halte, dann eiere ich ziemlich rum, um nicht genau dahin zu fahren wo ich hinschaue. Deshalb ist es entweder eine gute Linie beim Fahren oder die ständige Suche nach guten Blickwinkeln. Heute ist es die Straße, die Linie, die nächste Kurve. Ich bin trotzdem dankbar als Basti für einen  Fotostopp anhält.

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Die erste Pause machen wir im Tal, bei Boggan’s Oasis. Basti kriegt einen Pulled Pork Burger, den er nicht mit mir teilen muß, mir ist das Fleisch zu süß und ich einen Rhabarbar-Milchschake. Yummi. Also mein Shake, der Burger, wie gesagt, ist nicht mein Ding. Auf den Sets stehen unterschiedliche Geschichten aus der Gegend hier, unter anderem über einen Jep Smith, der, wie wir hier lesen können, der Namensgeber vom Smith River an der Küste von Oregon war. Ihr erinnert Euch an die Lower Smith River Road? Wir ja.

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Die Anzeige über dem Eingang zeigt 90°F, und so fühlt es sich auch an, aber als wir uns bald darauf wieder den Hang hinaufschrauben, wird  es kühler. Auch auf dem Berg windet sich die Straße angenehm durch die Leere. Wir halten am Joseph Canyon Lookout und ich jage mit der Kamera Schmetterlinge. Es gibt hier welche, die sind Handteller-groß, erst dachte ich, es sind kleine Vögel. Aber ich erwische nur einen kleinen, die großen setzen sich nie hin, wenn ich hingucke.

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In Joseph, unserem Ausgangsort für die nächsten beiden Tage, sind wir relativ früh. Das Städtchen ist nett zurechtgemacht, hat eine sehr ansprechende Main Street mit vielen Geschäften und Menschen auf der Straße. Wir erfahren im Visitor Center, dass Joseph früher eine Log Town war, aber als sich die Holzwirtschaft nicht mehr gelohnt hat sind in den letzten 15 Jahren erst Künstler gekommen, die die Bronzeöfen weiter genutzt haben und dann Touristen. Wir kommen ins reden. Er erzählt die Geschichten von beiden Chief Josephs, der alte ist hier begraben, der junge auf dem Weg nach Kanada von Soldaten ermordet worden. Ich möchte mir das Grab ansehen, zudem da auch die Gründer von der Stadt Joseph begraben liegen, geschätzt von den Indianern. Da gibt es aus der Zeit nicht so viele, meistens war das eher ein Hauen und Stechen.

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Neben dem Weg zum Grab gibt der Mann noch andere Tipps, unter anderem nach Imnaha zu fahren und dort zu essen, erstens wäre das Essen lecker, zweitens gibt die Strecke einen guten Eindruck von der Gegend und drittens sollten wir vor 7 Uhr zurück sein, da das Wild dann zum Trinken an, bzw. über die Straße läuft, die direkt am Imnaha River entlang führt. So früh wie es ist und so klein wie der Ort ist – das machen wir.

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Gesagt getan, hingefahren, ein paar Fotos gemacht, ein leckeres Sandwich gegessen. Auf dem Hinweg kommen wir am Skigebiet vorbei, vier Abfahrten in den Wald gehauen, es sieht aus wie ein missglücktes Peace-Zeichen. Aber bestimmt kann man hier ganz toll Langlauf machen. Auf dem Rückweg will ich noch ein paar Bilder machen, aber ein Hund vertreibt mich von der ersten Stelle. Shit, ich dachte, da wäre ein Zaun, aber die Bulldogge kommt Gott sei Dank nur bis zur Straße, nicht auf die andere Seite. Mein Herz rast trotzdem. Daß ich später fast einen Hasen überfahre, macht es auch nicht besser. Wir sehen nur ein einsames Reh, aber besser so, als eines der Viecher zu erwischen, wie der eine Einheimische erzählt hat.

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Auf dem Rückweg haben alle Farmer ihre Bewässerungsanlagen angestellt, im Gegenlicht der Sonne sieht das toll aus, eine Art Wasserballett. Aber einen Platz zum Halten sehe ich nicht mehr, die Kombination aus Gegenlicht und toten Insekten auf dem Visier schränkt meine Sicht echt ein.

Basti: Ich weiß gar nicht was Rena hat, das Pulled Pork ist ausgezeichnet und schmeckt wie es soll. Gestärkt geht es weiter rauf und wieder runter und wieder rauf, tolle Ausblicke und immer wieder diese schlammbraunen trockenen Canyon-Flanken, die sehr unwirtlich wirken und dann im Tal sattes Gras und hohe Bäume.

Joseph ist definitiv eine Überraschung, mit viel Liebe zurechtgemacht bis hin zu den Beeten und den Fußwegen auf der Hauptstraße – und das hier am Ärmel des Propheten.

Dann auch noch der Abstecher in den Imnaha Canyon. Nicht nur eine schöne Strecke sondern auch heiß, hier steht die Luft. Am Ende in Imnaha die skurrilste Kombination aus Kneipe und Gerneral Store, die mir bis jetzt begegnet ist. Ein paar Stühle an der Bar und ein paar Tische auf der einen Seite, auf der anderen Regale mit den Dingen des täglichen Bedarfs, die hier am gefühlten Ende der Welt benötigt werden. Von Backmischungen über Fahrradschläuche bis Motoröl. Drinnen sitzen ein paar „Locals“ und geben dem Ganzen Kolorit.

Auf dem Rückweg will ich auf einem der Fotostopps Rena in den Status Eiskönigin erheben, da sie cool wie ein Torero einem heranschießenden American Bull Terrier die kalte Schulter zeigt und ganz gelassen auf die andere Straßenseite schlendert. Hinterher erfahre ich, daß sie sicher war einen Zaun zwischen sich und dem Hund zu haben.

Samstag, 13. Juli, Coeur D’Alene – Harrison – Clarkston, 160 mls

Ich will schnell raus aus dem Raucherzimmer, bilde mir ein, dass meine Haare und überhaupt alles nach Rauch riecht. Also schnell duschen, anziehen, packen, raus. Auf der I-90 hängt Basti hinter einem Wohnmobil und bleibt und bleibt dahinter. Die Straße ist frei, das Wohnmobil langsam – ich verstehe es nicht und überhole erst Basti und dann das WoMo. Kurz danach kommt unsere Ausfahrt. Keine Ahnung, ob das WoMo auch hier abgebogen ist, aber das war meine Horrorvorstellung: Eine schnuckelige kleine Straße und wir hinter einem 15 mph rollendem Hindernis.

Aber wir sind alleine auf der wunderschönen Strecke östlich des Sees Coeur D’Alene. Die Straße folgt jeder noch so kleinen Bucht des Sees und der hat hier im Norden viele davon. Wir sind ein paar Meter über dem Wasser, zwischen uns und dem See sind Häuser. Wir sehen nur die Dächer und die Zufahrten. Die Straße flutscht nur so unter uns durch, kurvig, nett, leer. Super.

Ich bringe es lange nicht über mich zu halten, es gibt keine Parkbuchten, es sind alles Zufahrten und durch die vielen Kurven auch immer erst spät zu erkennen. Der erste Stopp ist daher zwischen zwei Seen, ein gerade Strecke, einfach am Straßenrand. Die vielen Seerosen sind mir schon an anderen Gewässern hier aufgefallen, alles eher flach und daher flächig bewachsene. Sieht bestimmt irre aus, wenn die Seerosen blühen, wirkt jetzt auch schon nett.

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Ein paar Meilen später gibt’s dann den ersten Kaffee und einen kleinen Spaziergang zur öffentlichen Marina von Harrison. Früher gab es Schaufelraddampfer für den Holz- und Minentransport. Ein Schild warnt vor verseuchter Erde, Minenreste. Die Idee, mit Stegen in der Marina einen kleinen Schwimmbereich abzugrenzen, finde ich prima – aber ob im Wasser auch Schwermetalle zu finden sind? Die Kinder stört’s nicht. Das Wasser ist klar. Es ist schwer, vor Gefahren, die man nicht sehen, hören oder fühlen kann, Respekt zu haben.

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Die Strecke hat weitere Überraschungen für uns parat, nachdem sie das Seeufer verlassen hat, bleibt es kurvig. Jetzt fahren wir durch Land, das eindeutig bearbeitet wird, Vieh- und Holzwirtschaft. Einige Hänge sind kahl, man kann den Zickzack der Straßen zum Abtransport hangabwärts erkennen. Direkt daneben eine Fläche mit hohen und dahinter ein Fläche mit niedrigen Bäumen. Dadurch, dass wir direkt darauf zufahren, wird die Holzwirtschaft hier sehr deutlich. Neben uns verschwinden zwei Rehe im hohen Wald.

Dann wird es weniger Wirtschafts- und mehr Naturwald, die Bäume sind höher und es gibt mehr Unterholz, die Straße schwingt sich angenehm einen Hügel hinauf und dann wieder herunter. Wir halten an einer Abzweige, die für mich nach einem Waldweg aussieht. Kurz darauf kommt erst ein Auto heraus, dann will eines hinein. Bei den wenigen, die hier vorbeikommen ist das schon eine Menge. Hinein will ein Sheriff. Wir hatten ebene noch über den wenigen Austausch mit den Leuten hier gewitzelt, prompt hält der Sheriff an und Basti und er unterhalten sich. „Call us, if you need something“ verabschiedet er sich. Och, nee, nett gemeint, aber wenn keiner von Euch da ist, stört es nicht, dass wir ein bißchen zu flott unterwegs sind.

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Bald hört der Wald auf und wir kommen ins Farmland. Weite Wiesen und Felder in den unterschiedlichsten Grün- und Gelbtönen. Und der Blick ist auf einmal wieder weit. Das grüne Getreide wiegt sich im Wind, es sieht ganz weich und fast lebendig aus. Wie Wasser in einer Bö oder das Fell eines langhaarigen Tieres.

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Nach einer Kurve ändert sich das Bild wieder. Was mir nicht bewußt und auch nicht erkennbar war: Wir waren bisher auf einer Hochebene. Jetzt schrauben wir uns in eine Schlucht hinunter, rechts und links Sandberge, in der Mitte ein Fluß: Clearwater. Die Straße wird vierspurig, der Verkehr nimmt zu, es wird städtisch. Wir kommen an einer alten Brücke vorbei, die sich unerwartet und dadurch umso mächtiger gegen die Hügel auf der anderen Seite des Flußes abhebt. Warm ist es hier, deutlich wärmer als am See und der Hochebene. Wie gut, dass es nicht mehr weit ist.

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Mit Clarkston sind wir wieder in Washington, nur knapp, aber damit liegt auch Idaho hinter uns. Morgen und übermorgen wird es wieder Oregon werden und dann sind wir für die letzten Tage endgültig zurück in Washington.

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Basti: Ja, unser Freund und Helfer….

Eine sonnige gewundene Straße durch den Wald, Rena entscheidet an der Einfahrt in einen Waldweg zu halten und eine Pause zu machen. Aus purer Gewohnheit stellen wir uns an den Rand der Einfahrt essen ein paar Bananen, Rena macht Bilder und der Tag ist einfach schön. Erst wird unsere vermeintliche Ruhe durch einen Wagen gestört der aus dem „Waldweg“ kommt, und ich bin froh, daß ich mit einem menschlichen Bedürfnis noch etwas gewartet habe, dann herrscht wieder Ruhe.

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Kurz bevor wir entscheiden wieder aufzubrechen biegt ein SUV in den Waldweg ein, im letzten Moment sehe ich den Sheriff-Aufdruck auf der Tür. Ich hasse die modernen Blaulichter, die sind kaum höher als ein Dachgepäckträger. Drin sitzt ein Milchgesicht von Anfang 20 mit der obligatorischen, ultracoolen Sonnenbrille. Vorwärtsverteidigung, wir haben ja nichts Böses angestellt,  also freundlich auf Ihn zugehen und grüßen. Er ist professionell interessiert: wo fahrt Ihr hin, wo kommt Ihr her. Bei meiner Aussprache von Coeur d’Alene ergibt sich die Frage woher wir sind automatisch – Germany, good – meldet Euch halt falls irgendwas ist, wir sind für Euch da. Zum Abschluß noch die Frage ob der Notruf auch in Deutschland 911 ist, kann ich verneinen und versichern, daß die US-Notrufnummer seit dem 11. September weltweit bekannt ist. Nur gut, daß mein „Bedürfnis-timing“ gepasst hat – das hätte ich Ihm nicht erklären wollen.

Freitag, 12. Juli, Libby – Sandpoint – Coeur D‘Arlene, 150 mls

Analphabet darf man hier zum Autofahren nicht sein, ständig gibt es etwas am Straßenrand zu lesen. Diesmal beschäftigt mich der Hinweis „Game Crossing“. Hm. Ein Schachspiel, das über die Straße läuft oder doch eher Monopoly? Laufen die einzelnen Steine oder die ganze Schachtel? Und müßte es dann nicht Games heißen? Fragen über Fragen, die Basti mit dem Hinweis, dass „Game“ Wild ist, beendet.

Wir verlassen Montana Richtung Westen, womit die Uhr am Motorrad wieder richtig geht und wir heute eine Stunde gewinnen. Oder mal früh ins Bett gehen. So oder so: Bye bye, Montana, Du hast mir unerwartet gut gefallen.

Die erste Strecke von Libby aus ist Montana pur, erst entlang eines großen Flusses, dann entlang vieler kleiner Seen und mäandernder Flüßchen schwingen wir mit 70 – 80 mph die Straßen entlang. Entspannt und schön. Was für eine angenehme Reisegeschwindigkeit wir da hatten, wird deutlich als wir Idaho erreichen – 55 mph max, zumindest auf dieser Straße.

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Wir halten kurz in Clark Fork, dem ersten Ort in Idaho, um zu frühstücken, aber das Cafe sieht nicht einladen aus und die Bar, in die wir dann gehen hat augenscheinlich nichts zu essen. Also Cola um wenigstens etwas Zucker in den Magen zu kriegen und weiter. Es ist relativ frisch, eigentlich tolles Motorradwetter nach der Schwitzerei, aber wir sind es einfach nicht mehr gewöhnt und vor allem viel zu dünn angezogen.

Sandpoint ist unser nächster Halt, wir hatten überlegt, hier zu bleiben, sind aber schon mittags da. Nettes Städtchen, wir essen in einer Mall, die auf eine alte Holzbrücke gebaut ist. Gut gemacht.

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Weiter geht es ziemlich langweilig und mit viel Verkehr Richtung Süden nach Coeur D’Arlene, wo das Motel 6 leider nur noch ein Raucherzimmer hat. Wir nehmen es, für eine Nacht wird es schon gehen, aber es stinkt schon ziemlich. Daher sitze ich jetzt zum Schreiben auch vor der Tür und hoffe, dass niemand mit Schwung um die Ecke kommt und mich über den Haufen rennt.

Wir sind so früh, dass wir lauter schlaue Dinge machen können: Wir waschen mal wieder Wäsche, wichtig, auch wenn es nicht richtig sauber wird, riecht es zumindest nach Waschmittel. Um die Flecken kümmere ich mich wenn ich wieder in Deutschland bin.

Dann waschen wir die Motorräder. Da keine Bikinischönheiten in der Nähe sind, erledigen wir es selber. Nachdem wir dreimal durch den Schlamm und Sand der Baustelle im Glacier National Park gefahren sind, sehen die Dinger aus wie Sau. So sehr, dass es selbst mich stört. Zudem ich mir angewöhnt habe, meinen Helm auf die Fußraste des Sozius zu hängen, die natürlich auch total dreckig ist. Also tauschen wir Unmengen von Quartern ein, zum Wäsche waschen und trocknen und zum Moppeds waschen und sind vernünftig.

Erst dann gucken wir uns Coeur D’Arlene an. Nette Stadt, groß genug um eine Anzahl von Restaurants und Bars in der Innenstadt zu haben. Also Innenstadt heißt auch hier nur ein Straßenzug, aber der ist fast direkt am Wasser und sehr lebendig. Nett. Außerdem rühmt die Stadt sich, den längsten Boardwalk zu haben, ein Steg auf dem See zum Spazierengehen. Man kommt quasi auf dem Wasser einmal um die Marina herum und damit die Boote rein und raus können, gibt es eine Brücke für die Fußgänger. Hoch muß sie nicht sein, ich sehe kein einziges Segelboot.

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Basti: Gestern war die Planung noch entspannt nach Sandpoint zu fahren, dort zu bleiben und am nächsten Tag weiter nach Coeur d’Arlene zu kommen. Heute Morgen sagt mir meine Liebste beim Aufwachen sie will durchfahren bis Coeur d’Arlene – für alle die sie gut genug kennen, sie wirkt hell wach obwohl es noch keine 9 Uhr ist. Gesagt, getan. Wir sitzen um halb zehn auf den Moppeds und Rena macht Strecke. Ich hatte gestern, glaube ich, das Problem der fehlenden Verkleidung erwähnt, heute haben wir zumindest keinen Gegenwind und ich kann die 80 mph gut mithalten. Dafür habe ich mich seit langem mal wieder richtig verhauen was die Wettereinschätzung angeht, es ist bedeckt und frisch. Habe nur ein Polo an und nur im letzten Moment das Futter in die Jacke geknöpft. Ohne das Futter wäre die erste Pause nach 10 Minuten fällig gewesen, so halte ich durch und habe nur kühle Arme, da die Jacke mit den Sommerhandschuhen nicht dicht abschließt.

Eine Stunde später am Vormittag in eine Bar einzulaufen ist schon etwas komisch, aber es gibt auch Cola und ich kann im Sitzen an der Theke eine rauchen (Seltenheitswert!!). Als wir wieder losfahren wärmt die Sonne auch langsam ein wenig und ich fühl mich wieder wohl.

Mit Coeur d’Arlene kommen wir gefühlt nach Tagen oder Wochen wieder in der „Zivilisation“ an. Es ist das erste Mal seit langem, daß ein Ort nicht mit Campingplätzen und einer Tankstelle beginnt, sondern mit dem üblichen Speckgürtel aus Malls, Home Depot und einer Reihe von Autohändlern. Wir gehen trotzdem nicht in eines der üblichen „Ketten-Restaurants“ sondern in eine Pizzeria die so durchgestylt auch in Seattle Bestand hätte.

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Donnerstag, 11. Juli, Whitefish – Eureka –Libby, 141 mls

Wir packen gleichzeitig mit einem Harleyfahrer unsere Sachen auf die Moppeds. Ob dann überhaupt noch Platz für uns ist, fragt er, nur weil er sein Bike mit einer Vielzahl von Koffern ausgestattet hat. Klar, denke ich, aber was sagt der Weber? Dass er mir deswegen ein eigenes Mopped gegönnt hat. Und ich kann noch nicht einmal widersprechen, denn obwohl es meine ist, hat er die Bumble Bee gekauft. Und reitet jetzt darauf rum. Also auf dem Umstand an sich, nicht auf dem Bike.

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Die fahre ich weiterhin und diesmal fast in ein Auto hinein. Wir müssen vom Motel aus links auf eine ziemlich befahrene Straße, ich sehe eine kleine Lücke, die passt auch, dummerweise habe ich übersehen, dass in der Ausfahrt mir gegenüber ein Autofahrer auch denkt, dass es seine Lücke ist. Aber es paßt irgendwie, mit leichtem Herzklopfen fahre ich ein Stück weiter und dann auf den Seitenstreifen, Basti braucht ja auch noch eine Lücke. Aber mit mehr als 6.000 Meilen im Kielwasser nur eine knappe Situation, finde ich gar nicht schlecht. Vielleicht fahren hier deshalb so viele ohne Helm, wenn es meilenlang keine Seitenstraßen gibt, an denen ein Autofahrer Dich übersehen kann, dann kann diese Meilen lang auch nichts passieren. Aber wieso habe ich dann einen Harley Fahrer mit neongelber Warnweste und dem Aufdruck „Do you see me now, asshole?“ gesehen? Egal, alles gut gegangen, weiter.

Durch den späten Start haben wir – ein drittes und letztes Mal- Frühstück in diesem Hotel verpasst. Wir halten in der nächsten Stadt, Eureka. Niedlich und per Zufall oder Glück geraten wir in DEN Laden hier. Solltet Ihr jemals nach Eureka, Montana kommen (es gibt mindestens 3 Eurekas in US), müßt Ihr unbedingt im Cafe Jax essen. Ich hatte einen Huckleberry Shake zum Frühstück plus die geklauten Hash Browns von Basti und Basti hatte Rührei mit Speck, Toast und eben ein paar wenigen Hash Browns. Lecker. Und das, was sie an uns vorbeigetragen haben, sah auch alles sehr, sehr fein aus.

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Weniger fein sieht wenig später die Straße aus, die wir genommen haben. Zuerst war nur der Bahnübergang uneben, dann wird es schlechter Belag, und am Ende ist es Schotter. Und das alles nur um nach 5 Meilen festzustellen,  dass die Straße schön und abgelegen ist, uns aber nicht zum See bringt sondern wieder zurück auf den Hwy 93, den wir gekommen sind.  Auch egal, es übt halt und zeigt viel, viel Gegend. Was haben die hier für Unmengen an Gegend.

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Wir fahren ein zweites Mal durch Eureka und ich bin versucht, ein zweites Mal im Cafe Jax zu halten, aber ein weiterer Milchshake geht beim besten Willen nicht rein. Obwohl…. Aber dann sind wir schon vorbei und treffen die richtige Straße und fahren Kurve um Kurve am See Koocanusa entlang. Schönes, entspanntes fahren, jedenfalls solange wir einigermaßen Windgeschützt sind. Wir kommen an eine Brücke, eine schicke Brücke, allerdings mitten im Nichts. Keine Ahnung, warum sich jemand entscheiden sollte auf dieser oder der anderen Seeseite entlang zu fahren. Jedenfalls wirkt die Brücke seltsam deplatziert und viel zu schick für die Straße auf der wir unterwegs sind und auf der uns kaum ein Auto entgegen kommt. Ein Schild sagt, von der Armee gebaut. Okay. Wozu?

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Vielleicht brauchte man die Brücke beim Staudammbau, einige Meilen später sind wir am Libby Dam. Basti sagt, man sieht es den Mülleimern, die alle wie kleine Bunker aussehen, an, dass der Staudamm auch von der Armee gebaut wurde. Finde ich jetzt nicht so, aber ich gucke auch eher auf das Gras, dass sich im Wind wie Wasser hin und her bewegt. Hier, auf dem Parkplatz neben dem Damm ist es richtig windig.

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Die Amerikaner stellen ja gerne Tafeln aus, über die Historic Sites hatte ich ja schon mal gelästert. Aber ein paar in den Parks fand ich spannend, und hier steht auch eine lesenswerte. Aufgrund des Dammes mußten sie den Hwy 37, den wir gekommen sind höherlegen. Daher also sind wir die ganze Zeit so hoch über dem See, wenn schon, dann richtig. Spannend auch, dass links neben der Straße große Steine und Felsen gelegen haben, von denen ich tippen würde, dass sie vor nicht allzu langer Zeit vom Hang auf die Straße gekracht sind. Man sieht noch die frischen Bruchstellen. Ich bin froh, dass wir hier erst langfahren nachdem das beseitigt ist. Laut Tafel ist ihnen das beim Bau der Straße auch passiert, an einem Sonntag.

Kurz hinter Libby Dam ist Libby, unser Ziel für heute. Wir finden ein nettes Motel direkt am Hwy 2 mit ein paar Tischen und Rasen statt nur Parkflächen vor den Türen. Wirklich nett. Wir nutzen einen der großen Tische um unsere Karten auszubreiten und die nächsten Tage zu planen. Nachdem wir noch so viel Zeit haben, entschließen wir uns noch einen Abstecher in den Süden zu machen und Hells Canyon zu besuchen. Ich freu mich, auch wenn ich dafür die Oregonkarten von gaaaaanz unten aus dem Seesack holen muß. Die Planung war so anstrengend, dass Basti sich erst mal hinlegen muß und seinen Mittagsschlaf nachholt. Ich sitze in der Sonne, lese und lasse es mir gut gehen.

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Unser Spaziergang durch Libby zeigt gegensätzliches. Auf der einen Seite, direkt am Hwy 2 ist die Straße belebt, also voller Autos und geöffneter Läden, keine Menschen außer uns. In dem Straßenzug, den sie selber als Downtown bezeichnen, ist der Großteil der Häuser zu vermieten oder zu verkaufen, die Läden geschlossen und die Schule verfällt. Schade, aber wahrscheinlich hat Libby nicht genug Einwohner oder Einzugsgebiet und es macht Sinn auf den Durchgangsverkehr als Einnahmequelle zu setzen.

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Mein letztes Highlight des Tages ist eine Frau, die tatsächlich mit Lockenwicklern im Haar essen geht. Okay, nur Mexican Fastfood, so wie wir, aber ich dachte, mit Lockenwicklern aus dem Haus käme nur in schlechten Fernsehserien vor. Irrtum. Ich schaffe es mühsam, nicht hinzustarren, kann aber nicht umhin zu bemerken, dass die oberen grün und die unteren rosa sind. Es gibt eine klare Farbgrenze. Hm, ist das ein Zugeständnis an ihre Umwelt oder hat das was mit der Größe der Wickler zu tun?

Ach, nee, mein allerletztes Highlight ist ein Huckleberry-Eis. Nicht ganz so gut wie der Milchskake, aber auf jeden Fall lecker. Sind das Blaubeeren oder Heidelbeeren? Gibt es einen Unterschied zwischen Blau- und Heidelbeeren? Ich bin mir nie sicher und vielleicht sind Huckleberries ja weder noch, denn im Gegensatz zu allem, was man in Deutschland bekommt, haben diese hier einen eigenen Geschmack, etwas süß, ziemlich sauer, etwas Wald dazu. Yummi. Wir sind gestern ja zweimal durch Hungry Horse gefahren (der Ort heißt wirklich so) und haben erst am Abend über die Huckleberry-Jam von Hungry Horse im Reiseführer gelesen. Fast hätte ich ein Glas mitgenommen. Aber eben nur fast, denn unsere Platzreserven sind ja vom Bären aufgebraucht.

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Basti: ja, ich muß nach der langen Zeit als Strohwitwer wieder darauf aufpassen was ich sage – und vor Allem wer die Zuhörer sind! Naja, dafür ist Renas „Ausfahrt-Stunt“ aufregend, ich stehe hinter Ihr und sehe das Auto aus der gegenüberliegenden Ausfahrt auch erst als es eigentlich zu spät ist. Aber Beinahe-Unfälle sind eben keine – gut gemacht!

Cafe Jax ist wirklich ein Erlebnis, in so einem verschlafenen Örtchen ein professionell geführtes und gut gemachtes Restaurant mit einer Karte, die so viele Salate wie Burger-Varianten anbietet. Außerdem sind die Hash Browns die besten die ich je hatte.

Das Schottertraining war witzig, wenn auch unnötig. Dafür kann ich mich nicht entsinnen jemals über 70 Kilometer an einem See entlanggefahren zu sein. Nur der Wind ist echt nervig. Heftig, böig und entweder von vorne oder von der Seite, nun bereue ich es keine Verkleidung an der Ninja mehr zu haben. Rena sitzt entspannt hinter ihrer Verkleidung und kann bestimmt stundenlang so weiterfahren, ich bin irgendwann verkrampft und meine Schultern brennen. Dementsprechend bin ich froh, daß wir heute schon gegen vier im Motel sind und keine 200 mls Etappe vor uns haben.

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Rena: Muß ich mir nach der Ergänzung Gedanken darüber machen, was er alles gesagt und erzählt hat wenn ich nicht dabei war? Und ja, ich könnte so weiterfahren – aber der See ist hier zu Ende.

Mittwoch, 10. Juli, Whitefish – GNP – Hwy89 – Hwy49 – Hwy2 – Whitefish, 192 mls

Glacier National Park (GNP), die zweite, diesmal die komplette Going-to-the-sun- Route über den Logan Pass hinweg und dann außen südlich um den Park herum zurück.  Bis zum Logan Pass halten wir nur zwei, dreimal – Fotos an den Plätzen machen, an denen ich gestern nicht stoppen wollte, meistens weil wir gerade einen Deppen überholt hatten. Es gibt ein paar schöne Stromschnellen am McDonald Creek und wir staunen, wie Leute auf die andere Seite kommen. Nach eifrigen Wanderern sehen sie nicht aus. Am nächsten Parkplatz entdecken wir das „Geheimnis“, es gibt hier eine Brücke. Schön. Schön finde ich auch, dass Pferde auf der Brücke Vorfahrt haben.

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Weiter geht es, der Weg bergauf ist sehr, sehr beschwerlich weil anscheinend noch mehr Leute als gestern meinen die Natur aus dem Auto heraus bewundern und fotografieren zu wollen. Mal eben mitten auf der Straße stehen bleiben, den Tablet aus dem Fenster halten aber ja nicht an den Rand fahren und das klimatisierte Gefährt verlassen – so genießt der Amerikaner die Natur. Oder mit 10 mph langsam bergauf tuckern…. Dabei macht die Straße ab 35 mph richtig Spaß, wenn man schwindelfrei ist. Es geht schon sehr steil und sehr weit rechts runter. Wir fangen an zu überholen und dadurch gibt es immer wieder ein paar Strecken – bis zum nächsten Deppen halt. Einmal die Going-to-the-sun-Road ganz für mich alleine haben, ohne Verkehr bei ausreichend Licht und trockener Straße – vermutlich einer dieser unerfüllbaren Wünsche.

Nach dem Logan Pass wird es besser, leerer, weniger dramatisch, daher auch weniger Ich-halte-wo-ich-will-um-meine Fotos-zu-machen-Fahrer.

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Entsprechend geht es schneller und bald sind wir am Jackson Glacier Lookout. Ich hatte einen dramatischen Gletscher erwartet, was ich sehe ist ein Rest Eis hoch oben am Berg. Nach Schätzungen sind bis 2030 alle Gletscher aus dem GNP verschwunden, mit nicht absehbaren Folgen für die Natur. Aber der Amerikaner an sich läßt gerne stundenlang den Motor laufen damit es ja nicht warm wird im Auto. Ach, ich bin ja nicht besser, mit zwei Moppeds durch die Gegend zu gondeln ist sicherlich kein Umweltschonender Urlaub. Aber ein bißchen Mitdenken würde nicht schaden.  Einfach mal den 8-Zylinder-Pickup, in dem maximal 2 Personen sitzen ausmachen, wenn man anhält. Und akzeptieren, dass es draußen warm, ja sogar heiß ist.

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Auf demselben Parkplatz halten zwei Moppeds, dreckverschmierte Reiseenduros aus Orgeon, die nach strecke aussehen.  „Finally another driving girl“ sagt die eine der beiden Fahrerinnen bevor sie sich dem Gletscherrest zuwendet. Und sie hat so recht, bis auf ein weiteres Frauenpaar, fahren sonst immer die Männer. Schon in Deutschland sitzen mehr Mädels auf dem Bitchseat statt am Lenker, aber hier ist es noch extremer. Warum eigentlich?

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Weiter geht es, raus aus dem Park. Der Hwy 89 beschert uns großartige Blicke, ich versteh, warum Montana von sich als „Big Sky Country“ redet. Wenn keine Berge im Weg sind, geht der Blick bis ins Unendliche. Und wenn Berge im Weg sind, dann sind sie gleich großartig. Dazu gibt es tolle Kurven, die umso besser sind weil sie total unerwartet sind. Ich hatte gedacht, dass es nach dem Park gerade oder bergab geht, stattdessen geht es bergauf und dann wieder runter und wieder rauf – die wahre Freude.

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Wir halten in Kiowa. Nach meiner Karte ist es ein Ort, nach dem, was wir sehen ist es eine Kreuzung mit einem Cafe, das schon mal deutlich bessere Tage gesehen hat. Oder vielleicht auch nicht, es ist das erste Cafe mit Dixiklo vor der Tür. Ich verzichte, da sind mir die Plumpsklos in den Parks lieber. Auch wenn einem da schon mal eine kalte Brise um den Allerwertesten weht. Das Essen ist okay, die Cola kalt, weiter geht es. Der Hwy 49 beschert uns noch ein paar dramatische Blicke, der ist echt unerwartet großartig. Okay, das Pflaster ist schlecht, aber die Blicke und die Kurven – gebt mir mehr davon, es ist viel zu kurz.

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Der Hwy 2 ist schnell und schön, wir halten noch mal am Fluß und lassen uns das letzte Wasser schmecken. Wie schade, dass ich nicht einfach die Füsse ins Wasser stecken kann. Aber das sind die Nachteile beim Moppedurlaub, ein paar Dinge sind einfach deutlich aufwendiger als mit dem Auto. So Kleinigkeiten wie ein Handtuch dabei haben oder einfach kurze Hosen anhaben oder sogar einen Rock – keine Chance.

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Nach knappen 8 Stunden und knappen 200 Meilen sind wir wieder im Hotel. Kurz hinter Logan Pass hat mein zweiter Kilometerzähler genullt und wir haben weitere 1.000 Meilen hinter uns gebracht. Inzwischen sind es 6.000. Das Problem dabei: Es ist noch so viel Zeit am Ende der Strecke übrig. Natürlich könnten wir Tagestouren ab Seattle machen, aber wäre nicht dasselbe. Also beginnen wir zum einen Umwege (vielleicht doch zum Hells Canyon?) und kürzere Etmale (Aber was machen wir denn den Rest des Tages wenn wir nicht schlagkaputt von 200 mls auf’s Bett fallen?) zu planen. Mal sehen, was daraus wird. Jedenfalls sind wir heute die letzte Nacht in Whitefish, haben uns heute Abend noch das Städchen angesehen, essen und trinken unsere Vorräte vom Kaufrausch vor ein paar Tagen auf/aus und lassen den Tag ausklingen. Wie heißt es hier: “Let’s call it a day.“

Basti: Ja, heute haben wir die langsameren Fahrer als Pylonen benutzt 🙂

Auch diese schmale verwinkelte Straße gibt immer mal wieder einen Sichtbereich her, den unsere Moppeds sicher durcheilen können. Hier machen die 100+ PS auf über 2000m üNN Sinn, denn so bleibt genug Power um vorbei zu huschen. Ich gebe zu, daß ich sonst auch echt in meiner Langmut getestet worden wäre. Ich konnte teilweise nicht im ersten Gang hinter den Autos herfahren, sondern mußte mit schleifender Kupplung fahren da ich mit Standgas im Ersten zu schnell war.

Da wir gestern und heute von Westen über den Logan Pass gefahren sind, sind wir auch zweimal durch die Baustelle gefahren. Fester lehmiger Untergrund ist fast wie Asphalt, sobald er aber naß wird ist er erstens glitschig und zweitens auf den Moppeds wie Zement. Die Karren sehen aus wie Sau! Mal sehen wann wir wieder Beachboys und Bikinischönheiten finden die unsere Moppeds waschen wollen, sonst bleibt das womöglich an mir hängen.

Ich bin auch gespannt ob die Forscher Recht behalten und die Gletscher aus dem National Park 2030 verschwunden sind – benennen die dann den Park um??

Ursprünglich hatten wir für durchschnittliche Tagesetappen von 100 Meilen geplant, nur mit Etappen wie heute bleibt am Ende der Strecke einfach noch Zeit über.

Dienstag, 9. Juli, Whitefish – Glacier NP, Logan Pass – Whitefish , 118 mls

Die Entscheidung zu dieser Moppedtour ist frühmorgens in einer Mischung aus Jetlag (ich) und leichtem Schlaf (Basti) entstanden.  Wir haben nie lange darüber diskutiert, sondern es uns zusammen ausgemalt, für gut befunden und so gemacht. Der heutige Tag entsteht ähnlich: Wir kommen nicht aus dem Bett, irgendwann ist es zu spät um die komplette Runde Glacier National Park zu fahren. Also entscheiden wir auszuschlafen, nur zum Logan Pass zu fahren und da spazieren zu gehen.  Einziger Nachteil: Wir verpassen das Frühstück.

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Glacier NP ist schön, die Straße schmaler als Yellowstone und kurviger. Leider gibt es genauso viele Schnecken und eine 3-Meilen-Baustelle. Aber das gibt auch mir die Zeit nach rechts und links zu schauen. Nach der Baustelle wird es spannender, die Straße wurde 1932 fertig gestellt, glaube ich, mit Steinen als Leitplanken quasi an den Rand der Berge gezimmert. Tolle Ausblicke, schöne Wasserfälle, schneebedeckte Berge, glatte Seen – es gibt hier wirklich viel Landschaft zu sehen.

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Am Logan Pass parken wir erst jetzt fällt mir auf, dass es hier ausnahmsweise mal keinen Generalstore oder etwas ähnliches gibt. Wir haben nicht gefrühstückt und auch nichts mitgenommen. Seit dem Raben bin ich sehr zurückhaltend, aber tatsächlich – ich habe es schlicht vergessen. Egal, wir gehen trotzdem auf den Hidden Lake Trail. Wobei der Name falsch ist, der Parkplatz ist voll und ich glaube alle sind auf diesem einen Trail unterwegs. Vermutlich aus den gleichen Gründen wie wir, es ist der kürzeste, 1,5 Meilen eine Richtung. Am Ende sind wir 2 – 3 Stunden unterwegs, wir haben nicht zur Uhr geguckt und es hat sich gelohnt.

Das erste Stück ist ein angelegter Weg, erst Stein, dann Holzbohlen. Rechts und links sind Frühlingswiesen und Panorama. Mitten im Panorama auf einmal eine weiße Ziege, die gemütlich frißt. Vorne ist sie ihr Winterfell schon fast los, hinten trägt sie noch dicke Hosen.  Süß. Und es wird besser, denn sie hat ihr Junges dabei. Beide stehen entspannt am Weg und fressen während die Kameras heiß laufen (meine auch). Wahrscheinlich wurden sie von den Rangern hier positioniert.

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Der Weg geht bergauf und bald ist von den Holzbohlen nichts mehr zu sehen, wir stampfen durch Schnee. Nassen, schmelzenden, alten Schnee, aber eben Schnee. Cool – im wahrsten Sinne des Wortes. Alle stapfen und schlittern ihren Weg nach oben oder zurück, alle mit mehr oder weniger Spaß. An einer Engstelle staut es sich, man muss um eine Kante herum, es ist steil und rutschig und eigentlich nur Platz für einen – aber die Leute wollen hin- und auch wieder zurück. Vorne steht eine Frau und kommt nur Stückchenweise vorne, dadurch staut sich alles. Basti hilft ihr. Nett, so isser halt.

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Irgendwann liegt das Schneefeld hinter uns, allerdings ist der Weg eher ein Bach, Tauwasser macht genauso nasse Füße wie Schnee. Die Landschaft ist toll, hier gibt es bestimmt Trolle. Ach nee, Bären, aber solange die nächste Ziege entspannt grast wird wohl keiner in der Nähe sein.

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Schön,  einfach schön ist es hier, angenehme Luft, viel zu gucken, der Hidden Lake ist den Weg wert. Auf der anderen Seite entdeckt Basti ein Paar Wanderer in einem riesigen Schneefeld. Wann die wohl losgegangen sind? Und wo die wohl hinwollen? Ich beneide sie um die Einsamkeit und die Ausdauer. Das zweite fehlt mir, daher wird es mit dem ersten nichts. Aber es ist auch witzig, die Leute zu beobachten und ihnen zuzuhören, wie zum Bespiel dem Vater, der seine kleine Tochter an der Hand hat und sie beruhigen will, dass Schnee nichts Schlimmes ist, nur ein bißchen naß. Und sie wird schon nicht hinfallen, er paßt ja auf. In dem Moment kommt er ins Rutschen und hält sich nur knapp auf den Beinen. Ob das die Tochter beruhigt hat?  Wir sind inzwischen wieder auf dem Rückweg, eine weitere Ziege, wieder mit Lamm kreuzt unseren Weg. Das Lamm bleibt erst im Schatten stehen, aber Basti versucht mir ja bei der Tierfotografie Geduld beizubringen. Also warte ich, bis es weiter läuft. Süß.

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Direkt hinter der ersten Kurve nach dem Losfahren haben wir unsere nächste und bis dahin letzte Ziegenbegegnung. Sie fängt –wie so oft im NP- mit einem Autostau an. Eine Rangerin läuft vor uns Hände klatschend über die Straße und versucht die Ziege, die im Inneren einer Serpentine in Bewegung ist, weg von den Leuten zu bringen. Es gelingt ihr und das weiße Tier läuft direkt vor mir über die Straße und in den Hang hinein, der mir zu steil zum Stehen, geschweige denn zum Gehen oder Weglaufen wäre. Die Ziege ist sofort hangabwärts verschwunden. Schöne Gesichter, die Tiere. Die nächste Zeit des Rückwegs fahren wir –unter anderem- hinter zwei Harleys her. Ich werde nicht so schnell begreifen, wieso man auf dem Mopped so laut Musik hören muß, dass es drei Autos weiter noch zu hören ist. Meine Ohrstöpsel habe ich im Hotel vergessen. Naja, bei meinem nächsten Fotostopp ziehen sie davon.

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Und wir tauschen Moppeds. Ich habe ja Respekt vor Bastis umgebauter Ninja, so viel Power, so wenig Windschutz. Aber sie fährt sich ganz nett, nur die Rückspiegel sind an einer Stelle, wo ich sie nicht erwarte. Immer, wenn ich in den Spiegel gucken will, sehe ich die Straße vor mir. Ich muß den Spiegel bewußt suchen, dann sicherstellen, dass ich im richtigen Winkel gucke, sonst sehe ich nur Bäume – sie mögen ja schick aussehen, aber funktional ist echt anders. Kein Wunder, dass Basti dem einen Auto auf der Interstate vor den Kühler gefahren ist, in dem toten Winkel kann man Laster verstecken.

Inzwischen ist es fast 19:00 Uhr und ich habe fast schon wieder vergessen, dass ich Hunger habe. Aber als das Essen –fast Food – auf dem Tisch steht, fällt es schwer, nicht  zu schnell zu essen. Aber ich schaffe es, naja, meistens.

Last but not least braucht Basti noch einen Kaffee. Also landen wir beim Starbucks, Basti kauft einen 5-Liter-Kaffee-Becher und wir haben beide keine Lust hier zu bleiben. Wie gut, dass ich den Tankrucksack mithabe, und genug Zeug um den Becher zu verkeilen – hoffe ich. Bis zum Hotel ist es auch nicht mehr weit, gestern waren wir zu Fuß hier. Wird schon schief gehen und klappt dann tatsächlich problemlos.

Basti: Ich habe auf unserer Reise von mindestens 3 Leuten, denen wir von unserem Reiseverlauf erzählt haben, gehört, daß Glacier einfach der beste Nationalpark ist (oder zumindest bei Weitem besser als Yellowstone). Bis jetzt ist Glacier auf jeden Fall harscher. Es ist irgendwie kompakter und eher Hochalpin, Yellowstone wirkt dagegen weitläufig und mit viel mehr Grasland. Vielleicht wird deswegen in Glacier auch nur noch vor Bären gewarnt, von Bison, Elch und Hirsch lese ich hier nichts.

Montag, 8. Juli, Helena – Marysville – Lincoln – Hwy83 – White Fish , 241 mls

Was für ein wunderschöner, unaufgeregter Tag. Der Tomtom bringt uns auf eine kleine Nebenstraße, die –geplant- an einer weiteren Chance für eine Geisterstadt vorbeiführt, Marysville. Es ist ein 6 Meilen Abstecher, der sich zwar nur bedingt lohnt, mich aber das Kapitel Ghost towns abschließen läßt. Es gab noch einen einzelnen Straßenzug mit verfallenen Häusern, ein paar mehr auf dem Hang, ein noch aktive Mine auf dem Weg dahin. Alles gut. Nur der Himmel zieht sich langsam zu, daher fehlt den Fotos vermutlich das Licht. Und wir hoffen, dass es trocken bleibt.

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Die Straße ist super, führt durch ein Tal dann in schmalen Kurven einen Berg rauf und auf der anderen Seite wieder runter, sehr definiert, danach ist es wieder gerade. Wir können schnell fahren und sind bald in Lincoln. Oder schon durch, ziemlich lange sind rechts und links Hütten im Wald versteckt, die Wege rechts und links haben Namen und Briefkästen – sind wir etwas schon durch? Aber dann kommt „das Zentrum“ der Stadt: Supermarkt, Tankstelle, einige Restaurants. Klassischer Straßenort, nur viel größer als von der Lage her erwartet. An der Karte kann ich leider nie erkenne, ob der nächste Ort eine Ansammlung versteckter Hütten oder Scheunen ist oder ein tatsächlicher Ort, so wie hier.

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Wir essen in Lincoln und sind dadurch im Trockenen während es regnet. Super Timing. Lecker ist es auch, ich habe einen Buffalo Burger, das Fleisch schmeckt fast wie Rind, nur viel intensiver.  Den ersten Regen haben wir abgewettert, der Himmel ist wieder unschuldig blau.

Weiter geht’s auf dem Hwy 83. Tolle Gegend,  ich mag Montana. Es ist groß und weit und fast immer hat man, wenn man genau hinguckt einen Berg mit Schnee im Blickfeld. Die Straßen sind mal schnurgerade und dann wieder kruvenreich und voller Abwechslung. So macht es Spaß. Wir fressen Meilen, immer etwas schneller als erlaubt, aber es ist keiner da, den es stören könnte.

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Leider gibt es nur wenig ausgewiesene Look Outs, was neben wenig Bildern auch wenig Restrooms bedeutet. Ich gehe heute das zweite Mal in die Büsche, was ich für die 5.800 Meilen, die wir bereits hinter uns haben echt wenig finde. Die Stelle, an der wir halten gibt einen schönen Blick auf See vor Berg – wieder mit zu wenig Licht. Und ich sach‘ noch, beim Berg zieht es sich zusammen…

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Es gibt ein Wetterdrama in vier Akten und wir mittendrin statt nur dabei. Erster Akt: Die Drohung, vor dem friedlichen blauen Himmel rotten sich Schäfchenwolken zusammen und mutieren zu einer großen, grauen Decke. Das ist der Moment, an dem ich zielstrebig den nächsten General Store ansteuere, zu unserem Glück ist es einer mit überdachter Veranda. Zweiter Akt: Erste Tropfen, dann stärkerer Regen.  Es ist schön, im Trocknen zu sitzen, auch wenn die Moppeds naß werden. Meine Haube für den Tankrucksack ist leider undicht, ich habe die Klarsichtfolie an mehreren Stellen mit Duct-tape geklebt. Hoffentlich habe ich alle erwischt, sonst  schwimmen mir gleich meine Landkarten weg. Als der Regen nachläßt, sagt Basti eine verbleibenden Regendauer von ca. 15 min voraus. Dritter Akt: Weltuntergangsstimmung, dicke Hagelkörner donnern auf den Asphalt, die Wind bläst Feuchtigkeit bis zu uns. Was bin ich froh, dass uns das nicht unterwegs erwischt hat. Vierter Akt: Klarer, heller Himmel, den im wahrsten Sinne des Wortes kein Wässerchen trüben kann. Und das in weniger als 15 Minuten, Basti hat Recht behalten. Keine Meile weiter eine staubtrockene Straße, auf der es garantiert nicht geregnet, geschweige denn gehagelt hat.  Was für ein Wetter! Ein gutes hat das Wetter hier: bisher konnte man es immer von weitem sehen, es kommt von Westen, bleibt an der ersten Bergkette hängen, sammelt sich dort und schafft es dann ins Tal und rüber bis zu den nächsten Bergen. Mit ein wenig Übung und Aufmerksamkeit wird man wahrscheinlich von keinem Wetter mehr überrascht.

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Wir fahren nach Schildern Richtung Glacier National Park und kommen noch nördlich von Columbia Falls zurück auf eine größere Straße, direkt bei zwei Motels. Inzwischen ist es nach 18:00 Uhr, wir haben über 200 Meilen hinter uns und das hier wäre ein schöner Ausgangspunkt für morgen. Freude, die sich schnell trübt, denn beide Motels sind voll. Wir müssen 10 Meilen zurück nach Whitefish bis wir ein Bett finden.

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Sonntag, 7. Juli, Bozeman – Hwy 86 – Hwy 89 – Hwy12 – Hwy 284- Helena , 168 mls

So viele Nummern, so wenig Orte. Wir fahren einen kleinen Umweg und damit endlich wieder „graue“ Strassen. Auf den Landkarten sind die Straßen, die unseren Bundesstrassen entsprechen rot, alles kleiner ist grau. Oder grau-gestrichelt, das heißt dann „unpaved“ – Gott sei Dank ist die Karte da das eine oder andere Mal falsch. Jedenfalls starten wir mit einer grauen, die sich als ausgesprochen nett entpuppt, und uns durch ein Tal zur nächstgrößeren Strasse führt. Vielleicht auch durch einen Ort, jedenfalls ist einer in der Karte eingetragen, allerdings in echt nicht wirklich zu erkennen.

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Die großen Straßen gehen hauptsächlich gerade aus, man kann weit gucken in Montana. Erst am Horizont kommen Berge, dafür auch von denen gleich richtig hohe, zum Teil mit Schnee auf den Spitzen. Rechts und links Vieh, manchmal ein oder zwei Häuser. Eher leer, aber nicht langweilig, eher weit in einer angenehmen Art. Auf einigen der Zaunpfähle sitzen Vögel, meistens Raben, aber es ist auch mindestens ein Raubvogel dabei. Ein anderer fliegt Basti direkt über den Kopf, er ist riesig, ich weiß nicht, wer weniger Schaden nehmen würde, wenn die beiden zusammenstießen. Passiert aber natürlich nicht.

Über die nächste Graue kommen wir an einem Pavillon vorbei und machen da Pause, mit Blick auf den See, an dem wir mit weitem Abstand entlang gefahren sind. Wir können ein paar Boote sehen und hören, aber eigentlich ist es ruhig, wir sind ziemlich alleine hier, der See ist einige Meter unter uns, der Parkplatz bis auf unsere Moppeds leer. Kaum fahren wir um drei Ecken sind wir mitten im Naherholungsgebiet, überall sind Menschen im und am Wasser.

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In Helena suchen wir uns –endlich wieder Mal- ein Motel 6 und fahren von dort aus in die Stadt. Nett, man sieht dem älteren Teil an, dass hier mal richtig Geld gewohnt hat. Schöne Häuser, gut erhalten, liebevoll renoviert. Sogar eine Fußgängerzone gibt’s hier. Wir gucken uns ein bißchen um, ich arbeite mich an einem Milchshake ab. Sehr lecker, wirklich, mit der hier typischen Huckleberry (Heidelbeere) aber so kalt und massig, dass ich ihn kaum durch den Strohhalm kriege. Es ist echte Arbeit, aber die Sonne hilft.

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Viele schöne Kirchen gibt es hier, alle sehr unterschiedlich, die katholischen klassisch, direkt daneben eine hypermoderne, presbyterianisch, und ich sehe auch eine Moschee. Was wir nicht finden, ist das ehemalige Haus des Gouverneurs . Wir probieren es erst zu Fuß –schweißtreibend- dann mit den Moppeds und irgendwo ganz in der Nähe muß es sein. Aber nach dem dritten Ansatz geben wir auf. Wahrscheinlich sind wir direkt daran vorbeigefahren.  Aber für eine Führung sind wir eh zu spät. Überhaupt, für eine amerikanische Stadt, immerhin die Hautstadt von Montana, ist die Innenstadt ziemlich ausgestorben, die meisten Geschäfte sind geschlossen. Sonntag halt. Hurra, das bedeutet auch, dass wir die Woche mit July 4th hinter uns haben und die Motels/Hotels wieder Kapazitäten und vernünftige Preise haben. Happy Birthday, America!

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Samstag, 6. Juli, Bozeman – Nevada City – Virginia City – Bozeman , 147 mls

Wir bleiben zwei Nächte in Bozeman und nutzen den Samstag um nach Nevada- und Virgina-City zu fahren. Beide laufen unter der Rubrik Ghosttown und sind es beide definitiv nicht. Nevada City ist ein Museumsdorf, viele Häuser aus Montana zusammengetragen, dazu Möbel, Kutschen, Werkzeug, Ladeneinrichtung und Sortimente (wenn man das jeweilige Sammelsurium so bezeichnen kann). Dazu ein paar Menschen, die in korrekter Kleidung das Leben von damals vorführen. Gut gemacht, stellenweise richtig interessant, aber eben nicht das, was ich unter einer Ghosttown erwarten würde, mit staubiger Hauptstraße, über die Dornenbüsche rollen.

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Virgina City ist dann nochmal anders, es sind die originalen Gebäude, aber mit Cafes, Bars und Souvenirläden gefüllt. Auch witzig anzusehen, aber eben auch nicht “Ghost“. Dafür lecker. Wir kaufen Karamell mit unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen. Die Maschine dazu steht im Schaufenster, knetet und streckt die Zuckermasse.

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Auf dem Rückweg gucken wir uns noch Bozemann Historic District und das „Museum oft the Rockies“ an. Letzteres ist überraschend, ich hatte Steine und Dinosaurier erwartet und bekomme Weltraum, Erdgeschichte, Dinosaurier, Native Americans, Montana History und Space. Nicht schlecht, was?

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Die verschiedenen Ausstellungen sind gut gemacht, nur vom Museumsshop bin ich enttäuscht – zuviel Kitsch.

Basti: Tja, nun waren wir in ausgewiesenen Ghosttowns, die beide den Vorteil hatten über eine Asphalt Strasse erreichbar zu sein. Ich verstehe Renas Enttäuschung, bin aber froh, daß ich im Museumsdorf dann auch Einrichtung und Gerätschaften sehen kann. Die Strecke dorthin war irre zu sehen, da das erste Stück bis Norris ein Bilderbuch-Montana für mich war: Hügelig fast wie im Voralpenland, allerdings durchgehend Weiden und Felder und kaum Bäume und im Hintergrund die alpinen Berge.

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Danach ging es über eine Art Pass in ein Tal – Canyon wäre nach den letzten Wochen vermessen – mit dem Madison River. Ein mäandernder, relativ breiter und ruhiger Fluß. Und natürlich wird dies an einem sonnigen Independence Day Wochenende reichlich genutzt zum „Rafting“, nicht was wir im Allgemeinen darunter verstehen, sondern auf Lumas und aufgeblasenen Reifenschläuchen von der Strömung treiben lassen. Beim Rücktransport flußaufwärts kommen uns abenteuerlich verzurrte Gummitiere und –reifen auf Autodächern entgegen. Hoffentlich hält‘s, sonst werden wir von einem Reifenschlauch von den Moppeds gekegelt.

Auf der Rückfahrt drohen schwarze Wolken und wir geben Gas. Rena ist vorne und erkennt beim Auflaufen auf eine Autokolonne rechtzeitig, daß das letzte Fahrzeug ein Sheriff ist – besser nicht mit 90 mph überholen. Es reicht trotz der Vernunft-Bremse und wir kommen trocken bis nach Bozeman   🙂

Freitag, 5. Juli, Red Lodge – Beartooth Pass – Yellowstone NP North – Bozeman ,205 mls

Die Wettervorhersage kündigt „isolated thunderstorms“ an und meldet eine Regenchance von 50%. Es wäre vernünftig, 40 Meilen nach Norden und dann über die I-90 nach Bozeman zu fahren. In guten zwei Stunden wären wir im Hotel, vermutlich relativ trocken, könnten waschen und in Ruhe überlegen, wie wir weiter machen. Das wäre vernünftig. Aber wir haben Urlaub, ich habe keine Lust auf Autobahn, der Wolkenhimmel ist aufgerissen, vom dichten Grau sind nur noch ein paar Schäfchenwolken übrig. Wir fahren zurück. Über den Beartooth Pass, zurück in den Nationalpark. Nix mit vernünftig.

Der Weg nach oben auf den Pass macht mehr Spaß als gestern, weniger vom Wetter als vom Fahrspaß getrieben geht es schnell, die meisten Autos machen freundlich Platz, die anderen können wir überholen. Und solange wir trocken über den Pass kommen, kann uns eigentlich nichts passieren. Denke ich. Bis mir eine Linse verrutscht, erst piekt‘s nur, dann ist sie weg. Ich kann sie noch am Augenwinkel spüren, aber sie hilft halt nicht mehr beim Sehen. Entweder ich mache das linke Auge zu, dann ist die Strecke etwas eindimensional. Oder ich mache beide Augen auf, das ist dann dreidimensional aber leicht verschwommen. Beides doof, aber hier ist kein Platz zum Anhalten. Also fahre ich weiter und bete, dass die zweite Linse bleibt, wo sie hingehört.

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Am Ende ist die Baustelle mit den langen Ampelphasen meine Erlösung. Die Linse ist zerknittert und hart, keine Chance, sie wiederzubeleben. Aber da ich mein Waschzeug mit Ersatzlinsen im Tankrucksack habe, habe ich eine neue Linse im Auge lange bevor die Ampel grün wird. Super.

Die westliche Seite des Passes ist nicht ganz so steil, hat weniger Serpentinen und läßt sich schneller fahren. Wie gestern sind wir schon wieder auf der Flucht vor dem Wetter. Waren da nicht eben Schäfchenwolken? Und wo ist der blaue Himmel geblieben? Noch sieht es dunkel, aber trocken aus, das ändert sich schlagartig, als wir um eine Kurve biegen. Der Himmel ist auf einmal dramatisch dunkelgrau bis zur Straße herunter und es ist ein Wettlauf mit der Zeit ob wir es zumindest trocken bis nach Cooke City, kurz vor dem Parkeingang, schaffen.

Wir verlieren, aber nur knapp, die ersten Tropfen erwischen uns, aber den Großteil des Regens wettern wir beim Brunch ab. Es ist kein Frühstück und eigentlich zu früh für Lunch, aber unerwartet lecker und endet mit zwei Milchshakes. Yummi.

Wir fahren weiter ohne die Regenkombis anzuziehen (haben sie aber griffig). Im Park gibt es die üblichen Staus wegen Tieren, zwei  Proghorns, die auf der Straße auf den dritten im Bunde warten, dann zweimal Aufruhr wegen Bären, die ich im Gegensatz zu den hübschen Proghorns nicht sehen kann, aber ich höre die Leute, eine Rangerin sagt, ja, ein Bär, aber weit weg. Alle strömen hin, nur wir bleiben auf der Straße. Dann ist unsere Trockenpause zu Ende, der Himmel wird wieder dunkler und dunkler, wir fahren direkt auf eine schwarze Wand zu. Okay, es ist Zeit für die Regenkombis. Ich hänge gerade in den Beinen der Kombi fest als Basti mich anstößt: „A Cub“ – unser Bär ist da. Nicht so nah, dass es bedrohlich wirkt, aber wir können ihn deutlich über die Straße hinweg sehen. Foto ist allerdings wieder nicht drin, denn die Kamera ist regensicher verstaut. Inzwischen hagelt es und ich versuche, mir die Kombi so schnell wie möglich anzuziehen, Basti zu helfen, gleichzeitig den Helm zuzumachen, dass es nicht reinregnet und den Bären zu beobachten. Der inzwischen natürlich für den üblichen Stau gesorgt hat. Die Hagelkörner werden größer, mein Mopped steht inzwischen in einem reißenden Bach. Bevor ich wieder auf der Karre bin, habe ich naße Füsse und kleine Seen in den Schuhspitzen.  Egal – ich bin trocken über den Pass gekommen und habe noch Proghorns und einen Bären gesehen. Mehr wollte ich nicht.

Da es kräftig regnet und zwischendurch immer mal wieder hagelt, versuchen wir, diese Phase im General Store in Mammoth abzuwettern. Die Strecke bis dahin ist abzusehen, die Kalkterrassen sind wie eine weiße Wunde in der Landschaft. Das gelingt einigermaßen, als wir weiterfahren hat es zwar nicht aufgehört, ist aber deutlich weniger geworden.

Der Rest der Strecke ist langweilig zu fahren, aber aufregend zu gucken, durch die Wolken wechselt das Licht ständig, eine einzelne Bergkuppe ist hell erleuchtet, der Rest der Welt liegt im Dunkeln. Neben uns findet ein wortwörtlicher Wolkenbruch statt, erst ist es eine dunkle, satte Wolke mit klarem unterem Rand, dann bricht der Rand unten auf, der Grauschleier geht bis zum Boden, da regnet es gerade. Dann wieder eine Lücke blauer Himmel aber direkt daneben ein paar Blitze. Was ein Glück, das wir inzwischen auf die hellere Seites des Himmels zufahren.

Kurz nach dem Parkausgang wurde vor Wild auf der Straße gewarnt. Jetzt sind rechts und links Zäune und dahinter ein paar Bisons. Wenn die Zäune nur dazu da sind, die Straße vor den Bisons oder die Bisons vor den Autos zu schützen – wer ist dann im Moment eigentlich eingesperrt, die oder wir?

Je weiter wir nördlich kommen, desto trockener wird es und die Regenkombi wird zur Sauna.

Aber wir sind keine 20 Meilen mehr von Bozeman entfernt auf der Autobahn, also fahren wir weiter. Wir sind wieder in Montana, keine Ahnung, wie schnell man auf deren Autobahnen fahren darf, aber mit 80 mph sind wir nur etwas schneller als die anderen. Was sich leider in einem Überholmanöver von Basti gefährlich auswirkt: Er schert so knapp vor dem Auto wieder ein, dass mir das Herz stehen bleibt und der Wagen kräftig bremsen muß. Basti hat – später darauf angesprochen – nichts mitbekommen.

Wie gestern macht uns das Wetter einen Strich durch den Stadtbummel. Es gibt Bringpizza und wir entscheiden für Waschtag und einen kurzen Gang ums Hotel.

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Donnerstag, 4. Juli, Canyon Village – Beartooth Pass – Red Lodge, 119 mls

Nachdem es anfangs in der Cabin zu warm war, war es später zu kalt. Eine gute Nacht sieht anders aus, aber es war immerhin besser als gestern. Wir fahren die ersten 20 Meilen um an den Tower Falls zu frühstücken. Basti holt einen Muffin, der geht schon als ganzer Kuchen durch. Ist lecker und dürfte für den Tag reichen. Die Falls selber sind nett, aber ja, Guido, was Wasserfälle angeht sind wir inzwischen wirklich verwöhnt. Auf dem Parkplatz merke ich das erste Mal, dass heute ein besonderer Tag ist (jedenfalls für die Amerikaner): Eine Horde Menschen, alle mit blau-weiß-roten-Girlanden um den Hals ruft jedem, der ihnen entgegen kommt „Happy Fourth“ zu. Was antwortet man darauf, Happy Fifth?

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Die Strecke zum nordwestlichen Ausgang des Parks ist prima. Gerade denke ich, dass ich von all den nicht gemachten Fotos nur das mit der Bisonherde vermissen werde, da hält Basti rechts an – eine Bisonherde grast am Fluß. Hat er mich gehört?

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Langsam aber sicher schrauben wir uns in die Höhe. Kurz hinter dem Parkausgang sind wir für einen Moment in Montana, dann aber gleich wieder in Wyoming. Aber man merkt den Übergang jeweils am Straßenbelag. Das ist wie in Deutschland, wo der neue Asphalt auch immer genau an der Landkreisgrenze endet.  In Cooke City (Montana) scheint das ganze Dorf auf der Straße, auf der Straßenmitte steht ein Feuerwehrauto und hält uns noch einen Moment auf – anscheinend haben wir genau die Parade verpaßt.

Höher und höher geht es, in langen, schnellen Kurven nähern wir uns dem so gelobten Beartooth Pass. Bisher finde ich die Strecke zwar schön, aber so toll auch wieder nicht, zudem ich glaube mich zu erinnern, dass ein Frau etwas von beängstigend gesagt hat. Nö, diese Seite noch nicht. Aber irgendwann sind wir ganz oben, ein Hochplateau auf 10.947 ft, also ungefähr 3.600m, das hat schon was. Toller Ausblick und endlich wieder einmal Schnee rechts und links von der Straße. Leider hat es hier auch wilde und gefährliche Tier und Baustellen, in Kombination ziemlich gräßlich. Die Straße wird einspurig geführt und wir halten mitten im Nichts an einer roten Ampel. Vor uns zwei Autos, rechts und links Tümpel und daher Mücken ohne Ende. Nichts passiert, weder Gegenverkehr noch wird die Ampel grün. Dafür werden wir ziemlich zerstochen. Das Auto ganz vorne fährt bei rot. Hm, seit wann der hier wohl gestanden hat? Schließlich kommen ein paar Autos durch, aber als die Ampel danach auch nicht auf grün springt, entschließen wir uns, den wilden Tieren zu entfliehen. Es geht weiter nach oben, hoffentlich wird’s den Mücken, die mitkommen irgendwann einfach zu kalt. Autos folgen uns nicht, ob die noch immer da stehen?

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Der Blick ganz oben ist toll, aber die Parkplätze rechts und links sehen  nicht wirklich vertrauenserweckend aus. Viel schlimmer aber, ich versuche dem Wetter davon zu fahren. Eine große dunkle Wolkenwand hängt am Himmel, ich hoffe, dass sie sich auf dieser Seite abregnen und wir aber vorher auf der andern sind. Auch wenn ich weiß, dass man dem Wetter nicht davon fahren kann – die Hoffnung stirbt zuletzt. Entsprechend kurz und selten fallen die Fotostopps aus. Das ist, wie so oft ein bißchen schade, denn der Beartooth Pass ist durchaus beeindruckend.

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In Montana darf ich tagsüber 70 mph fahren, dass nutzen wir auf dem Weg in Tal zurück weidlich aus und schaffen es tatsächlich trocken ins Hotel. Red Lodge sieht nett aus, auch hier beweisen Pferdeäpfel auf der Straße, dass es eine Parade gegeben hat. Die Hautstraße ist geflaggt und im Park grillen viele Menschen. Wir fahren im Schritttempo durch die Stadt und kommen trotzdem trocken ins Hotel.

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Mein Mopped trägt den Dreck von 5.000 Meilen mit sicher herum, auch Bastis letzte Waschung war irgendwo am Pazifik, wenn ich mich richtig erinnere. Nebenan kann man sein Fahrzeug gegen eine Spende –für was auch immer- waschen lassen. Gesagt getan, und auch wenn dieser eine, gutaussehende, muskulöse Surferboy sich nicht daran beteiligt, es ist schon ein Bild, wenn drei Mädels und ein Kerl um unsere Reisemaschinen springen und versuchen die Fliegen aus Oregon abzukriegen. Und dann werden wir auch naß, jetzt ist das Wetter da.

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Gehen wir noch in die Stadt? Keine Ahnung, jedenfalls würde da nicht viel los sein. Das Hotel –und die anderen auch- sind ausverkauft, weil hier Rodeo ist, heute war es hier, heute Abend ist wohl eine große Veranstaltung 50 mls von hier. So sehr mich ein Rodeo mal interessieren würde, das ist mir zu weit, zudem es inzwischen richtig gießt. Wie schön, dass Häuser innen hohl sind.

Wir sind inzwischen 5.000 mls gefahren, das bedeutet unter anderem, dass ich bei meinem 10-Jahre alten Motorrad die Milage innerhalb von 6 Wochen verdoppelt habe. Auch wenn unsere „Chickenstrips“ oder Angststreifen am Reifen (also der kaum oder unbenutzte Teil des Reifens) immer noch einen dicken Daumen breit sind, nenne ich das doch mal artgerechte Haltung.

Basti: Noch einen kleinen Nachtrag zu den gefährlichen Tieren im Yellowstone, ich habe mich an einen Begriff aus Renas Sicherheitswelt erinnert: Schwarmsicherheit, das beschreibt unser Verhalten ziemlich gut. Ohne Bärenspray bleiben wir einfach dort, wo wir nicht alleine sind, damit es schmackhaftere Ziele gibt.

Mit dem Beartooth Pass fahren wir endlich wieder Motorrad, Spitzkehren! Und davon gleich mehrere und auch eine gute Straße – ein Genuß.

In den paar Minuten seit Rena mir den Rechner zum Schreiben gegeben hat, ist aus dem Regen Hagel geworden und die Autos, die ich aus dem Fenster sehe, fahren durch einige sehr tiefe Pfützen. So wird aus dem „Stadtbummel“ in Red Lodge wohl doch nichts mehr, aber wenn wir eins auf dieser Reise gelernt haben, so ist es die Sachen zu nehmen wie sie kommen und so werden wir wohl auch erst morgen entscheiden wie es weitergeht – wetterabhängig.

Mittwoch, 3. Juli, Old Faithful – Canyon Village, 101 mls

Was für eine sch*** Nacht. Wir haben zwar früh ein Zimmer bekommen, aber vermutlich dafür das schlechteste. Die Luft steht, selbst mit Querlüften und offener Zimmertür wird es nicht besser. Und ab 06:00 Uhr morgens liefern direkt vor unserem Fenster Trucks Zeugs an. Im bisher teuersten Zimmer verbringen wir die schlechteste Nacht.

Entsprechend früh brechen wir auf, tanken und fahren dann die Westseite von Yellowstone hoch. Die Geysire und Fumorolen lassen wir links liegen, aber am „Roaring Mountain“ muß ich dann doch kurz für ein Foto halten.

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Und so geht es weiter, mehr fahren als alles andere, für die Sheepeater Cliffs halten wir, machen auf einem Parkplatz, den wir für uns alleine haben ein paar Fahrbilder. Und an den Mammoth Hot Springs Terraces können wir natürlich auch nicht vorbeifahren. Es gibt hoffentlich tolle Bilder von kalkigem Wasser, dass neue Landschaft bildet, aber mehr als gucken, Foto, weiterfahren ist es auch hier nicht. Zu warm, zu viele Leute. Allerdings machen wir im Ort selber einen längeren Stopp, teilen uns ein Sandwich und beobachten sowohl einzelne Elks, die seelenruhig vor dem Generalstore grasen, als auch die Leute drum herum, die in Entzückensschreie ausbrechen, wenn sie den Elk sehen. Okay, weiter hinten, etwas verborgen sind auch ein paar Junge, die finde ich auch klasse. Aber dass der Park Ranger kommen muss um die Leute davon abzuhalten, sich den Tieren weiter zu nähern, finde ich komisch. Auch wenn die sich vielleicht an uns und den Verkehr gewöhnt haben, es ist kein Streichelzoo.

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Inzwischen habe ich begriffen, dass Stau hier immer entsteht, wenn Tiere von der Straße aus zu sehen sind, diesmal sind es zwei Proghorns, die zugegebenermaßen wunderschön sind. Ich verstehe trotzdem nicht, wieso jeder –jeder!- Fotos bei der Annäherung macht und dann trotzdem noch direkt vor den Tieren stehen bleibt. Später gibt es zwei weitere Staus, diesmal sind keine Tiere zu sehen, aber jemand sagt, es sind Bären, weiter hinten im Wald, dort, wo die Menschen hinlaufen. Sollte man sich von Bären nicht eher entfernen? Egal, hier ist definitiv keine Chance, die Motorräder hinzustellen, also gibt es kein Bärenbild. Stattdessen gibt es eins vom Petrified Tree.  Auch hübsch, läuft nicht weg, greift nicht an.

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Der nördliche Teil gefällt mir besser als der südliche, er ist etwas schroffer, nicht ganz so gefällig und nicht nur endlose Kiefernwälder oder Wiesen.  Es gibt auch mehr Kurven, aber wenn der vor mir mehr damit beschäftigt ist in die Landschaft zu gucken als zu fahren, nutzt das nicht viel. Dafür habe ich Zeit, Steine zu beobachten. Die meisten Steine hier sind tatsächlich Stein, aber ein paar wedeln mit dem Schwanz, das ist dann ein Bison. Ich würde schätzen, dass es 10:1 steht, auf 10 Steine kommt ein Bison.

Die letzte Teilstrecke fängt mit Baustelle über mehrere Meilen an, entwickelt sich dann aber zu einer schönen Strecke, auch leerer, schöne Ausblicke, auch wenn wir einen weiteren Wasserfall komplett ignorieren. Dirket in der Baustelle mit Staub und Schotter und viel zu vielen Menschen habe ich einfach keine Lust anzuhalten. Die Menschen sammeln sich dann wieder in Canyon Village, hier gibt es Souvenirs und Eis und Essen und für uns eine Lodge. Sehr basic, ich würde sagen zweckmäßig, aber vor allem auch heiß.

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Am späten Nachmittag fahren wir dann noch den North Rim Drive bis zum Inspiration Point und schauen uns ein weiteres Mal den Grand Canyon of Yellowstone an. Beeindrucken, aber nicht beeindruckend genug, dass ich Basti noch überreden kann zu den Upper Falls zu fahren. Auf dem Weg dahin haben wir eine weitere Tierbegegnung, ein Bison steht am Straßenrand, war ja klar, war  Stau, mußte ein Tier da sein.  Ich habe allerdings nicht damit gerechnet, dass es nicht grast, sondern am Straßenrand steht und den Verkehr beobachtet. Im Auto ist das bestimmt super, auf dem Motorrad, …, na, sagen wir es gibt entspanntere Situationen.

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Zurück in der Cabin ist es immer noch heiß, vor allem fühlt sich die Heizung heiß an, so dass Basti kurzentschlossen zur Registration fährt und einen Servicetechniker bestellt weil wir beide glauben, dass die Heizung an ist. Ist sie nicht. Aber es ist trotzdem gut, dass der Mann kommt, denn wir haben uns ausgesperrt. Ich bin sehr gespannt, wie diese Nacht wird, aber es soll ja kühler werden und vielleicht sogar Gewittern. Und Laster? Hier nicht. Vor uns läuft ein Reh weg, und ein anderes steht in den Büschen. Aber Laster gibt es hier nicht.

Aber wir haben das erste Mal sichtbare Nachbarn, jeweils vier Cabins teilen sich einen Eingang. Mit einem Pärchen kommen wir ins Gespräch, Basti erzählt ein bißchen, als er die 2 Monate erwähnt, kommt spontan die Frage, ob wir Lehrer sein. Die haben hier anscheinend auch als einzige Profession so lange Urlaub. Und sie sind die zweiten, die uns Glacier Park empfehlen – ich freu mich drauf.

Basti: Die Unterkunft ist besser als gedacht, wir haben eine Dusche! Entspricht den Cabins in Colter Bay, nur nicht so schick als Blockhaus gebaut, sondern einfachere Holzkästen mit Flachdach und ohne Isolierung. Die Heizung ist eine Gasheizung und die Restwärme ist die Pilot-Flamme. Da der Raum  nicht wärmer ist als das teure Hotel gestern, finde ich das hier deutlich besser. Wir sind „mitten“ im Wald und haben uns vorgestern mit Mückenspray eingedeckt – heute werden wir es brauchen, um nicht total zerstochen aufzuwachen.

Ich glaube ich habe es schon erwähnt, ich bin ein wenig „Landschafts-müde“ daher hat Rena auch Probleme mich zu einer weiteren Schleife zu einem weiteren Wasserfall zu überreden. Ach ja, die Tiere hier, stimmt einen Bären haben wir nicht gesehen, aber genug Bisons. Ich dachte ja, das Bison an den Mud Volcanos vorgestern auf 5 Meter Entfernung sei schon beeindruckend nah, wie da so faul in der Sonne lag, falsch gedacht. Heute Abend auf unserem Weg zum North Rim war mal wieder Stau direkt nach der Auffahrt auf die Hauptstraße, diesmal kein ach so süüüßes Reh, sondern ein Bison am Straßenrand. Allerdings auf unserer Straßenseite, meistens  brav am Grasen, während die Autos sich langsam dran vorbeischlichen. Als ich dann im stop-and-go an dem Tier vorbeirolle hebt es den Kopf und verfolgt mich mit seinem Blick – Abstand 2 Meter – mir schießt durch den Kopf, daß mein Auspuffgeräusch deutlich anders klingt als das von den Autos und hoffe das riesen Vieh nicht zu provozieren. Was helfen mir 180PS und 0-100 in unter 3 Sek wenn ich zwischen Autos festhänge?

Aber morgen geht es ja raus aus dem Park und über den von einigen Leuten empfohlenen Pass Richtung Red Lodge. Ich muß noch ein Versprechen einlösen, da wir bis jetzt alle Geisterstädte wegen Straßenzustand oder zu großem Umweg ausgelassen haben, ist das in der nächsten Woche fällig. Montana hat zwei davon zu bieten, wobei eine eher eine Museumsstadt ist in der die Historical Society in originalgetreuer Kleidung dem Ganzen Leben einhaucht. Ist das eigentlich dann noch eine Geisterstadt?

Dienstag, 2. Juli, Lake Village – Old Faithful , 40 mls

Wir schlafen aus, checken zum spätmöglichsten Zeitpunkt aus und fahren zum nächsten Hotel, zum Old Faithful Snowlodge. Der Verkehr bewegt sich eher langsam, aber überholen ist witzlos –auch wenn ich es ab und an tue- weil kein Ende, respektive Anfang abzusehen ist. Vor meinem inneren Auge sehr ich einen Auto-Wohnmobil-Korso, der einmal den kompletten Kreis, den wir gestern gefahren sind durchläuft. Keine schöne Vorstellung, aber wir sind halt mitten drin.

Wir haben übrigens einen neuen Mitreisenden. Auf unserem Zimmer saß gestern ein Bär und schaute uns erwartungsfroh an. Nein, wir haben keinen Platz auf den Motorrädern, nein, wir brauchen keinen Plüschteddy als Erinnerung, nein, er ist tendenziell  zu teuer.  Jetzt isser halt mit.

Mit einem kleinen Fotostopp an den Keppler Cascades kommen wir nach Mittag bei Old Faithful an – was für ein Auftrieb an Leuten hier. Wir haben Schwierigkeiten, unsere Unterkunft zu finden, riesige Parkflächen, ein paar Häuser, rudimentäre Beschilderung. Aber zusammen kriegen wir das hin: Basti fragt nach dem Weg und ich sehe das Hinweisschild. Abladen, einchecken, unser Zimmer ist schon fertig.

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Wir wollten ja heute wandern, oder zumindest spazieren gehen, ich hatte Visionen von leeren Waldwegen und Stille, zumindest bis auf die randalierenden Vögel. Schnell stellt sich heraus, daß daraus nichts wird. Hier sind Heerscharen von Menschen unterwegs, der nächste Trailhead ist nur mit dem Motorrad zu erreichen (oder wir müßten erst 1,5 Meilen an der Straße entlanglaufen) und außerdem werden wir ernsthaft vor Bären gewarnt, eine Grizzly Bärin mit Jungem treibt sich hier rum. Auch die freundliche Frau an der Ranger Information redet nur über Geysire und wie gut wir alle ablaufen könnten. Aus meinem Waldweg wird nichts. Während wir noch mit ihr reden, stößt Old Faithful sein Wasser aus. Okay, sieht beeindruckend aus, aber warum die Rangerin, die das doch öfter sehen sollte, so ausflippt verstehe ich erst nicht. Dann sehe ich, dass der Nachbar-geysir auch gerade spukt und sie versucht die Leute raus zu scheuchen um das Spektakel zu sehen. Nur meine Wanderwege, die gehen dabei verloren.

Wir fügen uns in unser Schicksal, wahrscheinlich hätte wir das mit ein bißchen Vorbereitung wissen können und laufen zusammen mit den anderen Deppen in der Mittagssonne die Geysire ab, vorbei am Castle und Grand und vielen anderen mit witzigen Namen. Die Landschaft hier ist schon beeindrucken, aus den kleinsten Löchern faucht es, es gibt tolle Farben, besonders das Organe hat es mir angetan. Der Weg führt über Bretter und es wird regelmäßig davor gewarnt, diese zu verlassen. Unter mir brodelt die Erde  – komische Vorstellung und hier sehr nah. Dass die Eifel auch vulkanisch ist und auch noch aktiv, ist hier kaum vorstellbar.

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Auf dem Weg zum Oberservation Point schauen uns auf einmal zwei Knopfaugen an, ein Murmeltier. Aber bevor ich die Kamera am Auge ab, ist es verschwunden. Kurz zeigt das wackelnde Gras noch an, wohin es läuft, dann ist es weg. Den Bär sehen wir –Gott sei Dank- nicht. Oben angekommen machen wir eine ausgedehnte Pause. Wir hören den Gesprächen der anderen zu, einige wollen hier auf die nächste Eruption von Old Faithful warten. Gute Idee, das machen wir auch. Gesagt getan. Schöner Blick, Sonne von der richtigen Seite und die Wolken sind auch schon wieder weg. Und weniger Leute als unten direkt am Geysir sind es auch.

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Der Rest des Tages ist schnell erzählt, Rückweg, Getränke kaufen, schreiben und online gehen um endlich ein Hotel für den 4th of July zu buchen und dann vielleicht nochmal losgehen um wenigstens eine Eruption inklusive Geräusch- und Geruchskulisse zu erleben.

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Basti: Wir sind nun in der zweiten Nacht in einer der teuren Herbergen im Park, die Erste – Lake Hotel – ein wenig alter Pomp, heute – Old Faithful Snow Lodge – das modernste. Beide beeindrucken durch die Abwesenheit von einer Klimaanlage, überteuerten Restaurants und eher bemühtem Personal. Die Billigunterkünfte des letzten Monats haben mich echt verwöhnt, Klima, free WiFi und Frühstück incl. Hier gibt es nur an zwei Stellen WiFi (eine davon hier in der Snow Lodge) und dafür wollen sie dann gleich 12 Dollar für 24h. Aber die Konzessionär-Gesellschaft die alle Unterkünfte im Park betreibt hat ein Monopol. Zur Ehrenrettung sei gesagt, daß es an jeder Unterkunft auch einen Laden gibt der Sandwiches und Lebensmittel verkauft – Dank an alle Camper!

Die Natur ist schön, vielfältig, groß und beeindruckend. Allerdings gehen mir die vielen Bärenwarnungen doch unter die Haut und ich habe keine Lust auf ausgedehnte Wanderungen in die Wälder um Einsamkeit und Ruhe vor den anderen Touristen zu suchen. Mir ein Bärenspray zu kaufen bin ich zu geizig und es kommt mir irgendwie lächerlich vor, falls so ein Tier vor mir steht, sprühe ich mir das Zeug doch nur selbst in die Augen und kann dann hoffen, daß sich der Bär totlacht und trollt. Ich stehe dazu, ich bin ein Stadtmensch und finde Natur interessant, aber zum Trapper werde ich in diesem Leben nicht mehr.

Montag, 1. Juli, Coulter Bay Village – Lake Village – Lower Grand Loop – Lake Village , 174 mls

Hatte ich gestern gejubelt, dass wir direkt vor der Baustelle abbiegen können, müssen wir heute natürlich damit anfangen. An der Kreuzung ist eine Tankstelle mit zwei Ausgängen, beide erscheinen nicht sehr vielversprechend um sich in den fließenden Verkehr einzuordnen, der im Moment auf der Einbahnstrasse in die Richtung rollt, in die wir wollen. Aber vor uns stehen drei Autos, die stattdessen nach Süden wollen. Kurz entschlossen faßt sich Basti ein Herz, fährt an allem vorbei und fädelt sich ein. Ich schaffe das ein Auto später und die Baustelle stört uns gar nicht mehr. Das Auto überhole ich später, es ist zu merkwürdig, Basti nicht im Blick –vorweg oder im Rückspiegel- zu haben.

Wir fahren direkt ins nächste Hotel und obwohl es noch früh ist, haben sie unser Zimmer schon fertig. Hurra, wir können das Gepäck hier lassen, ich fahre in Jeans, Basti in Turnschuhen durch den Lower Grand Loop des Yellowstone National Parks.

Die Straßen im Park sind eigentlich eine große 8 und nachdem wir es fleißig vor uns her geschoben  haben, haben wir jetzt zumindest einen groben Plan für die nächsten drei Tage: Heute den Lower loop, also den kompletten unteren Kreis der 8, morgen bei Old Faithful, dem Geysir hauptsächlich wandern und übermorgen die nördlichen ¾ abfahren, die wir noch nicht kennen. Klingt gut, oder?

Wir pirschen uns von Spot zu Spot, unser erster Halt sind die LeHardy Rapids. Angeblich sollen hier, neben dem schönen, kühlen, schäumenden Wasser im Juni/Juli auch Forellen auf ihrem Weg zum Laichen zu sehen sein, aber deren Kalender scheint sich verstellt zu haben, jedenfalls sind keine sichtbaren Fische im Fluss. Außerdem fließt der Fluss in die falsche Richtung. Auf dem gesamten Weg hierher ist uns der Lewis River entgegen gekommen. Wieso kann der Yellowstone River dann jetzt mit uns fließen? Das macht so lange keinen Sinn, bis Basti mich daran erinnert, dass wir über den Continental Divide gefahren sind. Gelesen habe ich das auch, aber erst mit der Übersetzung –Wasserscheide- macht es Sinn. Der Yellowstone River fließt langfristig in den Atlantik, der Lewis in den Pazifik. Oder andersherum.

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Ein kurzes Stück weiter ist schon wieder der nächste geplante Halt, aber vorher gibt es noch einen ungeplanten Fotostopp: Ganz weit hinten auf der Wiese grasen zwei Bisons, ein weiteres liegt im Gras. Bisons, ohne Zaun, in freier Wildbahn, echte, tatsächliche Tiere. Und mein Tele ist gut. Ich bin stolz wie Oskar, allerdings nicht lange.

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Das nächste Bison begegnet uns an den Mud Holes, die Basti sehen wollte. Blubbernder, nach Schwefel stinkender Schlamm und daneben liegt ein riesiges Tier, kaum mehr als eine Armlänge entfernt und atmet schwer. Die Touristen, die wie wild fotografieren, ignoriert es. Näher muß ich diesen Tieren, glaube ich, nicht kommen. Wir gehen weiter, gucken uns unterschiedliche fauchende und stinkende Löcher an, die alle witzige Namen haben und alle von Asiaten umringt sind.  Voll ist es, aber das war, wenn die Hotels ausgebucht sind, ja nicht anders zu erwarten. Die nächste Attraktion, den Sulphur Caldron lassen wir rechts liegen. Vor uns stockt der Verkehr und als ich in Sichtweite komme, schießen mir mehrere Gedanken fast zeitgleich durch den Kopf: Bisons mit Kälbern! Tolle Fotos! Ich bin zu nah und habe kein Auto um mich herum! Herdenweise! Scheiß Touristen! Kein Platz zum Halten, müssen die auf der Straße parken! Tolle Tiere! Dann sind wir vorbei und ich habe kein Foto gemacht (klingt ein bißchen wie Germanys next Topmodel: „Liebes Bison, ich habe heute kein Foto für Dich“).

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Ich bin mit mir uneins. Auf der einen Seite fahre ich hier ja auch nur durch, wer bin ich, die armen Städter, die das erste Mal ein echtes Tier sehen (oder so ähnlich) zu verurteilen. Auf der anderen Seite fahre ich hier halt und würde nie auf die Idee kommen für ein Foto einfach mitten auf der Straße stehe zu bleiben. Dabei käme man an meinem Mopped sicherlich leichter vorbei als an deren Panzern. Es nervt, weil sie sich benehmen als seien sie alleine auf der Welt, dabei ist der nächste Turnout nie weit. In dem Zusammenhang: es nervt mich auch, wenn die Motoren der Autos weiterlaufen. Vatti will Foto, Mutti will Kühle, also geht er los und sie bleibt bei laufendem Motor im Wagen sitzen. Mein Umweltgewissen jault auf, hier ist alles auf Recyling und dann so etwas. Aber es ist nicht mein Bier.

Auch wenn es auf dem nächsten Stopp – Artist Point, Grand Canyon of the Yellwostone- wieder ein paar davon gibt. Hatte ich schon gesagt, dass es voll ist? Selbst mit den kleinen, schlanken Moppeds finden wir kaum einen Parkplatz. Die Suche lohnt sich aber, wir bestaunen die Lower Falls und eine hohe, enge Schlucht. Schön. Auf dem Parkplatz steht ein alter Mann, schaut in die Büsche und raucht eine Zigarette. In dem Moment ist nichts wichtiger als das Rauchen, jeder Zug, die Leute um sich sieht er gar nicht. Dann ist er fertig, macht die Kippe aus und steckt sie in eine Plastikdose mit etwas, das wie Katzenstreu aussieht.  Ich muß an meinen Vater denken und beneide den Mann um seine Fähigkeit, die Welt auszublenden.

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Inzwischen ist es warm, ich bin froh, nur in Jeans zu fahren, zudem der Verkehr eher zäh ist, irgendein Wohnmobil ist immer im Weg oder einer kann wieder keinen Parkplatz finden und bleibt für das nächste Bison einfach mittig auf der Straße stehen. Oder wird langsamer weil der/die Beifahrer noch schnell ein Bild von der tollen Aussicht machen will – während die beiden gerade vom Parkplatz in den eigentlich fließenden Verkehr rollen. Grummel. Aber es gibt auch Lichtblicke, die paar wenigen Loops, rechts und links vom Hauptweg. Wir probieren den Virgina Loop und kommen auf eine schmale Einbahnstraße, die an kleinen aber feinen Wasserfällen vorbeiführt, die Straße selber direkt in die Wand gehämmert, links steiler Fels, rechts geht es weit runter. Hübsch. Und leer! Naja, zumindest leerer.

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Aber zurück zu den Hauptattraktionen, unser nächster Halt ist das Norris Geyer Basin mit dem Porcellain Basin, wir nehmen den Rundweg und bestaunen Dampfwolken, blubbernde Seen, farbige Abläufe und ein paar kleine Fontänen. Das kostet uns einiges an Zeit, lohnt sich aber, auch wenn es fast die ganze Zeit nach Schwefel riecht und sehr warm ist. Als wir zurück auf den Parkplatz kommen, sehe ich mein Halstuch fliegen. Hm, das hatte ich doch in den Tankrucksack getan. Und wieso liegt der Reiseführer auf dem Boden? Dann sehe ich den Übeltäter: auf meinem Mopped hockt ein dicker, großer Rabe und hat den Reisverschluss vom Tankrucksack aufbekommen. Ich kann ihn verscheuchen, bevor er echtes Unheil anrichtet, auch wenn ich seitdem einen Lippenfettstift nicht mehr finden kann. Der Kerl hat echt drei Reißverschlüsse aufbekommen, als hätte er darin Übung. Und ja, wir hatten noch ein paar verschweißte Keks mit, die Basti seitdem im Rucksack mitnimmt. Hätte ich nicht gedacht, dass Tiere die durch das ganze Plastik riechen können. Aber vielleicht war es ja auch nur Neugier und der Rabe hatte bei anderen  Moppeds bereits die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt. Schlaue Tiere. Im Gegensatz zu uns, wir machen anscheinend jeden Fehler, von dem man in jedem Prospekt abrät. Aber immerhin nicht alle auf einmal, Wasser haben wir (fast) genug mit.

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Es ist fast fünf und wir haben noch nicht die Hälfte des Loops geschafft. Wir straffen unsere Planung, lassen die meisten der folgenden Geysire links liegen und fahren durch –soweit es der Verkehr zuläßt. Nur den im Reiseführer hochgelobten Artist Paintpot gucken wir uns nach an, Basti schon nur noch von unten. Hm, da schmeißt einer mit Gips, ganz weiß, und ja, ein paar Löcher sind bunter als die anderen, aber anscheinend sind ein paar der wirklich bunten Löcher verstopft oder auf Urlaub oder sind wegfotografiert, abgenutzt. Es ist ein schöner Spaziergang, aber kein Vergleich zum Porcellain Basin. Dann noch einen kleinen Loop, den Firehole Canyon Loop, der auch ein paar schöne Blicke vorweisen kann. Wir setzen uns auf ein paar Steine direkt am Wasser, essen , trinken unser letztes Wasser und genießen den Schatten und das Rauschen des Wassers. Wir sind fast das erste Mal heute alleine und die Geräusche sind nicht mit menschlichen Stimmen (außer unseren) und Motorengeräuschen unterlegt. Schön.

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Der Rest ist Heimweg, nur ein kurzer Stopp am Old Faithful, gar nicht um zu gucken, sondern nur um Getränke zu kaufen. Es ist einfach der nächste General Store. Da wir hier morgen übernachten, heben wir uns das auf und fahren weiter.

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Die Straßen sind leerer, die südliche Straße über den Craig Pass auch kurviger, auf einmal macht auch das Fahren im NP Spaß. Okay, wir sind vielleicht ein klitzekleines bißchen schneller als erlaubt. Aber solange es noch genug Menschen gibt, die rechts und links an der Straße stehen, sobald ein Tier da ist –diesmal sind es zwei Elks- dürfte das kein Problem sein. Die letzten Tiere sehen wir dann direkt am Hotel, drei Hirsche oder Rehe mit Geweihen, ich weiß es wirklich nicht, die hinterm Haus grasen.

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Im General Store kaufen wir Mückenspray und noch ein paar Getränke. Ich sehe das perfekte Mitbringsel für Volker, eine Mütze mit Biberschwanz. Nur die Tatsache, dass es Kindergrößen sind, hält mich davon ab, diese großartige Kopfbedeckung zu kaufen.