Archiv für den Tag: 20. Juli 2013

Samstag, 20. Juli, Yakima – Yakima Canyon – Leavenworth – Lake Wenatchee – Wenatchee, 173 mls

Irgendwie nicht mein Tag. Beim Packen bricht der Verschluß vom Spanngurt meiner Gepäckrolle ab. Kann man mit Knoten gut Abhilfe schaffen, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass die Rolle lockerer sitzt als sonst. Von der Fahrt durch den Yakima Canyon hatte ich mir mehr erhofft. Erinnert ihr Euch noch an die Iron Butts am Mt. St. Helens, von denen einer vom  Yakima Canyon schwärmte? Hätte er auf Google Earth gesehen, müßte er unbedingt hin? Hm. Ab 80 mph macht das bestimmt Spaß, aber mit all den Gummireifen-beladenen Sonntagsfahrern vor uns … rechts und links braune Hügel, in der Mitte Fluß und ein bißchen  Grün, daneben Schienen und die Straße. Am Ende fragt Basti –ohne zwischendurch angehalten zu haben – „Davon wolltest Du ein Foto?“ Ja, also, irgendwie schon, am Anfang war es etwas steiler oder wenigstens zu dokumentarischen Zwecken. Egal, weiter. Der nächste Stopp ist Liberty, das Hinweisschild beim Rechts-Abbiegen sagt „Historic town“. Die Schilder auf den Grundstücken sagen „No trespassing“. Ein, zwei Bilder mache ich trotzdem, aber willkommen fühle ich mich hier nicht.

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Wir fahren den Hwy 97 rauf, queren einen Pass, danach geht es runter, es wird schneller, ich kann überholen. Basti kommt nicht mit.  Okay, dann bleibe ich hinter der nächsten Kolonne bis er aufgeholt hat. Was er nicht tut. Hm. Auf dem nächsten größeren Parkplatz bleibe ich stehen, er kommt an mir vorbei, hält aber nicht. Hat er mich gesehen? Ich fädele mich wieder ein, kann so überholen, dass ich wieder hinter ihm bin. Das wird er doch wohl wahrnehmen, oder? Ich bin verunsichert.

Wir kommen auf den Hwy 2, er biegt links Richtung Leavenworth ab, so weit so gut. In Leavenworth wollen wir wieder links abbiegen, Basti verliert die Geduld und fährt trotz roter Ampel, ich hinterher. Nicht gut. Dann endlich hält er an, ich habe die Chance zu fragen, was denn los ist. Sauer ist er, weil ich zu schnell war. Hm. Das mag stimmen, ich habe nicht auf den Tacho geguckt. Und es lief grad so schön. Aber Ärger war es nicht wert.

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Leavenworth ist voll, alles ist auf bayrisch gemacht und das scheint die Leute anzuziehen. Naja, wir sind ja auch hier. Wir könnten ganz schnell in Wenatchee sein, da wollen wir übernachten. Oder wir fahren ein Stück Nebenstraße bis rauf zum See Wenatchee und machen da Pause. Klingt gut, aber der See will uns nicht. Wir fahren hübsche Nebenstraßen, aber am Wasser ist alles privat, keine Chance auf eine Pause. Wir rasten schließlich am Straßenrand nur um beim Weiterfahren festzustellen, dass ½ Meile weiter ein State-Park mit Picknick-Area gewesen wäre. Wie gesagt, irgendwie nicht mein Tag.

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Aber jeder Tag hat ein Highlight. Meines ist der Fluß Wenatchee. Er fließt neben dem Hwy 2 her, den wir, jetzt wieder Richtung Leavenworth unterwegs, fahren. Es ist größtenteils Weißwasser. Steine und Wasser sind für mich eine fast unwiderstehliche Kombination. Für Fotos. Zum Gucken. Zum Füße reinhalten. Und ja, Basti hält. Erst mache ein paar Fotos von oben, aber nach kurzem Zögern klettern wir runter ans Wasser. Ich ziehe die Schuhe aus, habe sogar an einen Lappen zum Abtrocknen gedacht und dann fließt kaltes Bergwasser über meine Knöchel. Der Blick den Fluß hinunter ist wunderschön und wenn Basti nicht wie bestellt und nicht abgeholt in der Sonne sitzen würde, ich könnte Stunden hier bleiben, zu viele Fotos vom selben Motiv machen und es mir gut gehen lassen. Wir klettern stattdessen wieder zu den Motorrädern hinauf. Basti verliert kurz das Gleichgewicht, von unten sieht es aus, als ob er gleich fällt, aber es geht alles gut. Das wäre es noch, 7.500 Meilen unfallfrei und sich dann auf einer Böschung die Haxen brechen.

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Der Rest des Weges ist voll und warm. Wenatchee, die Welthauptstadt des Apfels (oder so ähnlich nennen sie sich), ist größer als gedacht, aber nicht wirklich schön. Zumindest nicht der Teil, den wir sehen. Dafür hat das Motel einen Pool und –Wunder, oh Wunder – Basti kommt tatsächlich mit ins Wasser. Was 40°C so alles mit einem Menschen anstellen können.

Das mexikanische Restaurant ist fußläufig, das führt zu Bier und Tequila für Basti und Margarita, Bier und Tequila für mich. Plus leckeres, authentisches Essen. Wir schaffen den Weg nach „Hause“ trotzdem gut. Basti hat sogar noch genug Energie um nach Öl und Luft bei den Moppeds zu gucken.

Basti: Ja, es gibt so Tage da stimmt das Timing einfach nicht. Ich fahre heute mal wieder vor und erkenne mögliche Anhaltepunkte erst wenn ich daran vorbei bin. Immer wenn ich in den Rückspiegel schaue, um zu prüfen ob Rena rechts blinkt um anzuzeigen, daß sie anhalten will sehe ich keinen Blinker und fahre weiter.

Yakima Canyon bin ich vor einem Jahr mal mit Randy gefahren und auch in meiner Erinnerung war er besser als das was wir heute erleben. Auf jeden Fall sollte man ihn Nord-Süd befahren, dann hat man nicht den ganzen Transportverkehr für die Luftmatratzen und Leute vor sich. Ich bin auch nicht wirklich in „Angas-Laune“ heute, sondern eher im Dödelmodus mit Geschwindigkeitsbegrenzung plus 10 unterwegs – im Gegensatz zu Rena. Irgendwann, als ich schneller als 90 mph fahren muß um beim Überholen dranbleiben zu können, gebe ich auf, die Straße hat keine Abzweige also können wir uns nicht wirklich verlieren. Aber auch hier sind bei solchen Spurts keine Fotopausen drin, ich habe das Gefühl wir sind beide etwas „Fotomüde“. Jedes Foto bedeutet anhalten – den Rhythmus unterbrechen – Helm ab, Handschuhe aus, Kamera raus, Bilder machen, wieder anziehen und weiterfahren. Wenn es sehr warm ist und die Haltepunkte keinen Schatten haben ist das schon schweißtreibend und ermüdend. Es sind wieder/immer noch um die 38°C hier, nur auf den Bergen ist es etwas kühler.

P1040860 Sorry, Guido, Leon, Maria und Volker es ist schon wieder deutlich nach 22 Uhr hier also wird es knapp mit Eurer Frühstückslektüre.

Freitag, 19. Juli, Yakima – Hwy 12 – Hwy123 – Mt Rainer, Sunrise – Hwy 410 – Yakima, 193 mls

Raus aus dem Tal, auf den Berg klingt nach einer guten Idee, Yakima soll wieder 38°C kriegen.  Und ja, es ist kühler hier. Wir fahren durch einen Ort, in dem Früchte aller Art angeboten werden und dann sind wir – wieder einmal – im Wald. Schön.

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Wir halten im Smug Cove, einem Camping Platz mit Cabins und General Store.  Die Frau, die uns ein Sandwich macht, ist super reinlich, entsprechend sieht der Laden aus. Aber nett ist sie auch, wir reden über alles Mögliche. Und im Moment könnte ich mir so ein Leben gut vorstellen: einen kleinen Lebensunterhalt in der Mitte vom Nichts, Privat und Beruf verquickt, dafür keinen Nine-to-Five-Job und niemanden stört es, wenn ich mal 2h auf dem See bin. Oder so ähnlich. Dafür ist es hier im Winter vermutlich kalt, verschneit und sehr einsam.  Und ich kann nie nicht weg.

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Wir fahren weiter, halten ein paar Mal zum Fotografieren, verpassen aber auch ein paar schöne Stellen. Halt, wie immer. Dann verpaßt Basti beinahe den Abzweig in den Mt Rainier National Park, verständlich, denn an erster Stelle steht irgendein Campingplatz ausgeschildert. Wir bemerken es gerade noch rechtzeitig und schrauben uns den Berg hoch. Immer noch schön.

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Oben angekommen gibt es großartiges Panorama, sowohl rundum als auch auf ein paar Gletscher von Mt Rainier. Das Visitor Center ist gut gemacht. Aber, zum Spazierengehen haben wir beide nicht so richtig Lust. Und die interessanten Wege gehen erst mal steil nach oben. Wir enden mit Keksen und Wasser aus der Thermoskanne in der Picknick Area, die sehr nett angelegt ist. Finden auch die Vögel und Chipmonks, die nach essbaren Resten suchen.

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Zeit ist etwas Relatives. Der Weg hier hoch kam mir vor wie nichts, tatsächlich war es fast eine Stunde, 40 min um präzise zu sein. Hier sitze ich keine 15 min und schon kommt es mir total lange vor weil die Sonne ein Stückchen weitergewandert ist und ich statt im Schatten in der vollen Sonne sitze. Aber es ist auch in der Sonne nett und ich versuche weiterhin, den schönen grauen Vogel zu erwischen.

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Auf dem Rückweg kommen wir auf einem der letzten Fotostopps mit ein paar Motorradfahrern ins reden. Basti erzählt grob von unserer Strecke und einer der drei (eine ist übrigens eine selbstfahrende Frau), meint, wir hätten den besten Pass verpaßt. Ich ahne, was jetzt kommt und spätestens als er bei Yellowstone anfängt, weiß ich, dass er auf den Beartoothpass hinauswill.  Tja, …

Wir philosohieren noch etwas über Pässe und Wege über die Cascades und die Autos auf der Going-to-the-Sun-Road in GNP. Wir einigen uns auf einen Autofreien Tag pro Monat. Dann fragt Basti nach der nächsten Tankstelle. Hm, darauf hatte ich gar nicht mehr geachtet, wir sind schon mehr als 100 mls unterwegs und hier ist – nichts. Außer Campingplätzen. Aber anscheinend kommt in ca. 30 mls eine – dass sollten wir noch schaffen. Außerdem geht es ab jetzt fast durchgängig bergab. Nicht bremsen, nicht zu stark beschleunigen – wir hätten vermutlich weitere 30 mls geschafft als wir an der Tanke ankommen.

Zurück in Yakima fahren wir direkt durch zum Red Lobster um statt Burgern und Sandwiches mal wieder etwas Vernünftiges zu essen. Am Ende ist es relativ unvernünftig, kurz vor einem Eiweißschock aber sehr lecker. Allerdings muß ich leider zugeben, daß ich nicht nur Sättigungsbeilage zurückgegeben sondern auch vier grandiose Garnelen. Aber eine weitere und ich hätte wahrscheinlich rückwärts gegessen. Ich hatte Nudeln mit Jakobsmuscheln, Hummerschwanz, Miesmuscheln und Garnelen, die Menge hätte locker für zwei gereicht. Davor haben wir uns übrigens noch 1 Dutzend Garnelen geteilt und der Salat, der zum Essen gehört, war auch nicht von schlechten Eltern. Also alles überaus lecker, aber viel zu viel. Ich rolle ins Hotel und gebe mich der Verdauung hin. Ich gelobe keine Besserung, denn trotz allem war es ein Fest. Aber bitte nicht jeden Tag.

Basti: Nach all dem Gejammere, daß im Glacier Park bald alle Gletscher verschwunden sind (und die sahen echt nickelig klein aus) haben wir heute einen Platz in der ersten Reihe, Sonnenschein, keine Wolke am Himmel und die Nordostseite von Mt. Rainier direkt vor der Nase. So müssen Gletscher aussehen. OK, für alle Bettmeralp-Kenner, der Große Aletsch ist nochmal eine deutlich gößere Nummer.

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Essengehen ist Streß! Die Portionen sind hier einfach zu groß und was ich eigentlich liebe – viele Sachen bestellen und gegenseitig probieren lassen – führt hier zu einem Gelage. Mein wirkliches Problem ist allerdings, daß wir mit den Motorrädern unterwegs sind und jeden Tag in einem anderen Hotel. Die übliche Vorgehensweise sich die Sachen einpacken zu lassen und am nächsten Tag aufzuwärmen klappt nicht wenn man Tagsüber bei 38°C auf dem Motorrad die Kühlkette für 6 Stunden unterbricht. Zumindest traue ich mich nicht Nudeln mit Garnelen am nächsten Abend in der Mikrowelle aufzuwärmen wenn ich sie den ganzen Tag in einer schwarzen Tasche in direkter Sonnenbestrahlung hatte.

Die Tour heute war für mich besonders interessant, da ich in den 2 Jahren hier in der Gegend zwar mehrmals zum Skilaufen war (Crystal Mountain), die Straßen, die wir heute gefahren sind, waren aber alle im Winter gesperrt (123 und 410).

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