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Mittwoch, 24. Kirkland, 0 mls

Es ist schon ein komisches Gefühl, so gar nicht zu fahren, respektive auf einmal wieder mit dem Auto unterwegs zu sein. Die Bumble Bee fühlt sich eingesperrt: In einer Garage war sie 2 Monate nicht mehr.

Wir waren heute Morgen bei Nancy, zwei Fragen von ihr beschäftigen mich: Seid Ihr nicht froh, mal nicht auf’s Mopped zu müssen und welcher Nationalpark hat Euch am besten gefallen? Die erste Frage ist leicht zu beantworten: Gib mir noch einen Monat und ich packe sofort wieder die Gepäckrolle und schmeiße mich in die Kombi. Okay, so warm, wie es ist, würde mir das Anziehen vermutlich schwerer fallen als das Losfahren. Aber nein, ich habe noch lange nicht genug und überlege bereits, wohin mich die kleine Fazer in Deutschland bringen kann.

Die zweite Frage ist schwieriger, denn wir haben so viel gesehen. Im Gespräch mit Nancy habe ich ein paar der Nationalparks schlicht vergessen. Und die, die mir eingefallen sind, sind eher die letzten, die wir gesehen haben. Wobei – Zion ist toll und steht auch wenn ich alle NPs aufliste, an einer der ersten Stellen. Glacier fand ich auch wunderschön, aber auch Bryce, Lassen Volcanic, Yosemite und Yellowstone waren super, jeder aus einem anderen Grund. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich bin froh, dass ich mich nicht entscheiden muß. Und das waren nur die Nationalparks, da sind die National Forrests oder National Wildernesses noch nicht drin. Wobei, Forrest ist einfach: Klamath. Von den Straßen will ich gar nicht anfangen. Weil mir das Bewerten und Gewichten so schwer fällt, hier ein paar Zahlen:

8.061 Meilen in 57 Tagen, was einen Schnitt von 141 Meilen pro Tag macht.

Unsere längste Strecke waren 252 mls, die kürzeste 14 mls, wenn ich das Mopped von der Werkstadt holen in San Francisco nicht mitzähle, das waren nur 5 mls.

Wir waren in 8 Bundesstaaten (WA, OR, CA, NV, AR, WY, MT, ID), 2 Zeitzonen  und 15 Nationalparks (St. Helens, Crater Lake, Redwoods, Lassen Volcanic, Yosemite, Death Valley, Zion, Grand Canyon, Bryce Canyon, Capitol Reef, Teton, Yellowstone, Glacier, North Cascades und Mt. Rainier).

Unser niedrigster Punkt war –natürlich- Death Valley mit -280ft, unser höchster der Beartooth Pass mit 10.947ft.

Am nördlichsten waren wir in Eureka, MT (48° 52‘48‘‘N), am südlichsten in Boulder City; NV (35° 48‘43‘‘N).

Am westlichsten waren wir in Crescent City, CA (124° 12‘06‘‘W) und am östlichsten in Red Lodge, MT (108° 14‘49‘‘W).

Wir hatten Schnee, Regen, Hagel, Nebel, stürmische Böen, Sonnenschein und segende Hitze mit Temperaturen zwischen knapp über 0°C bis hin zu über 40°C, es war quasi alles dabei.

Wir haben über 5.000 Fotos gemacht, immer in der Hoffnung, dass wenigstens ein gelungenes pro Motiv dabei ist. Wir haben mindestens genauso viele, wenn nicht noch mehr, Motive verpaßt.

Wir haben großartige Natur, wilde Tiere in ihrer natürlichen Umgebung und schöne Details, Blüten und Schmetterlinge, gesehen.

Und eines ist klar: Wir werden wiederkommen. Zu den Narrows in Zion waten. Mit Bärenspray wandern gehen. Vom Glacier Point ins Yosemite Tal laufen. Mit dem Boot durch den Grand Canyon (falls das geht) fahren, Sonnenaufgangsbilder im Death Valley machen, sich auf einem Autoreifen einen schmalen Fluß entlang treiben lassen. Picknicken am Jenny Lake. Da geht noch was.

Basti: Ich habe es gestern bereits erwähnt, wir haben unser Budget mehr als eingehalten. Die Entscheidung ein zweites Motorrad gebraucht zu kaufen, anstatt zu mieten war richtig. Wir haben auf der ganzen Strecke bis auf meinen Ausrutscher keinerlei Probleme gehabt und nur Sprit nachgießen müssen. Ein geplanter Service für beide Moppeds in San Francisco, einen Satz Reifen und etwas Kettenspray war alles, was diese treuen Begleiter gebraucht haben.

Hier noch ein paar statistische Werte für diejenigen die im Laufe der Berichte Geschmack am Nachmachen gefunden haben:

Auf den 8061 Meilen haben wir 370 Galonen Sprit verbraucht (für beide Moppeds, wobei meine einen Hauch durstiger war als die Bumble Bee).

Wir haben es fast auf den Punkt geschafft unseren angepeilten durchschnittlichen Hotelpreis von $100 Brutto einzuhalten ($99,29) und das Essensbudget von $50 pro Tag leicht unterschritten ($48,75 für beide), wobei wir nicht sehr wählerisch waren – weder beim Hotel, noch beim Essen.

Der Jahrespass für die Nationalparks war eine gute Investition, da er sich gelohnt hat (wie aus Renas Liste leicht zu erkennen ist) und die Handhabung an den Parkeingängen deutlich vereinfacht hat – nur Karte zeigen und weiter.

Das TomTom Navi mit der USA-Karte hat sich als brauchbar und hilfreich erwiesen. Natürlich gab es die eine oder andere Straße die doch geteert war, oder eben nicht, aber die Streckenführung ist gut gewesen und die Hotels in den POIs mit dazugehörigen Telefonnummern waren sehr hilfreich. Für eine Motorradreise sind die verzeichneten Tankstellen in den POIs besonders wichtig wegen der eingeschränkten Reichweite von 150mls (mit Sicherheitspuffer) hier kann die 95% Genauigkeit des Navi allerdings schon zu bangen Momenten führen. Einmal war es leider ein Tanklager und keine Tankstelle, ein anderes Mal war die Tankstelle aufgegeben.

Unersetzlich für uns waren die Landkarten vom jeweiligen Bundesstaat von Rand McNally für unsere Planung und Übersicht.

Beide: Wir können noch zwei weitere Zahlen bringen. Da wir den Blog immer in Word geschrieben haben, wissen wir, dass es 73 Seiten und ca. 50.000 Worte geworden sind. Wir hoffen, Ihr hattet so viel Spaß beim Lesen, wie wir beim Schreiben.

Dienstag, 23. Juli, Anacortes – Whale watching – Kirkland, 84 mls

Der letzte Tag läßt uns wenig Zeit über „der letzte Tag“ nachzudenken. Aufstehen, frühstücken, beim Whale watching einchecken. Das Gepäck konnten wir im Hotel lassen.

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Um 11:00 Uhr legt das Schiff ab. Ich bin gerne auf dem Wasser, besonders wenn das Wetter so ist wie heute, sonnig, windig, nicht zu warm, schönes Licht. Und auch viel zu sehen. Der Mann am Mikro macht uns auf lila Seesterne, Adler und Blue Harons aufmerksam – und das alles bevor wir den Hafen wirklich verlassen haben.

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Wir fahren ziemlich direkt zur südlichen Küste der San Juan Islands und kreiseln dann mit ca. 20 anderen Booten um einen Bereich im Wasser, in dem angeblich, eben noch, quasi ganz bestimmt, links, gerade eben Wale zusehen waren.

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So skeptisch ich bin, da sind wirklich Wale, zwei Stück, Bruder und Schwester, T20 und T21. Orcas. Sie atmen aus, dann tauchen sie auf und verschwinden wieder. Ich knipse mir die Finger wund, 3 Millionen Bilder blaues Wasser weil die beiden schon wieder untergetaucht sind. Aber auf ein paar Bildern sieht man die Konturen oder zumindest die Flossen. Was auf den Bildern nur ein dunkler Fleck ist, ist in Wirklichkeit toll anzusehen, große, schöne, wilde Tiere in freier Wildbahn. Es ist zum Teil das, was ich sehe, zu einem anderen Teil, was der Mann am Mikro erzählt und zu einem dritten Teil, was ich mir vorstelle. Nur das erste Drittel schafft es auf’s Bild.

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Wenn überhaupt. Wale oder Vögel mit der Kamera zu jagen ist gar nicht so einfach, das Tele zeigt nur einen kleinen Ausschnitt, da sind die Wale gerade gewesen, aber jetzt nicht mehr. Nehme ich einen größeren Ausschnitt, sieht man keine Flosse, sondern nur eine verschwommenes Stück schwarz. Am Ende sind die Bilder eher dokumentarisch als gut, aber es ist mir egal. Und dann nehme ich die Kamera runter, und gucke einfach nur hin. Und bin hin-und hergerissen.

Ich bin auf einer Whale Watching Tour, damit habe ich jedes Recht verwirkt, über Waltourismus zu lästern. Wenn die Wale Menschen wären, würden sie über uns Paparazzi schimpfen und eine Klage auf Wahrung der Privatsphäre einreichen. Können die überhaupt noch jagen, eingekreist von so vielen Booten? Oder sind die zwei von den anderen beauftragt uns zu beschäftigen, damit die anderen ihre Ruhe haben? Der Mann am Mikro erzählt über die Intelligenz der Tiere, ihre Arbeitsteilung beim Jagen, ihre Sprache. Gehen wir einfach davon aus, dass der Job von T20 und T21 heute war, uns zu unterhalten. Als Dank dafür, daß Walfang inzwischen in den meisten Teilen der Welt verboten ist. Ein Wal – Granny- soll 1921 oder so geboren sein, die erinnert sich bestimmt noch an die Walfangzeiten und organisiert das Spektakel hier.

Wir verlassen den Bereich der Orcas, fahren durch die Inseln zurück, vorbei an ein paar Seelöwen, vielen Seevögeln und einem weiteren Adler. Schön. Auch das Panorama ist toll, Mt Baker, die Olpympics aus verschiedenen Perspektiven, mal mit Insel, mal mit Nebelbank, mal mit Segler davor. Ich mach ungefähr 450 Bildern, mit sechs Motiven: Berg, Meer, Wal, Adler, Seelöwen, weitere Vögel. Das da ein paar „wenige“ Doppelungen dabei sind, ist verständlich, oder?

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Dann sind wir zurück, ziehen uns im Hotel um, fahren den Hwy 20 weiter  über den Deception Pass bis zur Fähre von den Inseln nach Mukilteo. Auf dem Weg dahin nullt mein Meilenzähler ein weiteres Mal: 8.000 Meilen liegen jetzt hinter uns. Auf der Fähre unterhalten wir uns mit zwei Harleyfahrern aus der Gegend – gaaaaanz vielleicht hat der eine davon einen Freund, der ein zuverlässiges Mopped für einen Alaska-Ausflug sucht. Dafür hat die Bumble Bee sich in den letzten zwei Monaten eindeutige klassifiziert: Zuverlässig, treu, gut zu fahren, bequem. We won´t ship it but sell it. Basti bekommt eine Telefonnummer, mal sehen, was daraus wird.

Und dann sind es nur noch ein paar Meilen auf der I-405, ein kurzer Stopp im Supermarkt für eine Flasche Sekt, zweimal Abbiegen in Kirkland. Wir kreuzen unseren eigenen Weg von vor zwei Monaten, fahren die Einfahrt hoch, das Garagentor geht hoch, Alexander hat uns gesehen. Die Moppeds  bekommen seit zwei Monaten das erst Dach über den Kopf und wir ein herzliche Begrüßung und ein leckeres Abendessen bei Freunden.

Und damit ist die Tour zu Ende.

Und damit auch –fast- der Blog. Wir werden noch ein paar Zahlen zusammentragen, die über die 8.000 Meilen hinausgehen. Und vielleicht schaffen wir es ein Fazit zu ziehen, Also einen Bericht gibt es morgen noch. Aber bereitet Euch schon mal darauf vor, Euch eine andere (Frühstücks-)Lektüre zu suchen.

Basti: Wale gesehen, hurra! Damit fehlt in Renas Sammlung, der von ihr geforderten Tiersichtungen, nur der Elch und der Otter. OK, der Bär war nur ein kleiner und eher weit weg, aber es war ein Bär in freier Wildbahn!

Es ist ein gutes Gefühl nach 2 Monaten in Hotels am Ende bei Freunden wieder aufgenommen zu werden. So viel entspannter und wärmer, als ein Mietmotorrad irgendwo zurückgeben zu müssen und zu einem Flieger zu hetzen. Danke Steffi, danke Alexander!

Ja, wir werden sicherlich auch noch ein paar Zahlen nachreichen um das Ganze zu beschließen. Soviel vorab: Renas Planungsgenius hat sich mal wieder bewiesen, wir haben in fast allen Belangen unsere budgetierten Zahlen eingehalten – nur nicht bei der gefahrenen Strecke, da lag die Planung weit drunter!

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Montag, 22. Juli, Winthrop – Washington Pass – Anacortes, 200 mls

Nee, ist das schön hier. Hohe Berge, Nadelbaumwälder, geschwungene Straßen, was für eine schöne, letzte Strecke, der nördliche Teil des Cascades Loop. Die Temperatur stimmt endlich auch mal wieder, ich zerfließe nicht in der Kombi. Das Leben ist gut zu mir. Wir halten für ein paar Fotos, aber Fahren ist wichtiger, also fahre ich auch an dem Schild „Washington Pass Lookout“ vorbei.

Dann nagt es allerdings an mir, denn es sah so aus, als meinten die nicht den kleinen Parkplatz an der Straße sondern als ob es noch in den Wald reingehen würde. Hm. Beim nächsten Halt –auch sehr schön, mit kleinem Fluß und viel Aussicht- spreche ich Basti darauf an, der mich allerdings beruhigt, es käme noch ein toller Ausblick. Ja, Basti war schon mal hier, vor ca. 1 Jahr mit Randy. Okay, wir fahren weiter. Bis Basti anhält. Was immer noch an Lookout kommt – es ist zu tief. Also kehren wir um. Wir fahren 23 mls zurück. Halt, nein, ich korrigiere, wir fliegen 23 mls zurück. Keine Ahnung, was auf einmal los ist, aber Basti hat den Turbo angemacht. Soll der mir noch mal kommen, dass ich zu schnell unterwegs  bin. Das Recht verwirkt er gerade. Und die Überholmanöver sind auch nicht unbedingt alle total legal. Also, es paßt immer, meistens auch noch für mich, aber diese durchgezogene, gelbe Linie in der Mitte… egal, es macht einfach riesig Spaß. Und es lohnt sich dann auch noch richtig, der Lookout ist mitten im Wald, toll angelegt, super Blicke, schöne Wege – alles richtig gemacht.

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Wieder zurück, wieder bergab gehen wir es etwas langsamer an, mit der Betonung auf etwas. Der eine oder andere Autofahrer macht uns Platz, nur Harleys haben ja keinen Rückspiegel. Aber auch an denen kommen wir vorbei, allerdings nur um kurz darauf noch mal für ein paar Bilder zu halten, auch wenn die Kamera inzwischen signalisiert, dass die Batterie fast leer ist. Eines geht noch. Und noch eines.

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Am Ende halten wir noch dreimal, einmal beim ersten Blick auf den Ross Lake, dann am Ross Dam Lookout und dann nochmal am Diablo Dam. Der See hat eine tolle Farbe, ein helles, fast milchiges Grün. Super gut und durch den Wind sehr lebendig.

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Der Ross Dam Lookout  ist sehr windig und ich weiß nicht, was mir besser gefällt, der Blick auf den See mit Damm, Inseln und Wind auf dem Wasser oder die Krähen, die sich gegenseitig ihre Flugkünste im starken Wind beweisen. Etwas zerzaust sehen sie aus, vor allem, wenn der Wind von hinten kommt. Aber sie landen „Spot on“ beim Futter.

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Als wir zurück zu den Motorrädern gehen, glaube ich erst, noch jemand fährt eine Bumble Bee. Da stehen drei Leute vor –dann doch- meinem Mopped und reden. Hm. Darf ich mal durch, bitte? Es ist albern, aber es stört mich. Warum eigentlich? Vielleicht, weil das Mopped in den letzten Wochen die einzige Konstante war. Ich rede zwar auch leicht bei all den Hotels von „zuhause“, aber wirklich zuhause war ich immer dann, wenn wir das Gepäck aufgeschnallt hatten und wieder unterwegs waren.  Also raus aus meinem Vorgarten. Erst beim Fahren stelle ich fest, dass der eine Spiegel verstellt ist.

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Die erste Tankstelle, die wir sehen, ist unsere. Direkt daneben ist ein alter Zug-Waggon zu einem Imbiss umgebaut und bietet nur Sachen an, die im Smoker gegart wurden. Der Smoker steht vor dem Waggon und riecht verlockend. Wir haben heute bis auf ein geteiltes Redbull beim Losfahren und ein weiteres jetzt beim Tanken nichts gegessen. Wir teilen uns ein Brisket Beef Burger und ein Smoked Chicken Burger. Beides ist eine riesen Sauerei, denn es ist zerkleinertes Fleisch in tropfender Sosse aber es lohnt sich.

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Der Rest ist schnell erzählt, der Weg auch am Rande der berge ist nett, idyllisch, aber es wird schnell sehr städtisch und die letzten 20 mls ist der Hwy 20, bis dahin eine echte Passstraße, eine vierspurige Verkehrsader. Ich bin froh, als wir in Anacortes ankommen.

Basti: Winthrop ist von all den auf alt gemachten Orte die wir auf dieser Reise gesehen haben die sympathischste, ich kann nicht genau sagen, woran es liegt, aber es ist sicher eine gute Mischung aus wenig Nippes-Läden, einem Bäcker mit ausgezeichneten Sachen, einer Kneipe mit tollem Biergarten am Fluß (in der wir durch Zufall gelandet sind) und dem Rio Vista Hotel (auch ein Zufallstreffer). Ein schön gemachtes Zimmer mit Balkon in Richtung Fluß macht auch bei nur einer Übernachtung einen Unterschied.

Ich hatte heute beim Start ein wenig Sorge, daß meine Erinnerung den Hwy 20 womöglich genauso verklärt hat wie den Yakima Canyon, aber ich habe Glück. Die Straße und die Landschaft sind immer noch eine Wucht! Auch der Wettergott ist auf unserer Seite, da wir weder östlich noch westlich der Cascades Wolken haben – keine Selbstverständlichkeit. Es läuft gut, Wir machen wieder mehr Fotostopps, weil es erträglich warm ist. Die Straße hat „Swing“ und ist nicht zu klein, also kann ich genug sehen, sowohl Kurvenverlauf als auch Gegenverkehr. Die durchgezogenen Linien sind „Empfehlungen“ solange uns kein Sheriff entgegenkommt, da wir eindeutig eine bessere Beschleunigung haben als die rollenden Hindernisse auf der Straße. Dazu kommt, daß es hier in USA ein paar Verkehrsregeln gibt, die wir in Europa auch einführen sollten (Bild!), wer zu langsam ist muß Platz machen.

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Wenn Rena jetzt noch ein paar Orkas morgen bekommt, ist das der perfekte Abschluß für diese Reise.

Sonntag, 21. Juli, Wenatchee . Chelan – Winthrop, 103 mls

Wir trödeln beim Loskommen, wie die letzten Tage auch schon. Als ob die verbleibende Strecke dadurch länger werden würde. Die Meilen bis zum Lake Chelan sind schnell vorbei, ein kurzer Fotostopp am Rocky Reach Damm, ein paar Kurven, dann sind wir da.

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Chelan ist eine Art Naherholungsgebiet für Seattle. Steffi und Alexander sind mit den Kindern am Wochenende hier, aber anscheinend alle anderen auch – wir haben kein Zimmer mehr bekommen. Jetzt sind wir zu spät, sie haben schon ausgecheckt. Schade, aber in ein paar Tagen sind wir ja zurück in Kirkland.

Auch die Strecke nach Chelan läuft prima, so daß wir nicht halten. Erst in Twist gibt es 2 große Redbull und eine längere Pause. Und die Entscheidung, wie wir weitermachen. Entweder wir fahren durch bis zum Pazifik, das sind noch ca. 150 mls oder wir bleiben in Winthrop, das sind keine 10 mls mehr. Wir entscheiden uns für letztes.

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Basti war hier schon mal und fährt zielstrebig ein Hotel am Anfang des Ortes an. Unser Zimmer hat einen Balkon (okay, das haben alle Zimmer) und die nächste Zeit verbringen wir damit uns von der Hitze zu erholen – Basti drinnen, ich draußen. Ist schon warm, aber ohne die Moppedplünnen mit ca. 34°C sehr angenehm.

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Beim Gang durch Winthrop enden wir in einer Bierkneipe. Ich trinke Lemonade, Basti Bier. Wie ungewöhnlich, normalerweise erzählt er hier immer, dass er zwar Deutscher ist aber weder Fußball noch Bier mag. Falls es bei den Benzingesprächen mal soweit kommt – meistens geht es mehr um PS, Gear und Kurven. Der Laden ist nett, wir sitzen im Biergarten, auf der anderen Seite des Flußes grast ein Reh. Zum Bier teilen wir uns zwei Vorspeisen, so dass auf dem Rückweg noch genug Platz für Eis bleibt. Kleine Portionen haben die hier ja nicht, selbst eine Kugel ist riesig. Und teilen ist schwierig, da ich Schokoeis nicht mag – Bastis Favorit. Da müssen wir dann jeder eine eigene Portion nehmen – wir Armen :-).

Auf dem weiteren Spaziergang „jage“ ich ein paar Tiere – Raubvögel und Rehe, mehr oder weniger erfolgreich.  Aber es macht Spaß und als die Sonne langsam untergeht und das Licht weicher wird, ziehe ich nochmal alleine los. Auch der Fluß, der sich hier mehrfach teilt und wieder zusammenkommt ist ein schönes Motiv. Fotomüde? Heute nicht, ich mache knapp 500 Bilder, in der Hoffnung, dass von 60 Rehbildern wenigstens eines etwas wird.

 

Samstag, 20. Juli, Yakima – Yakima Canyon – Leavenworth – Lake Wenatchee – Wenatchee, 173 mls

Irgendwie nicht mein Tag. Beim Packen bricht der Verschluß vom Spanngurt meiner Gepäckrolle ab. Kann man mit Knoten gut Abhilfe schaffen, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass die Rolle lockerer sitzt als sonst. Von der Fahrt durch den Yakima Canyon hatte ich mir mehr erhofft. Erinnert ihr Euch noch an die Iron Butts am Mt. St. Helens, von denen einer vom  Yakima Canyon schwärmte? Hätte er auf Google Earth gesehen, müßte er unbedingt hin? Hm. Ab 80 mph macht das bestimmt Spaß, aber mit all den Gummireifen-beladenen Sonntagsfahrern vor uns … rechts und links braune Hügel, in der Mitte Fluß und ein bißchen  Grün, daneben Schienen und die Straße. Am Ende fragt Basti –ohne zwischendurch angehalten zu haben – „Davon wolltest Du ein Foto?“ Ja, also, irgendwie schon, am Anfang war es etwas steiler oder wenigstens zu dokumentarischen Zwecken. Egal, weiter. Der nächste Stopp ist Liberty, das Hinweisschild beim Rechts-Abbiegen sagt „Historic town“. Die Schilder auf den Grundstücken sagen „No trespassing“. Ein, zwei Bilder mache ich trotzdem, aber willkommen fühle ich mich hier nicht.

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Wir fahren den Hwy 97 rauf, queren einen Pass, danach geht es runter, es wird schneller, ich kann überholen. Basti kommt nicht mit.  Okay, dann bleibe ich hinter der nächsten Kolonne bis er aufgeholt hat. Was er nicht tut. Hm. Auf dem nächsten größeren Parkplatz bleibe ich stehen, er kommt an mir vorbei, hält aber nicht. Hat er mich gesehen? Ich fädele mich wieder ein, kann so überholen, dass ich wieder hinter ihm bin. Das wird er doch wohl wahrnehmen, oder? Ich bin verunsichert.

Wir kommen auf den Hwy 2, er biegt links Richtung Leavenworth ab, so weit so gut. In Leavenworth wollen wir wieder links abbiegen, Basti verliert die Geduld und fährt trotz roter Ampel, ich hinterher. Nicht gut. Dann endlich hält er an, ich habe die Chance zu fragen, was denn los ist. Sauer ist er, weil ich zu schnell war. Hm. Das mag stimmen, ich habe nicht auf den Tacho geguckt. Und es lief grad so schön. Aber Ärger war es nicht wert.

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Leavenworth ist voll, alles ist auf bayrisch gemacht und das scheint die Leute anzuziehen. Naja, wir sind ja auch hier. Wir könnten ganz schnell in Wenatchee sein, da wollen wir übernachten. Oder wir fahren ein Stück Nebenstraße bis rauf zum See Wenatchee und machen da Pause. Klingt gut, aber der See will uns nicht. Wir fahren hübsche Nebenstraßen, aber am Wasser ist alles privat, keine Chance auf eine Pause. Wir rasten schließlich am Straßenrand nur um beim Weiterfahren festzustellen, dass ½ Meile weiter ein State-Park mit Picknick-Area gewesen wäre. Wie gesagt, irgendwie nicht mein Tag.

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Aber jeder Tag hat ein Highlight. Meines ist der Fluß Wenatchee. Er fließt neben dem Hwy 2 her, den wir, jetzt wieder Richtung Leavenworth unterwegs, fahren. Es ist größtenteils Weißwasser. Steine und Wasser sind für mich eine fast unwiderstehliche Kombination. Für Fotos. Zum Gucken. Zum Füße reinhalten. Und ja, Basti hält. Erst mache ein paar Fotos von oben, aber nach kurzem Zögern klettern wir runter ans Wasser. Ich ziehe die Schuhe aus, habe sogar an einen Lappen zum Abtrocknen gedacht und dann fließt kaltes Bergwasser über meine Knöchel. Der Blick den Fluß hinunter ist wunderschön und wenn Basti nicht wie bestellt und nicht abgeholt in der Sonne sitzen würde, ich könnte Stunden hier bleiben, zu viele Fotos vom selben Motiv machen und es mir gut gehen lassen. Wir klettern stattdessen wieder zu den Motorrädern hinauf. Basti verliert kurz das Gleichgewicht, von unten sieht es aus, als ob er gleich fällt, aber es geht alles gut. Das wäre es noch, 7.500 Meilen unfallfrei und sich dann auf einer Böschung die Haxen brechen.

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Der Rest des Weges ist voll und warm. Wenatchee, die Welthauptstadt des Apfels (oder so ähnlich nennen sie sich), ist größer als gedacht, aber nicht wirklich schön. Zumindest nicht der Teil, den wir sehen. Dafür hat das Motel einen Pool und –Wunder, oh Wunder – Basti kommt tatsächlich mit ins Wasser. Was 40°C so alles mit einem Menschen anstellen können.

Das mexikanische Restaurant ist fußläufig, das führt zu Bier und Tequila für Basti und Margarita, Bier und Tequila für mich. Plus leckeres, authentisches Essen. Wir schaffen den Weg nach „Hause“ trotzdem gut. Basti hat sogar noch genug Energie um nach Öl und Luft bei den Moppeds zu gucken.

Basti: Ja, es gibt so Tage da stimmt das Timing einfach nicht. Ich fahre heute mal wieder vor und erkenne mögliche Anhaltepunkte erst wenn ich daran vorbei bin. Immer wenn ich in den Rückspiegel schaue, um zu prüfen ob Rena rechts blinkt um anzuzeigen, daß sie anhalten will sehe ich keinen Blinker und fahre weiter.

Yakima Canyon bin ich vor einem Jahr mal mit Randy gefahren und auch in meiner Erinnerung war er besser als das was wir heute erleben. Auf jeden Fall sollte man ihn Nord-Süd befahren, dann hat man nicht den ganzen Transportverkehr für die Luftmatratzen und Leute vor sich. Ich bin auch nicht wirklich in „Angas-Laune“ heute, sondern eher im Dödelmodus mit Geschwindigkeitsbegrenzung plus 10 unterwegs – im Gegensatz zu Rena. Irgendwann, als ich schneller als 90 mph fahren muß um beim Überholen dranbleiben zu können, gebe ich auf, die Straße hat keine Abzweige also können wir uns nicht wirklich verlieren. Aber auch hier sind bei solchen Spurts keine Fotopausen drin, ich habe das Gefühl wir sind beide etwas „Fotomüde“. Jedes Foto bedeutet anhalten – den Rhythmus unterbrechen – Helm ab, Handschuhe aus, Kamera raus, Bilder machen, wieder anziehen und weiterfahren. Wenn es sehr warm ist und die Haltepunkte keinen Schatten haben ist das schon schweißtreibend und ermüdend. Es sind wieder/immer noch um die 38°C hier, nur auf den Bergen ist es etwas kühler.

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Freitag, 19. Juli, Yakima – Hwy 12 – Hwy123 – Mt Rainer, Sunrise – Hwy 410 – Yakima, 193 mls

Raus aus dem Tal, auf den Berg klingt nach einer guten Idee, Yakima soll wieder 38°C kriegen.  Und ja, es ist kühler hier. Wir fahren durch einen Ort, in dem Früchte aller Art angeboten werden und dann sind wir – wieder einmal – im Wald. Schön.

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Wir halten im Smug Cove, einem Camping Platz mit Cabins und General Store.  Die Frau, die uns ein Sandwich macht, ist super reinlich, entsprechend sieht der Laden aus. Aber nett ist sie auch, wir reden über alles Mögliche. Und im Moment könnte ich mir so ein Leben gut vorstellen: einen kleinen Lebensunterhalt in der Mitte vom Nichts, Privat und Beruf verquickt, dafür keinen Nine-to-Five-Job und niemanden stört es, wenn ich mal 2h auf dem See bin. Oder so ähnlich. Dafür ist es hier im Winter vermutlich kalt, verschneit und sehr einsam.  Und ich kann nie nicht weg.

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Wir fahren weiter, halten ein paar Mal zum Fotografieren, verpassen aber auch ein paar schöne Stellen. Halt, wie immer. Dann verpaßt Basti beinahe den Abzweig in den Mt Rainier National Park, verständlich, denn an erster Stelle steht irgendein Campingplatz ausgeschildert. Wir bemerken es gerade noch rechtzeitig und schrauben uns den Berg hoch. Immer noch schön.

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Oben angekommen gibt es großartiges Panorama, sowohl rundum als auch auf ein paar Gletscher von Mt Rainier. Das Visitor Center ist gut gemacht. Aber, zum Spazierengehen haben wir beide nicht so richtig Lust. Und die interessanten Wege gehen erst mal steil nach oben. Wir enden mit Keksen und Wasser aus der Thermoskanne in der Picknick Area, die sehr nett angelegt ist. Finden auch die Vögel und Chipmonks, die nach essbaren Resten suchen.

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Zeit ist etwas Relatives. Der Weg hier hoch kam mir vor wie nichts, tatsächlich war es fast eine Stunde, 40 min um präzise zu sein. Hier sitze ich keine 15 min und schon kommt es mir total lange vor weil die Sonne ein Stückchen weitergewandert ist und ich statt im Schatten in der vollen Sonne sitze. Aber es ist auch in der Sonne nett und ich versuche weiterhin, den schönen grauen Vogel zu erwischen.

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Auf dem Rückweg kommen wir auf einem der letzten Fotostopps mit ein paar Motorradfahrern ins reden. Basti erzählt grob von unserer Strecke und einer der drei (eine ist übrigens eine selbstfahrende Frau), meint, wir hätten den besten Pass verpaßt. Ich ahne, was jetzt kommt und spätestens als er bei Yellowstone anfängt, weiß ich, dass er auf den Beartoothpass hinauswill.  Tja, …

Wir philosohieren noch etwas über Pässe und Wege über die Cascades und die Autos auf der Going-to-the-Sun-Road in GNP. Wir einigen uns auf einen Autofreien Tag pro Monat. Dann fragt Basti nach der nächsten Tankstelle. Hm, darauf hatte ich gar nicht mehr geachtet, wir sind schon mehr als 100 mls unterwegs und hier ist – nichts. Außer Campingplätzen. Aber anscheinend kommt in ca. 30 mls eine – dass sollten wir noch schaffen. Außerdem geht es ab jetzt fast durchgängig bergab. Nicht bremsen, nicht zu stark beschleunigen – wir hätten vermutlich weitere 30 mls geschafft als wir an der Tanke ankommen.

Zurück in Yakima fahren wir direkt durch zum Red Lobster um statt Burgern und Sandwiches mal wieder etwas Vernünftiges zu essen. Am Ende ist es relativ unvernünftig, kurz vor einem Eiweißschock aber sehr lecker. Allerdings muß ich leider zugeben, daß ich nicht nur Sättigungsbeilage zurückgegeben sondern auch vier grandiose Garnelen. Aber eine weitere und ich hätte wahrscheinlich rückwärts gegessen. Ich hatte Nudeln mit Jakobsmuscheln, Hummerschwanz, Miesmuscheln und Garnelen, die Menge hätte locker für zwei gereicht. Davor haben wir uns übrigens noch 1 Dutzend Garnelen geteilt und der Salat, der zum Essen gehört, war auch nicht von schlechten Eltern. Also alles überaus lecker, aber viel zu viel. Ich rolle ins Hotel und gebe mich der Verdauung hin. Ich gelobe keine Besserung, denn trotz allem war es ein Fest. Aber bitte nicht jeden Tag.

Basti: Nach all dem Gejammere, daß im Glacier Park bald alle Gletscher verschwunden sind (und die sahen echt nickelig klein aus) haben wir heute einen Platz in der ersten Reihe, Sonnenschein, keine Wolke am Himmel und die Nordostseite von Mt. Rainier direkt vor der Nase. So müssen Gletscher aussehen. OK, für alle Bettmeralp-Kenner, der Große Aletsch ist nochmal eine deutlich gößere Nummer.

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Essengehen ist Streß! Die Portionen sind hier einfach zu groß und was ich eigentlich liebe – viele Sachen bestellen und gegenseitig probieren lassen – führt hier zu einem Gelage. Mein wirkliches Problem ist allerdings, daß wir mit den Motorrädern unterwegs sind und jeden Tag in einem anderen Hotel. Die übliche Vorgehensweise sich die Sachen einpacken zu lassen und am nächsten Tag aufzuwärmen klappt nicht wenn man Tagsüber bei 38°C auf dem Motorrad die Kühlkette für 6 Stunden unterbricht. Zumindest traue ich mich nicht Nudeln mit Garnelen am nächsten Abend in der Mikrowelle aufzuwärmen wenn ich sie den ganzen Tag in einer schwarzen Tasche in direkter Sonnenbestrahlung hatte.

Die Tour heute war für mich besonders interessant, da ich in den 2 Jahren hier in der Gegend zwar mehrmals zum Skilaufen war (Crystal Mountain), die Straßen, die wir heute gefahren sind, waren aber alle im Winter gesperrt (123 und 410).

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Donnerstag, 18. Juli, Hermiston – Maryhill (OR) – Toppenish – Yakima, 181 mls

Das erste Mal, dass meine Landkarte irrt – oder lügt. Jedenfalls zeigt sie am Hwy 14, nördlich vom Columbia grüne Punkte. Das heißt eigentlich „schöne Strecke“,  aber das hier ist langweilig. Braune Hügel rechts, ab und an ein Blick auf den Fluß links, später kommen ein paar Weinfelder dazu, alles nichts wirklich sehenswertes, zudem es von großen Strommasten dominiert wird. Der Columbia ist hier auf ca. 80 Meilen gleich zweimal gestaut um Strom zu gewinnen. Was ihre Flüsse angeht, haben Deutschland (vielleicht Europa?) sehr unterschiedliche Konzepte. Die US haben Dämme wie doof gebaut, hauptsächlich zur Stromgewinnung. In Deutschland sind die Flüsse dagegen durchgängig schiffbar.

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Als Mount Rainier sich zeigt, wird das Panorama deutlich besser, ein einzelner, schneebedeckter Bergkegel am Horizont. Cool.

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Ein Schild sagt „Stonehenge ¼ mls left“. Basti bremst, ich dachte, eine ¼ Meile sei länger. Es paßt aber noch gut, Basti kriegt nichts mit, glaube ich. Stonehenge ist ein Monument, dass ein einzelner Mann auf seinem Grund gebaut hat um ein paar Soldaten aus diesem County, die im ersten Weltkrieg gefallen sind, zu ehren. Ziemlich pathetisch und raumgreifend. Er hatte auch einen General Store und noch ein paar Sachen hier geplant oder gebaut, inzwischen sind nur doch die Stelen und sein eigener Grabstein, ein paar Meter weiter übrig. Aber der Blick auf den Columbia mit Mt Rainier ist super.

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Basti nimmt die Kamera, aber er macht keine Fotos, sondern sucht mit dem Tele die nächste Tankstelle. Wir bewegen uns im letzten Viertel meiner Tankanzeige. Basti entdeckt eine Tanke und wir machen nur mal eine kurze Stippvisite nach Orgeon. Mittagspause. Basti ißt Chili con Carne mit Rührei – äh? Beides okay, aber zusammen? Hm.

Dann nehmen wir den Hwy 97 nach Norden. Erst vielversprechend, leer und kurvig, wird es langweilig, sobald wir den Summit und damit die Hochebene erreicht haben. Ab hier ist es langweilig stur geradeaus mit vielen Lastern – und es ist inzwischen warm. Sehr warm. Basti genießt ohne Verkleidung und nur in Jeans den Fahrtwind, ich schwitze mich langsam aber sicher gar.

Toppenish ist unser nächster Stopp, ich will mir die im Reiseführer erwähnten Wandgemälde (murals) ansehen. Damit wir sie nicht verpassen, halten wir vorher am Visitor Center und bekommen einen Plan. Aber sobald wir in der Stadt sind, ist klar, wir hätten nichts übersehen können, die Bilder sind riesig und überall. Auf einem Platz, „The Old Times Plaza“, schallt dazu Cowboy-Musik aus einem Lautsprecher – Yippiyaye. Aber es ist witzig gemacht, die Bilder sind keine hohe Kunst, aber in der Menge durchaus beeindruckend und zeigen alltägliche Szenen genauso wie historische Momente oder Sport.

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Aber, hatte ich schon erwähnt, dass es warm ist und in der Innenstadt anscheinend alle Läden mit kalten Getränken um 14 Uhr schließen? Wir halten es kurz und machen die letzten Meilen nach Yakima auch noch, bevor wir im klimatisierten Motelzimmer auf den Betten zusammenbrechen. 36°C sagt das Internet. Mir fällt dazu nur „scheiß-heiß“ ein und ich freue mich auf morgen – in der Nähe von Mt Rainier wird es hoffentlich mal wieder etwas kühler sein.

Basti: Hochmut kommt vor dem Fall….. Ich bestelle ein Omelett mit Käse zum „Frühstück“ gegen 14 Uhr und entscheide mich im letzten Moment für die Variante mit „Chili and Onions“, in Erwartung von frischen Chili-Schoten und Zwiebeln. Aber mein Sprachverständnis ist halt doch nur das eines Ausländers, denn ich bekomme eine Truckerportion Chili-con-Carne unter einem Omelett.

Hier im Ostteil des Staates Washingtons (östlich der Cascades) ist das Obst- und Gemüseanbaugebiet, von Getreide bis Aprikosen wächst hier alles – solange man Wasser drauf gießt. Große Obstplantagen, Hopfenfelder und Blaubeersträucher sind in den Tälern, auf den Hügeln verdorrtes Gras und Windparks. Weiter nördlich an den Bergflanken und an den Seen kommt dann der Wochenend Tourismus der „Küstenbewohner“ die den bedeckten Himmel und den Regen leid sind – und das sind einige! Wir werden die schönste Strecke Richtung Westen über die Cascades nehmen, den nördlichsten der drei Pässe (mehr Übergänge gibt es nicht), der teilweise bis in den Mai wegen Schnee gesperrt ist. Es ist der einzige der wie ein Pass wirkt und nicht wie die Brenner-Autobahn.

Mittwoch, 17. Juli, Joseph – Elgin – Umatilla – Hermiston, 154 mls

Wir kaufen in Joseph noch schnell Huckleberry-Lemonade-Powder. Klingt pervers, ist es bestimmt auch, aber ich habe dieses Pulver nicht aus dem Kopf bekommen nachdem wir es vor ein paar Tagen hier entdeckt haben. Ich hatte noch nie Huckleberry-Lemonade und die Lemonade, die man in manchen Kneipen hier aus Pulver gemacht bekommt, schmeckt nur halb so gut, wie frische. Wenn überhaupt. Aber einen Versuch ist es wert. Auf jeden Fall ist es besser, als sich noch woooochenlang zu fragen, ob das nicht ein absolutes Highlight gewesen wäre 🙂

Wir verlassen die Wallowa Mountains mit einem grandiosen Frühstück in Elgin. Ich kriege den besten Muffin mit Speck und Ei seit langem. Basti ißt auch irgendwas. Zum Rodeo sind wir zu spät, das war hier in Elgin letztes Wochenende;  in Joseph wird es nächstes Wochenende sein.  Da hätte unser Timing besser sein können.

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Danach fahren wir auf einer Hochebene weiter, kommen durch einige Skigebiete. Ich erwarte, dass jeden Moment einer der auf den vielen Schildern angekündigten Motorschlitten aus dem Unterholz bricht, aber dazu ist es vermutlich zu warm. Kurz bevor es bergab geht, halten wir an. Es gibt einen großartigen Blick in die Ebene, etwas trüb, aber trotzdem beeindruckend, so viel braun. Hellbraun wo das Korn noch steht, dunkelbraun wo das Korn schon abgeerntet ist. Und sonst – nichts. Kein Grün, keine anderen Farben. Nur Braun.

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Tja, und dann fahren wir genau da rein, rechts und links ist Korn, Korn und Korn. Bis zum Horizont Korn, Korn und Korn. Und Korn. Es ist heiß, staubig und wieder einmal ist die pure Menge die tatsächliche Show. Korn, soweit das Auge reicht, meisten ist nicht einmal am Feldrand etwas Grün dazwischen. Die Straßen sind schnurgerade, aber mit hohen Buckeln. Halten ist hier nicht, es gibt keine Ausfahrten, Wege oder Buchten und einfach auf der Straße könnte gefährlich werden, da man nicht weit vorausschauen kann und die Leute hier nicht gerade langsam fahren. Und der Fahrtwind hilft zumindest ein bißchen.  Irgendwann wird es so hüglig, dass sich Landwirtschaft nicht mehr lohnt und kaum noch etwas wächst.

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Und dann sehen wir auf einmal den Columbia, fahren ein Stück daran entlang. Heute bleiben wir noch südlich davon, wenn wir ihn Morgen überqueren sind wir zurück in Washington State. Die letzte Etappe.

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Trotz später Mittagspause mit Cheeseburger (Basti) und  Huckleberry Shake (ich) gehen wir abends noch zum Thai, etwas essen. Ich weiß ja, dass man Basti mit Reis in jedweder Form glücklich machen kann. Aber den Nachtisch muß er dann doch alleine essen: warmer, süßer Reis mit frischer Mango. Die Mango ist lecker, der Rest nicht meins.

Basti: Ja, das Frühstück war für mich eher klassisch: French Toast (Toast in Ei getaucht und ausgebraten) mit Puderzucker und Sirup, dazu Kaffee.

Der Weg aus den Bergen in die Ebene ist irre, ich habe auf der Höhe fast gefroren und mit jedem Höhenmeter den wir runterfahren wird es deutlich wärmer. Bis wir wieder bei über 30°C sind und die Landschaft nur dort fruchtbar wirkt, wo die Bauern Wasser draufgießen. Wir fahren auf kleinen Straßen in einer Rinne (Canyon wäre vermessen) mit einem kleinen Fluß –oder zumindest Grundwasser, denn hier wachsen ein paar wilde Pflanzen und Büsche. Der Vorteil dieser Rinne ist, daß sie kurvig ist und nicht so langweilig wie die langen geraden Straßen.

Wenn es morgen am Columbia River weitergeht, werden wir die Weinregion um Walla-Walla leider verpassen. Auf der anderen Seite ist beim Mopedfahren sowieso nicht viel mit Weinproben drin. Dafür schaffen wir es vielleicht doch noch zum Mount Rainier, den wir auf der Hinfahrt ausgelassen hatten.

Dienstag, 16. Juli, Joseph – Lake Wallowa Joseph, 15 mls

Nach dem gestrigen Tag haben wir entschieden auszuschlafen. Basti hat das Motel um einen weiteren Tag verlängert. Ich fühle mich wohl hier.  Wir packen Handtücher ein und fahren zum See. Aber erst halten wir an Old Chief Josephs Grab. Ein paar vertrocknete Blumen liegen neben dem Stein, für mindestens einen Menschen scheint das Grab noch wichtig zu sein. Ein paar Meter weiter liegt ein ganze Familie Weißer auf einem Indianischen Friedhof – ist das das ultimative Zeichen von Toleranz? Freundschaft? Mir gefällt es, es zeigt Möglichkeiten.

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Einmal tief Luft holen, das Gefühl von Spiritualität mitnehmen (geht das?) und weiterfahren. Vor uns springt ein Reh über die Straße, so federnd, so elegant, so schön, und verschwindet im Vorgarten eines Hauses. Es hat einen unglaublich eleganten Gang.

Wir halten am See, es regnet ein paar Tropfen, wir verschieben das Baden und fahren weiter zum Wallowa State Park. Ein paar Cabins, ein paar Zelte, eine Marina, ein Strand – in Deutschland würde man Naherholungsgebiet sagen. Hinter dem See hohe Berge. Basti steckt eine Hand ins Wasser – damit hat sich das Baden erledigt. Zu kalt.

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Wir nehmen die schräppelige alte Seilbahn, die Walloha Tram, nach oben, 27$ für einmal rauf und einmal wieder runter scheint auf den ersten Blick viel Geld, aber oben auf Mt Howard sind Wege angelegt mit vielen Hinweisschildern und ein Absprung für Paraglider – sie geben sich Mühe und ich finde, unser Spaziergang hier oben ist das Geld wert. Und es sichert Arbeitsplätze, oben sind zwei, unten sind zwei Menschen, plus eine Ticketverkäuferin.  Ach, es ist einfach schön hier oben und wir mußten nicht laufen. Alles gut.

Oben sehen wir zwei weitere Rehe, vor allem aber Heerscharen von Erd- und Streifenhörnchen, beide Arten total zutraulich. Basti streckt die Hand aus und die Tiere sind es so gewöhnt, gefüttert zu werden, dass sie rankommen statt wegzulaufen. Der einzige Nachteil: Wenn die kleinen Tiere hier so zutraulich sind, dann gibt es bestimmt keine Raubvögel.

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Es ist ruhig, wenig Leute unterwegs, es gibt einen tollen Blick in die Landschaft, wir können die Berge von Hells Canyon erkennen. Ach, ist das schön hier. Unsere Dialoge sind eher surreal, aber es hört uns ja keiner zu, zumindest niemand, der Deutsch versteht. Es geht mir gut, mein  „echtes“ Leben ist ganz weit weg, aber das stimmt nicht, das hier gehört auch zu meinem echten Leben, ich möchte wiederkommen. Sagen wir, mein Alltag ist ganz weit weg.

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Auf dem Rückweg halten wir ausnahmsweise Mal an einem der Heritage Points. Hier hat der Zug der Nez Percé Indianer von ihrer Heimat Richtung Kanada begonnen. Die meisten haben es nicht geschafft. Ich bin berührt, mir fällt kein besseres Wort ein. Seit Menschengedenken haben die Native Americans hier gelebt, ohne das Konzept „Land besitzen“ zu brauchen, zu verstehen oder zu akzeptieren.  Und jetzt sitzen sie in Reservaten, die ihnen die USA großzügigerweise zugesteht weil die hochgerühmten Pioniere mehr oder brutaler waren.  Ich nehme mir vor, mehr über die Nez Percé zu lesen, um von meinem Kinderbild „edler Wilder“, geprägt von Karl May, weg zu kommen. Und irgendwann wiederzukommen.

Basti: Rena hat es geschafft, endlich ist einer dieser riesen Schmetterlinge sitzengeblieben – ausgerechnet auf einem Parkplatz am See.

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Beim gemütlichen Schreiben am Motel zeigt das Wetter nochmal kurz wie schnell es sich ändern kann.

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Montag, 15. Juli, Joseph – Hells Canyon Overlook – Hells Canyon Dam – Halfway – Joseph, 215 mls

Der Tag fängt harmlos mit einem wunderschönen Waldweg an, den wir meilenweit für uns alleine haben. Wenn die Landschaft so gleichbleibend ist – wunderschön, aber eben meilenweit Wald – dann verliere ich ziemlich schnell mein sowieso nicht besonders ausgeprägtes Zeitgefühl. Es ist einfach nur gut. Minuten- oder Stundenlang. Kein Gedanke bleibt, sie kommen und gehen und fliegen vorbei, kommen vielleicht wieder, aber nicht aufdringlich, so ähnlich muß meditieren sein, nur dass ich statt auf meinen Atem auf die Straße achte. Einatmen, ausatmen, Rechtskurve, Linkskurve.

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Wir halten an einer Art Brücke, kaum zu erkennen, aber man sieht das Bächlein, dass uns die meiste Zeit des Weges begleitet. Statt Leitplanken gibt es Wiesenblumen und ein Nadelbaum sprießt aus dem Asphalt. Friedlich, vor allem, wenn wir die Motoren ausmachen.

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Der erste „echte“ Stopp ist der Hells Canyon Lookout. Ein gut gemachter Aussichtspunkt in der Mitte von Nichts. Wir haben mehr als eine Stunde gebraucht, näher dran sind nur Campingplätze. Es gibt einen weiten Blick ins Land, aber „Canyon“ hatte ich mir dramatischer vorgestellt. Schön ist es allemal, ich verstehe die Leute, die hier ein Picknick machen.

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Wir sind links auf den Parkplatz abgebogen, gerade aus geht die Straße ins Nichts, so sieht es zumindest aus. Überhaupt, es gehen ziemlich viele Schotterpisten rechts und links von der Straße ab, keines mit einem Verbotsschild, nur manchmal wird gewarnt, dass die Straße für normale Autos nicht geeignet ist. Kein Wunder, dass wir hier so viele Enduros sehen, zum ersten Mal deutlich mehr als Harleys.

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Der Overlook ist – wie der Name schon sagt – eher oben. Die nächsten Meilen bis zum Fluß geht es also tendenziell runter, nicht immer, ein paar Steigungen und ebene Strecken sind auch dabei, aber je weiter wir runter kommen, desto wärmer wird es. Anfangs hilft der Fluß, aber spätestens am Oxbow Dam ist es warm. Heiß. Zu heiß. Vor uns liegt eine ca. 30 Meilen lange Sackgasse, zum Hells Canyon Dam und zurück, immer schön am Snake River entlang, immer schön zwischen Hitze abstrahlenden Felsen. Ich verstehe, dass Basti, insbesondere nach dem Grand Canyon, wo man den Colorado kaum gesehen hat, mal runter ans Wasser wollte. Aber da sind wir jetzt doch. 30 Meilen bis zu einer Staumauer? Muß das?

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Ja, es muß. Und auch wenn es scheiß-heiß ist und es mir wirklich schwerfällt, am Ende muß ich zugeben, dass es sich lohnt.  Anfangs ist der Canyon fast lieblich, rechts und links zwar hochaufragende aber nicht besonders steile Hänge. Je tiefer wir kommen, desto enger wird das Tal und die Felswände rechts und links steiler. Der Fluß ist immer noch ein besserer See, aber nach dem Damm wird auch das besser, ein bi0chen Weißwasser ist zu sehen und ich kann mir zumindest vorstellen, wie es hinter der nächsten Biegung wird. Und dass es bestimmt total großartig ist, auf dem Fluß zu fahren. Aber die Straße ist 1 Meile nach dem Damm beim Visitor Center zu Ende. Und die Anfahrt ist mir für eine Bootstour zu lang. Auch etwas, wozu wir vermutlich wiederkommen müßten. Also fahren wir die 30 Meilen zurück. Gefühlt ist die Strecke zurück sowohl länger als auch wärmer.

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Aber irgendwann ist es vorbei und dann ist da die Tankstelle, an der wir halten wollen, und wo es zumindest kalte Getränke gibt und Schatten … und Basti fährt vorbei. Waaaas?

15 Meilen weiter (die wir auch wieder zurück müssen) ist ein größerer Ort, angeblich mit Tankstelle und zwei Restaurants und da fährt er jetzt hin, aber dammich, mir ist jetzt warm und wir sind sind 40 Meilen ohne Pause, ohne Schatten unterwegs und es ist immer noch scheiß-heiß und der Wind ist wie ein heißer Fön und im Death Valley war es gar nicht sooo warm. Grumph. Als er endlich hält, bin ich am Ende – aber jetzt ist es kürzer in den Ort –Halfway- als zurück.

Also fahren wir nach Halfway. Halfyway von was? Egal, es gibt hier was zu essen und Sprit. In einem Anfall von Voraussicht fragt Basti den Bartender nach den Tankstellen. Ja, zwei Stück, beide machen um 6 zu. Öh, es ist 5:30. Vor uns haben 5 Enduro-Fahrer bestellt. Basti fährt nacheinander unsere Moppeds tanken, kurz nachdem sein Burger auf dem Tisch steht, ist er auch wieder da.

Der Rückweg ist, …, ach, ich weiß nicht. Auf der einen Seite bin ich echt fertig, auf der anderen Seite ist es immer noch ein wunderschöner Waldweg. Ein einziges Reh sehe ich im Wald, dafür viele Mäuse, die über die Straße laufen. Und ein Streifenhörnchen, das auf irgendetwas wartet. Wir machen mehrere kurze Pausen. Langsam geht die Sonne unter.

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Am Ende ist unser Timing super, auf dem letzten Stück nach Joseph geht es direkt nach Westen, aber anstatt zu blenden, ist die Sonne schon hinter’m Berg verschwunden und gibt tolles Licht. Ich versuche es einzufangen, auch das wieder vorhandene Wasserballett. Nach einem kurzen Stopp am Supermarkt sind wir zurück im Motel. Basti geht zum Office um eine weitere Nacht klar zu machen. Ich will morgen schlafen bis zum Aufwachen, ohne Wecker, ohne Zeit, ohne Plan. Nein, das stimmt nicht, ich will immer noch zum Grab von Chief Joseph. Und zum See. Morgen. Heute bis ich einfach nur noch fertig. Ein kleiner 200-Meilen-Ausflug, mal so eben, hin und zurück. Und da wundert sich der Weber, dass wir bereits knappe 7.000 Meilen im Kielwasser haben…

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Sonntag, 14. Juli, Clarkston – Joseph, 161 mls

Direkt am Fluß entlang ist alles grün. Kaum schrauben wir uns höher, ist alles braun. Es gibt einen harten Übergang, Wasser, sei es durch Bewässerung oder einen Flußlauf, macht grün. Darüber hinaus ist die Fläche braun. Wir sind erst auf dem Hwy 129 WA und dann auf dem Hwy 3, OR unterwegs – dieselbe Strasse, aber an der Staaten-Grenze wechselt sie die Nummer. Was mir bisher nicht aufgefallen ist, die Bundesstaaten geben sich alle Mühe mit ihren Nummerierungsschildern der Straßen. Idaho hat seinen Umriss, Washington den Schattenriss von George Washington und Orgeon ein Wappen. Bei den anderen Staaten, durch die wir gekommen sind, immerhin 8 Stück, habe ich nicht darauf geachtet.

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Die Straße ist prima, schraubt sich vom Snake River aus auf eine Hochebene. Meilenweit erst nichts, dann Felder. Das Auge bleibt nirgendwo hängen. Wir überqueren den Rattle Snake Summit, 3600 ft hoch. Ab und an kommt so etwas ähnliches wie ein Ort, zum Beispiel Anatone, 38 Einwohner, 20 Hunde.

Bald darauf geht es wieder runter an den Fluß in einer unerwarteten Anzahl großartiger Kurven. Die Strecke ist super, selbst wenn der Hells Canyon nichts hergibt, hat sich der Umweg alleine wegen diesen Kurven gelohnt.  Ich verzichte auf Fotos und fahre Motorrad. Vielleicht sollte ich das mal erklären: Der Blick beim Moppedfahren geht so weit wie möglich voraus, man guckt tunlichst dahin, wo man hinfahren möchte. Heißt im Umkehrschluß, wenn ich den Abhang hinunter sehe, weil mich der Steile Berg fasziniert oder ich nach Motiven Ausschau halte, dann eiere ich ziemlich rum, um nicht genau dahin zu fahren wo ich hinschaue. Deshalb ist es entweder eine gute Linie beim Fahren oder die ständige Suche nach guten Blickwinkeln. Heute ist es die Straße, die Linie, die nächste Kurve. Ich bin trotzdem dankbar als Basti für einen  Fotostopp anhält.

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Die erste Pause machen wir im Tal, bei Boggan’s Oasis. Basti kriegt einen Pulled Pork Burger, den er nicht mit mir teilen muß, mir ist das Fleisch zu süß und ich einen Rhabarbar-Milchschake. Yummi. Also mein Shake, der Burger, wie gesagt, ist nicht mein Ding. Auf den Sets stehen unterschiedliche Geschichten aus der Gegend hier, unter anderem über einen Jep Smith, der, wie wir hier lesen können, der Namensgeber vom Smith River an der Küste von Oregon war. Ihr erinnert Euch an die Lower Smith River Road? Wir ja.

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Die Anzeige über dem Eingang zeigt 90°F, und so fühlt es sich auch an, aber als wir uns bald darauf wieder den Hang hinaufschrauben, wird  es kühler. Auch auf dem Berg windet sich die Straße angenehm durch die Leere. Wir halten am Joseph Canyon Lookout und ich jage mit der Kamera Schmetterlinge. Es gibt hier welche, die sind Handteller-groß, erst dachte ich, es sind kleine Vögel. Aber ich erwische nur einen kleinen, die großen setzen sich nie hin, wenn ich hingucke.

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In Joseph, unserem Ausgangsort für die nächsten beiden Tage, sind wir relativ früh. Das Städtchen ist nett zurechtgemacht, hat eine sehr ansprechende Main Street mit vielen Geschäften und Menschen auf der Straße. Wir erfahren im Visitor Center, dass Joseph früher eine Log Town war, aber als sich die Holzwirtschaft nicht mehr gelohnt hat sind in den letzten 15 Jahren erst Künstler gekommen, die die Bronzeöfen weiter genutzt haben und dann Touristen. Wir kommen ins reden. Er erzählt die Geschichten von beiden Chief Josephs, der alte ist hier begraben, der junge auf dem Weg nach Kanada von Soldaten ermordet worden. Ich möchte mir das Grab ansehen, zudem da auch die Gründer von der Stadt Joseph begraben liegen, geschätzt von den Indianern. Da gibt es aus der Zeit nicht so viele, meistens war das eher ein Hauen und Stechen.

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Neben dem Weg zum Grab gibt der Mann noch andere Tipps, unter anderem nach Imnaha zu fahren und dort zu essen, erstens wäre das Essen lecker, zweitens gibt die Strecke einen guten Eindruck von der Gegend und drittens sollten wir vor 7 Uhr zurück sein, da das Wild dann zum Trinken an, bzw. über die Straße läuft, die direkt am Imnaha River entlang führt. So früh wie es ist und so klein wie der Ort ist – das machen wir.

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Gesagt getan, hingefahren, ein paar Fotos gemacht, ein leckeres Sandwich gegessen. Auf dem Hinweg kommen wir am Skigebiet vorbei, vier Abfahrten in den Wald gehauen, es sieht aus wie ein missglücktes Peace-Zeichen. Aber bestimmt kann man hier ganz toll Langlauf machen. Auf dem Rückweg will ich noch ein paar Bilder machen, aber ein Hund vertreibt mich von der ersten Stelle. Shit, ich dachte, da wäre ein Zaun, aber die Bulldogge kommt Gott sei Dank nur bis zur Straße, nicht auf die andere Seite. Mein Herz rast trotzdem. Daß ich später fast einen Hasen überfahre, macht es auch nicht besser. Wir sehen nur ein einsames Reh, aber besser so, als eines der Viecher zu erwischen, wie der eine Einheimische erzählt hat.

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Auf dem Rückweg haben alle Farmer ihre Bewässerungsanlagen angestellt, im Gegenlicht der Sonne sieht das toll aus, eine Art Wasserballett. Aber einen Platz zum Halten sehe ich nicht mehr, die Kombination aus Gegenlicht und toten Insekten auf dem Visier schränkt meine Sicht echt ein.

Basti: Ich weiß gar nicht was Rena hat, das Pulled Pork ist ausgezeichnet und schmeckt wie es soll. Gestärkt geht es weiter rauf und wieder runter und wieder rauf, tolle Ausblicke und immer wieder diese schlammbraunen trockenen Canyon-Flanken, die sehr unwirtlich wirken und dann im Tal sattes Gras und hohe Bäume.

Joseph ist definitiv eine Überraschung, mit viel Liebe zurechtgemacht bis hin zu den Beeten und den Fußwegen auf der Hauptstraße – und das hier am Ärmel des Propheten.

Dann auch noch der Abstecher in den Imnaha Canyon. Nicht nur eine schöne Strecke sondern auch heiß, hier steht die Luft. Am Ende in Imnaha die skurrilste Kombination aus Kneipe und Gerneral Store, die mir bis jetzt begegnet ist. Ein paar Stühle an der Bar und ein paar Tische auf der einen Seite, auf der anderen Regale mit den Dingen des täglichen Bedarfs, die hier am gefühlten Ende der Welt benötigt werden. Von Backmischungen über Fahrradschläuche bis Motoröl. Drinnen sitzen ein paar „Locals“ und geben dem Ganzen Kolorit.

Auf dem Rückweg will ich auf einem der Fotostopps Rena in den Status Eiskönigin erheben, da sie cool wie ein Torero einem heranschießenden American Bull Terrier die kalte Schulter zeigt und ganz gelassen auf die andere Straßenseite schlendert. Hinterher erfahre ich, daß sie sicher war einen Zaun zwischen sich und dem Hund zu haben.

Samstag, 13. Juli, Coeur D’Alene – Harrison – Clarkston, 160 mls

Ich will schnell raus aus dem Raucherzimmer, bilde mir ein, dass meine Haare und überhaupt alles nach Rauch riecht. Also schnell duschen, anziehen, packen, raus. Auf der I-90 hängt Basti hinter einem Wohnmobil und bleibt und bleibt dahinter. Die Straße ist frei, das Wohnmobil langsam – ich verstehe es nicht und überhole erst Basti und dann das WoMo. Kurz danach kommt unsere Ausfahrt. Keine Ahnung, ob das WoMo auch hier abgebogen ist, aber das war meine Horrorvorstellung: Eine schnuckelige kleine Straße und wir hinter einem 15 mph rollendem Hindernis.

Aber wir sind alleine auf der wunderschönen Strecke östlich des Sees Coeur D’Alene. Die Straße folgt jeder noch so kleinen Bucht des Sees und der hat hier im Norden viele davon. Wir sind ein paar Meter über dem Wasser, zwischen uns und dem See sind Häuser. Wir sehen nur die Dächer und die Zufahrten. Die Straße flutscht nur so unter uns durch, kurvig, nett, leer. Super.

Ich bringe es lange nicht über mich zu halten, es gibt keine Parkbuchten, es sind alles Zufahrten und durch die vielen Kurven auch immer erst spät zu erkennen. Der erste Stopp ist daher zwischen zwei Seen, ein gerade Strecke, einfach am Straßenrand. Die vielen Seerosen sind mir schon an anderen Gewässern hier aufgefallen, alles eher flach und daher flächig bewachsene. Sieht bestimmt irre aus, wenn die Seerosen blühen, wirkt jetzt auch schon nett.

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Ein paar Meilen später gibt’s dann den ersten Kaffee und einen kleinen Spaziergang zur öffentlichen Marina von Harrison. Früher gab es Schaufelraddampfer für den Holz- und Minentransport. Ein Schild warnt vor verseuchter Erde, Minenreste. Die Idee, mit Stegen in der Marina einen kleinen Schwimmbereich abzugrenzen, finde ich prima – aber ob im Wasser auch Schwermetalle zu finden sind? Die Kinder stört’s nicht. Das Wasser ist klar. Es ist schwer, vor Gefahren, die man nicht sehen, hören oder fühlen kann, Respekt zu haben.

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Die Strecke hat weitere Überraschungen für uns parat, nachdem sie das Seeufer verlassen hat, bleibt es kurvig. Jetzt fahren wir durch Land, das eindeutig bearbeitet wird, Vieh- und Holzwirtschaft. Einige Hänge sind kahl, man kann den Zickzack der Straßen zum Abtransport hangabwärts erkennen. Direkt daneben eine Fläche mit hohen und dahinter ein Fläche mit niedrigen Bäumen. Dadurch, dass wir direkt darauf zufahren, wird die Holzwirtschaft hier sehr deutlich. Neben uns verschwinden zwei Rehe im hohen Wald.

Dann wird es weniger Wirtschafts- und mehr Naturwald, die Bäume sind höher und es gibt mehr Unterholz, die Straße schwingt sich angenehm einen Hügel hinauf und dann wieder herunter. Wir halten an einer Abzweige, die für mich nach einem Waldweg aussieht. Kurz darauf kommt erst ein Auto heraus, dann will eines hinein. Bei den wenigen, die hier vorbeikommen ist das schon eine Menge. Hinein will ein Sheriff. Wir hatten ebene noch über den wenigen Austausch mit den Leuten hier gewitzelt, prompt hält der Sheriff an und Basti und er unterhalten sich. „Call us, if you need something“ verabschiedet er sich. Och, nee, nett gemeint, aber wenn keiner von Euch da ist, stört es nicht, dass wir ein bißchen zu flott unterwegs sind.

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Bald hört der Wald auf und wir kommen ins Farmland. Weite Wiesen und Felder in den unterschiedlichsten Grün- und Gelbtönen. Und der Blick ist auf einmal wieder weit. Das grüne Getreide wiegt sich im Wind, es sieht ganz weich und fast lebendig aus. Wie Wasser in einer Bö oder das Fell eines langhaarigen Tieres.

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Nach einer Kurve ändert sich das Bild wieder. Was mir nicht bewußt und auch nicht erkennbar war: Wir waren bisher auf einer Hochebene. Jetzt schrauben wir uns in eine Schlucht hinunter, rechts und links Sandberge, in der Mitte ein Fluß: Clearwater. Die Straße wird vierspurig, der Verkehr nimmt zu, es wird städtisch. Wir kommen an einer alten Brücke vorbei, die sich unerwartet und dadurch umso mächtiger gegen die Hügel auf der anderen Seite des Flußes abhebt. Warm ist es hier, deutlich wärmer als am See und der Hochebene. Wie gut, dass es nicht mehr weit ist.

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Mit Clarkston sind wir wieder in Washington, nur knapp, aber damit liegt auch Idaho hinter uns. Morgen und übermorgen wird es wieder Oregon werden und dann sind wir für die letzten Tage endgültig zurück in Washington.

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Basti: Ja, unser Freund und Helfer….

Eine sonnige gewundene Straße durch den Wald, Rena entscheidet an der Einfahrt in einen Waldweg zu halten und eine Pause zu machen. Aus purer Gewohnheit stellen wir uns an den Rand der Einfahrt essen ein paar Bananen, Rena macht Bilder und der Tag ist einfach schön. Erst wird unsere vermeintliche Ruhe durch einen Wagen gestört der aus dem „Waldweg“ kommt, und ich bin froh, daß ich mit einem menschlichen Bedürfnis noch etwas gewartet habe, dann herrscht wieder Ruhe.

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Kurz bevor wir entscheiden wieder aufzubrechen biegt ein SUV in den Waldweg ein, im letzten Moment sehe ich den Sheriff-Aufdruck auf der Tür. Ich hasse die modernen Blaulichter, die sind kaum höher als ein Dachgepäckträger. Drin sitzt ein Milchgesicht von Anfang 20 mit der obligatorischen, ultracoolen Sonnenbrille. Vorwärtsverteidigung, wir haben ja nichts Böses angestellt,  also freundlich auf Ihn zugehen und grüßen. Er ist professionell interessiert: wo fahrt Ihr hin, wo kommt Ihr her. Bei meiner Aussprache von Coeur d’Alene ergibt sich die Frage woher wir sind automatisch – Germany, good – meldet Euch halt falls irgendwas ist, wir sind für Euch da. Zum Abschluß noch die Frage ob der Notruf auch in Deutschland 911 ist, kann ich verneinen und versichern, daß die US-Notrufnummer seit dem 11. September weltweit bekannt ist. Nur gut, daß mein „Bedürfnis-timing“ gepasst hat – das hätte ich Ihm nicht erklären wollen.

Freitag, 12. Juli, Libby – Sandpoint – Coeur D‘Arlene, 150 mls

Analphabet darf man hier zum Autofahren nicht sein, ständig gibt es etwas am Straßenrand zu lesen. Diesmal beschäftigt mich der Hinweis „Game Crossing“. Hm. Ein Schachspiel, das über die Straße läuft oder doch eher Monopoly? Laufen die einzelnen Steine oder die ganze Schachtel? Und müßte es dann nicht Games heißen? Fragen über Fragen, die Basti mit dem Hinweis, dass „Game“ Wild ist, beendet.

Wir verlassen Montana Richtung Westen, womit die Uhr am Motorrad wieder richtig geht und wir heute eine Stunde gewinnen. Oder mal früh ins Bett gehen. So oder so: Bye bye, Montana, Du hast mir unerwartet gut gefallen.

Die erste Strecke von Libby aus ist Montana pur, erst entlang eines großen Flusses, dann entlang vieler kleiner Seen und mäandernder Flüßchen schwingen wir mit 70 – 80 mph die Straßen entlang. Entspannt und schön. Was für eine angenehme Reisegeschwindigkeit wir da hatten, wird deutlich als wir Idaho erreichen – 55 mph max, zumindest auf dieser Straße.

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Wir halten kurz in Clark Fork, dem ersten Ort in Idaho, um zu frühstücken, aber das Cafe sieht nicht einladen aus und die Bar, in die wir dann gehen hat augenscheinlich nichts zu essen. Also Cola um wenigstens etwas Zucker in den Magen zu kriegen und weiter. Es ist relativ frisch, eigentlich tolles Motorradwetter nach der Schwitzerei, aber wir sind es einfach nicht mehr gewöhnt und vor allem viel zu dünn angezogen.

Sandpoint ist unser nächster Halt, wir hatten überlegt, hier zu bleiben, sind aber schon mittags da. Nettes Städtchen, wir essen in einer Mall, die auf eine alte Holzbrücke gebaut ist. Gut gemacht.

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Weiter geht es ziemlich langweilig und mit viel Verkehr Richtung Süden nach Coeur D’Arlene, wo das Motel 6 leider nur noch ein Raucherzimmer hat. Wir nehmen es, für eine Nacht wird es schon gehen, aber es stinkt schon ziemlich. Daher sitze ich jetzt zum Schreiben auch vor der Tür und hoffe, dass niemand mit Schwung um die Ecke kommt und mich über den Haufen rennt.

Wir sind so früh, dass wir lauter schlaue Dinge machen können: Wir waschen mal wieder Wäsche, wichtig, auch wenn es nicht richtig sauber wird, riecht es zumindest nach Waschmittel. Um die Flecken kümmere ich mich wenn ich wieder in Deutschland bin.

Dann waschen wir die Motorräder. Da keine Bikinischönheiten in der Nähe sind, erledigen wir es selber. Nachdem wir dreimal durch den Schlamm und Sand der Baustelle im Glacier National Park gefahren sind, sehen die Dinger aus wie Sau. So sehr, dass es selbst mich stört. Zudem ich mir angewöhnt habe, meinen Helm auf die Fußraste des Sozius zu hängen, die natürlich auch total dreckig ist. Also tauschen wir Unmengen von Quartern ein, zum Wäsche waschen und trocknen und zum Moppeds waschen und sind vernünftig.

Erst dann gucken wir uns Coeur D’Arlene an. Nette Stadt, groß genug um eine Anzahl von Restaurants und Bars in der Innenstadt zu haben. Also Innenstadt heißt auch hier nur ein Straßenzug, aber der ist fast direkt am Wasser und sehr lebendig. Nett. Außerdem rühmt die Stadt sich, den längsten Boardwalk zu haben, ein Steg auf dem See zum Spazierengehen. Man kommt quasi auf dem Wasser einmal um die Marina herum und damit die Boote rein und raus können, gibt es eine Brücke für die Fußgänger. Hoch muß sie nicht sein, ich sehe kein einziges Segelboot.

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Basti: Gestern war die Planung noch entspannt nach Sandpoint zu fahren, dort zu bleiben und am nächsten Tag weiter nach Coeur d’Arlene zu kommen. Heute Morgen sagt mir meine Liebste beim Aufwachen sie will durchfahren bis Coeur d’Arlene – für alle die sie gut genug kennen, sie wirkt hell wach obwohl es noch keine 9 Uhr ist. Gesagt, getan. Wir sitzen um halb zehn auf den Moppeds und Rena macht Strecke. Ich hatte gestern, glaube ich, das Problem der fehlenden Verkleidung erwähnt, heute haben wir zumindest keinen Gegenwind und ich kann die 80 mph gut mithalten. Dafür habe ich mich seit langem mal wieder richtig verhauen was die Wettereinschätzung angeht, es ist bedeckt und frisch. Habe nur ein Polo an und nur im letzten Moment das Futter in die Jacke geknöpft. Ohne das Futter wäre die erste Pause nach 10 Minuten fällig gewesen, so halte ich durch und habe nur kühle Arme, da die Jacke mit den Sommerhandschuhen nicht dicht abschließt.

Eine Stunde später am Vormittag in eine Bar einzulaufen ist schon etwas komisch, aber es gibt auch Cola und ich kann im Sitzen an der Theke eine rauchen (Seltenheitswert!!). Als wir wieder losfahren wärmt die Sonne auch langsam ein wenig und ich fühl mich wieder wohl.

Mit Coeur d’Arlene kommen wir gefühlt nach Tagen oder Wochen wieder in der „Zivilisation“ an. Es ist das erste Mal seit langem, daß ein Ort nicht mit Campingplätzen und einer Tankstelle beginnt, sondern mit dem üblichen Speckgürtel aus Malls, Home Depot und einer Reihe von Autohändlern. Wir gehen trotzdem nicht in eines der üblichen „Ketten-Restaurants“ sondern in eine Pizzeria die so durchgestylt auch in Seattle Bestand hätte.

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Donnerstag, 11. Juli, Whitefish – Eureka –Libby, 141 mls

Wir packen gleichzeitig mit einem Harleyfahrer unsere Sachen auf die Moppeds. Ob dann überhaupt noch Platz für uns ist, fragt er, nur weil er sein Bike mit einer Vielzahl von Koffern ausgestattet hat. Klar, denke ich, aber was sagt der Weber? Dass er mir deswegen ein eigenes Mopped gegönnt hat. Und ich kann noch nicht einmal widersprechen, denn obwohl es meine ist, hat er die Bumble Bee gekauft. Und reitet jetzt darauf rum. Also auf dem Umstand an sich, nicht auf dem Bike.

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Die fahre ich weiterhin und diesmal fast in ein Auto hinein. Wir müssen vom Motel aus links auf eine ziemlich befahrene Straße, ich sehe eine kleine Lücke, die passt auch, dummerweise habe ich übersehen, dass in der Ausfahrt mir gegenüber ein Autofahrer auch denkt, dass es seine Lücke ist. Aber es paßt irgendwie, mit leichtem Herzklopfen fahre ich ein Stück weiter und dann auf den Seitenstreifen, Basti braucht ja auch noch eine Lücke. Aber mit mehr als 6.000 Meilen im Kielwasser nur eine knappe Situation, finde ich gar nicht schlecht. Vielleicht fahren hier deshalb so viele ohne Helm, wenn es meilenlang keine Seitenstraßen gibt, an denen ein Autofahrer Dich übersehen kann, dann kann diese Meilen lang auch nichts passieren. Aber wieso habe ich dann einen Harley Fahrer mit neongelber Warnweste und dem Aufdruck „Do you see me now, asshole?“ gesehen? Egal, alles gut gegangen, weiter.

Durch den späten Start haben wir – ein drittes und letztes Mal- Frühstück in diesem Hotel verpasst. Wir halten in der nächsten Stadt, Eureka. Niedlich und per Zufall oder Glück geraten wir in DEN Laden hier. Solltet Ihr jemals nach Eureka, Montana kommen (es gibt mindestens 3 Eurekas in US), müßt Ihr unbedingt im Cafe Jax essen. Ich hatte einen Huckleberry Shake zum Frühstück plus die geklauten Hash Browns von Basti und Basti hatte Rührei mit Speck, Toast und eben ein paar wenigen Hash Browns. Lecker. Und das, was sie an uns vorbeigetragen haben, sah auch alles sehr, sehr fein aus.

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Weniger fein sieht wenig später die Straße aus, die wir genommen haben. Zuerst war nur der Bahnübergang uneben, dann wird es schlechter Belag, und am Ende ist es Schotter. Und das alles nur um nach 5 Meilen festzustellen,  dass die Straße schön und abgelegen ist, uns aber nicht zum See bringt sondern wieder zurück auf den Hwy 93, den wir gekommen sind.  Auch egal, es übt halt und zeigt viel, viel Gegend. Was haben die hier für Unmengen an Gegend.

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Wir fahren ein zweites Mal durch Eureka und ich bin versucht, ein zweites Mal im Cafe Jax zu halten, aber ein weiterer Milchshake geht beim besten Willen nicht rein. Obwohl…. Aber dann sind wir schon vorbei und treffen die richtige Straße und fahren Kurve um Kurve am See Koocanusa entlang. Schönes, entspanntes fahren, jedenfalls solange wir einigermaßen Windgeschützt sind. Wir kommen an eine Brücke, eine schicke Brücke, allerdings mitten im Nichts. Keine Ahnung, warum sich jemand entscheiden sollte auf dieser oder der anderen Seeseite entlang zu fahren. Jedenfalls wirkt die Brücke seltsam deplatziert und viel zu schick für die Straße auf der wir unterwegs sind und auf der uns kaum ein Auto entgegen kommt. Ein Schild sagt, von der Armee gebaut. Okay. Wozu?

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Vielleicht brauchte man die Brücke beim Staudammbau, einige Meilen später sind wir am Libby Dam. Basti sagt, man sieht es den Mülleimern, die alle wie kleine Bunker aussehen, an, dass der Staudamm auch von der Armee gebaut wurde. Finde ich jetzt nicht so, aber ich gucke auch eher auf das Gras, dass sich im Wind wie Wasser hin und her bewegt. Hier, auf dem Parkplatz neben dem Damm ist es richtig windig.

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Die Amerikaner stellen ja gerne Tafeln aus, über die Historic Sites hatte ich ja schon mal gelästert. Aber ein paar in den Parks fand ich spannend, und hier steht auch eine lesenswerte. Aufgrund des Dammes mußten sie den Hwy 37, den wir gekommen sind höherlegen. Daher also sind wir die ganze Zeit so hoch über dem See, wenn schon, dann richtig. Spannend auch, dass links neben der Straße große Steine und Felsen gelegen haben, von denen ich tippen würde, dass sie vor nicht allzu langer Zeit vom Hang auf die Straße gekracht sind. Man sieht noch die frischen Bruchstellen. Ich bin froh, dass wir hier erst langfahren nachdem das beseitigt ist. Laut Tafel ist ihnen das beim Bau der Straße auch passiert, an einem Sonntag.

Kurz hinter Libby Dam ist Libby, unser Ziel für heute. Wir finden ein nettes Motel direkt am Hwy 2 mit ein paar Tischen und Rasen statt nur Parkflächen vor den Türen. Wirklich nett. Wir nutzen einen der großen Tische um unsere Karten auszubreiten und die nächsten Tage zu planen. Nachdem wir noch so viel Zeit haben, entschließen wir uns noch einen Abstecher in den Süden zu machen und Hells Canyon zu besuchen. Ich freu mich, auch wenn ich dafür die Oregonkarten von gaaaaanz unten aus dem Seesack holen muß. Die Planung war so anstrengend, dass Basti sich erst mal hinlegen muß und seinen Mittagsschlaf nachholt. Ich sitze in der Sonne, lese und lasse es mir gut gehen.

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Unser Spaziergang durch Libby zeigt gegensätzliches. Auf der einen Seite, direkt am Hwy 2 ist die Straße belebt, also voller Autos und geöffneter Läden, keine Menschen außer uns. In dem Straßenzug, den sie selber als Downtown bezeichnen, ist der Großteil der Häuser zu vermieten oder zu verkaufen, die Läden geschlossen und die Schule verfällt. Schade, aber wahrscheinlich hat Libby nicht genug Einwohner oder Einzugsgebiet und es macht Sinn auf den Durchgangsverkehr als Einnahmequelle zu setzen.

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Mein letztes Highlight des Tages ist eine Frau, die tatsächlich mit Lockenwicklern im Haar essen geht. Okay, nur Mexican Fastfood, so wie wir, aber ich dachte, mit Lockenwicklern aus dem Haus käme nur in schlechten Fernsehserien vor. Irrtum. Ich schaffe es mühsam, nicht hinzustarren, kann aber nicht umhin zu bemerken, dass die oberen grün und die unteren rosa sind. Es gibt eine klare Farbgrenze. Hm, ist das ein Zugeständnis an ihre Umwelt oder hat das was mit der Größe der Wickler zu tun?

Ach, nee, mein allerletztes Highlight ist ein Huckleberry-Eis. Nicht ganz so gut wie der Milchskake, aber auf jeden Fall lecker. Sind das Blaubeeren oder Heidelbeeren? Gibt es einen Unterschied zwischen Blau- und Heidelbeeren? Ich bin mir nie sicher und vielleicht sind Huckleberries ja weder noch, denn im Gegensatz zu allem, was man in Deutschland bekommt, haben diese hier einen eigenen Geschmack, etwas süß, ziemlich sauer, etwas Wald dazu. Yummi. Wir sind gestern ja zweimal durch Hungry Horse gefahren (der Ort heißt wirklich so) und haben erst am Abend über die Huckleberry-Jam von Hungry Horse im Reiseführer gelesen. Fast hätte ich ein Glas mitgenommen. Aber eben nur fast, denn unsere Platzreserven sind ja vom Bären aufgebraucht.

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Basti: ja, ich muß nach der langen Zeit als Strohwitwer wieder darauf aufpassen was ich sage – und vor Allem wer die Zuhörer sind! Naja, dafür ist Renas „Ausfahrt-Stunt“ aufregend, ich stehe hinter Ihr und sehe das Auto aus der gegenüberliegenden Ausfahrt auch erst als es eigentlich zu spät ist. Aber Beinahe-Unfälle sind eben keine – gut gemacht!

Cafe Jax ist wirklich ein Erlebnis, in so einem verschlafenen Örtchen ein professionell geführtes und gut gemachtes Restaurant mit einer Karte, die so viele Salate wie Burger-Varianten anbietet. Außerdem sind die Hash Browns die besten die ich je hatte.

Das Schottertraining war witzig, wenn auch unnötig. Dafür kann ich mich nicht entsinnen jemals über 70 Kilometer an einem See entlanggefahren zu sein. Nur der Wind ist echt nervig. Heftig, böig und entweder von vorne oder von der Seite, nun bereue ich es keine Verkleidung an der Ninja mehr zu haben. Rena sitzt entspannt hinter ihrer Verkleidung und kann bestimmt stundenlang so weiterfahren, ich bin irgendwann verkrampft und meine Schultern brennen. Dementsprechend bin ich froh, daß wir heute schon gegen vier im Motel sind und keine 200 mls Etappe vor uns haben.

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Rena: Muß ich mir nach der Ergänzung Gedanken darüber machen, was er alles gesagt und erzählt hat wenn ich nicht dabei war? Und ja, ich könnte so weiterfahren – aber der See ist hier zu Ende.

Mittwoch, 10. Juli, Whitefish – GNP – Hwy89 – Hwy49 – Hwy2 – Whitefish, 192 mls

Glacier National Park (GNP), die zweite, diesmal die komplette Going-to-the-sun- Route über den Logan Pass hinweg und dann außen südlich um den Park herum zurück.  Bis zum Logan Pass halten wir nur zwei, dreimal – Fotos an den Plätzen machen, an denen ich gestern nicht stoppen wollte, meistens weil wir gerade einen Deppen überholt hatten. Es gibt ein paar schöne Stromschnellen am McDonald Creek und wir staunen, wie Leute auf die andere Seite kommen. Nach eifrigen Wanderern sehen sie nicht aus. Am nächsten Parkplatz entdecken wir das „Geheimnis“, es gibt hier eine Brücke. Schön. Schön finde ich auch, dass Pferde auf der Brücke Vorfahrt haben.

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Weiter geht es, der Weg bergauf ist sehr, sehr beschwerlich weil anscheinend noch mehr Leute als gestern meinen die Natur aus dem Auto heraus bewundern und fotografieren zu wollen. Mal eben mitten auf der Straße stehen bleiben, den Tablet aus dem Fenster halten aber ja nicht an den Rand fahren und das klimatisierte Gefährt verlassen – so genießt der Amerikaner die Natur. Oder mit 10 mph langsam bergauf tuckern…. Dabei macht die Straße ab 35 mph richtig Spaß, wenn man schwindelfrei ist. Es geht schon sehr steil und sehr weit rechts runter. Wir fangen an zu überholen und dadurch gibt es immer wieder ein paar Strecken – bis zum nächsten Deppen halt. Einmal die Going-to-the-sun-Road ganz für mich alleine haben, ohne Verkehr bei ausreichend Licht und trockener Straße – vermutlich einer dieser unerfüllbaren Wünsche.

Nach dem Logan Pass wird es besser, leerer, weniger dramatisch, daher auch weniger Ich-halte-wo-ich-will-um-meine Fotos-zu-machen-Fahrer.

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Entsprechend geht es schneller und bald sind wir am Jackson Glacier Lookout. Ich hatte einen dramatischen Gletscher erwartet, was ich sehe ist ein Rest Eis hoch oben am Berg. Nach Schätzungen sind bis 2030 alle Gletscher aus dem GNP verschwunden, mit nicht absehbaren Folgen für die Natur. Aber der Amerikaner an sich läßt gerne stundenlang den Motor laufen damit es ja nicht warm wird im Auto. Ach, ich bin ja nicht besser, mit zwei Moppeds durch die Gegend zu gondeln ist sicherlich kein Umweltschonender Urlaub. Aber ein bißchen Mitdenken würde nicht schaden.  Einfach mal den 8-Zylinder-Pickup, in dem maximal 2 Personen sitzen ausmachen, wenn man anhält. Und akzeptieren, dass es draußen warm, ja sogar heiß ist.

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Auf demselben Parkplatz halten zwei Moppeds, dreckverschmierte Reiseenduros aus Orgeon, die nach strecke aussehen.  „Finally another driving girl“ sagt die eine der beiden Fahrerinnen bevor sie sich dem Gletscherrest zuwendet. Und sie hat so recht, bis auf ein weiteres Frauenpaar, fahren sonst immer die Männer. Schon in Deutschland sitzen mehr Mädels auf dem Bitchseat statt am Lenker, aber hier ist es noch extremer. Warum eigentlich?

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Weiter geht es, raus aus dem Park. Der Hwy 89 beschert uns großartige Blicke, ich versteh, warum Montana von sich als „Big Sky Country“ redet. Wenn keine Berge im Weg sind, geht der Blick bis ins Unendliche. Und wenn Berge im Weg sind, dann sind sie gleich großartig. Dazu gibt es tolle Kurven, die umso besser sind weil sie total unerwartet sind. Ich hatte gedacht, dass es nach dem Park gerade oder bergab geht, stattdessen geht es bergauf und dann wieder runter und wieder rauf – die wahre Freude.

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Wir halten in Kiowa. Nach meiner Karte ist es ein Ort, nach dem, was wir sehen ist es eine Kreuzung mit einem Cafe, das schon mal deutlich bessere Tage gesehen hat. Oder vielleicht auch nicht, es ist das erste Cafe mit Dixiklo vor der Tür. Ich verzichte, da sind mir die Plumpsklos in den Parks lieber. Auch wenn einem da schon mal eine kalte Brise um den Allerwertesten weht. Das Essen ist okay, die Cola kalt, weiter geht es. Der Hwy 49 beschert uns noch ein paar dramatische Blicke, der ist echt unerwartet großartig. Okay, das Pflaster ist schlecht, aber die Blicke und die Kurven – gebt mir mehr davon, es ist viel zu kurz.

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Der Hwy 2 ist schnell und schön, wir halten noch mal am Fluß und lassen uns das letzte Wasser schmecken. Wie schade, dass ich nicht einfach die Füsse ins Wasser stecken kann. Aber das sind die Nachteile beim Moppedurlaub, ein paar Dinge sind einfach deutlich aufwendiger als mit dem Auto. So Kleinigkeiten wie ein Handtuch dabei haben oder einfach kurze Hosen anhaben oder sogar einen Rock – keine Chance.

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Nach knappen 8 Stunden und knappen 200 Meilen sind wir wieder im Hotel. Kurz hinter Logan Pass hat mein zweiter Kilometerzähler genullt und wir haben weitere 1.000 Meilen hinter uns gebracht. Inzwischen sind es 6.000. Das Problem dabei: Es ist noch so viel Zeit am Ende der Strecke übrig. Natürlich könnten wir Tagestouren ab Seattle machen, aber wäre nicht dasselbe. Also beginnen wir zum einen Umwege (vielleicht doch zum Hells Canyon?) und kürzere Etmale (Aber was machen wir denn den Rest des Tages wenn wir nicht schlagkaputt von 200 mls auf’s Bett fallen?) zu planen. Mal sehen, was daraus wird. Jedenfalls sind wir heute die letzte Nacht in Whitefish, haben uns heute Abend noch das Städchen angesehen, essen und trinken unsere Vorräte vom Kaufrausch vor ein paar Tagen auf/aus und lassen den Tag ausklingen. Wie heißt es hier: “Let’s call it a day.“

Basti: Ja, heute haben wir die langsameren Fahrer als Pylonen benutzt 🙂

Auch diese schmale verwinkelte Straße gibt immer mal wieder einen Sichtbereich her, den unsere Moppeds sicher durcheilen können. Hier machen die 100+ PS auf über 2000m üNN Sinn, denn so bleibt genug Power um vorbei zu huschen. Ich gebe zu, daß ich sonst auch echt in meiner Langmut getestet worden wäre. Ich konnte teilweise nicht im ersten Gang hinter den Autos herfahren, sondern mußte mit schleifender Kupplung fahren da ich mit Standgas im Ersten zu schnell war.

Da wir gestern und heute von Westen über den Logan Pass gefahren sind, sind wir auch zweimal durch die Baustelle gefahren. Fester lehmiger Untergrund ist fast wie Asphalt, sobald er aber naß wird ist er erstens glitschig und zweitens auf den Moppeds wie Zement. Die Karren sehen aus wie Sau! Mal sehen wann wir wieder Beachboys und Bikinischönheiten finden die unsere Moppeds waschen wollen, sonst bleibt das womöglich an mir hängen.

Ich bin auch gespannt ob die Forscher Recht behalten und die Gletscher aus dem National Park 2030 verschwunden sind – benennen die dann den Park um??

Ursprünglich hatten wir für durchschnittliche Tagesetappen von 100 Meilen geplant, nur mit Etappen wie heute bleibt am Ende der Strecke einfach noch Zeit über.

Dienstag, 9. Juli, Whitefish – Glacier NP, Logan Pass – Whitefish , 118 mls

Die Entscheidung zu dieser Moppedtour ist frühmorgens in einer Mischung aus Jetlag (ich) und leichtem Schlaf (Basti) entstanden.  Wir haben nie lange darüber diskutiert, sondern es uns zusammen ausgemalt, für gut befunden und so gemacht. Der heutige Tag entsteht ähnlich: Wir kommen nicht aus dem Bett, irgendwann ist es zu spät um die komplette Runde Glacier National Park zu fahren. Also entscheiden wir auszuschlafen, nur zum Logan Pass zu fahren und da spazieren zu gehen.  Einziger Nachteil: Wir verpassen das Frühstück.

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Glacier NP ist schön, die Straße schmaler als Yellowstone und kurviger. Leider gibt es genauso viele Schnecken und eine 3-Meilen-Baustelle. Aber das gibt auch mir die Zeit nach rechts und links zu schauen. Nach der Baustelle wird es spannender, die Straße wurde 1932 fertig gestellt, glaube ich, mit Steinen als Leitplanken quasi an den Rand der Berge gezimmert. Tolle Ausblicke, schöne Wasserfälle, schneebedeckte Berge, glatte Seen – es gibt hier wirklich viel Landschaft zu sehen.

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Am Logan Pass parken wir erst jetzt fällt mir auf, dass es hier ausnahmsweise mal keinen Generalstore oder etwas ähnliches gibt. Wir haben nicht gefrühstückt und auch nichts mitgenommen. Seit dem Raben bin ich sehr zurückhaltend, aber tatsächlich – ich habe es schlicht vergessen. Egal, wir gehen trotzdem auf den Hidden Lake Trail. Wobei der Name falsch ist, der Parkplatz ist voll und ich glaube alle sind auf diesem einen Trail unterwegs. Vermutlich aus den gleichen Gründen wie wir, es ist der kürzeste, 1,5 Meilen eine Richtung. Am Ende sind wir 2 – 3 Stunden unterwegs, wir haben nicht zur Uhr geguckt und es hat sich gelohnt.

Das erste Stück ist ein angelegter Weg, erst Stein, dann Holzbohlen. Rechts und links sind Frühlingswiesen und Panorama. Mitten im Panorama auf einmal eine weiße Ziege, die gemütlich frißt. Vorne ist sie ihr Winterfell schon fast los, hinten trägt sie noch dicke Hosen.  Süß. Und es wird besser, denn sie hat ihr Junges dabei. Beide stehen entspannt am Weg und fressen während die Kameras heiß laufen (meine auch). Wahrscheinlich wurden sie von den Rangern hier positioniert.

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Der Weg geht bergauf und bald ist von den Holzbohlen nichts mehr zu sehen, wir stampfen durch Schnee. Nassen, schmelzenden, alten Schnee, aber eben Schnee. Cool – im wahrsten Sinne des Wortes. Alle stapfen und schlittern ihren Weg nach oben oder zurück, alle mit mehr oder weniger Spaß. An einer Engstelle staut es sich, man muss um eine Kante herum, es ist steil und rutschig und eigentlich nur Platz für einen – aber die Leute wollen hin- und auch wieder zurück. Vorne steht eine Frau und kommt nur Stückchenweise vorne, dadurch staut sich alles. Basti hilft ihr. Nett, so isser halt.

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Irgendwann liegt das Schneefeld hinter uns, allerdings ist der Weg eher ein Bach, Tauwasser macht genauso nasse Füße wie Schnee. Die Landschaft ist toll, hier gibt es bestimmt Trolle. Ach nee, Bären, aber solange die nächste Ziege entspannt grast wird wohl keiner in der Nähe sein.

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Schön,  einfach schön ist es hier, angenehme Luft, viel zu gucken, der Hidden Lake ist den Weg wert. Auf der anderen Seite entdeckt Basti ein Paar Wanderer in einem riesigen Schneefeld. Wann die wohl losgegangen sind? Und wo die wohl hinwollen? Ich beneide sie um die Einsamkeit und die Ausdauer. Das zweite fehlt mir, daher wird es mit dem ersten nichts. Aber es ist auch witzig, die Leute zu beobachten und ihnen zuzuhören, wie zum Bespiel dem Vater, der seine kleine Tochter an der Hand hat und sie beruhigen will, dass Schnee nichts Schlimmes ist, nur ein bißchen naß. Und sie wird schon nicht hinfallen, er paßt ja auf. In dem Moment kommt er ins Rutschen und hält sich nur knapp auf den Beinen. Ob das die Tochter beruhigt hat?  Wir sind inzwischen wieder auf dem Rückweg, eine weitere Ziege, wieder mit Lamm kreuzt unseren Weg. Das Lamm bleibt erst im Schatten stehen, aber Basti versucht mir ja bei der Tierfotografie Geduld beizubringen. Also warte ich, bis es weiter läuft. Süß.

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Direkt hinter der ersten Kurve nach dem Losfahren haben wir unsere nächste und bis dahin letzte Ziegenbegegnung. Sie fängt –wie so oft im NP- mit einem Autostau an. Eine Rangerin läuft vor uns Hände klatschend über die Straße und versucht die Ziege, die im Inneren einer Serpentine in Bewegung ist, weg von den Leuten zu bringen. Es gelingt ihr und das weiße Tier läuft direkt vor mir über die Straße und in den Hang hinein, der mir zu steil zum Stehen, geschweige denn zum Gehen oder Weglaufen wäre. Die Ziege ist sofort hangabwärts verschwunden. Schöne Gesichter, die Tiere. Die nächste Zeit des Rückwegs fahren wir –unter anderem- hinter zwei Harleys her. Ich werde nicht so schnell begreifen, wieso man auf dem Mopped so laut Musik hören muß, dass es drei Autos weiter noch zu hören ist. Meine Ohrstöpsel habe ich im Hotel vergessen. Naja, bei meinem nächsten Fotostopp ziehen sie davon.

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Und wir tauschen Moppeds. Ich habe ja Respekt vor Bastis umgebauter Ninja, so viel Power, so wenig Windschutz. Aber sie fährt sich ganz nett, nur die Rückspiegel sind an einer Stelle, wo ich sie nicht erwarte. Immer, wenn ich in den Spiegel gucken will, sehe ich die Straße vor mir. Ich muß den Spiegel bewußt suchen, dann sicherstellen, dass ich im richtigen Winkel gucke, sonst sehe ich nur Bäume – sie mögen ja schick aussehen, aber funktional ist echt anders. Kein Wunder, dass Basti dem einen Auto auf der Interstate vor den Kühler gefahren ist, in dem toten Winkel kann man Laster verstecken.

Inzwischen ist es fast 19:00 Uhr und ich habe fast schon wieder vergessen, dass ich Hunger habe. Aber als das Essen –fast Food – auf dem Tisch steht, fällt es schwer, nicht  zu schnell zu essen. Aber ich schaffe es, naja, meistens.

Last but not least braucht Basti noch einen Kaffee. Also landen wir beim Starbucks, Basti kauft einen 5-Liter-Kaffee-Becher und wir haben beide keine Lust hier zu bleiben. Wie gut, dass ich den Tankrucksack mithabe, und genug Zeug um den Becher zu verkeilen – hoffe ich. Bis zum Hotel ist es auch nicht mehr weit, gestern waren wir zu Fuß hier. Wird schon schief gehen und klappt dann tatsächlich problemlos.

Basti: Ich habe auf unserer Reise von mindestens 3 Leuten, denen wir von unserem Reiseverlauf erzählt haben, gehört, daß Glacier einfach der beste Nationalpark ist (oder zumindest bei Weitem besser als Yellowstone). Bis jetzt ist Glacier auf jeden Fall harscher. Es ist irgendwie kompakter und eher Hochalpin, Yellowstone wirkt dagegen weitläufig und mit viel mehr Grasland. Vielleicht wird deswegen in Glacier auch nur noch vor Bären gewarnt, von Bison, Elch und Hirsch lese ich hier nichts.

Montag, 8. Juli, Helena – Marysville – Lincoln – Hwy83 – White Fish , 241 mls

Was für ein wunderschöner, unaufgeregter Tag. Der Tomtom bringt uns auf eine kleine Nebenstraße, die –geplant- an einer weiteren Chance für eine Geisterstadt vorbeiführt, Marysville. Es ist ein 6 Meilen Abstecher, der sich zwar nur bedingt lohnt, mich aber das Kapitel Ghost towns abschließen läßt. Es gab noch einen einzelnen Straßenzug mit verfallenen Häusern, ein paar mehr auf dem Hang, ein noch aktive Mine auf dem Weg dahin. Alles gut. Nur der Himmel zieht sich langsam zu, daher fehlt den Fotos vermutlich das Licht. Und wir hoffen, dass es trocken bleibt.

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Die Straße ist super, führt durch ein Tal dann in schmalen Kurven einen Berg rauf und auf der anderen Seite wieder runter, sehr definiert, danach ist es wieder gerade. Wir können schnell fahren und sind bald in Lincoln. Oder schon durch, ziemlich lange sind rechts und links Hütten im Wald versteckt, die Wege rechts und links haben Namen und Briefkästen – sind wir etwas schon durch? Aber dann kommt „das Zentrum“ der Stadt: Supermarkt, Tankstelle, einige Restaurants. Klassischer Straßenort, nur viel größer als von der Lage her erwartet. An der Karte kann ich leider nie erkenne, ob der nächste Ort eine Ansammlung versteckter Hütten oder Scheunen ist oder ein tatsächlicher Ort, so wie hier.

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Wir essen in Lincoln und sind dadurch im Trockenen während es regnet. Super Timing. Lecker ist es auch, ich habe einen Buffalo Burger, das Fleisch schmeckt fast wie Rind, nur viel intensiver.  Den ersten Regen haben wir abgewettert, der Himmel ist wieder unschuldig blau.

Weiter geht’s auf dem Hwy 83. Tolle Gegend,  ich mag Montana. Es ist groß und weit und fast immer hat man, wenn man genau hinguckt einen Berg mit Schnee im Blickfeld. Die Straßen sind mal schnurgerade und dann wieder kruvenreich und voller Abwechslung. So macht es Spaß. Wir fressen Meilen, immer etwas schneller als erlaubt, aber es ist keiner da, den es stören könnte.

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Leider gibt es nur wenig ausgewiesene Look Outs, was neben wenig Bildern auch wenig Restrooms bedeutet. Ich gehe heute das zweite Mal in die Büsche, was ich für die 5.800 Meilen, die wir bereits hinter uns haben echt wenig finde. Die Stelle, an der wir halten gibt einen schönen Blick auf See vor Berg – wieder mit zu wenig Licht. Und ich sach‘ noch, beim Berg zieht es sich zusammen…

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Es gibt ein Wetterdrama in vier Akten und wir mittendrin statt nur dabei. Erster Akt: Die Drohung, vor dem friedlichen blauen Himmel rotten sich Schäfchenwolken zusammen und mutieren zu einer großen, grauen Decke. Das ist der Moment, an dem ich zielstrebig den nächsten General Store ansteuere, zu unserem Glück ist es einer mit überdachter Veranda. Zweiter Akt: Erste Tropfen, dann stärkerer Regen.  Es ist schön, im Trocknen zu sitzen, auch wenn die Moppeds naß werden. Meine Haube für den Tankrucksack ist leider undicht, ich habe die Klarsichtfolie an mehreren Stellen mit Duct-tape geklebt. Hoffentlich habe ich alle erwischt, sonst  schwimmen mir gleich meine Landkarten weg. Als der Regen nachläßt, sagt Basti eine verbleibenden Regendauer von ca. 15 min voraus. Dritter Akt: Weltuntergangsstimmung, dicke Hagelkörner donnern auf den Asphalt, die Wind bläst Feuchtigkeit bis zu uns. Was bin ich froh, dass uns das nicht unterwegs erwischt hat. Vierter Akt: Klarer, heller Himmel, den im wahrsten Sinne des Wortes kein Wässerchen trüben kann. Und das in weniger als 15 Minuten, Basti hat Recht behalten. Keine Meile weiter eine staubtrockene Straße, auf der es garantiert nicht geregnet, geschweige denn gehagelt hat.  Was für ein Wetter! Ein gutes hat das Wetter hier: bisher konnte man es immer von weitem sehen, es kommt von Westen, bleibt an der ersten Bergkette hängen, sammelt sich dort und schafft es dann ins Tal und rüber bis zu den nächsten Bergen. Mit ein wenig Übung und Aufmerksamkeit wird man wahrscheinlich von keinem Wetter mehr überrascht.

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Wir fahren nach Schildern Richtung Glacier National Park und kommen noch nördlich von Columbia Falls zurück auf eine größere Straße, direkt bei zwei Motels. Inzwischen ist es nach 18:00 Uhr, wir haben über 200 Meilen hinter uns und das hier wäre ein schöner Ausgangspunkt für morgen. Freude, die sich schnell trübt, denn beide Motels sind voll. Wir müssen 10 Meilen zurück nach Whitefish bis wir ein Bett finden.

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Sonntag, 7. Juli, Bozeman – Hwy 86 – Hwy 89 – Hwy12 – Hwy 284- Helena , 168 mls

So viele Nummern, so wenig Orte. Wir fahren einen kleinen Umweg und damit endlich wieder „graue“ Strassen. Auf den Landkarten sind die Straßen, die unseren Bundesstrassen entsprechen rot, alles kleiner ist grau. Oder grau-gestrichelt, das heißt dann „unpaved“ – Gott sei Dank ist die Karte da das eine oder andere Mal falsch. Jedenfalls starten wir mit einer grauen, die sich als ausgesprochen nett entpuppt, und uns durch ein Tal zur nächstgrößeren Strasse führt. Vielleicht auch durch einen Ort, jedenfalls ist einer in der Karte eingetragen, allerdings in echt nicht wirklich zu erkennen.

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Die großen Straßen gehen hauptsächlich gerade aus, man kann weit gucken in Montana. Erst am Horizont kommen Berge, dafür auch von denen gleich richtig hohe, zum Teil mit Schnee auf den Spitzen. Rechts und links Vieh, manchmal ein oder zwei Häuser. Eher leer, aber nicht langweilig, eher weit in einer angenehmen Art. Auf einigen der Zaunpfähle sitzen Vögel, meistens Raben, aber es ist auch mindestens ein Raubvogel dabei. Ein anderer fliegt Basti direkt über den Kopf, er ist riesig, ich weiß nicht, wer weniger Schaden nehmen würde, wenn die beiden zusammenstießen. Passiert aber natürlich nicht.

Über die nächste Graue kommen wir an einem Pavillon vorbei und machen da Pause, mit Blick auf den See, an dem wir mit weitem Abstand entlang gefahren sind. Wir können ein paar Boote sehen und hören, aber eigentlich ist es ruhig, wir sind ziemlich alleine hier, der See ist einige Meter unter uns, der Parkplatz bis auf unsere Moppeds leer. Kaum fahren wir um drei Ecken sind wir mitten im Naherholungsgebiet, überall sind Menschen im und am Wasser.

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In Helena suchen wir uns –endlich wieder Mal- ein Motel 6 und fahren von dort aus in die Stadt. Nett, man sieht dem älteren Teil an, dass hier mal richtig Geld gewohnt hat. Schöne Häuser, gut erhalten, liebevoll renoviert. Sogar eine Fußgängerzone gibt’s hier. Wir gucken uns ein bißchen um, ich arbeite mich an einem Milchshake ab. Sehr lecker, wirklich, mit der hier typischen Huckleberry (Heidelbeere) aber so kalt und massig, dass ich ihn kaum durch den Strohhalm kriege. Es ist echte Arbeit, aber die Sonne hilft.

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Viele schöne Kirchen gibt es hier, alle sehr unterschiedlich, die katholischen klassisch, direkt daneben eine hypermoderne, presbyterianisch, und ich sehe auch eine Moschee. Was wir nicht finden, ist das ehemalige Haus des Gouverneurs . Wir probieren es erst zu Fuß –schweißtreibend- dann mit den Moppeds und irgendwo ganz in der Nähe muß es sein. Aber nach dem dritten Ansatz geben wir auf. Wahrscheinlich sind wir direkt daran vorbeigefahren.  Aber für eine Führung sind wir eh zu spät. Überhaupt, für eine amerikanische Stadt, immerhin die Hautstadt von Montana, ist die Innenstadt ziemlich ausgestorben, die meisten Geschäfte sind geschlossen. Sonntag halt. Hurra, das bedeutet auch, dass wir die Woche mit July 4th hinter uns haben und die Motels/Hotels wieder Kapazitäten und vernünftige Preise haben. Happy Birthday, America!

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Samstag, 6. Juli, Bozeman – Nevada City – Virginia City – Bozeman , 147 mls

Wir bleiben zwei Nächte in Bozeman und nutzen den Samstag um nach Nevada- und Virgina-City zu fahren. Beide laufen unter der Rubrik Ghosttown und sind es beide definitiv nicht. Nevada City ist ein Museumsdorf, viele Häuser aus Montana zusammengetragen, dazu Möbel, Kutschen, Werkzeug, Ladeneinrichtung und Sortimente (wenn man das jeweilige Sammelsurium so bezeichnen kann). Dazu ein paar Menschen, die in korrekter Kleidung das Leben von damals vorführen. Gut gemacht, stellenweise richtig interessant, aber eben nicht das, was ich unter einer Ghosttown erwarten würde, mit staubiger Hauptstraße, über die Dornenbüsche rollen.

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Virgina City ist dann nochmal anders, es sind die originalen Gebäude, aber mit Cafes, Bars und Souvenirläden gefüllt. Auch witzig anzusehen, aber eben auch nicht “Ghost“. Dafür lecker. Wir kaufen Karamell mit unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen. Die Maschine dazu steht im Schaufenster, knetet und streckt die Zuckermasse.

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Auf dem Rückweg gucken wir uns noch Bozemann Historic District und das „Museum oft the Rockies“ an. Letzteres ist überraschend, ich hatte Steine und Dinosaurier erwartet und bekomme Weltraum, Erdgeschichte, Dinosaurier, Native Americans, Montana History und Space. Nicht schlecht, was?

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Die verschiedenen Ausstellungen sind gut gemacht, nur vom Museumsshop bin ich enttäuscht – zuviel Kitsch.

Basti: Tja, nun waren wir in ausgewiesenen Ghosttowns, die beide den Vorteil hatten über eine Asphalt Strasse erreichbar zu sein. Ich verstehe Renas Enttäuschung, bin aber froh, daß ich im Museumsdorf dann auch Einrichtung und Gerätschaften sehen kann. Die Strecke dorthin war irre zu sehen, da das erste Stück bis Norris ein Bilderbuch-Montana für mich war: Hügelig fast wie im Voralpenland, allerdings durchgehend Weiden und Felder und kaum Bäume und im Hintergrund die alpinen Berge.

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Danach ging es über eine Art Pass in ein Tal – Canyon wäre nach den letzten Wochen vermessen – mit dem Madison River. Ein mäandernder, relativ breiter und ruhiger Fluß. Und natürlich wird dies an einem sonnigen Independence Day Wochenende reichlich genutzt zum „Rafting“, nicht was wir im Allgemeinen darunter verstehen, sondern auf Lumas und aufgeblasenen Reifenschläuchen von der Strömung treiben lassen. Beim Rücktransport flußaufwärts kommen uns abenteuerlich verzurrte Gummitiere und –reifen auf Autodächern entgegen. Hoffentlich hält‘s, sonst werden wir von einem Reifenschlauch von den Moppeds gekegelt.

Auf der Rückfahrt drohen schwarze Wolken und wir geben Gas. Rena ist vorne und erkennt beim Auflaufen auf eine Autokolonne rechtzeitig, daß das letzte Fahrzeug ein Sheriff ist – besser nicht mit 90 mph überholen. Es reicht trotz der Vernunft-Bremse und wir kommen trocken bis nach Bozeman   🙂

Freitag, 5. Juli, Red Lodge – Beartooth Pass – Yellowstone NP North – Bozeman ,205 mls

Die Wettervorhersage kündigt „isolated thunderstorms“ an und meldet eine Regenchance von 50%. Es wäre vernünftig, 40 Meilen nach Norden und dann über die I-90 nach Bozeman zu fahren. In guten zwei Stunden wären wir im Hotel, vermutlich relativ trocken, könnten waschen und in Ruhe überlegen, wie wir weiter machen. Das wäre vernünftig. Aber wir haben Urlaub, ich habe keine Lust auf Autobahn, der Wolkenhimmel ist aufgerissen, vom dichten Grau sind nur noch ein paar Schäfchenwolken übrig. Wir fahren zurück. Über den Beartooth Pass, zurück in den Nationalpark. Nix mit vernünftig.

Der Weg nach oben auf den Pass macht mehr Spaß als gestern, weniger vom Wetter als vom Fahrspaß getrieben geht es schnell, die meisten Autos machen freundlich Platz, die anderen können wir überholen. Und solange wir trocken über den Pass kommen, kann uns eigentlich nichts passieren. Denke ich. Bis mir eine Linse verrutscht, erst piekt‘s nur, dann ist sie weg. Ich kann sie noch am Augenwinkel spüren, aber sie hilft halt nicht mehr beim Sehen. Entweder ich mache das linke Auge zu, dann ist die Strecke etwas eindimensional. Oder ich mache beide Augen auf, das ist dann dreidimensional aber leicht verschwommen. Beides doof, aber hier ist kein Platz zum Anhalten. Also fahre ich weiter und bete, dass die zweite Linse bleibt, wo sie hingehört.

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Am Ende ist die Baustelle mit den langen Ampelphasen meine Erlösung. Die Linse ist zerknittert und hart, keine Chance, sie wiederzubeleben. Aber da ich mein Waschzeug mit Ersatzlinsen im Tankrucksack habe, habe ich eine neue Linse im Auge lange bevor die Ampel grün wird. Super.

Die westliche Seite des Passes ist nicht ganz so steil, hat weniger Serpentinen und läßt sich schneller fahren. Wie gestern sind wir schon wieder auf der Flucht vor dem Wetter. Waren da nicht eben Schäfchenwolken? Und wo ist der blaue Himmel geblieben? Noch sieht es dunkel, aber trocken aus, das ändert sich schlagartig, als wir um eine Kurve biegen. Der Himmel ist auf einmal dramatisch dunkelgrau bis zur Straße herunter und es ist ein Wettlauf mit der Zeit ob wir es zumindest trocken bis nach Cooke City, kurz vor dem Parkeingang, schaffen.

Wir verlieren, aber nur knapp, die ersten Tropfen erwischen uns, aber den Großteil des Regens wettern wir beim Brunch ab. Es ist kein Frühstück und eigentlich zu früh für Lunch, aber unerwartet lecker und endet mit zwei Milchshakes. Yummi.

Wir fahren weiter ohne die Regenkombis anzuziehen (haben sie aber griffig). Im Park gibt es die üblichen Staus wegen Tieren, zwei  Proghorns, die auf der Straße auf den dritten im Bunde warten, dann zweimal Aufruhr wegen Bären, die ich im Gegensatz zu den hübschen Proghorns nicht sehen kann, aber ich höre die Leute, eine Rangerin sagt, ja, ein Bär, aber weit weg. Alle strömen hin, nur wir bleiben auf der Straße. Dann ist unsere Trockenpause zu Ende, der Himmel wird wieder dunkler und dunkler, wir fahren direkt auf eine schwarze Wand zu. Okay, es ist Zeit für die Regenkombis. Ich hänge gerade in den Beinen der Kombi fest als Basti mich anstößt: „A Cub“ – unser Bär ist da. Nicht so nah, dass es bedrohlich wirkt, aber wir können ihn deutlich über die Straße hinweg sehen. Foto ist allerdings wieder nicht drin, denn die Kamera ist regensicher verstaut. Inzwischen hagelt es und ich versuche, mir die Kombi so schnell wie möglich anzuziehen, Basti zu helfen, gleichzeitig den Helm zuzumachen, dass es nicht reinregnet und den Bären zu beobachten. Der inzwischen natürlich für den üblichen Stau gesorgt hat. Die Hagelkörner werden größer, mein Mopped steht inzwischen in einem reißenden Bach. Bevor ich wieder auf der Karre bin, habe ich naße Füsse und kleine Seen in den Schuhspitzen.  Egal – ich bin trocken über den Pass gekommen und habe noch Proghorns und einen Bären gesehen. Mehr wollte ich nicht.

Da es kräftig regnet und zwischendurch immer mal wieder hagelt, versuchen wir, diese Phase im General Store in Mammoth abzuwettern. Die Strecke bis dahin ist abzusehen, die Kalkterrassen sind wie eine weiße Wunde in der Landschaft. Das gelingt einigermaßen, als wir weiterfahren hat es zwar nicht aufgehört, ist aber deutlich weniger geworden.

Der Rest der Strecke ist langweilig zu fahren, aber aufregend zu gucken, durch die Wolken wechselt das Licht ständig, eine einzelne Bergkuppe ist hell erleuchtet, der Rest der Welt liegt im Dunkeln. Neben uns findet ein wortwörtlicher Wolkenbruch statt, erst ist es eine dunkle, satte Wolke mit klarem unterem Rand, dann bricht der Rand unten auf, der Grauschleier geht bis zum Boden, da regnet es gerade. Dann wieder eine Lücke blauer Himmel aber direkt daneben ein paar Blitze. Was ein Glück, das wir inzwischen auf die hellere Seites des Himmels zufahren.

Kurz nach dem Parkausgang wurde vor Wild auf der Straße gewarnt. Jetzt sind rechts und links Zäune und dahinter ein paar Bisons. Wenn die Zäune nur dazu da sind, die Straße vor den Bisons oder die Bisons vor den Autos zu schützen – wer ist dann im Moment eigentlich eingesperrt, die oder wir?

Je weiter wir nördlich kommen, desto trockener wird es und die Regenkombi wird zur Sauna.

Aber wir sind keine 20 Meilen mehr von Bozeman entfernt auf der Autobahn, also fahren wir weiter. Wir sind wieder in Montana, keine Ahnung, wie schnell man auf deren Autobahnen fahren darf, aber mit 80 mph sind wir nur etwas schneller als die anderen. Was sich leider in einem Überholmanöver von Basti gefährlich auswirkt: Er schert so knapp vor dem Auto wieder ein, dass mir das Herz stehen bleibt und der Wagen kräftig bremsen muß. Basti hat – später darauf angesprochen – nichts mitbekommen.

Wie gestern macht uns das Wetter einen Strich durch den Stadtbummel. Es gibt Bringpizza und wir entscheiden für Waschtag und einen kurzen Gang ums Hotel.

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Donnerstag, 4. Juli, Canyon Village – Beartooth Pass – Red Lodge, 119 mls

Nachdem es anfangs in der Cabin zu warm war, war es später zu kalt. Eine gute Nacht sieht anders aus, aber es war immerhin besser als gestern. Wir fahren die ersten 20 Meilen um an den Tower Falls zu frühstücken. Basti holt einen Muffin, der geht schon als ganzer Kuchen durch. Ist lecker und dürfte für den Tag reichen. Die Falls selber sind nett, aber ja, Guido, was Wasserfälle angeht sind wir inzwischen wirklich verwöhnt. Auf dem Parkplatz merke ich das erste Mal, dass heute ein besonderer Tag ist (jedenfalls für die Amerikaner): Eine Horde Menschen, alle mit blau-weiß-roten-Girlanden um den Hals ruft jedem, der ihnen entgegen kommt „Happy Fourth“ zu. Was antwortet man darauf, Happy Fifth?

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Die Strecke zum nordwestlichen Ausgang des Parks ist prima. Gerade denke ich, dass ich von all den nicht gemachten Fotos nur das mit der Bisonherde vermissen werde, da hält Basti rechts an – eine Bisonherde grast am Fluß. Hat er mich gehört?

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Langsam aber sicher schrauben wir uns in die Höhe. Kurz hinter dem Parkausgang sind wir für einen Moment in Montana, dann aber gleich wieder in Wyoming. Aber man merkt den Übergang jeweils am Straßenbelag. Das ist wie in Deutschland, wo der neue Asphalt auch immer genau an der Landkreisgrenze endet.  In Cooke City (Montana) scheint das ganze Dorf auf der Straße, auf der Straßenmitte steht ein Feuerwehrauto und hält uns noch einen Moment auf – anscheinend haben wir genau die Parade verpaßt.

Höher und höher geht es, in langen, schnellen Kurven nähern wir uns dem so gelobten Beartooth Pass. Bisher finde ich die Strecke zwar schön, aber so toll auch wieder nicht, zudem ich glaube mich zu erinnern, dass ein Frau etwas von beängstigend gesagt hat. Nö, diese Seite noch nicht. Aber irgendwann sind wir ganz oben, ein Hochplateau auf 10.947 ft, also ungefähr 3.600m, das hat schon was. Toller Ausblick und endlich wieder einmal Schnee rechts und links von der Straße. Leider hat es hier auch wilde und gefährliche Tier und Baustellen, in Kombination ziemlich gräßlich. Die Straße wird einspurig geführt und wir halten mitten im Nichts an einer roten Ampel. Vor uns zwei Autos, rechts und links Tümpel und daher Mücken ohne Ende. Nichts passiert, weder Gegenverkehr noch wird die Ampel grün. Dafür werden wir ziemlich zerstochen. Das Auto ganz vorne fährt bei rot. Hm, seit wann der hier wohl gestanden hat? Schließlich kommen ein paar Autos durch, aber als die Ampel danach auch nicht auf grün springt, entschließen wir uns, den wilden Tieren zu entfliehen. Es geht weiter nach oben, hoffentlich wird’s den Mücken, die mitkommen irgendwann einfach zu kalt. Autos folgen uns nicht, ob die noch immer da stehen?

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Der Blick ganz oben ist toll, aber die Parkplätze rechts und links sehen  nicht wirklich vertrauenserweckend aus. Viel schlimmer aber, ich versuche dem Wetter davon zu fahren. Eine große dunkle Wolkenwand hängt am Himmel, ich hoffe, dass sie sich auf dieser Seite abregnen und wir aber vorher auf der andern sind. Auch wenn ich weiß, dass man dem Wetter nicht davon fahren kann – die Hoffnung stirbt zuletzt. Entsprechend kurz und selten fallen die Fotostopps aus. Das ist, wie so oft ein bißchen schade, denn der Beartooth Pass ist durchaus beeindruckend.

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In Montana darf ich tagsüber 70 mph fahren, dass nutzen wir auf dem Weg in Tal zurück weidlich aus und schaffen es tatsächlich trocken ins Hotel. Red Lodge sieht nett aus, auch hier beweisen Pferdeäpfel auf der Straße, dass es eine Parade gegeben hat. Die Hautstraße ist geflaggt und im Park grillen viele Menschen. Wir fahren im Schritttempo durch die Stadt und kommen trotzdem trocken ins Hotel.

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Mein Mopped trägt den Dreck von 5.000 Meilen mit sicher herum, auch Bastis letzte Waschung war irgendwo am Pazifik, wenn ich mich richtig erinnere. Nebenan kann man sein Fahrzeug gegen eine Spende –für was auch immer- waschen lassen. Gesagt getan, und auch wenn dieser eine, gutaussehende, muskulöse Surferboy sich nicht daran beteiligt, es ist schon ein Bild, wenn drei Mädels und ein Kerl um unsere Reisemaschinen springen und versuchen die Fliegen aus Oregon abzukriegen. Und dann werden wir auch naß, jetzt ist das Wetter da.

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Gehen wir noch in die Stadt? Keine Ahnung, jedenfalls würde da nicht viel los sein. Das Hotel –und die anderen auch- sind ausverkauft, weil hier Rodeo ist, heute war es hier, heute Abend ist wohl eine große Veranstaltung 50 mls von hier. So sehr mich ein Rodeo mal interessieren würde, das ist mir zu weit, zudem es inzwischen richtig gießt. Wie schön, dass Häuser innen hohl sind.

Wir sind inzwischen 5.000 mls gefahren, das bedeutet unter anderem, dass ich bei meinem 10-Jahre alten Motorrad die Milage innerhalb von 6 Wochen verdoppelt habe. Auch wenn unsere „Chickenstrips“ oder Angststreifen am Reifen (also der kaum oder unbenutzte Teil des Reifens) immer noch einen dicken Daumen breit sind, nenne ich das doch mal artgerechte Haltung.

Basti: Noch einen kleinen Nachtrag zu den gefährlichen Tieren im Yellowstone, ich habe mich an einen Begriff aus Renas Sicherheitswelt erinnert: Schwarmsicherheit, das beschreibt unser Verhalten ziemlich gut. Ohne Bärenspray bleiben wir einfach dort, wo wir nicht alleine sind, damit es schmackhaftere Ziele gibt.

Mit dem Beartooth Pass fahren wir endlich wieder Motorrad, Spitzkehren! Und davon gleich mehrere und auch eine gute Straße – ein Genuß.

In den paar Minuten seit Rena mir den Rechner zum Schreiben gegeben hat, ist aus dem Regen Hagel geworden und die Autos, die ich aus dem Fenster sehe, fahren durch einige sehr tiefe Pfützen. So wird aus dem „Stadtbummel“ in Red Lodge wohl doch nichts mehr, aber wenn wir eins auf dieser Reise gelernt haben, so ist es die Sachen zu nehmen wie sie kommen und so werden wir wohl auch erst morgen entscheiden wie es weitergeht – wetterabhängig.

Mittwoch, 3. Juli, Old Faithful – Canyon Village, 101 mls

Was für eine sch*** Nacht. Wir haben zwar früh ein Zimmer bekommen, aber vermutlich dafür das schlechteste. Die Luft steht, selbst mit Querlüften und offener Zimmertür wird es nicht besser. Und ab 06:00 Uhr morgens liefern direkt vor unserem Fenster Trucks Zeugs an. Im bisher teuersten Zimmer verbringen wir die schlechteste Nacht.

Entsprechend früh brechen wir auf, tanken und fahren dann die Westseite von Yellowstone hoch. Die Geysire und Fumorolen lassen wir links liegen, aber am „Roaring Mountain“ muß ich dann doch kurz für ein Foto halten.

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Und so geht es weiter, mehr fahren als alles andere, für die Sheepeater Cliffs halten wir, machen auf einem Parkplatz, den wir für uns alleine haben ein paar Fahrbilder. Und an den Mammoth Hot Springs Terraces können wir natürlich auch nicht vorbeifahren. Es gibt hoffentlich tolle Bilder von kalkigem Wasser, dass neue Landschaft bildet, aber mehr als gucken, Foto, weiterfahren ist es auch hier nicht. Zu warm, zu viele Leute. Allerdings machen wir im Ort selber einen längeren Stopp, teilen uns ein Sandwich und beobachten sowohl einzelne Elks, die seelenruhig vor dem Generalstore grasen, als auch die Leute drum herum, die in Entzückensschreie ausbrechen, wenn sie den Elk sehen. Okay, weiter hinten, etwas verborgen sind auch ein paar Junge, die finde ich auch klasse. Aber dass der Park Ranger kommen muss um die Leute davon abzuhalten, sich den Tieren weiter zu nähern, finde ich komisch. Auch wenn die sich vielleicht an uns und den Verkehr gewöhnt haben, es ist kein Streichelzoo.

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Inzwischen habe ich begriffen, dass Stau hier immer entsteht, wenn Tiere von der Straße aus zu sehen sind, diesmal sind es zwei Proghorns, die zugegebenermaßen wunderschön sind. Ich verstehe trotzdem nicht, wieso jeder –jeder!- Fotos bei der Annäherung macht und dann trotzdem noch direkt vor den Tieren stehen bleibt. Später gibt es zwei weitere Staus, diesmal sind keine Tiere zu sehen, aber jemand sagt, es sind Bären, weiter hinten im Wald, dort, wo die Menschen hinlaufen. Sollte man sich von Bären nicht eher entfernen? Egal, hier ist definitiv keine Chance, die Motorräder hinzustellen, also gibt es kein Bärenbild. Stattdessen gibt es eins vom Petrified Tree.  Auch hübsch, läuft nicht weg, greift nicht an.

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Der nördliche Teil gefällt mir besser als der südliche, er ist etwas schroffer, nicht ganz so gefällig und nicht nur endlose Kiefernwälder oder Wiesen.  Es gibt auch mehr Kurven, aber wenn der vor mir mehr damit beschäftigt ist in die Landschaft zu gucken als zu fahren, nutzt das nicht viel. Dafür habe ich Zeit, Steine zu beobachten. Die meisten Steine hier sind tatsächlich Stein, aber ein paar wedeln mit dem Schwanz, das ist dann ein Bison. Ich würde schätzen, dass es 10:1 steht, auf 10 Steine kommt ein Bison.

Die letzte Teilstrecke fängt mit Baustelle über mehrere Meilen an, entwickelt sich dann aber zu einer schönen Strecke, auch leerer, schöne Ausblicke, auch wenn wir einen weiteren Wasserfall komplett ignorieren. Dirket in der Baustelle mit Staub und Schotter und viel zu vielen Menschen habe ich einfach keine Lust anzuhalten. Die Menschen sammeln sich dann wieder in Canyon Village, hier gibt es Souvenirs und Eis und Essen und für uns eine Lodge. Sehr basic, ich würde sagen zweckmäßig, aber vor allem auch heiß.

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Am späten Nachmittag fahren wir dann noch den North Rim Drive bis zum Inspiration Point und schauen uns ein weiteres Mal den Grand Canyon of Yellowstone an. Beeindrucken, aber nicht beeindruckend genug, dass ich Basti noch überreden kann zu den Upper Falls zu fahren. Auf dem Weg dahin haben wir eine weitere Tierbegegnung, ein Bison steht am Straßenrand, war ja klar, war  Stau, mußte ein Tier da sein.  Ich habe allerdings nicht damit gerechnet, dass es nicht grast, sondern am Straßenrand steht und den Verkehr beobachtet. Im Auto ist das bestimmt super, auf dem Motorrad, …, na, sagen wir es gibt entspanntere Situationen.

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Zurück in der Cabin ist es immer noch heiß, vor allem fühlt sich die Heizung heiß an, so dass Basti kurzentschlossen zur Registration fährt und einen Servicetechniker bestellt weil wir beide glauben, dass die Heizung an ist. Ist sie nicht. Aber es ist trotzdem gut, dass der Mann kommt, denn wir haben uns ausgesperrt. Ich bin sehr gespannt, wie diese Nacht wird, aber es soll ja kühler werden und vielleicht sogar Gewittern. Und Laster? Hier nicht. Vor uns läuft ein Reh weg, und ein anderes steht in den Büschen. Aber Laster gibt es hier nicht.

Aber wir haben das erste Mal sichtbare Nachbarn, jeweils vier Cabins teilen sich einen Eingang. Mit einem Pärchen kommen wir ins Gespräch, Basti erzählt ein bißchen, als er die 2 Monate erwähnt, kommt spontan die Frage, ob wir Lehrer sein. Die haben hier anscheinend auch als einzige Profession so lange Urlaub. Und sie sind die zweiten, die uns Glacier Park empfehlen – ich freu mich drauf.

Basti: Die Unterkunft ist besser als gedacht, wir haben eine Dusche! Entspricht den Cabins in Colter Bay, nur nicht so schick als Blockhaus gebaut, sondern einfachere Holzkästen mit Flachdach und ohne Isolierung. Die Heizung ist eine Gasheizung und die Restwärme ist die Pilot-Flamme. Da der Raum  nicht wärmer ist als das teure Hotel gestern, finde ich das hier deutlich besser. Wir sind „mitten“ im Wald und haben uns vorgestern mit Mückenspray eingedeckt – heute werden wir es brauchen, um nicht total zerstochen aufzuwachen.

Ich glaube ich habe es schon erwähnt, ich bin ein wenig „Landschafts-müde“ daher hat Rena auch Probleme mich zu einer weiteren Schleife zu einem weiteren Wasserfall zu überreden. Ach ja, die Tiere hier, stimmt einen Bären haben wir nicht gesehen, aber genug Bisons. Ich dachte ja, das Bison an den Mud Volcanos vorgestern auf 5 Meter Entfernung sei schon beeindruckend nah, wie da so faul in der Sonne lag, falsch gedacht. Heute Abend auf unserem Weg zum North Rim war mal wieder Stau direkt nach der Auffahrt auf die Hauptstraße, diesmal kein ach so süüüßes Reh, sondern ein Bison am Straßenrand. Allerdings auf unserer Straßenseite, meistens  brav am Grasen, während die Autos sich langsam dran vorbeischlichen. Als ich dann im stop-and-go an dem Tier vorbeirolle hebt es den Kopf und verfolgt mich mit seinem Blick – Abstand 2 Meter – mir schießt durch den Kopf, daß mein Auspuffgeräusch deutlich anders klingt als das von den Autos und hoffe das riesen Vieh nicht zu provozieren. Was helfen mir 180PS und 0-100 in unter 3 Sek wenn ich zwischen Autos festhänge?

Aber morgen geht es ja raus aus dem Park und über den von einigen Leuten empfohlenen Pass Richtung Red Lodge. Ich muß noch ein Versprechen einlösen, da wir bis jetzt alle Geisterstädte wegen Straßenzustand oder zu großem Umweg ausgelassen haben, ist das in der nächsten Woche fällig. Montana hat zwei davon zu bieten, wobei eine eher eine Museumsstadt ist in der die Historical Society in originalgetreuer Kleidung dem Ganzen Leben einhaucht. Ist das eigentlich dann noch eine Geisterstadt?

Dienstag, 2. Juli, Lake Village – Old Faithful , 40 mls

Wir schlafen aus, checken zum spätmöglichsten Zeitpunkt aus und fahren zum nächsten Hotel, zum Old Faithful Snowlodge. Der Verkehr bewegt sich eher langsam, aber überholen ist witzlos –auch wenn ich es ab und an tue- weil kein Ende, respektive Anfang abzusehen ist. Vor meinem inneren Auge sehr ich einen Auto-Wohnmobil-Korso, der einmal den kompletten Kreis, den wir gestern gefahren sind durchläuft. Keine schöne Vorstellung, aber wir sind halt mitten drin.

Wir haben übrigens einen neuen Mitreisenden. Auf unserem Zimmer saß gestern ein Bär und schaute uns erwartungsfroh an. Nein, wir haben keinen Platz auf den Motorrädern, nein, wir brauchen keinen Plüschteddy als Erinnerung, nein, er ist tendenziell  zu teuer.  Jetzt isser halt mit.

Mit einem kleinen Fotostopp an den Keppler Cascades kommen wir nach Mittag bei Old Faithful an – was für ein Auftrieb an Leuten hier. Wir haben Schwierigkeiten, unsere Unterkunft zu finden, riesige Parkflächen, ein paar Häuser, rudimentäre Beschilderung. Aber zusammen kriegen wir das hin: Basti fragt nach dem Weg und ich sehe das Hinweisschild. Abladen, einchecken, unser Zimmer ist schon fertig.

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Wir wollten ja heute wandern, oder zumindest spazieren gehen, ich hatte Visionen von leeren Waldwegen und Stille, zumindest bis auf die randalierenden Vögel. Schnell stellt sich heraus, daß daraus nichts wird. Hier sind Heerscharen von Menschen unterwegs, der nächste Trailhead ist nur mit dem Motorrad zu erreichen (oder wir müßten erst 1,5 Meilen an der Straße entlanglaufen) und außerdem werden wir ernsthaft vor Bären gewarnt, eine Grizzly Bärin mit Jungem treibt sich hier rum. Auch die freundliche Frau an der Ranger Information redet nur über Geysire und wie gut wir alle ablaufen könnten. Aus meinem Waldweg wird nichts. Während wir noch mit ihr reden, stößt Old Faithful sein Wasser aus. Okay, sieht beeindruckend aus, aber warum die Rangerin, die das doch öfter sehen sollte, so ausflippt verstehe ich erst nicht. Dann sehe ich, dass der Nachbar-geysir auch gerade spukt und sie versucht die Leute raus zu scheuchen um das Spektakel zu sehen. Nur meine Wanderwege, die gehen dabei verloren.

Wir fügen uns in unser Schicksal, wahrscheinlich hätte wir das mit ein bißchen Vorbereitung wissen können und laufen zusammen mit den anderen Deppen in der Mittagssonne die Geysire ab, vorbei am Castle und Grand und vielen anderen mit witzigen Namen. Die Landschaft hier ist schon beeindrucken, aus den kleinsten Löchern faucht es, es gibt tolle Farben, besonders das Organe hat es mir angetan. Der Weg führt über Bretter und es wird regelmäßig davor gewarnt, diese zu verlassen. Unter mir brodelt die Erde  – komische Vorstellung und hier sehr nah. Dass die Eifel auch vulkanisch ist und auch noch aktiv, ist hier kaum vorstellbar.

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Auf dem Weg zum Oberservation Point schauen uns auf einmal zwei Knopfaugen an, ein Murmeltier. Aber bevor ich die Kamera am Auge ab, ist es verschwunden. Kurz zeigt das wackelnde Gras noch an, wohin es läuft, dann ist es weg. Den Bär sehen wir –Gott sei Dank- nicht. Oben angekommen machen wir eine ausgedehnte Pause. Wir hören den Gesprächen der anderen zu, einige wollen hier auf die nächste Eruption von Old Faithful warten. Gute Idee, das machen wir auch. Gesagt getan. Schöner Blick, Sonne von der richtigen Seite und die Wolken sind auch schon wieder weg. Und weniger Leute als unten direkt am Geysir sind es auch.

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Der Rest des Tages ist schnell erzählt, Rückweg, Getränke kaufen, schreiben und online gehen um endlich ein Hotel für den 4th of July zu buchen und dann vielleicht nochmal losgehen um wenigstens eine Eruption inklusive Geräusch- und Geruchskulisse zu erleben.

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Basti: Wir sind nun in der zweiten Nacht in einer der teuren Herbergen im Park, die Erste – Lake Hotel – ein wenig alter Pomp, heute – Old Faithful Snow Lodge – das modernste. Beide beeindrucken durch die Abwesenheit von einer Klimaanlage, überteuerten Restaurants und eher bemühtem Personal. Die Billigunterkünfte des letzten Monats haben mich echt verwöhnt, Klima, free WiFi und Frühstück incl. Hier gibt es nur an zwei Stellen WiFi (eine davon hier in der Snow Lodge) und dafür wollen sie dann gleich 12 Dollar für 24h. Aber die Konzessionär-Gesellschaft die alle Unterkünfte im Park betreibt hat ein Monopol. Zur Ehrenrettung sei gesagt, daß es an jeder Unterkunft auch einen Laden gibt der Sandwiches und Lebensmittel verkauft – Dank an alle Camper!

Die Natur ist schön, vielfältig, groß und beeindruckend. Allerdings gehen mir die vielen Bärenwarnungen doch unter die Haut und ich habe keine Lust auf ausgedehnte Wanderungen in die Wälder um Einsamkeit und Ruhe vor den anderen Touristen zu suchen. Mir ein Bärenspray zu kaufen bin ich zu geizig und es kommt mir irgendwie lächerlich vor, falls so ein Tier vor mir steht, sprühe ich mir das Zeug doch nur selbst in die Augen und kann dann hoffen, daß sich der Bär totlacht und trollt. Ich stehe dazu, ich bin ein Stadtmensch und finde Natur interessant, aber zum Trapper werde ich in diesem Leben nicht mehr.

Montag, 1. Juli, Coulter Bay Village – Lake Village – Lower Grand Loop – Lake Village , 174 mls

Hatte ich gestern gejubelt, dass wir direkt vor der Baustelle abbiegen können, müssen wir heute natürlich damit anfangen. An der Kreuzung ist eine Tankstelle mit zwei Ausgängen, beide erscheinen nicht sehr vielversprechend um sich in den fließenden Verkehr einzuordnen, der im Moment auf der Einbahnstrasse in die Richtung rollt, in die wir wollen. Aber vor uns stehen drei Autos, die stattdessen nach Süden wollen. Kurz entschlossen faßt sich Basti ein Herz, fährt an allem vorbei und fädelt sich ein. Ich schaffe das ein Auto später und die Baustelle stört uns gar nicht mehr. Das Auto überhole ich später, es ist zu merkwürdig, Basti nicht im Blick –vorweg oder im Rückspiegel- zu haben.

Wir fahren direkt ins nächste Hotel und obwohl es noch früh ist, haben sie unser Zimmer schon fertig. Hurra, wir können das Gepäck hier lassen, ich fahre in Jeans, Basti in Turnschuhen durch den Lower Grand Loop des Yellowstone National Parks.

Die Straßen im Park sind eigentlich eine große 8 und nachdem wir es fleißig vor uns her geschoben  haben, haben wir jetzt zumindest einen groben Plan für die nächsten drei Tage: Heute den Lower loop, also den kompletten unteren Kreis der 8, morgen bei Old Faithful, dem Geysir hauptsächlich wandern und übermorgen die nördlichen ¾ abfahren, die wir noch nicht kennen. Klingt gut, oder?

Wir pirschen uns von Spot zu Spot, unser erster Halt sind die LeHardy Rapids. Angeblich sollen hier, neben dem schönen, kühlen, schäumenden Wasser im Juni/Juli auch Forellen auf ihrem Weg zum Laichen zu sehen sein, aber deren Kalender scheint sich verstellt zu haben, jedenfalls sind keine sichtbaren Fische im Fluss. Außerdem fließt der Fluss in die falsche Richtung. Auf dem gesamten Weg hierher ist uns der Lewis River entgegen gekommen. Wieso kann der Yellowstone River dann jetzt mit uns fließen? Das macht so lange keinen Sinn, bis Basti mich daran erinnert, dass wir über den Continental Divide gefahren sind. Gelesen habe ich das auch, aber erst mit der Übersetzung –Wasserscheide- macht es Sinn. Der Yellowstone River fließt langfristig in den Atlantik, der Lewis in den Pazifik. Oder andersherum.

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Ein kurzes Stück weiter ist schon wieder der nächste geplante Halt, aber vorher gibt es noch einen ungeplanten Fotostopp: Ganz weit hinten auf der Wiese grasen zwei Bisons, ein weiteres liegt im Gras. Bisons, ohne Zaun, in freier Wildbahn, echte, tatsächliche Tiere. Und mein Tele ist gut. Ich bin stolz wie Oskar, allerdings nicht lange.

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Das nächste Bison begegnet uns an den Mud Holes, die Basti sehen wollte. Blubbernder, nach Schwefel stinkender Schlamm und daneben liegt ein riesiges Tier, kaum mehr als eine Armlänge entfernt und atmet schwer. Die Touristen, die wie wild fotografieren, ignoriert es. Näher muß ich diesen Tieren, glaube ich, nicht kommen. Wir gehen weiter, gucken uns unterschiedliche fauchende und stinkende Löcher an, die alle witzige Namen haben und alle von Asiaten umringt sind.  Voll ist es, aber das war, wenn die Hotels ausgebucht sind, ja nicht anders zu erwarten. Die nächste Attraktion, den Sulphur Caldron lassen wir rechts liegen. Vor uns stockt der Verkehr und als ich in Sichtweite komme, schießen mir mehrere Gedanken fast zeitgleich durch den Kopf: Bisons mit Kälbern! Tolle Fotos! Ich bin zu nah und habe kein Auto um mich herum! Herdenweise! Scheiß Touristen! Kein Platz zum Halten, müssen die auf der Straße parken! Tolle Tiere! Dann sind wir vorbei und ich habe kein Foto gemacht (klingt ein bißchen wie Germanys next Topmodel: „Liebes Bison, ich habe heute kein Foto für Dich“).

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Ich bin mit mir uneins. Auf der einen Seite fahre ich hier ja auch nur durch, wer bin ich, die armen Städter, die das erste Mal ein echtes Tier sehen (oder so ähnlich) zu verurteilen. Auf der anderen Seite fahre ich hier halt und würde nie auf die Idee kommen für ein Foto einfach mitten auf der Straße stehe zu bleiben. Dabei käme man an meinem Mopped sicherlich leichter vorbei als an deren Panzern. Es nervt, weil sie sich benehmen als seien sie alleine auf der Welt, dabei ist der nächste Turnout nie weit. In dem Zusammenhang: es nervt mich auch, wenn die Motoren der Autos weiterlaufen. Vatti will Foto, Mutti will Kühle, also geht er los und sie bleibt bei laufendem Motor im Wagen sitzen. Mein Umweltgewissen jault auf, hier ist alles auf Recyling und dann so etwas. Aber es ist nicht mein Bier.

Auch wenn es auf dem nächsten Stopp – Artist Point, Grand Canyon of the Yellwostone- wieder ein paar davon gibt. Hatte ich schon gesagt, dass es voll ist? Selbst mit den kleinen, schlanken Moppeds finden wir kaum einen Parkplatz. Die Suche lohnt sich aber, wir bestaunen die Lower Falls und eine hohe, enge Schlucht. Schön. Auf dem Parkplatz steht ein alter Mann, schaut in die Büsche und raucht eine Zigarette. In dem Moment ist nichts wichtiger als das Rauchen, jeder Zug, die Leute um sich sieht er gar nicht. Dann ist er fertig, macht die Kippe aus und steckt sie in eine Plastikdose mit etwas, das wie Katzenstreu aussieht.  Ich muß an meinen Vater denken und beneide den Mann um seine Fähigkeit, die Welt auszublenden.

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Inzwischen ist es warm, ich bin froh, nur in Jeans zu fahren, zudem der Verkehr eher zäh ist, irgendein Wohnmobil ist immer im Weg oder einer kann wieder keinen Parkplatz finden und bleibt für das nächste Bison einfach mittig auf der Straße stehen. Oder wird langsamer weil der/die Beifahrer noch schnell ein Bild von der tollen Aussicht machen will – während die beiden gerade vom Parkplatz in den eigentlich fließenden Verkehr rollen. Grummel. Aber es gibt auch Lichtblicke, die paar wenigen Loops, rechts und links vom Hauptweg. Wir probieren den Virgina Loop und kommen auf eine schmale Einbahnstraße, die an kleinen aber feinen Wasserfällen vorbeiführt, die Straße selber direkt in die Wand gehämmert, links steiler Fels, rechts geht es weit runter. Hübsch. Und leer! Naja, zumindest leerer.

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Aber zurück zu den Hauptattraktionen, unser nächster Halt ist das Norris Geyer Basin mit dem Porcellain Basin, wir nehmen den Rundweg und bestaunen Dampfwolken, blubbernde Seen, farbige Abläufe und ein paar kleine Fontänen. Das kostet uns einiges an Zeit, lohnt sich aber, auch wenn es fast die ganze Zeit nach Schwefel riecht und sehr warm ist. Als wir zurück auf den Parkplatz kommen, sehe ich mein Halstuch fliegen. Hm, das hatte ich doch in den Tankrucksack getan. Und wieso liegt der Reiseführer auf dem Boden? Dann sehe ich den Übeltäter: auf meinem Mopped hockt ein dicker, großer Rabe und hat den Reisverschluss vom Tankrucksack aufbekommen. Ich kann ihn verscheuchen, bevor er echtes Unheil anrichtet, auch wenn ich seitdem einen Lippenfettstift nicht mehr finden kann. Der Kerl hat echt drei Reißverschlüsse aufbekommen, als hätte er darin Übung. Und ja, wir hatten noch ein paar verschweißte Keks mit, die Basti seitdem im Rucksack mitnimmt. Hätte ich nicht gedacht, dass Tiere die durch das ganze Plastik riechen können. Aber vielleicht war es ja auch nur Neugier und der Rabe hatte bei anderen  Moppeds bereits die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt. Schlaue Tiere. Im Gegensatz zu uns, wir machen anscheinend jeden Fehler, von dem man in jedem Prospekt abrät. Aber immerhin nicht alle auf einmal, Wasser haben wir (fast) genug mit.

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Es ist fast fünf und wir haben noch nicht die Hälfte des Loops geschafft. Wir straffen unsere Planung, lassen die meisten der folgenden Geysire links liegen und fahren durch –soweit es der Verkehr zuläßt. Nur den im Reiseführer hochgelobten Artist Paintpot gucken wir uns nach an, Basti schon nur noch von unten. Hm, da schmeißt einer mit Gips, ganz weiß, und ja, ein paar Löcher sind bunter als die anderen, aber anscheinend sind ein paar der wirklich bunten Löcher verstopft oder auf Urlaub oder sind wegfotografiert, abgenutzt. Es ist ein schöner Spaziergang, aber kein Vergleich zum Porcellain Basin. Dann noch einen kleinen Loop, den Firehole Canyon Loop, der auch ein paar schöne Blicke vorweisen kann. Wir setzen uns auf ein paar Steine direkt am Wasser, essen , trinken unser letztes Wasser und genießen den Schatten und das Rauschen des Wassers. Wir sind fast das erste Mal heute alleine und die Geräusche sind nicht mit menschlichen Stimmen (außer unseren) und Motorengeräuschen unterlegt. Schön.

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Der Rest ist Heimweg, nur ein kurzer Stopp am Old Faithful, gar nicht um zu gucken, sondern nur um Getränke zu kaufen. Es ist einfach der nächste General Store. Da wir hier morgen übernachten, heben wir uns das auf und fahren weiter.

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Die Straßen sind leerer, die südliche Straße über den Craig Pass auch kurviger, auf einmal macht auch das Fahren im NP Spaß. Okay, wir sind vielleicht ein klitzekleines bißchen schneller als erlaubt. Aber solange es noch genug Menschen gibt, die rechts und links an der Straße stehen, sobald ein Tier da ist –diesmal sind es zwei Elks- dürfte das kein Problem sein. Die letzten Tiere sehen wir dann direkt am Hotel, drei Hirsche oder Rehe mit Geweihen, ich weiß es wirklich nicht, die hinterm Haus grasen.

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Im General Store kaufen wir Mückenspray und noch ein paar Getränke. Ich sehe das perfekte Mitbringsel für Volker, eine Mütze mit Biberschwanz. Nur die Tatsache, dass es Kindergrößen sind, hält mich davon ab, diese großartige Kopfbedeckung zu kaufen.

Sonntag, 30. Juni, Afton – Jackson – Grand Teton NP – Coulter Bay Village, 136 mls

Sonntag erkennt man daran, dass der Parkplatz vor der Kirche, sorry, nein, vor den Kirchen voll und der vor dem Supermarkt leer ist. Die Luft ist angenehm, ganz anders als der Start gestern.  Nach einer guten Stunde Fahrt gibt es Frühstück im Yankee Doodle Cafe, wo wir auch online gehen können um den Beitrag von gestern hochzuladen. Das Kaffee ist eine einzige Hommage an USA, alles Balu-weiß-Rot, ein paar Adler, Tassen, Skier, Turnschuh, Teller – was immer eine US-Flagge hat, hängt an der Wand. Der Besitzer selber ist die größte Show: Ein Schulter mit der Flagge, die andere Schulter mit dem Reiter aus Wyoming mit hinterlegter Flagge tätowiert. The Land of the free, thanks to the brave. Von geschmackvoll oder dezent ist dabei nicht die Rede. Das Essen ist lecker, der Kaffee auch.

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Schnell sind wir in Jackson, entscheiden uns aber nach einer kurzen Ehrenrunde, lieber den Hintereingang in den Grand Teton National Park zu nehmen. Lieber kleine krumme, als volle gerade Straßen. Jackson selber ist, teils echt, teils nachgebaut auf alt gemacht und voller Souvenirläden Hotels. Wir biegen ab und kommen südlich Richtung Teton Village. Auf einer der Karten sah das aus, als käme man nur von Norden rein und als sei es eine Sackgasse. Aber hier war ein Schild, also probieren wir es auch. Die Neugierde verschafft uns dann doch noch unser erste Schotterpiste hier, die wir bisher so erfolgreich vermieden hatten. Aber wenn ich die Karte richtig deute, sind es höchstens 2 Meilen. Außerdem ist es nicht immer Schotter,. Manchmal kommt uralter Asphalt durch. Anstrengend und warm ist es trotzdem,  bloß nicht stehen bleiben aber schneller als 20mph geht auch nicht.

Belohnt werden wir durch eine schmale, schöne Straße, teils durch Birkenwäldchen, teils durch offenes Land, wenig befahren und schön zu gucken.

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Und dann sind da die Grand Tetons, alpenartig, hoch, die Gipfel mit Schnee, davor  Hochebene, manchmal Nadelwäldchen, manchmal Wasser. Wir hangeln uns von Fotostopp zu Fotostopp, gehen am Jenny Lake ein bißchen spazieren und fahren die Signal Mountain Road hoch. Immer wieder tolle Bilder, Wasser und Berge gibt einfach etwas her. Ich spiele mit der Kamera, versuche mich and er unterschiedlichen Einstellungen, aber meistens ist die Automatik (noch) besser als ich.

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Dann verlassen wir den Park und die Schilder fangen an vor einer Baustelle zu warnen, 30 min Verzögerung möglich, einspurige Fahrbahn. Aber wir haben Glück, bevor die Straße wirklich eng wird, biegen wir links zu unserer Übernachtun ab. Es ist wieder eine Cabin, aber diesmal richtig im Wald (wenn auch eine von vielen) und aus rohem Holz gezimmert. Niedlich.

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Es gibt eine Marina, ein Restaurant  und einen Generalstore, viele Möglichkeiten gute Bilder zu machen, zudem die Sonne langsam untergeht. Es gibt allerdings auch Heerscharen von Mücken. Nach einem kurzen Spaziergang bin ich völlig zerstochen und Basti hat nichts. Wie unfair, daher wird es auch nichts mit dem gemütlichen vor der Hütte sitzen, nach einem kurzen Versuch und zwei weiteren Bissen flüchte ich in die Guest Lobby – hier gibt es einen Schreibtisch, Licht, WLAN und keine Mücken.

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Basti: Jackson ist im Winter ein erlesenes Plätzchen zum Skifahren mit dem anspruchsvollen Skigebiet Jackson Hole. Dadurch, daß es aber in der Hochebene liegt, erlaubt es auch ausgiebige Touren Sommers wie Winters. Es ist aber nichts für eine Pause, zumal es dort immer noch sehr warm ist. Und jetzt machen wir auf Natur, an jedem zweiten Schild an den Wegen der Anlage (Camping und Cottages sowie die erwähnten Annehmlichkeiten) wird vor Bären gewarnt und gefragt, ob man auch sein Bärenspray dabei hat. Irgendwie befremdlich, da ich in Deutschland rumlaufen kann wo ich will und höchstens Angst vor dem Verlaufen haben muß (OK, Wildschweine sind auch nicht zu unterschätzen).

Samstag, 29. Juni, Salt Lake City – Logan Canyon – Hwy89 – Afton, 208 mls

Als ich morgens das Motelzimmer verlasse, trifft mich der Schlag, so unerwartet warm ist es. Okay, die Abluft der Klimaanlagen tut sicherlich das ihre dazu, aber so richtig abgekühlt hat es sich in der Nacht nicht. Der Weather Channel hat Rekordtemperaturen in Las Vegas versprochen – wie gut, dass wir nur aus Salt Lake City raus müssen und uns dann in die Berge, jetzt die Rocky Mountains, schrauben können.

Die ersten 40 Meilen gehen über die Autobahn, einfach nur raus, mit ausreichenden Fahrtwind um nicht schon morgens einzugehen. Haben wir alles oder wenigstens das meiste von Salt Lake City gesehen? Ganz bestimmt nicht, aber wir haben genug gesehen. Rena an Basti: „Willst Du noch an den See?“ Basti: „nee, ist Wasser mit Salzrand.“ Okay.

Logan Canyon ist niedlich, ein kleines Flüßchen mal rechts oder links neben uns, so flach, dass es von den Steinen im Wasser aufgewirbelt wird und daher  reißend schnell aussieht. Die Kurven gleichmäßig mit gutem Radius gebaut, so dass wir mit gutem Tempo durchkommen. Respektive durchkommen könnten, wenn da nicht dieser weiße Ford vor uns rumschnecken würde. Er denkt nicht daran Platz zu machen und es kommt und kommt keine Passing Lane. Grummel. Aber irgendwann ist es dann doch soweit und wir kommen mit dem Harleyfahrer vor uns vorbei. Hurra. Am Scheitelpunkt –Scenic View- halten wir, werfen einen kurzen Blick auf den Bear Lake und fahren weiter. Den kompletten See entlang stehen Schilder über Historical Marker, aber so gut die Scenic Views sind, die Historical Marker sind nix. Da steht ein Schild auf dem in heldenverehrenden Worten eingraviert ist, was hier mal passiert ist. Und mehr nicht. Keine Reste, keine Ruinen, keine Spuren. Nie. Hier stand mal ein Fort – so what? Soweit ich die Überschriften erhaschen kann, drehen sich alle Historical Marker um den Oregon Trail. Werd ich mal im Internet nachlesen. Vielleicht. Ob die hier oder 5 mls weiter gehalten haben, interessiert mich ehrlich gesagt gar nicht.

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Vom See aus wird es nochmal schön, weiter auf dem Hwy 89, sind es schnelle, schöne, weite Kurven, ganz leer, nur für uns. Die paar Autos machen Platz oder es ist gerade die Chance vorbeizukommen. Jaaaaa. Gib mir mehr! Wir kommen durch Paris und Montpelier, wobei hier das erste kleiner ist als das zweite. Eines der Dörfer oder auch ein anders, ich weiß es nicht mehr genau, hat genau 100 Einwohner. Ist da jeder mit jedem Verwandt? Zumindest kannst Du nichts anstellen ohne dass deine Mutter es morgen von der Nachbarin erfährt.

Seit Montpelier gucken wir nach einer Unterkunft, aber wir sind im Nichts, da gibt es keine Motels. Wie gut, dass wir diesmal ans Tanken gedacht haben. Aber mittendrin steht dann doch ein Store mit Inn. Wir halten auf der Straße, überlegen, ob die da übernachten wollen, da hält ein Golfcaddy neben uns, ob wir Probleme hätten. Nein, wir überlegen nur ob wir hier übernachten wollen. Die Antwort ist nicht so ermutigend, dass wir bleiben, zudem der freundliche Hundebesitzer (auf dem Beifahrersitz sitzt ein riesiger schwarzer Hund, sein Kopf  ziemlich genau auf Augenhöhe mit mir) meint in 45 min kommt der nächste Ort und da gäbe es auch Zimmer. Und so kommen wir nach Afton, der Ort, der stolz darauf ist, die längste Elkhorn-Bridge der Welt zu haben. Ich würde behaupten, es ist auch die einzige, wer macht so etwas Albernes? Über die Straße spannt sich ein großer Metallbogen, an den Geweihe angebunden, irgendwie drumgewickelt sind. Sinnfrei und nicht wirklich schön. Ich sehe einen Harley-Fahrer, der im Fahren ein Foto mit dem Handy von dem Ding macht. Also auch noch gefährlich.

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Wir finden ein Bett. Das erste Mal haben wir eine Cabin statt eines Motelzimmers. Es ist ein einfaches Ferienhaus, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad, davon 10 Stück nebeneinander. Die Bikes sind vor der Veranda angebunden.

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Wir gehen essen – mit den schlechtesten Fritten ever, halbroh. Naja, ist gut für die Linie wenn wir sie nicht essen, wir haben beide zugenommen in den letzten Wochen. Kann nicht an dem ständigen Fastfood liegen, oder?

Jetzt sitze ich auf der Veranda, höre Straßen- und Vogellärm. Es ist so warm, dass ich mich in den Schatten verziehe. Das habe ich vermisst, seit Las Vegas ist es immer so warm, dass keiner von uns draußen sitzen will. Wir verbringen zu viel Zeit in klimatisierten Zimmern, einfach weil man draußen kaum atmen kann. Jetzt ist es immer noch warm, eine Anzeige im Dorf hat 90°F gesagt, es geht ein leichter Wind – alles gut.

Basti: Wir sitzen gerade beim Frühstück in Alpine in einem typischen Cafe mit WiFi und haben so die Chance den Beitrag von gestern hochzuladen. Die Cabins waren zwar groß, aber ohne technischen Schnick-Schnack. So wird es auch in den nächsten Tagen sein, da einige Unterkünfte in Yellowstone eher „basic“ sind, also nicht verzagen wenn mal kein neuer Beitrag da ist und einfach am nächsten Tag 2 Berichte lesen 🙂

Freitag, 28. Juni, Provo – Sundance – Bingham Canyon Mine – Salt Lake City, 89 mls

Die Bridal Falls locken uns auf einen kleinen Umweg, der sich als echtes Highlight herausstellt. Die Falls sind nicht mehr als okay, wir haben schon bessere gesehen und das Licht ist auch ungünstig. Aber von da aus biegen wir auf den Hwy 92 Richtung Sundance ab und kommen unverhofft auf einen wunderschönen Waldweg. Sundance entpuppt sich als Ansammlung von Ferienhäusern, keine Ahnung, wie hier die ganzen Filmfans beim Sundance Film Festival untergebracht werden, aber ich hätte ja schon Schwierigkeiten mich hier auf einen Film zu konzentrieren anstatt einfach immer nur rauszugehen. Wobei – der gestern war echt super.

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Wir schwingen die schmale Straße weiter nach oben, erst durch einen Birkenwald, später dann durch Nadelholz. Die schnellen Wechsel beeindrucken mich immer noch, was daran liegen kann, dass in Deutschland auf derselben Strecke mindestens 3 Dörfer wären und die Wechsel einfach nicht auffallen. Die Strecke und die Gegend sind einfach nur nett, im besten Sinne des Wortes, unspektakulär, friedlich, schön. Nett, eben.

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Das einzige, was etwas stört ist der Blick auf die Tankanzeige. Wir haben beide vergessen wie sonst immer vor Abfahrt vollzutanken. Hm, es war ein etwas rauer Start, weil unsere Taktung nicht übereingestimmt hat. Kann passieren, sollte aber nicht vom Tanken ablenken. Ich habe noch ein knappes Viertel Sprit im Tank und weiß weder genau wo ich bin, noch wie weit ich mit der Menge überhaupt kommen würde. Ups. Aber eine Wahl haben wir eh nicht mehr, also fahren wir weiter. Ich gebe zu, dass ich sehr erleichtert bin als die Timpanogos Höhlen auftauchen. Die habe ich auf der Karte und die maximal 15 mls bis zur nächsten Tankstelle schaffen wir auf jeden Fall.

Bei einem Fotostopp unterwegs haben wir zwei Endurofahrer getroffen, die aus dem Wald in den Wald gefahren sind. Einer der beiden Trails, die an der Stelle ausgeschildert waren war explizit für Enduros freigegeben. Hier an den Höhlen zeigt eine Karte ein echtes Enduro-Paradies, eine ganze Gegend mit Trails, die ausschließlich für Enduristen da sind. Hach, das will ich ja auch noch mal ausprobieren.

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Plötzlich wie immer sind wir zurück in der Zivilisation, tanken (puh!) und machen uns zur Bingham Canyon Mine auf, die dummerweise auf der anderen Seite der Reihe von Städten vor Salt Lake City liegt. Warm ist es inzwischen auch, wie unerwartet. Bei einer Pause vergleiche ich die Wetterinfo auf Bastis Handy: Es ist hier doppelt so warm wie in Bonn.

Nach heißen 40 Minuten durch den normalen Autobahn-Wahnsinn einer amerikanischen Großstadt fahren wir auf riesige Schutthalden zu, man made mountains, nur um an der Tür der Mine abgewiesen zu werden. Das Besucherzentrum hat geschlossen, keine Fotos auf dem Minengelände. Schade, ein Loch in der Erde, das angeblich vom Weltraum zu sehen ist, hätte ich gerne gesehen.

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Nach weiteren 40 Minuten über die Autobahnen von Salt Lake City sind wir am Motel, relativ früh, aber wir wollen uns ja noch die Stadt angucken. Im einzigen Schatten parkt bereits ein anderer Motorradfahrer und während Basti stundenlang in der Lobby verschwindet („Schichtwechsel an der Rezeption“) unterhalte ich mich ein wenig. Er kommt aus der Gegend, färht Harley, hat ein Harley T-Shirt an und eine Harley Basecap auf, sein Mopped ist blitzeblank und Chromblitzend. Unsere müßten vielleicht mal gewaschen werden. Er hat zwei Tipps für uns, die wir beide vermutlich beherzigen werden, Logan Canyon für die Fahrt nach Teton und Yellowstone und den Bear-Tooth-Pass nach Yellowstone.

Im Hotel sind wir vernünftig: Wir warten die Hitze ab, waschen Wäsche und buchen Unterkünfte für Teton und Yellowstone. Letzteres erweist als mittleres Fiasko, am Ende sind wir für drei Nächte in drei verschiedenen Hotels und haben über 600$ ausgegeben. Basti redet mit sich, dem Computer oder mir und ich kann es nicht gut unterscheiden. Ich ringe mit den Händen und den Nerven, kann aber nichts machen. Alles ausgebucht. Aber eine wirklich Alternative gibt es nicht und ich verzichte lieber auf die Einhaltung des Budgets als auf Old Faithful.

Gegen 19:30 Uhr ist es endlich geschafft und wir fahren per Taxe in den Tempelbezirk. Bei der Menge an fleißigen Bronzestatuen, Blumen und Heiligenszenen könnte man fast… nee, nicht religiös werden. Aber schon auf die Idee kommen, dass man mit der Gründung einer Kirche ziemlich gut Geld machen kann, vor allem, wenn es wie hier in Utah, mit der Leitung des Staates zusammengeht. Es ist alles sauber, geplant angelegt, in der Menge durchaus beeindruckend und macht mich eher zynisch als alles andere. Wir gehen weiter zum Capitol Hill, der mit schönem Licht und tollem Ausblick verwöhnt. Und dann laufen wir eine gute Stunde zurück zum Hotel. Unterwegs die erste echte Sünde: Der erste McDreck seit wir unterwegs sind. Der dann auch gleich voll mit Kiddos ist, die alle nur einen Shake wollen. Es dauert Stunden, aber ich warte lieber als einen hungrigen Basti mit nach Hause zu nehmen.

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Basti: Was ein Spaß, wieder Kurven bis zum Abwinken. Die Straße ist nur 1,5 Autos breit, also muß ich auf Gegenverkehr achten, denn die fahren bestimmt mittig. Der Straßenverlauf ist nicht einsehbar durch die vielen jungen Birken und das Gebüsch darunter, aber die paar Autos, die uns entgegenkommen halten sich brav an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 20 und 30 mph und das einzige Wohnmobil verpassen wir, da wir gerade auf einem Parkplatz stehen und pausieren.

Als wir wieder unten in der Ebene sind und diese queren um zu der Kupfermiene zu gelangen, schwant mir Böses. Am Horizont sehe ich grau-braune Berge mit Grün durchsetzt und einen breiten sandfarbenen Streifen.  An alle Sandburgenbauer der Nord- und Ostsee: Ihr könnt einpacken, DAS ist eine Sandburg! Als wir am Eingang abgewiesen werden, weiß ich nicht ob ich mich freuen soll oder enttäuscht bin. Zum einen hätte ich gerne nach der Hitzefahrt auch in den Tagebau geschaut, zum anderen erinnere ich mich daran wie wir Hasenfüße in den letzten Wochen vor Schotterstrecken regelmäßig gekniffen haben – und hier führt garantiert keine geteerte Straße rauf.

Natürlich hatten alle recht, die uns gewarnt haben eine Unterkunft in den Sommerferien und um den 4. Juli herum im Yellowstone frühzeitig zu buchen, leider können wir erst jetzt absehen wann wir dort sind. Der Preis sind teure Unterkünfte und immer nur für eine Nacht. Dafür kennen wir danach die Hälfte aller Lodges im Park – sind also Experten 🙂

Donnerstag, 27.Juni, Loa – Huntington – Fairview – Scofield – Provo, 239 mls

Nachdem gestern und überhaupt die letzten Tage einen Sightseeing-Fokus hatten, geht es heute mal wieder mehr ums fahren, hauptsächlich um Strecke zu machen, aber vielleicht erwischen wir ja auch die eine oder andere nette Kurve. Kurz nach 8:00 Uhr sind wir bereits unterwegs und biegen direkt hinter Loa auf den Hwy 72 ab.

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Was anfangs ein langweiliger Weg zwischen Feldern und Rindern ist, wir mit zunehmender Höhe immer besser. Die Kurven kommen öfter und sind schön gleichmäßig rund gebaut, das Wetter ist super und auf den ersten 36 mls begegnen uns gerade mal zwei Autos. Nach den ganzen schroffen Felsen tut es auch gut durch grünes Weideland zu fahren, auch wenn das später abnimmt, bleibt es grün. Zwischendurch sind ein paar Viehsperren in die Straße gebaut, Gitter, über die Rinder wohl nicht gerne gehen. Daneben dann oft ein Warnschild „Open Range“, was nichts anderes bedeutet, dass  zwischen mir und dem Rind kein Zaun ist. Aber da die Rinder, die ich sehe, ruhig am Straßenrand stehen und nicht aufgeregt wie die selbstmörderischen Chipmonks hin und her laufen, soll es mir recht sein. Was ich anfangs für Mäuse gehalten habe, sind tatsächlich Chipmonks, die schnell mal eben über die Straße huschen. Bisher hat es immer gepasst. Für die Rehe stimmt das leider weniger, ich sehe heute mehr tote als lebendige Rehe am Straßenrand und auch das Stinktier liegt schon länger da.

Nach 36 mls ist der erste Spaß des Tages schon vorbei, wir fahren unter der I75 durch und landen auf einer Verbindungsstraße zwischen was auch immer. Jedenfalls ist sie stark befahren und geht direkt gerade aus. Auch die Landschaft ändert sich ziemlich schlagartig, plötzlich sind wir in einer Mondlandschaft. Links ein paar Tafelberge, recht graue Fläche, dazwischen ein paar Krater. Beeindruckend in der Abweisung. Wir halten in Ferron zum Tanken und in Huntigton zum Telefonieren, aber eigentlich geht es nur darum möglichst bald auf die 31 abbiegen zu können.

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Die 31 ist ein Traum zu fahren, belebter als die 71, aber milder in der Landschaft, irgendwie weicher, und kurviger. Es ist schön mal wieder Motorrad zu fahren und nicht auf dem Motorrad die Strecke zwischen zwei Sehenswürdigkeiten zu überwinden. Aber das ist nicht fair, auch dabei gab es schöne Strecken. Egal, die 31 ist prima. Ab und an halten wir, mal an einem Stausee in dem ein altes Kohledorf verschwunden ist oder am höchsten Fundort eines Mammuts oder einfach nur an einem der Scenic Views, die sich meistens lohnen.  Vom Mammut-Fundort aus sehen wir eine weiße Fläche auf dem Berghang vor uns. Ich will es erst nicht glauben, aber die Straße führt noch an ein paar anderen Stellen vorbei, wo tatsächlich noch Schnee liegt. Okay, wir sind hier ziemlich hoch, aber damit hätte ich nicht mehr gerechnet. Zudem es inzwischen ziemlich warm geworden ist und ich froh bin, weitere Lüftungsschlitze an meiner Jacke entdeckt zu haben. Dass ich nicht alle Funktionen meiner Kamera beherrsche, ist mir klar, aber bei meiner Jacke…? Egal, jetzt sind alle offen. Glaube ich.

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In Fairfield wollen wir auf die 89 abbiegen, aber die Straße ist gesperrt. Der Polizist schickt Basti über die Interstate Richtung Norden und ruft mir nur zur „Follow him“. Tue ich doch die ganze Zeit schon sehr gerne. Aber Interstate? Inzwischen ist es warm, ich befürchte das Thermometer kratzt an der 100°F, da macht Interstate noch weniger Spaß als sowieso schon. Und es ist erst mal ein ziemliches Stück zurück. Hm. Wir suchen die Karte nach Alternativen ab, aber als wir durch die Gespräche an der Tanke mitbekommen, wie weit der Hwy gesperrt ist und von wo sie schon Autos aus Norden kommend zurück schicken, lassen wir es erst mal sein. Es ist ein Flugzeugabsturz. Eine Nummer kleiner hätte es auch getan. Egal, wir probieren eine kleine Nebenstrecke über Scofield, die sich als wunderschöne entpuppt:  Eine kleine, schmale Straße, die sich an einem Flüßchen entlang durch ein enges Tal windet.  Wunderbar. Da stören auch die Mengen von Pollen durch die ich auf einmal fahre kaum. Wie gut, dass ich den Helm rechtzeitig zugemacht habe. Es ist einfach nur schön hier. Keine Sehenswürdigkeiten, keine Arches oder Monuments oder Canyons – einfach nur friedliche Landschaft. Mit einem Kohlewerk am Straßenrand – okay erst am Ende.

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Der Fluss wird zum See (gestaut) und die Straße machte eine 180°-Kehre, was dazu führt, dass das Auto, was uns im Kurvenknick auf dem Staudamm entgegen kam, auf einmal in dieselbe Richtung fährt wie wir. Nur eben auf der anderen Flußseite. Skurril.  Aber irgendwann ist auch dieser Spaß zu Ende und wir landen auf dem breitausgebauten Hwy 6 . Schade nur, dass sie die Straße gerade reparieren und sie über 7 mls Wechselverkehr hat. So befahren wie die Straße ist, dauert das über die Länge natürlich. Wir stellen die Motoren ab und schwitzen leise vor uns hin.

Die Strecke selber ist okay, kurvig, ziemlich windig, sehr befahren, aber mit knapp über 70mph fahren wir den meisten davon und die, die noch schneller sind, stören uns auch nicht. Im Tal ist es dann noch heißer, wir quälen uns durch die ersten Städte vor Salt Lake City, eine geht in die andere über.  Bei einem Milchshake – kühl!- machen wir uns an die letzte Planung, suchen mögliche Motels heraus. Sie liegen alle am Hwy 89, ich habe Angst vor einer lauten Nacht, aber mein Weber findet ein leicht zurück gesetztes und quer zur Straße gebautes Days Inn.  Gepäck ins Zimmer, Klimaanlage an – ausdampfen.

Basti: Ich bin erhört worden!! Endlich wieder kurvige Strecken und wenig Bitumeneinlagen (sehr rutschig) – ein Hoch auf Renas Streckenplanung. Der Weg über einen Höhenzug von 2800m bringt Spass, Kühle und grüne Landschaft.

Ich bin leicht durch Werbung zu beeinflussen, seit Wochen sehe ich einen Werbespot von „Sonic“ einer Fastfood Kette, bei der in den Haltebuchten bestellt und das Essen dann per Rollschuh-Kellnerin gebracht wird. Als ich das Schild sehe (es sind wieder 40°C) fällt mir deren Werbung für über 25 Geschmacksrichtungen bei ihren Milchshakes ein und ich biege ab. Die Shakes sind klasse und sie haben auch ein paar Tische draußen, so dass wir nicht auf den Motorrädern sitzen müssen. Am Ende der Reise habe ich wahrscheinlich 80% der Fastfood Ketten durch 🙂

Haben heute Abend noch etwas Kultur genossen, „Now you see me“ im Kino – sehenswert.

Mittwoch, 26.Juni, Torrey – Capitol Reef National Park – Loa, 49 mls

Als wir zum Frühstück gehen, sind die 15 Harleyfahrer aus unserem Hotel schon weg. Es ist eine geführte Tour mit Begleitfahrzeug und zwei weiteren Harleys auf dem Hänger. Holländer. Will ich so reisen? Nein.  Aber es hat schon Charme ohne Gepäck zu fahren und sich um nichts kümmern zu müssen. Wobei – um viel muss ich mich hier auch nicht kümmern, das macht meistens Basti weil er bezahlt. Ihr erinnert Euch: Das amerikanische Konto.  Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, dass dadurch viel von der Admin bei ihm hängen bleibt. So wie heute auch, er hat im Hotel gefragt, ob wir für unseren Besuch im Capitol Reef National Park das Gepäck hier lassen können, wir kommen eh‘ wieder hier vorbei. Schlauer Kerl.

Also fahren wir ohne Gepäck, in leichten Schuhen (Basti) und Jeans (ich) die 10 mls zum NP. Das erste Mal sind wir vorbereitet, beim Frühstück haben wir ein Buch vom Hotel durchgeblättert, in dem alle Hikes hier beschrieben sind und wir haben uns zwei ausgesucht, die kurz und interessant klingen: Hickman Bridge und Goosenecks trails, der erste mit 2 mls hin und zurück, der zweite sogar nur 1/10 mls. Beide gehen direkt vom Hwy ab, also halten wir gar nicht erst am Visitor Center sondern fahren gleich zum richtigen Parkplatz für den Hickman Bridge Trailhead. Der Trail allerdings ist gesperrt, es sind ein paar Steine runter gekommen.  Ich bin enttäuscht, überlege kurz, ob ich nicht trotzdem gehe. Stattdessen fahren wir dann doch zum Visitor Center und lassen uns beraten.

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Am Center ist ein Aushang, der erklärt, dass zum Teil Auto-große Steine im März herunter gefallen sind, die den Trail wirklich versperren. Und dass immer noch Steine fallen, wenn auch kleinere. Also gehen wir stattdessen den Cohab Canyon Trail, der erst mal mit einem steilen Aufstieg mit vielen, viele Serpentinen anfängt. Immer wieder sieht es so aus, als sei der Weg zu Ende, weil Steine quer über den Weg verhindern sollen, dass er bei Regen weggespült wird. Ich bin ziemlich bald am schnaufen. Okay, wir sind hier auf 2.000m Höhe und bringen innerhalb von einer ¼ Meile weitere 100 Höhenmeter hinter uns. Da darf ich außer Atem sein, auch wenn ich überlege, ob Basti und ich nicht öfter in der Eifel „üben“ sollten.

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Aber irgendwann, nach zwei Falschen Wasser und 2 Bananen sind wir oben und gehen in den Canyon. Sehr witzig. Wir gehen auf weichem, roten Sand auf den mancher Strand neidisch sein dürfte. Rechts und links hohe Sandsteinfelsen mit Mustern und Löchern und Dellen und Kanten. Schön.  Im Canyon selber stehen Bäume, wenn auch keine großen und auch nicht viele, ein paar Sträucher und Kakteen. Wir sehen ein paar Chipmonks (Streifenhörnchen) und Eidechsen.

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Inzwischen steht die Sonne hoch am Himmel, Schatten ist Mangelware. Außer man geht in einen der wenigen gaaaanz schmalen Seitenarme des Canyons. Der eine ist so schmal, dass man sich kaum umdrehen kann. An einer Stelle kommt man nur seitwärts weiter. Witzig. Und sehr beeindrucken, was Wasser und Wetter so alles hinbekommt. Kurz danach machen wir uns auf den Rückweg, erst wieder runter und zurück zu den Moppeds, dann zum Visitor Center. Das viele Wasser mag zwar gesund und wichtig sein, aber ausschwitzen reicht nicht.

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Wir schenken uns den Scenic drive durchs Nebental, auch wenn die Geschichte von Fruita ganz interessant klingt, Mormonen haben hier vor mehr als 100 Jahren eine Obstplantage angelegt und betreiben sie heute noch. Außerdem zeigen sie in den alten Häusern altes Handwerk. Aber das ist dann doch zu viel Kultur auf einmal.

Im Center ist eine schlaue Ausstellung über die Geologie hier, welche Gesteine wo sind, u.a. woher die schwarzen Steine kommen, die auf den Wiesen und hängen herumliegen. Es sind Rest von einem alten Vulkanausbruch, ca. 23 Mio Jahre her, wenn ich mir das richtig gemerkt habe. Gut gemacht.

Unser nächster Halt sind Petroglyphen, allerdings haben wir auch hier Pech, ein paar kann man sehen, aber auch hier ist der Weg gesperrt, diesmal nicht wegen Steinen sondern ein Baum ist auf den Weg gefallen. Ach, es ist zu warm um darüber zu klettern. Die, die wir sehen können, sehen aus wie Kinderkritzeleien und als ob jemand darauf geschossen hat. Was vermutlich jemand getan hat.  Ähnlich wie das Death Valley wird es nur dann beeindruckend, wenn man weiß, was es ist. Dass diese Kritzeleien uralt sind, von einem Volk, das es nicht mehr gibt.

Auf dem Rückweg wollen wir noch den Goosenecks Trail machen, der einen tollen Ausblick verspricht. Allerdings sind die Angaben unterschiedlich, während das Buch im Hotel von 1/10 mls sprich, ist es hier auf einmal 1 ganze Meile. Hm. Vermutlich kann man weiter rein fahren, aber dazu haben wir beide keine Lust, Schotter. Also mache ich noch ein paar Bilder von Landschaft, Landschaft und Landschaft. Am Ende haben wir beide genug von roten Steinen, so faszinierend diese Landschaft auch ist, so langsam wird es Zeit, ihr den Rücken zu kehren. Wir fahren nicht weit,  nur nach Loa.

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Loa ist komisch, es hat eine Schule, zwei Hotels, einen Supermarkt, eine aufgegebene Tankstelle, eine Bank, ein Court House, mindestens eine Kirche und Marias Cafe – auch aufgegeben. Alle Häuser haben eine riesige Fläche hinterm Haus, meistens steinig. Was macht man hier, wieso wohnt hier jemand? Farmer könnte ich ja verstehen, aber so viele ernährt das Land bestimmt nicht und für Tourismus ist es dann doch zu weit weg.  Irgendwie deprimierend und dass der Hoteleigner das Hotel gerne verkaufen möchte, macht es auch nicht besser. Im Hotel ist eine Pizzeria, aber viel versprechend sieht das nicht aus. Wir gehen zum Supermarkt, aber die Frischetheke ist schon zu. Also kaufen wir fertige Wraps und Käse, Salat und Turkey um sie zu pimpen. Picknick auf dem Bett. Hannah würde das Hotel bestimmt gefallen, auf fast allen Bildern sind Pferde zu sehen.

Basti: Heute hatte ich das erste Mal genug von Landschaft und Bildern. Der Spaziergang in die Höhenschlucht und die angeschlossene Klamm war super aber irgendwann ist es einfach „overkill“ mit all den Eindrücken. Renas Ausdauer beim Fotografieren ist beeindruckend, allerdings habe ich auf der Fahrt die Kamera im Rucksack, da wir kein Gepäck dabei haben (ist im Hotel) und so muß sie mir signalisieren ob sie anhalten und Bilder machen will. Ohne „Gegensprechanlage“ ist das schwer.

Aber nun geht es ja Richtung Norden und Salt Lake City, mal sehen was die Mormonen so zu bieten haben. Ich brauche zumindest wieder mehr Kurven, da mein Hinterreifen schon eine Kante hat von den vielen Geraden.

Dienstag, 25.Juni, Bryce Canyon – Hwy 16 – Torrey, 125 mls

Der Wecker klingelt um 5:30 Uhr (!), um kurz nach 6:00 Uhr sind wir wieder am Amphitheater im Bryce Canyon, etwas zu spät für den Sonnenaufgang, aber genau richtig für tolles Licht. Nachdem gestern die Sonne hinter Wolken war, ist der Himmel heute klar und die Hoodoos sind noch beeindruckender. Schreck in Morgenstunde – die Batterie der Kamera zeigt rot, sprich, sie ist so gut wie leer.  Ich fluche mehr oder weniger leise vor mich hin und werde sehr selektiv mit den Bildern. Ich habe mich immer noch nicht damit abgefunden, dass man nicht jeden Eindruck auf ein sprechendes Bild bannen kann, sei es weil wir daran vorbei fahren oder aber die Menge mehr ausmacht als ein einzelnes Bild wiedergeben kann oder das Licht fehlt oder aber eben die Kamera nicht mehr ausreichend Saft hat. Ich werde das Gefühl heute noch öfter haben…

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Nach dem wir in tollem Licht mit großartigen Eindrücken –in diesem Land gehen mir echt die Superlative aus!- vom Sunrise zum Sunset Point gegangen sind steigen wir ab. Es gibt einen Weg, der tief in die rote Steinwelt hineinführt und jetzt zeigt sich der zweite Vorteil des frühen Aufstehens: Wir sind alleine hier. Wo gestern Heerscharen von Touristen unterwegs waren, herrscht jetzt Stille, nur Basti und ich sind hier. Wir tauchen ein in eine aus der Nähe völlig andere Welt. Es geht in immer kleiner werdenden Serpentinen immer weiter runter, bis wir an einer engen Stelle auf fast ebenen Boden sind. Und hier wächst auch wieder etwas, um die Ecke kommend sehen wir erst einen Baum, dann immer mehr.  Irre. Und die Stille macht es noch einmal spannender, was besonders deutlich wir als wir auf einmal eine laute männliche Stimme näher kommen hören. Da waren zwei noch früher als wir uns sind bereits auf dem Rückweg. Wir schenken uns den Rest es Weges. Auf dem Anstieg versagt die Kamera endgültig, wir machen noch ein paar Bilder mit den Handies, aber irgendwie ist es auch gut so.

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Nach einem kurzen Frühstück sind wir auf dem Weg zurück zum Hotel um den Akku zu laden und selber vielleicht noch ein Nickerchen zu machen, es ist immerhin erst kurz nach 8:00 Uhr. Am Straßenrand stehen, wie auf dem Hinweg auch, Rehe, auf der einen Seite eine Mutter mit Kitz, auf der anderen Straßenseite ein paar mehr. Gut, dass keines der Tiere die Straßenseite wechseln will.

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Punkt 11:00 Uhr sind wir dann unterwegs auf dem Hwy 12. Was für eine Straße. Erst ist es quasi die Rückseite vom Bryce Canyon, man sieht von weitem die rote Kante. Aber die Landschaft rechts und links hat einen ganz eigenen Charme, weitere Tafelberge, eher ins weiß-gelbliche gehend.  Die Straßenführung ist super, mitten durch, dann wieder durch ein weites Tal. Am Anfang halte ich fast alle 5 min, ich glaube, ich habe keinen Scenic Spot ausgelassen. Aber das ist nur das Vorspiel und irgendwann habe ich mich daran gewöhnt. Bis wir um eine Kurve kommen auf eine ebene zufahren, deutlich unter uns, riesig groß, karg, weiße und rote Steine und einfach durch die schiere Masse beeindruckend. Steinfläche, so weit das Auge reicht.

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Ein zweites Mal tauchen wir ein, die Straße ist teilweise von oben zu erkennen, wir kurven uns hinunter in enge Schluchten und schmale Ecken, die Straße gerade irgendwie an den Hang gepackt. Wir werden von einem einzelnen Motorradfahrer und zwei Harley Fahrern mit Kindern begleitet. Mal sind wir vorne und die überholen uns bei einem unserer Fotostopps, dann fahren wir wieder an ihnen vorbei. Die Landschaft ist endlos genial und nein, wir halten nicht mehr überall. Ich will nicht sagen, dass ich satt bin, aber ich glaube einfach nicht, dass ein weiteres Fotos von hier oder dort einen Unterschied machen würde. Wahrscheinlich kann ich in einem Monat sowieso nicht mehr sagen, an welchem Halt ich welches Foto gemacht habe. Nur so ein paar, besondere, ganz weit oben oder ganz tief drinnen, da kann ich dann doch nicht wiederstehen.

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Von einem der Parkplätze fahren wir los, ich spendiere noch einen Blick zur Seite, da trägt mich eine Böe leicht in dieselbe Richtung. Es geht ganz tief runter, also korrigiere ich zur Straßenmitte hin. Nur – auf der anderen Seite ist genauso wenig und es geht genauso weit herunter. Ein Schild verbietet es, am  Straßenrand zu parken. Witzig, wer hier am Rand hält ist ganz schnell ganz weit unten und zwar auf beiden Seiten. Wer bitte baut Straßen genau auf einen Berggrat????

Nach ein paar weiteren Meilen sind wir dann auf einmal im Schwarzwald, alles grün, Birken und Wiesen rechts und links und Kühe auf der Straße. Und das alles nach einer langgezogenen U-Kurve. Was nervt ist der Bitumen auf der Straße. Und die eine Kuh, die sich nicht so recht entscheiden kann, ob sie über die Straße will oder nicht. Aber das ist auch alles, ansonsten ist die Straße super, das Wetter großartig und die Gegend phänomenal.

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Wir suchen uns ein Hotel in Torrey, auch wenn unser Plan sich morgen das Goblin Valley anzusehen schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt wird, die Frau an der Rezeption bestätigt, dass die Anfahrt 12 mls Schotterstraße beinhaltet. Och, nö.

Montag, 24.Juni, Kanab –Bryce Canyon, 122 mls

Der Tag beginnt mit einer Kuriosität, der Moosi Cavern, eine Höhle direkt nördlich von Kanab, in der ein alter Mormone seine Familiengeschichte erzählt und dafür Eintritt nimmt. Die Höhle ist innen weiß gestrichen und war mal eine Bar mit Tanzsaal. Jetzt führt er gesammelte Sachen vor, alte Indianersachen, Dinosaurierspuren, Steine, Familiendevotionalien, Filmplakate und erzählt über seine große Verwandtschaft. Sein Urgroßvater hatte ca. 40 Brüder und nochmal genauso viele Schwestern mit zum Teil haarsträubenden Namen. 5$ pP.

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Die Landschaft ändert sich, von rot-weißen eher spärlich bewachsenen Klippen ausgehend wird es bewachsener, es gibt mehr Bäume, Gras und dann auch gleich wieder Wildwechsel, diesmal mit beleuchtetem und blinkenden Warnschild. Die beiden toten Rehe am Straßenrand zeigen, warum. Neben der Straße mäandert ein Flüßchen, winzig, aber eine Zeitlang ist es die Virgin – der Fluß, der im Zion für Flash Floods sorgen kann. Kleine Kanten hat er schon, in 20 Mio. Jahren ist hier der nächste Grand Canyon.

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In Hatch machen wir einen Frühstücksstopp in einem sehr nett gemachten Cafe. Auf dem Tisch stehen ein paar Bücher zum Schmöckern, der Kaffee ist gut, das Essen lecker. Die Kellnerin trägt ein T-Shirt: „All man are born equal, only a few become fire fighters”. Vor dem Laden steht ein altes Feuerwehrauto.

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Wir sind bereits gegen Mittag am Hotel, werfen unsere Sachen ab und fahren in den Bryce Canyon. Die haben hier schon ein paar schöne Sackgassen gebaut. Ähnlich wie für den Grand Canyon gibt es für Bryce aber relativ wenig zu sagen, mir gehen schlicht die Superlative aus. Toll. Unglaublicher  Blick, sowohl nach unten in die „Hoodoos“ als auch in die Ferne – weites Land. Bilder, die sich einprägen, aber sehr schwer zu b eschreiben sind. Ein Meer von Sandsteintürmen und –türmchen und  -figuretten und –toren und was weiß ich. Ich könnte Stunden hier stehen und immer wieder neues entdecken. Anders als am Grand Canyon ist man näher dran. Wir fahren vielleicht 5 von den ganzen Viewpoints an. Zum Abstieg in die Hoodoos sind wir beide dann doch zu müde, auch wenn das Wetter eigentlich für einen ausgedehnten Spaziergang sprechen würde, es ist bewölkt, daher nicht so warm. Leider fehlt den meisten Bildern dadurch auch Licht, sie werden nicht ganz so plastisch. Aber als tolle Erinnerung taugen sie allemal, genauso wie die Souvenirs, die wir kaufen.

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Unsere Souvenirs müssen ja alle klein sein, das schränkt die Auswahl Gott sei Dank ein, sonst würde ich hier bei ein paar Sandstein-Platten oder Versteinerungen oder Büchern bestimmt schwach werden. So gibt es nur kleine Dinge, unter anderem eine Plakette für einen Wanderstab. Nein, ich habe keinen Wanderstab und will auch keinen haben, aber darauf ist Kokopelli abgebildet, ein Gott, der hier immer wieder in Bildern auftaucht, unter anderem auch an der Rezeption vom North Shore Inn in Overton. Er soll Glück bringen, davon kann man doch nie genug haben. Und  die anderen Sachen, die ich mit ihm drauf finde sind entweder zu groß oder kitschig. Ich finde schon eine schöne Stelle.

Die Legende sagt, dass früher im Bryce Canyon die Legend People gelebt haben, Vögel und andere Tiere, die aussahen, wie Menschen. Aber weil sie böse waren kam Sinawava, der Coyote God und hat sie verwandelt. Das ist eindeutig eine schönere Erklärung als das ganze geologische Kram – wobei auch das echt spannend ist, da man einigen der Steine quasi beim Zerfallen zusehen kann.

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Basti: Ich kämpfe seit zwei Tagen mit den Bildformaten, habt Geduld, in den nächsten Tagen kommen die Bilder zu Zion, Grand Canyon und Bryce.

So das ist jetzt auch wieder im Lot!!! Irgendwie hat Renas Kamera eigenständig die Bildgröße auf 5Mb geändert (waren das noch schöne Zeiten, als man nur Blende und Belichtungszeit einstellen konnte). Leider verschluckt sich der Blog an dieser Bildgröße, also habe ich 200 Bilder konvertiert.

Hier noch zwei Bilder von Bryce Canyon City: Ich nach einem ereignisreichen Tag und Magdeburg war vor uns da – hat den Wagen aber stehen lassen…….

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Sonntag, 23.Juni, Kanab – Grand Canyon NP, North Rim – Cape Royal – Kanab, 206 mls

Wir fahren ohne Gepäck – Hurra. Das fehlende Gewicht macht sich bemerkbar, beide Motorräder sind leichter zu bewegen. Das erste Stück bis Jacob Lake geht über fast 40 mls mehr oder weniger gerade aus. Arizona belohnt dafür mit raumgreifender Landschaft. Ja, wir sind wieder in Arizona, was mich hinsichtlich Uhrzeiten endgültig durcheinander bringt. Wie gut, dass es egal ist, wann wir wo sind.

Im Saloon Jacob Lake gibt es Frühstück und dann biegen wir in die Sackgasse zum Grand Canyon ab. Es wird kurviger, aber nicht sehr. Die Landschaft ändert sich, weniger deutliche Höhenunterschiede, mehr Pflanzen. Eben noch grün, fahren wir plötzlich durch ein abgebranntes Gebiet. Dann wieder, genauso plötzlich ist wieder alles grün. Birken, Kiefern, Wiesen, alles ganz lieblich, nur eben einfach mehr als in Deutschland. Deutlich mehr.

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Der North Rim ist zwar angeblich weniger besucht als der South Rim, aber als wir ankommen –okay, es ist Sonntag, ist schon ziemlich viel los. Wir gehen zur Angel Point und dann an der Kante entlang zu ein, zwei anderen. Da wir heute schlauer waren als gestern, haben wir Wasser und Bananen mit.

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Die Aussicht ist – keine Ahnung. Ich glaube das Wort „awesome“ wurde für den Grand Canyon erfunden.  Es ist viel. Tiefe, schmale Schluchten bis zum Horizont, manche steil, manche abgestuft, viele kahl, einige andere bewachsen. Ich könnte stundenlang stehen und gucken und würde immer wieder etwas Neues entdecken. Manchmal ist der Weg so schmal, dass ich gehen kann. Und ich kann stehen bleiben und runtergucken. Aber ich kann nicht beides. Wir versuchen ein paar Heldenfotos – witziger ist es, anderen zuzusehen und vor allem zuzuhören, wenn er auf einen weit in den Canyon ragenden Stein klettert und sie Panik kriegt. Ach, nicht fair, aber witzig. Unsere Heldenbilder sind dagegen harmlos, kaum vom Weg herunter. Die eine oder andere Böe macht mich trotzdem nervös.

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Nach dem North Rim machen wir noch einen Abstecher zum Cape Royal. Gute Entscheidung. Schöne Straße (trotz Geschwindigkeitsbegrenzung und ein paar fiesen Dellen), Ausblick mit Wasser, nette Leute. Die Straße führt an ein paar –Gott sei Dank wenigen – Stellen direkt auf den Canyon zu oder eng daran vorbei. Mich lenkt das ab, Basti sieht nur Asphalt.

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Angels Window ist ein riesiges Loch im Felsen, darüber ist ein Aussichtspunkt. Auf einer Bank im Schatten setzt sich eine  ältere Dame zu uns und irgendwie kommen wir ins Gespräch. Sie ist Französisch-Russisch-Amerikanisch, kann auch etwas Deutsch, ihre Vorfahren kommen aus dem Baltikum – ein bißchen erinnert sie mich an Tante Esly. Wir quatschen bis ihre Freunde vom Aussichtspunkt wieder kommen. Der Abstecher hat sich auf jeden Fall gelohnt, es war ein rundum schöner Tag.

Basti: Ich bin schuld, daß wir bei der Routenplanung die Nordseite und nicht die Südseite des Grand Canyon als Ziel festlegen. Und ich war vom ersten Eindruck erst mal enttäuscht.  Der Grund dafür ist meine mangelnde Vorbereitung, denn ich hatte einen Blick auf den Colorado River erwartet. Nichts desto trotz ist die Aussicht und die Lodge schon beeindruckend und lohnend. Die Lodge hat eine Lobby/Salon mit Panoramafenstern zum Canyon und riesige, gemütliche Ledersofas. So kann man den Ausblick auch bei Hitze und Kälte in Ruhe genießen.

Aber ich bin ja ein Glückskind und so gibt der Abstecher zum Cape Royal alles was ich mir erhofft habe. Die Aussichten unterwegs wie auch am Cape beeindrucken mich mehr als am Angel Point und ich sehe den Fluß! Also doch kein schlechtes Gewissen Rena in die falsche Ecke gelockt zu haben. Und damit sind wir am Wendepunkt, ab jetzt geht es wieder Richtung Norden.

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Samstag, 22.Juni, Overton – I15 – Hurricane – Zion NP – Kanab, 166 mls

Da sind wir wieder – und gleich mit drei Bundesstaaten und vielfältigen Eindrücken. Wir starten in Nevada und wollen erst einmal Strecke machen, also auf die Interstate. Als rechts und links an der Straße keine Casinos mehr angezeigt werden, ist klar, dass wir Nevada verlassen haben. Die Interstate wird dafür spannend, sie steigt leicht an und wird zur Sackgasse. Zumindest sieht es so aus, denn sie führt schnurstracks auf eine Felswand zu. Recht uns links davor sind Bäume, aber definitiv keine Interstate, ja, überhaupt keine Straße. Häh?

Je näher wir kommen, desto übermächtiger wird der Eindruck, gleich gegen die Wand fahren zu müssen. Die Fahrbahnen sind getrennt, so dass man nicht sieht, woher die Autos kommen, die einem entgegenkommen.  Die Wand kommt -fast bedrohlich- näher, ist bestimmt 100m hoch, vielleicht auch mehr – und dann macht die Straße einen Knick und verschwindet in einer Schlucht. Ich bin so klein hier. Rechts und links riesige steile Wände, beeindruckende Farben, viel Rot und braun. Mindestens fünf Mal, vielleicht auch öfter überqueren wir den Fluß Virgin, nur dass ich nie Wasser entdecken kann. Am Ende sind wir durch eine der Stufen in der Landschaft, die man hier immer schon von ganz weitem sieht weil sie so hoch sind, durchgefahren und kommen auf einer Hochebene am anderen Ende wieder raus. Hier gehen die Uhren anders. Nein, wirklich, die beiden Uhren, die ich am Straßenrand sehe, sind beide eine Stunde weiter als meine am Motorrad. Aber Arizona, der Staat, in dem ich mich wähne hat dieselbe Uhrzeit wie Nevada, zumindest am Hoover Dam, wo wir ja auch schon mal einen Fuß nach Arizona gesetzt hatten. Beim Kaffeestopp in Hurricane klärt es sich durch einen Blick auf die Karte: Wir haben nur die äußerste nordwestliche Ecke von Arizona gestreift und sind jetzt bereits in Utah. Okaaay.

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Unser Ziel heißt Zion National Park. Eigentlich wollen wir „nur“ durchfahren, aber die Ranger bieten einen Bus an, der auch hoch zum Temple of Sinawava führt. Da können wir ja mal mitfahren. Eine leichtfertige Idee, kurzentschlossen und schlecht vorbereitet springen wir in den Bus. Man soll ja Wasser dabei haben, das haben wir auf den Moppeds vergessen. Und Snacks, die haben wir gar nicht. Und Sonnenschutz, na immerhin haben wir uns vor dem losgehen eingecremt und ich bin sogar in dünne Hosen geschlüpft. Ich habe zwar immer noch die dicken Moppedschuhe und mein lange Unterhose an, aber eine ganz leichte Leinenhose darüber. Warm ist mir trotzdem.

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Wir steigen das erste Mal am Weeping Rock aus und gehen ein paar Meter, vielleicht 500m, allerdings ziemlich steil. Um uns herum hohe, steile rote Wände, ganz oben etwas weiß und wo immer es geht krallen sich Pflanzen am feuchten Stein fest.  Basti bleibt auf dem Weg nach oben auf einmal stehen, es riecht durchdringend nach Kirche. Am Wegesrand wächst ein Kraut das wie Weihrauch riecht. Einfach so.

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Der Weeping Rock ist eine riesige Felswand, leicht ausgehöhlt, von der Wasser hinunterläuft. Im Bus haben sie erklärt, warum, aber ich habe nicht ausreichend gut zugehört. In dem Gang ist es deutlich kühler, Wasser tropft von der Decke und man hat einen unglaublichen Blick in den Canyon.  Wieder im Bus laufen direkt vor uns zwei Hirsche? Rehe? Rotwild? Über die Straße. Meine Biokenntnisse versagen völlig. Die beiden haben jeweils ein dickes Geweih, weißes Fell und sind beeindruckend schnell auf der Straße und auch wieder weg. Der Zion eine riesige Sackgasse, der zum Ende hin immer schmaler. Wirklich dramatisch wird es wohl, wenn die Wände so eng werden, dass man im Virgin laufen muss um weiter zu kommen. Aber das schenken wir uns. Wir fahren zwar mit dem Bus bis ans Ende und gehen auch die Strecke bis es nicht mehr mit trockenen Füßen weitergeht, aber auf weitere Wanderungen haben wir beide keine Lust. Dafür sind wir nicht ausgerüstet, obwohl man Schuhe und Wanderstöcke hätte leihen können. Auch hier passen Motorradfahren und Wandern nicht zusammen.

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Also wieder zurück, auf’s Mopped und weiter.

Wir werden allerdings ein weiteres Mal überrascht. Der Weg schraubt sich in einigen wunderschönen Serpentinen zum Carmel Tunnel hoch. Der Blick ist umwerfend. Im fast wahrsten Sinne des Wortes, denn es sind einige Autos mit Tempo 10 mph unterwegs und geraten trotzdem auf die Gegenfahrbahn. Wenn die noch langsamer werden, falle ich um. Stattdessen überholen wir – nur um einmal, wenigstens einmal auch selber anzuhalten mit dem Versuch, die Szenerie auf ein Bild zu bekommen. Ich befürchte, das gelingt nicht ganz, denn so beeindruckend die Bilder sein mögen, hier durch zu fahren ist etwas ganz eigenes.

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Vor dem Tunnel ist Blockabfertigung, ich schmelze langsam vor mich hin. Im Schritttempo geht es dann hinein und 1,7 Meilen hindurch, mit ein paar wenigen Möglichkeiten, einen Blick nach draußen zu werfen. Auf der anderen Seite sind wir dann wieder in einer völlig anderen Landschaft. Waren wir bisher in den roten Bereich der hohen Felswände und eher untern unterwegs, sind wir jetzt oben und fahren zwischen den weißen Bereichen hindurch. Und dass ist dann der erste Moment auf dieser Reise, an dem ich eine Helmkamera vermisse. Denn  natürlich halten wir an. Und natürlich sind die einzelnen Eindrücke super. Aber was mich hier wirklich finanziert ist der Wechsel, hinter jeder Kurve schieben sich andere Kanten und Klippen in den Vordergrund, andere Muster, andere Platten, es ist ein bißchen wie eine versteinerte Märchenlandschaft, nur schroffer. Hier gibt es bestimmt Trolle, die man nur deshalb nicht sieht, weil sie sich so langsam bewegen, dass man sie mit Steinen verwechselt.

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Hier will ich ein paar Fahrbilder von Basti machen. Aber hin- und herfahren und wenden – da verlieren wir uns und so ohne weiteres geht das auf der kurvigen Strecke auch nicht. Endlich habe ich eine Idee – einfach, aber ich habe echt gebraucht, darauf zu kommen. Ich fahre einfach vor, Basti gibt mir Zeit und kommt dann nach. Die Landschaft hier ist so irre, da finde ich schon etwas. Gesagt, getan. Am Checkerboard Mesa halte ich gar nicht erst an, der Stein ist deutlich zu erkennen, aber die Straße so gerade. Eine Kurve noch, hier bestimmt – und da ist dann schon der Parkausgang. Selten so geflucht.  Okay, nächstes Mal habe ich die Idee gleich parat.

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Direkt hinterm Parkausgang gibt es eine etwas längere Pause, inklusive gekühlter Getränke. Wir haben zwar an den Busstopps Wasser getrunken und unsere Thermoskanne ist inzwischen auch leer, aber Durst habe ich immer noch.

Utah hält eine weitere Überraschung für uns bereit. Wir sind jetzt auf einer der Hochebene und so eng und kurvig es bis eben war – auf einmal kann man bis zum Horizont gucken. Links von uns geht es nochmal hoch, rechts von uns, allerdings weit entfernt, geht es runter. Der nächste Halt ist leider erst in einer Senke. Aber der Blick, vor allem im Kontrast zu den engen Schluchten im Zion ist phänomenal.

Der Zion ist in unserem Reiseführer relativ kurz behandelt und ich dachte heute wird nur ein Tag um von A nach B zu kommen. So kann man sich irren.

Basti: Der Zion Canyon hat mich mehr beeindruckt als Yosemite, so irre die schiere Größe von Yosemite ist, finde ich die Enge vom Zion und die Farben einfach spektakulär. Eine gute Meile hin und zurück wandern in Moped-Jeans und Stiefeln wenn alle anderen in Shorts und Turnschuhen oder Flip-Flops unterwegs sind, ist schon ziemlich dumm, aber dann die Helme nicht in der Sonne beim Moped liegen lassen zu wollen und mitzuschleppen (und das Wasser zu vergessen) ist dämlich. Ich zahle dafür mit viel Schweiß und mitleidigen Blicken.

Wunderschöne Serpentinen rauf zum Tunnel und die tragen ihre Autos um die Kurven…. Rena hat es ja schon erwähnt, aber ich rufe in meinem Helm – trotz durchgezogener Linie – Überhol doch bitte! Und dann immer wieder der eigene Zwiespalt, da die Entscheidung für ein Foto anzuhalten den Kurvenfluss stört, aber die Bilder sind es wert. Es kostet nur immer wieder Überwindung und ich merke, dass ich keinen Blick für das Umland habe, wenn die Strecke schön wird.

Nun sind wir in Kanab unsere Station für die nächsten zwei Tage. Viele Motels, ein paar Restaurants und ein Golfplatz, aber nur 80 Meilen vom North Rim des Grand Canyon entfernt. Es sollte also Morgen ein netter Ritt mit leichtem Gepäck werden 🙂

 

Freitag, 14. Juni, Las Vegas – Hoover Dam – Lake Mead – Overton, 143 mls

Raus aus Las Vegas geht erstaunlich gut und über die I515 sind wir bald schon am Hoover Dam. Was für ein Bau, inklusive Kunst am Bau. Mit einem Fuß sind wir in Nevada, mit dem anderen schon in Arizona.

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Dann geht es weiter, am Lake Meat, der durch den Staudamm entstanden ist, entlang. Wobei entlang echt relativ ist. Ja, laut Karte ist der See nur wenige Meilen entfernt. Sehen tut man ihn nach den ersten Kurven nicht mehr, nur noch Steine in allen Farben, schwarz, braun, beige, rot. Mondlandschaft und anders als Death Valley mit ziemlich weit entfernten Horizont. Flaches, ödes Land, soweit das Auge reicht.

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Beim Fahren geht es meistens nur darum, die Temperatur auszuregeln. So zu sitzen, dass möglichst viel Fahrtwind durch die Schuhe und Jacke kommt. Wenn ich das linke Bein von der Fußpedale um 45° nach hinten abwinkele kühlt es besser. Rechts geht das nicht, da ist der Auspuff im weg und lange halten kann ich das auch nicht. Wenn ich die Zehen nach unten strecke, kommt mehr Wind durch die Schuhe als wenn die Füße normal auf den Pedalen stehen. Und so probiere ich alles Mögliche aus, Hauptsache, es kühlt ein bißchen.

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Wir suchen uns relativ früh, bereits gegen Mittag, ein Hotel in Overton und warten die Mittagshitze ab. Dann fahren wir –in Jeans und ohne Gepäck- ins Valley of Fire. Das wiederrum hält, was der Name verspricht: Rotes, aufgetürmtes Gestein, von der Abendsonne angeleuchtet. Dann ist es wieder weiß, mit einer ganz harten Grenze, keine weichen Übergänge sondern von jetzt auf gleich weiß. Irre. Wir fahren durch ein enges Tal roten Gesteins auf ein Plateau. Im Hintergrund fast eine Fototapete, eine weit entfernte Gebirgswand. Zu wenig Licht um gute Bilder zu machen, aber eine beeindruckende Landschaft. Dass auf dem Rückweg fünf Steinböcke direkt vor uns auf die Straße laufen ist ein i-Tüpfelchen. Vier laufen nach links, einer nach rechts. Wir halten, fahren ganz langsam weiter, bis auch der rechte Bock wieder drüben auf der anderen Seite bei seinen Kumpels ist. Schöne Tiere. Es ist immer noch sehr warm, der Wind kühlt nicht sondern verteilt die warme Luft nur neu, obwohl es inzwischen schon fast dunkel ist.

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Auf dem Rückweg fallen mir die Maße in den Senken am Straßenrand auf, bis 6 feet hoch.  Mit dem Schild „Flooding“ machen sie Sinn – kommst Du mit Deinem höher gelegten Pickup noch durch das Wasser oder wendest Du Dein 08/15-Auto wieder?

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Donnerstag, 13. Juni, Las Vegas, 0 mls

Wie geplant schlafen wir bis zum Aufwachen. Dann planen wir den nächsten Tag, was unter anderem dazu führt, dass wir die Idee heute zum Hoover Dam zu fahren, ausfällt. Also haben wir nichts vor außer nichts tun. Was wir auch fast schaffen. Ich wasche meine seidene lange Unterhose, einer meiner wenigen Einkäufe für diese Tour. Aber sie hat sich auf jeden Fall gelohnt. Die Motorradhose direkt auf der Haut ist fies, normale lange Unterhosen wärmen – diese nicht. Teurer Kauf, war es aber auf jeden Fall wert.

Basti: Naja, nach einem faulen Vormittag werden wir dann doch noch aktiv und gehen wie angekündigt in den M&M Laden (4 Etagen), Gott sei Dank haben wir wenig Stauraum und Schokolade schmilzt in unserem Gepäck. Aber Rena überredet mich doch noch in eine Show zu gehen und wir einigen uns auf Cirque du Soleil, die insgesamt 6 verschiedene Shows in Las Vegas haben. Es wird eine neuere Produktion (die älteste läuft seit 9 Jahre) namens „KA“ die ausgerechnet hier im MGM Grand läuft – kurzer Weg! Ich bin echt beeindruckt. Abgesehen von der Artistik, die bei Cirque du Soleil immer großartig ist, haben die hier eine Bühnentechnik auf die Beine gestellt, dagegen war „Elisabeth“ in Wien simpel. Aber irre Technik ist nichts, wenn sie nicht entsprechend genutzt wird – und das schaffen sie wirklich! Eine beeindruckende Darstellung in 3 Dimensionen da der „Bühnenboden“ von Horizontal bis Vertikal in jedem erdenklichen Winkel gestellt, gedreht  und bespielt wird, mit dementsprechend beeindruckenden visuellen Effekten.

Ich finde Vegas nicht so schlimm wie das in Rena’s Beschreibung klingt, aber wirklich begriffen habe ich es auch nicht. Ich schiebe es auf den Kontrast zwischen Motorradfahren/Motels und dem maximalen Konsum, der hier in professioneller Präzision befördert wird. Es ist sicher ein Budget von $5000 und ein langes Wochenende nötig um sich dem vollends hinzugeben. Beeindruckt bin ich von Kleinigkeiten wie den kleinen Geschäften und Billigbuden zwischen den Megahotels – hatte mir das irgendwie noch glatter und glänzender vorgestellt.

Aber ist ja auch schon wieder vorbei, morgen geht es wieder früh los, damit wir der Nachmittagshitze etwas entfliehen.

Rena: Ach, ich finde Las Vegas auch gar nicht so schlimm, es erschließt sich mir nur nicht. Wobei die Show (und auch der M&M-Laden) mich dem Ganzen ein bißchen näher bringen. Beides hat mich auf eigene Art beeindruckt. Der Laden hat weniger Schokolade als gedacht, dafür alles, was der Mensch nicht braucht und man  mit den M&M-Figuren bedrucken kann. Inklusive…. Nein, das verrate ich nicht. Nur so viel: Ich habe zwei Dinge gekauft und beides ist nicht für mich. Und die Show war beeindruckend. Nicht zu beschreiben. Ein Schiffsuntergang zum Beispiel, danach Menschen unter Wasser, ca. 30m über dem Boden, langsam zum Meeresboden sinkend, inklusive der Luftblasen – und das alles mit Licht und Hintergrund und passenden Bewegungen am Seil – einfach nur irre gut gemacht. Hut ab. Und wenn man eine Stadt wie Las Vegas braucht um so etwas auf die Beine zu stellen, dann soll es wohl so sein.

Mittwoch, 12. Juni, Las Vegas, 0 mls

Gegen 22:00 Uhr schaffen wir es aus dem Zimmer und gehen erst einmal die Motorräder aneinander ketten. Und dann auf den „Strip“.

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Es ist warm, laut, bunt und voller Menschen. Muss man mal gesehen haben, heißt es – öh, ich nicht. Die Stadt erschließt sich mir nicht. Sebastian steckt $1 in einen einarmigen Banditen. Hm, okay und jetzt? Ich finde das nicht spannend, es animiert mich nicht dazu, mehr Geld reinzustecken, es ist einfach nicht meines.

Ich bin einseitig: Die Horde von ca. 30 Motorradfahrern, die den Strip mit 80 – 90 Km/h herunter donnert, einer davon im perfekten Wheelie über eine längere Strecke, finde ich das spannendste. Gefährlich, unverantwortlich, illegal. Aber einen Wheelie, also nur auf dem Hinterrad fahren, würde ich vielleicht auch gerne können. Ach, zumindest finde ich das eher zum Hingucken als die ganzen Mega-Hotels. Wir trinken etwas im Cesars Palace und gucken uns die Leute an.

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Viele der Mädels sind aufgebretzelt, die Jungs weniger. Oder vielleicht ist das deren bestes Hemd? Die Schuhe der Mädels sind entweder flach oder richtig, richtig hoch, genauso wie die Röcke, einige sind so kurz, dass man sie eigentlich auch weglassen könnte, andere gehen bis zum Boden. Am Straßenrand stehen verkleidete Menschen, einige kenne ich aus Filmen, die Transformer oder Mickey Mouse zum Beispiel, andere sagen mir gar nichts. Und dann ist da ein riesiger M&M-Laden, als wir vorbeikommen sind die gerade am schließen – da will ich vielleicht morgen mal rein. Gegen 1:00 Uhr morgens sind wir zurück im Zimmer, morgen ist ausschlafen angesagt.

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Mittwoch, 12.Juni, Lone Pine – Death Valley – Pahrump – Las Vegas, 228 mls

Der Wecker klingelt um 6:00, um 7:00 Uhr sind wir unterwegs. Lieber früh aufstehen als spät schwitzen. Oder so ähnlich. Basti fährt vor, sein Hinterrad ist von einer kleinen Wolke umgeben, er wirbelt Sand auf. Die Gegend wird langsam aber sicher zur Mondlandschaft, die Straße geht stur gerad aus und niemand außer uns ist unterwegs. Naja, fast niemand, bei einem der ersten Fotostopps am Straßenrand – ich mache mir nicht einmal die Mühe den Motor aus zu machen, geschweige denn den Helm abzusetzen- überholt uns ein Auto, das wir kurz darauf überholen, usw. Bis sie an einem der ersten View Points im Death Valley deutlich länger bleiben als wir. Es geht erst rauf und dann wieder runter und alles ist sehr einschüchternd, zum Teil natürlich wegen des Namens und des Rufes des Tales, den größeren Teil aber macht die Landschaft aus. Inzwischen bin ich vorne und wenn ich mich nicht ab und an im Rückspiegel versichern würde, dass Basti noch da ist (Ist er. Immer), würde ich mich sehr einsam fühlen. Die Welt hier ist lebensfeindlich, Steine und Sand. Beeindrucken aber unfreundlich.

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Wir halten zum Tanken in Stovepipe Wells.  Ja, auch unser Reiseführer sagt, dass Tanken im Death Valley teurer ist als sonst wo. Aber die Alternative wäre, wegen Spritmangels liegen zu bleiben, da die Moppeds nur eine Reichweite von  ca. 150 mls haben.  Dafür fällt ein höherer Preis bei unseren paar Gallonen gar nicht auf, zumindest nicht sehr. Inzwischen ist es 10:00 Uhr und der Kiosk hat über der Tür keine Uhr sondern ein Thermometer hängen. 100°F. Das geht doch noch, ist ja auch leicht bewölkt. Warm ist uns trotzdem und ich lobpreise meinen Mann für seine Weitsicht. Er hat in Seattle eine Thermoskanne eingepackt. Und so haben wir immer, auch hier im Death Valley, einen Liter schönes kühles Wasser dabei. Hat er richtig, richtig gut gemacht.

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Mit Fahrtwind geht es, im Stehen ist es unangenehm. Also beschließen wir zum einen, keine Bilder mehr zu machen (was ich nur fast durchhalte) und zum anderen die Strecke leicht zu ändern, nicht mehr  südlich / längs durchs Tal zu fahren sondern über die 190 den kürzesten Weg raus zu nehmen, bis zur Death Valley Junction. Wie gesagt, dass mit den Fotos schaffe ich nur fast, die erste –angekündigte- Ausnahme sind die Sanddünen hier unten, die zweite ist der Zabriskie Point.  Die anderen, die in Autos gekommen sind, steigen am Zabriskie Point noch ein gute Stück Weg einen Hügel hoch. Bestimmt ist der Blick in Tal phänomenal – einen Anstieg in der Sonne in den Moppedklamotten ist es uns beiden nicht wert. Was mich zu dem Gedanken bringt, dass ich gerne wieder kommen würde. Im Auto. Im vollklimatisierten Auto mit Kühlbox. Vielleicht sogar mit einer Übernachtung hier (Ja, geht), denn ich fahre an vielen Bildern und Eindrücken vorbei, es ist einfach zu warm zum Anhalten. Aber das hier abends oder nachts – bestimmt super. Aber nicht mit dem Mopped.

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Ich verzichte auch darauf, die Schilder mit „200 feet below sea level“ zu fotografieren, jeder Stopp schmerzt. Aber merkwürdig ist es schon, es fühlt sich immer noch an wie Hochebene, wenn man nicht weiß, wie tief man ist, es würde keinen Unterschied machen. Aber so stelle ich mir eine 30m Wassersäule über mir vor. Abkühlen tut das leider nicht, aber witzig ist es.

Und dann sind wir draußen.

Auf Death Valley Junction trifft der Begriff „tot“ eher zu als auf’s Tal selber. Eine aufgegebene  Tankstelle, ein ehemaliges Hotel, am Ende einfach nur eine Kreuzung mit ein paar fast verlassenen Häusern. Der kürzeste Weg nach las Vegas? Erste rechts, nächste links abbiegen.

Wir fahren durch schwarze Landschaften, Ash Meadows passt. Aber Ash Meadows Wild life refuge? Ich wundere mich, was hier wohl leben will, bis ich ein Warnschild mit Schildkröten sehe. Äääh? Auch das nächste Schild, mehrere Meilen weiter, irritiert mich erst einmal: „Flooding next 2 mls“. Aber nach meilenlangem Nachdenken (es geht stur geradeaus und gibt nichts Besseres zu tun), macht es Sinn: Wenn es hier mal regnet, dann bleibt das Wasser nirgends hängen, es versickert nichts, es rauscht einfach durch und dann kann so eine einsame kleine Straße schon mal unter Wasser stehen. Soll ich mir das wünschen? Zur Abkühlung wäre es bestimmt nett, hat aber wahrscheinlich den hohen Preis der Unbefahrbarkeit, was vermutlich einen langen Umweg für uns bedeuten würde. Also besser nicht.

Endlich gibt es Frühstück und zwar in Pahrump. Die Stadt nervt, kündigt sich großkotzig an und dann kommt erst mal lange, lange nichts. Zwei Geschwindigkeitsbegrenzungen, eine für asphaltierte Straßen (45 mph), die andere für nicht asphaltierte (25 mph).  Aber wer will hier schon abbiegen. Endlich, als ich schon fast dafür bin uns nur einen Schattenplatz zu suchen, Wasser zu trinken und Kekse zu frühstücken, da kommt Zivilisation in Sicht: Home Depot. Und dann auf der anderen Seite das klassische amerikanische Einkaufszentrum.  Wir machen eine lange, klimatisierte Pause. Der TomTom sagt noch 1h bis zum Ziel. Aber diese Stunde zieht sich. Die Straße ist gerade, stark befahren und scheiß-heiß. Hatte ich gehofft, dass es nach dem Death Valley kühler wird? Es wird vielleicht nicht ganz so warm wie da unten, aber inzwischen haben wir Mittag und ich nutze jede Chance zur Lüftung. Alle Reisverschlüsse sind offen, so dass der Fahrtwind hinein kann. Nur das Visier muss leider zubleiben, ein offenes Visier kühlt zwar, aber die trockene, heiße Luft bringt Sand mit und mit Kontaktlinsen und trockener Luft habe ich eh‘ schon meine Schwierigkeiten, da kann ich nicht noch Sand brauchen. Aber irgendwie geht es. Noch 40 mls – 1/3 geschafft. Noch 30 mls – ½ geschafft. Ich erhasche meinen ersten Blick auf Las Vegas, eckige Bauten im weit entfernten Tal. Noch 20 mls. Noch 15 mls. Der Verkehr nimmt zu, auf einmal sind wir in der Großstadt, die Einfallstraße ist 8Spurig, an manchen Stellen auch mehr. Die Häuser rechts und links sind trist, hier wohnt vermutlich wer in las Vegas einen schlecht-bezahlten Job hat, Hauptsache nah und klimatisiert. Vor allem klimatisiert. Zielsicher finden Basti und der TomTom das Hotel (MGM Grand) und dann sind wir im Parkhaus, Schatten, Wasser, alles wird gut.

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Aber erst müssen wir den Hoteleingang finden. Und dann muß Basti 30min Schlange stehen zum Einchecken. Aber dann, dann endlich gehe ich unter die Dusche. Der feine Sand knistert ein bißchen. Am rechten Handgelenk, da wo der Handschuh nicht mehr und die Jacke noch nicht ist, habe ich einen dunklen Streifen, fast einen Sonnenbrand. Mein Kopf dröhnt von der Musik und den vielen Leuten in der Eingangshalle. Die Cola aus der Minibar kosten  $4, aus der Vendormachine auf dem Flur immerhin nur $3. Mein Luxus? Basti hat ein Nichtraucherzimmer genommen und während ich mir auf dem Bett eine Auszeit gönne, geht er rauchen. Und Getränke jagen. Ich bekomme privat room service während wir auf die Dunkelheit warten um uns die Stadt anzusehen.

Basti: So, genug Pause gemacht. Bevor wir im Hotelzimmer „versauern“ geht es jetzt am kühleren Abend zumindest noch ein wenig über den „Strip“. Fotos und etwaige Vegas Kommentare also erst später…….

Ist nach Mitternacht geworden, daher erst jetzt die Fotos. Weitere Bilder und erste Eindrücke von gestern Abend dann im Laufe des Tages.

Dienstag, 11.Juni, Bridgeport – Monolake – Bishop – Lone Pine, 182 mls

Heute ist der Tag der nicht gefahrenen Schotterpisten. Wir sind ja gestern bis Bridgeport gefahren um entweder auf dem Hinweg oder eben heute in eine Geisterstadt zu fahren. Im Prospekt steht, dass die letzten 3 Meilen bis dahin nicht geteert sind. Hm. Wir gucken uns das mal aus der Nähe an. 10 mls hin und 10 mls unverrichteter Dinge wieder zurück. Nicht geteert heißt in diesem Fall Schotter, garniert mit ein paar Böen, dazu haben wir beide keine Lust. Es gibt noch mehr Geisterstädte auf der Strecke, Bodie wird es nicht. Die Landschaft hier ist unwirtlich, karg, steinig, keine hohen Pflanzen, alles eher braun als grün. Trotzdem sehe ich eine riesige Schafherde neben der Straße. Ich möchte hier nicht leben müssen. Auch in Bridgeport standen einige Häuser leer, bzw. zum Verkauf.

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Zurück auf dem Hwy 395 – nicht wieder zu erkennen. Der Himmel ist blau, die Sonne lacht, ein paar Schäfchenwolken und die paar Böen reiten wir locker ab. Ist das wirklich dieselbe Strecke wie gestern? Manchmal, wenn sich eine Wolke vor die Sonne schiebt und schlagartig alles dunkler und noch abweisender wird, dann könnte ich mir vorstellen, dass ich hier gestern um jeden Meter gekämpft habe. Aber sobald die Wolke wieder weg ist, ist alles nett und wir fliegen mit 70 mph durch die breiten, gut ausgebauten Kurven. Bis zum ersten View Point auf den Mono Lake. Stopp. Wau – was für ein Blick. Der See schimmert blau-weiß, die Berge grau, ein paar Wiesen grünlich.

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Hoffentlich ist wenigstens eines der Bilder etwas geworden, vielleicht sogar das mit der UFO-Wolke. Weiter geht es bis zum Seeufer, Salzablagerungen und Tuff gucken. Durchaus beeindruckend und wieder machen die Farben und das Licht viel aus. Schön.

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An der Tanke treffen wir zwei Deutsche auf Motorrädern, die aus der Richtung –Death Valley- kommen, in die wir wollen. Wir kommen –wie immer- ins Gespräch. Und ja, ich kann nicht anders als straheln, wenn ich erzähle, dass wir zwei Monate haben und davon gerade mal erst drei Wochen rum sind. Beneidet mich, Jungs, genauso wie um unsere Motorräder (die beiden fahren Miet-Harleys).

Laut Reiseführer sind die schönsten Tuffgebilde im Süden des Mono Lakes, am Navy Beach. Also fahren wir dorthin. Oder besser, wir versuchen es, denn auch hier enden wir an einer Schotterstrasse. Und auch hier ist sie länger als ich gewillt bin für ein paar Tuffformationen über Schotter zu fahren. Vielleicht ohne Gepäck. Vielleicht bei weniger Wind. Vielleicht mit einer Enduro. Vielleicht nächstes Mal mit dem Auto.

Zurück auf den Highway geht es den Rest des Tages mehr oder weniger gerade aus. Dafür ist der Blick phänomenal. Klein kann dieses Land nicht. Die Berge sehen zwar aus wie schlechte Fototapete, sind aber echt. Die Landschaft sieht aus wie aus einem schlechten Western, ist aber echt. Selbst Bishop, die Stadt, in der wir Mittagessen, sieht aus, wie man sich eine Stadt vorstellt, die wohl hauptsächlich vom Durchgangsverkehr lebt. An der Hauptstrasse sind nur Motels und Diners, plus anfangs ein paar Tankstellen und Reparaturen. Plus ein Casino.

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Sobald wir aus der Stadt raus sind, fließt der Verkehr wieder mit 60 – 70 mph vor sich hin. Wobei, es ist immer mal wieder ein Auto oder ein Laster, den wir oder der uns überholt. Überholen dauert ewig weil die Geschwindigkeitsdifferenzen nie sehr groß sind. Eine Zeitlang fahren wir zu viert, ein weißer Pickup, ein roter SUV und wir beide, alle in ähnlicher Geschwindigkeit, mal ist der ein, mal der andere vorne aber eigentlich gibt sich das nichts. In diesem Land, mit diesen Strecken beginne ich zu verstehen, dass ein Cupholder ein wesentliches Feature ist und nicht nur „Nice to have“, ganuso wie eine Cruise Control und eine Aircon – eben alles, was Dir lange, langweilige Fahren geradeaus erträglich macht.

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Am Straßenrand wird immer wieder vor Rotwild gewarnt. Meistens haben die Tiere auf den Schildern kein Geweih und springen von rechts nach links. Dann kommt eins, da steht das Viech nur rum und hat plötzlich ein Geweih. Was will mir das Schild sagen? „Caution, these elks have antlers?“ Ein paar Meilen später dasselbe Schild, allerdings guckt der Hirsch jetzt in die andere Richtung. Glaube ich. Aber ich werde garantiert nicht zurückfahren um es zu überprüfen. Das nächste Schild hat gar kein Piktogramm mehr sonder sagt nur „Elk“. Ob hier alle Schilder einzeln gemalt werden?

Auf jeden Fall darf man in US für’s Autofahren kein Analphabet sein. Ständig stehen Schilder am Strassenrand, die gelesen werden wollen. Selbst die Speedzones sind mit Text, nicht wie bei uns einfach eine Zahl und am Ende der Beschränkung ist die Zahl durchgestrichen. Nein, Speedzone ahead“ und Speedzone start“ und „Speedzone end“ oder „ Speedzone when flashing“ oder „Speedzone when Children around“. Wie gesagt – nix für Analphabeten. Zudem die Jungs hier auch wenig mit Verboten arbeiten. Meistens beschreiben die Schilder eher, was auf Dich zukommt. Was Du damit machst, ist dann Deine Sache.

Gegen 4 sind wir in Lone Pine, suchen uns ein Motel und geniessen die Aircon. So kalt wie es gestern war, so warm ist es heute. Wir warten bis die Sonne etwas gesunken ist um uns Lone Pine ein bißchen anzusehen, vielleicht ein paar Bilder zu machen und etwas zu essen.

Als ich in einem laden nach einer Nevadakarte frage, beschreibt mir die Frau an der Theke ganz freundlich den Weg ins Death Valley, nach dem Motto: nicht zu verfehlen. Aber ich brauche keine Wegbeschreibung, denn erstens ist Las Vegas sogar noch auf meiner California-Map. Zweitens ist hier alles gut ausgeschildert. Drittens will ich aus Veags auch irgendwie wieder raus und viertes sind Maps einfach auch eine großartige Erinnerung. Ich mag Straßenkarten – auch wenn ich nicht pfleglich damit umgehe, was man der aktuellen California-Map leider durchaus ansieht. Aber noch hält sie.

Montag, 10.Juni, Fishcamp – Yosemite Valley – Tioga Road – Bridgeport, 138 mls

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Beim Eichhörnchen, das Sebastian heute Morgen fast überfahren hat? Beim Paradies oder in der Hölle? Beides leicht übertrieben,  aber wir haben es wieder einmal durch mehrere Klimazonen geschafft. Was ein Ritt.

Das teuerste Motel hat die schlechteste Dusche. Das Wasser drippelt und entweder es ist kalt oder ich verbrenne mich fast. Dann suche ich –vergeblich- nach meinem zweiten Seidenhandschuh. Daß ich den heute noch schmerzlich vermissen würde, hätte ich auch nicht gedacht. Der Rest des Aufbruchs ist Routine und das Eichhörnchen zeigt nur, dass wir wirklich tief im Wald geschlafen haben.

Vor dem Eingang in den Yosemite Park ist bereits eine Autoschlange. Meine Hoffnung, Montagmorgen würde der Wald etwas leerer sein, entpuppt sich als Trugschluss. Wahrscheinlich sind wir dafür ein paar Stunden zu spät. Also geht es in korrekten 35 mph den Berg hoch und dann wieder herunter. An den teilweise wirklich dramatischen Ausblicken stehen immer schon eine Vielzahl von Autos. An einen oder zweien halten wir trotzdem, andere lassen wir trotz Dramatik aus.

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Yosemite Valley selber ist im Prinzip eine riesige Einbahnstraße, zum Teil sogar zweispurig, mit vielen Parkmöglichkeiten rechts und links. Am Wochenende schiebt sich hier bestimmt eine einzige große Autokolonne hindurch, ich finde es auch so schon voll genug.

Wir halten an den Bridal Falls, mit dem Auto hätten wir vermutlich keinen Parkplatz mehr bekommen. Woran wir nicht gedacht haben, diese Falls sind auf der südöstlichen Seite der hohen Granitwände. Gegenlicht. Also weiter. Der nächste Stopp ist an einer Wiese, sattes Grün, dahinter die Felsen. Ja, so könnte ein vergessenes Paradies ausgesehen haben – bevor die Tourismus-industrie das Tal entdeckt hat. Wobei da zwei Herzen in meiner Brust wohnen. Auf der einen Seite kann ein Paradies nicht mit dem Auto befahrbar sein. Nicht mit einen klimatisierten SUV bis vor die Tür fahren, aussteigen, Foto machen, weiterfahren. Auf der anderen Seite würden wir diese Naturschönheit auch nicht sehen, wenn es nicht die Straße direkt bis zu den schönsten Punkten geben würde. Und trotzdem, auch Motorradfahren und Yosemite passen nicht zusammen.

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Das nächste Mal – falls es ein nächstes Mal geben wird – will ich eine Woche mit dem Campmobil hier sein und wandern. Frühmorgens einen Oneway-Shuttle bis zum Glacierpoint nehmen und dann den Rest des Tages runter ins Tal wandern. Oder einen der Trails im Tal ausprobieren. Oder einfach am El Capitan sitzen und den Kletterern aus Camp 4 zusehen. Heute ist keiner in der Wand zu sehen – könnte am Wetter liegen.

Wir verlassen das Tal und schrauben uns die Tioga-Strasse hoch. Es wird leerer – wie schön. An einem Fotostopp hält ein Harleyfahrer aus der Gegenrichtung, wir kommen –wie immer- ins Gespräch. Es würde ein bißchen nieseln da oben. Okay, kein Ding – allerdings ist er ein paar Stunden vor uns dort oben. Das ist vielleicht das heutige Motto, wir sind immer etwas zu spät. Ein paar Meilen hängen wir hinter ein paar Autos, bis die erste Gelegenheit zum Überholen kommt, eine von vielleicht fünf auf der 40 mls-Strecke. Wir schrauben uns höher und höher, an vielen tollen Blicken fahren wir vorbei, zum einen weil ich sie zu spät sehe (ich fahre heute vorne) oder er ist so voll (wie dumm, das verspricht doch gerade einen guten Blick) oder wir haben kurz vorher gehalten. Eine Zeitlang fahren wir jenseits der Baumgrenze, 9.000ft und mehr und der Blick ist fantastisch.

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Allerdings ist es inzwischen auch ziemlich kalt, wir haben zwar schon eine Schicht mehr an, aber es ist wirklich kalt hier. Kalt kalt. Und das in Sommerhandschuhen. Der angekündigte leichte Regen hat sich inzwischen deutlich verstärkt. Basti zieht seine Regenkombi an, meine ist ganz unten in der Gepäckrolle, denn wir fahren ja in die Wüste, die brauchen wir sobald nicht mehr. Oh, sch***. Augen zu und durch. Auf der Straße liegt etwas. Hm. Das ist kein Schneematsch. Das kann kein Schneematsch sein, das darf nicht. Aber so wie das beim Auto vor mir wegspritzt, fällt mir nichts anderes ein. Schneematsch also. Meine Hände sind inzwischen eiskalt, die linke halte ich immer wieder an den warmen Motor, aber die rechte muß am Gasgriff bleiben. Kalt. Ich hatte schon fast vergessen, wie sich nasse Füße anfühlen. Kalt. Fantastische Blicke rechts neben mir, ein riesiges Tal, Felsklippen. Kalt. Kamera unter der Regenhaube, klamme Finger – das wird eh nichts. Also weiter. Kalt. Die Landschaft ändert sich, bekommt Seen und Hochwiesen. Kalt. Die Strasse wird abschüssig, ja, laßt mich runter ins Tal, aber dann geht es wieder bergauf und es ist kalt. Kalt. Kalt. Hatte ich erzählt, dass ich im Yosemite Valley in dünnem T-Shirt geschwitzt habe? Das sind mindestens 25° Temperaturunterschied. Ich dachte, ich hätte Sommerurlaub gebucht, aber hier oben liegt rechts und links noch Schnee, nicht mehr viel, aber ein paar Schneefelder kann ich zwischen den Tropfen auf dem Visier und dem leichten Beschlag erkennen. Und die Sommerhandschuh haben natürlich keine Gummilippe wie meine regenfesten, die irgendwo in unserem Gepäck liegen. Und wo sind meine Seidenhandschuh, die ich wenigstens drunter ziehen könnte?  Nach einer gefühlten Ewigkeit von ca. 15mls sind wir so weit bergab gekommen, dass es aufhört zu regnen. Als wir den Nationalpark am anderen Ende verlassen, scheint sogar stellenweise die Sonne. Kurz hinter dem Tor halten wir an. Ich kann meine Finger richtig bewegen, aber nach ein paar herzhaften Flüchen geht es wieder. Ups, das Paar neben uns sind Deutsche, haben aber Verständnis.

War der Park bis auf die Strecke jenseits der Baumgrenze eher grün und lieblich, ändert sich das hier auf der Ostseite dramatisch. Die Felsen sind braun oder weiß, sehr karg, sehr dramatisch.

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Die Sonne wärmt ein bißchen und der Wind bläst meine Kombi langsam trocken, Äh, langsam war die Aussage. Laaangsam. Und nicht in stürmischen Böen, die mich fast vom Mopped wehen. Aber nein, es verweht mich ein paar Mal ziemlich nah an den Randstreifen, so dass ich mich eher langsam den Berg herunter mache, in der Hoffnung, dass unten alles besser wird.

Wir tanken am Monolake. Basti zieht die Regenkombi aus. Es weht auch hier ziemlich kräftig, aber nicht mehr so böig. Damit kann ich umgehen. Vielleicht hätte es uns zu denken geben sollen, dass die beiden Motorradfahrer, die aus der Richtung gekommen sind, in die wir wollen, auch an der Tanke ihre Regensachen ausgezogen haben. Dann fahren wir über den Hyw 395 an der westlichen Sierra entlang und ich habe zwischendurch drei Wetter im Blick. Vor und östlich von uns Regen, westlich Weltuntergang und hinter uns Sonnenschein. Bestimmt ist die Landschaft beeindruckend, aber es verschwindet alles unter einem Regenschleier. Hatten wir heute doch schon mal. Nur dass hier noch heftige Böen dazukommen. Wir fahren beide in ständiger Schräglage und steuern gegen den Wind nur um von einer Böe doch weiter zum Randstrand versetzt zu werden. Man darf hier 65mph fahren – keine Chance. Ich bin froh, wenn ich 50 mph schaffe, manchmal ist es noch weniger. Basti, der hinter mir fährt macht in einer Kurve den Warnblinker an – den Autos machen der Wind deutlich weniger zu schaffen als uns, die brettern an uns vorbei. Kopf einziehen, durchhalten. Anscheinend haben die öfter hier so ein Wetter, an der Strasse steht ein Schild, dass man auf den nächsten 2 mls mit heftigen Böen rechnen muß, wenn die Lichter blinken. Sie blinken und ohne das Schild hätte ich das bestimmt nie nicht bemerkt. Bißchen spät, Jungs, ich kämpfe hier schon länger.

Obwohl es irgendwann aufgehört hat zu regnen, fahren wir an Bodie Town, einer verlassenen Stadt, die wir uns ansehen wollen, vorbei. Morgen muss reichen. Stattdessen fahren wir direkt zum Motel, holen unserer Schlüssel und – waschen.

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Das erste Mal im Leben in einem öffentlichen Waschsalon. Während die Wäsche sauber wird, gehen wir ein bißchen durch Bridgeport, während sie trocknet essen wir etwas. Und dann –endlich- fallen wir tot ins Bett. Also Basti fällt. Während er fast leise vor sich hin döst, schreibe ich Blog. In der Abenddämmerung wird das Licht nochmal phänomenal. Bridgeport ist umzingelt von Bergen, manche schneebedeckt oder zumindest mit Schneefeldern, und über ein paar von ihnen hängen dunkle Wolken (die morgen hoffentlich alle weg sind). Morgen fahren wir zurück – ich freu mich drauf- um uns Bodie Town und Monolake anzusehen und dann langsam unseren südlichsten Punkt zu erreichen.

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Basti: Ja stimmt alles! Ich habe ein schlechtes Gewissen, denn ich kann mir vorstellen wie Rena friert und habe die Regenkombi an. Obwohl ich an den Händen nicht besonders kälteempfindlich bin pieksen auch mich tausend Nadelstiche vor Kälte. Auf der windigen Strecke zwischen Mono Lake und dem Hotel fluche ich manchmal, wenn Rena auf 35mph abfällt, weil ich die Autos im Rückspiegel heranfliegen sehe. Glücklicherweise hat die Straße viele zweispurige Überholsektionen, normalerweise nutzen wir die um Autos, Wohnmobile und LKW zu passieren – diesmal bin ich froh, daß wir uns rechts halten können und der Verkehr an uns vorbeirauscht. Ich habe ständig einen Bericht im Kopf von einem Motorradfahrer der bei Starkwind in Hamburg auf der Köhlbrand-Brücke umgeweht wurde. Es ist gut, daß Rena vorfährt, ich will nur noch ankommen und wäre das eine ums andere Mal sicher zu schnell gewesen.

Ach ja, noch ein kleiner Herz-Aussetzer meinerseits noch auf der sonnigen Seite in Yosemite. Rena hat ja schon geschrieben, daß sie heute vorfährt und die Fotostopps Sekundenentscheidungen sind. In einer Bergauf-Rechts ist auf der linken Seite ein toller Stopp, leicht erhöht über Straßenniveau. Rena blinkt fährt aber fast an der Einfahrt vorbei nur um dann im letzten Moment endlich einzubiegen. Für mich sieht es so aus, als fährt sie eher die Böschung rauf als auf der geteerten Einfahrt und ich warte für einen Moment darauf, daß sie wie ein Motocrosser auf den Parkplatz springt und 3 fotografierende Asiaten ummäht. So dramatisch ist es dann aber nicht und wir bekommen einen super Ausblick in ein weites Tal.

Bitte warne mich vorher wenn Du Stunteinlagen vorhast!!!

Rena: Ich mähe keine Asiaten um.

Sontag, 9. Juni, Merced – Fish Camp – Glacier Point – Fishcamp, 185 mls

Nachdem mir gestern Abend immer mal wieder laut tutende Züge durch‘ s Bett gefahren sind, höre ich heute, vor dem Motel sitzend, nur Vögel. Was für ein Kontrast. Von Motel zu Motel waren es nur 80 mls, selbst mit einer etwas längeren Pause waren wir in 2h da. Wir haben unser Gepäck abgeschmissen und haben uns zum Südeingang des Yosemite Parks aufgemacht.

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40 kurvige Meilen später sind wir am Washburn Point und erhaschen den ersten Blick auf den Half Dome mit dem Tal davor. Sehr beeindruckend. Zudem wir auch Glück mit dem Licht haben.

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Ein paar weitere Schwünge sind wir am Glacier Point, ähnliche Aussicht, aber mit sehr viel mehr Menschen, die hier herumwuseln. Der Blick ist weit, beeindruckend und durchaus unterschiedlich, je nachdem in welche Richtung man schaut. Okay, alles Granit, aber mit Wasserfällen und Farbschattierungen und Buckeln und Hügeln. Und eben dem majestätisch über allem thronenden Half Dome. Ich könnte hier ziemliche lange rumstehen und nur gucken, wenn es nicht so heiß wäre.

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Wir fahren zurück und halten am Visitors Center, wo ein paar alte Holzhäuser mit Beschreibungen stehen, leider schon alle zu. Trotzdem gut gemacht und ich muss das erste Mal seit langem an die Arbeit denken: Das Powderhaus hat Sand im Dach als Feuerschutz. So simple Methoden könnten wir heute nicht mehr anwenden, aber damals war es bestimmt genau das richtige.

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Bevor wir den Park verlassen, fahren wir noch zum Mariposa Grove, andere Sequoias als an der Küste gucken. Es ist später Nachmittag und auf ein paar der Bäume scheint genau die Sonne – schönes Licht. Und ja, der Grizzly Giant ist beeindruckend – aber viel spannender finde ich die Spuren des letzten Waldbrands auf dem Weg dahin. Die Sequoias selber brennen nicht besonders gut, man sieht Riesen, die unten angekokelt sind und oben grün sind.

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Später Nachmittag, ich sagte es bereits. Wir sind viel gefahren, aber noch sind wir nicht fertig, denn der Deli in Fish Camp hat bis 18:00 Uhr offen – wir sind 15 min zu spät. Also fahren wir weitere 15 mls runter und wieder rauf um in Oakhurst (wo wir auch Mittag gegessen haben) zu tanken, Essen zu gehen und ein paar Getränke zu besorgen, denn wir haben nichts mehr. Das letzte Wasser haben wir auf der einen Meile zum Grizzly Giant getrunken. Aber das Essen ist lecker, die Kurven sind nett, der Verkehr ist weg und ich bin zwar müde, kann die Fahrt aber noch genießen.

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Das Motel ist eines der teuersten und schäbigsten zu gleich – Lage, Lage, Lage sagt da der Immobilienfachmann und freut sich einfach an der Stille. Die Ninja knackt noch ein bißchen beim Abkühlen, ich höre ein paar Stimmen aus anderen Zimmern und ansonsten – Vögel.

Samstag, 8. Juni, San Francisco – Merced, 134 mls

Rena: Das wird kurz heute. Es war warm. Sehr warm. Ganz doll sehr warm. Wärmer als Redding oder Red Bluff. Internet sagt über 40°, glaube ich sofort. San Francisco war noch okay, Bay Bridge eher frisch und ab da wurde es einfach nur sehr, sehr, sehr warm. Heiß, quasi. Wir sind Highway gefahren um uns nicht mit den ganzen Städten hier zu quälen und morgen eine möglichst kurze Strecke zum Yosemite Park zu haben. Zwei Pausen, eine zum Tanken, eine zum Essen; beide zum Trinken und Abkühlen.

Tja, San Francisco war ein Wendepunkt in unserer Reise. Wenn bisher das Motorradfahren im Vordergrund stand, ist es jetzt eher Sightseeing. Von der Strecke her kann ich auf gerade Wüstenstrecken gut verzichten, aber kann ich in Califonia gewesen ohne Las Vegas und Grand Canyon gesehen zu haben? Äähhh. Ja. Basti, laß uns umkehren und die 1 rauf und runter fahren. Bitte.

Basti: Sorry, Du hast das volle Paket gebucht….

Die 580 aus der Stadt raus, Gott sei Dank war es Samstag und daher nur wenig Verkehr in der Stadt. Es ist immer schwer in einer großen Stadt „Kolonne“ zu fahren und sich nicht zu verlieren. Dann auf die 205 bis Modesta und dann auf die 99 bis Merced. Es war gut das Hotel diesmal vorzubuchen, denn es war ausgebucht als wir gegen drei dort ankamen. Und ich wollte nicht länger unterwegs gewesen sein, denn Rena hat recht, es ist sehr warm und nur die Reisegeschwindigkeit auf dem Highway macht es irgendwie erträglich – wie ich an der ersten Ampel nach der Abfahrt sehr schnell feststellen darf. Laut Wettervorhersage soll es morgen so bleiben und dann auf 35°C abkühlen. Ich hoffe auf die Höhenzüge von Yosemite. Jetzt müssen wir noch planen wie wir durch die 45°C nach Las Vegas kommen ohne wie Dörrfleisch auszusehen. Der Service hat den Mopeds gut getan und bis auf die Ölablassschraube von der BumbleBee ist auch alles gut. Die habe ich heute Abend festgezogen und wir werden es beobachten. Für Fotostops war kein echter Grund und auch wenig Motivation, wir wollten einfach nur im Hotel mit Klimaanlage ankommen!

Freitag, 7. Juni, San Francisco, 5 mls

Heute klingelt wieder der Wecker und wir gehen zu Fuß zur Bay, zum Fort Manson, von wo früher die US-Truppen verschifft wurden. Eigentlich soll es von hier einen tollen Blick auf die Golden Gate geben, die hat sich allerdings im Nebel versteckt. Wir gehen weiter zu den alten Schiffen, gucken ein bißchen und machen uns dann auf den Weg zum Ende der Lombard Street.

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Es geht steil bergauf.  Als wir viele Leute auf der Straße stehen sehen, wissen wir, dass wir richtig sind, es sind Touristen, die die S-Kurven und die Blumenbeete, die diese S-Kurven formen fotografieren. Natürlich machen wir auch ein paar Bilder und gehen dann hoch. Nette Häuser, die hier stehen, aber wie am Rhein darfst Du es nicht eilig haben raus zu kommen.

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Dann geht es zurück zum Motel, wir holen unserer Handschuh und suchen uns dann ein Taxi. Die kann man hier nicht rufen sondern hält sie an der Straße an – gar nicht so einfach, wenn alle die vorbeikommen besetzt sind. Irgendwann hält eins und dann haben wir unsere Moppeds wieder. Die 5 mls sind der Weg zurück zum Motel  inklusive der Probefahrt der Werkstadt.

Dann gibt es den zweiten Teil vom Sightseeing auf dem Hop-on-Hop-off-Bus. Er fährt eine leicht andere Strecke, so dass wir noch das alte Fährhaus und die Bay Bridge aus der Nähe sehen. Bei diesem Tourguide ist die Bay Bridge übrigens der neidische Bruder. Der Brücke dürfte es egal sein.

Angeblich hat San Francisco mehr Hunde als Kinder weil es so teuer ist und daher hauptsächlich Single in der Stadt wohnen, die statt Familie alle Hunde haben. Ein Dogwalker kann bis zu 80.000$ im Jahr verdienen – okay, wir hören die Geschichte von 3 Guides und alle kommen mit anderen Zahlen, aber die Grundaussage bleibt cool. Wir steigen bei den „Painted Ladies“ aus, da wo der Bus gestern nicht gehalten hat und essen erst einmal was, inzwischen ist es nach drei und wir haben beide Hunger. Dann ist es ein bißchen wie heute Morgen: es geht bergauf und wenn viele Leute Fotos machen, sind wir am Ziel. Der Blick ist aber auch einmalig: eine Reihe viktorianischer Häuser und dahinter die moderne Skyline.

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Zurück zum Bus, unser nächster Stopp ist der japanische Teegarten. Nachdem wir den in Portland ausgelassen haben, würde ich den hier gerne sehen. Es ist das erste Mal, dass wir in der Stadt Eintritt bezahlen. Okay, wenn wir auf die Schiffe gewollt hätten, hätten wir auch zahlen müssen. Aber wir waren auf der Passat, da lockt ein deutlich kleinerer Rahsegler nicht mehr so. Als Basti allerdings die alten Autos auf der Fähre sieht, hätte ich gedacht, dass er da näher hinwill. Auf’s Schiff um Autos zu gucken. Aber dem war nicht so. Der Teegarten ist nett, aber im Nachhinein keine 7$ p.P. wert.

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Und dann ist der Tag schon fast rum, wir sind beide geschafft. Der Tourbus bringt uns ein weiteres Mal über die Golden Gate und zurück, die Südseite im dichten Nebel, die Nordseite fast frei mit Nebelwolke, die über die Berge kommen. Aber dafür aussteigen? Basti springt aus dem Bus und macht Bilder während die anderen aus- respektive einsteigen. Guter Trick.

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Basti: OK, wir haben alle Museen ausgelassen und auch einige andere Punkte auf der Liste, aber es waren zwei sehr schöne Tage und ein erster Eindruck der Stadt. Sowohl Rena als auch ich haben Farbe bekommen, denn obwohl der Wind von der See kalt ist scheint doch an beiden Tagen die Sonne, wir laufen viel und der Doppeldecker Bus ist oben ein „Cabriolet“.

Nun geht es heute Abend noch an die Streckenplanung für morgen. Wir haben für übermorgen ein Hotel am Yosemite Park und werden irgendwo auf halbem Weg nochmal an der Strecke übernachten. Wenn ich die Wettervorhersage richtig gesehen habe erwarten uns wieder 100F auf dem Weg. Aber mein Motorrad hat neue Reifen und alle Schrauben sind wieder fest!

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Donnerstag, 6. Juni, San Francisco, 0 mls

Rena: Jetzt also Großstadt, San Francisco, Crazy Belle of the Bay. Wir gönnen uns am ersten Tag hier etwas, was wir bisher noch gar nicht gemacht haben: Ausschlafen. Anfangs um 8:00, ab Reedsport um 07:00 Uhr hat bisher immer der Wecker geklingelt, so dass wir zwischen 09:00 und 10:00 Uhr auf der Straße waren. Hier sind wir erst so gegen 11:00 Uhr an der Bushaltestation und es fühlt sich gut an. Urlaub, eben, inklusive Frühstück ans Bett. Zumindest für die Nichtraucher unter uns.

Dann nehmen wir einen Hop-on-Hop-off-Touri-Bus und lassen uns durch die Stadt schaukeln, Erklärungen inklusive. An der Golden Gate steigen wir aus, klar, ein Muss für San Francisco.

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Wir wärmen uns in der Sonn auf, der Bus ist oben offen und ich bin selbst bei der Fahrt über die Golden Gate (sehr windig)  wegen möglicher Foto oben geblieben, dann machen wir ein paar Bilder. Ein paar von der Brücke, ein paar von der Gegend aber die meisten wohl von einem der Americas Cupper, die in der Bay trainieren. Tolle Schiffe und tolles Tele.

Zurück in der Stadt steigen wir in Chinatown aus, essen ein paar Dim Sum (lecker) und kaufen Magneten. Ein paar Souvenirs brauche ich einfach und Magneten sind so schön klein und knicken nicht so leicht wie Postkarten.

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Von Chinatown aus geht’s bergauf zum Coit-Tower. Und bergauf meint bergauf, manchmal gibt’s Treppen für die Fußgänger, manchmal geht es einfach nur steil nach oben. Bin ich wirklich schwindelfrei? Hier runter möchte ich nicht gehen, wenn ich ganz ehrlich zu mir selber bin, ich hätte immer das Gefühl zu fallen. Ein Schild macht darauf aufmerksam, dass man Autos 90° zur Steigung parken muß. Und ein Mopped? Mag ich gar nicht drüber nachdenken, bei 90° zur Steigung würde es mir stumpf umfallen, ich käme mit dem Fuß nicht rechtzeitig auf den Boden. Den weiteren Anstieg auf den Coit-Tower sparen wir uns, der Ausblick ist auch vom Fuß aus großartig genug. Runter gehen wir auf der anderen Seite, nur Treppen zwischen den Häusern hindurch- und was für Häuser, teilweise kann man in die Räume gucken. Ganz weit oben hat sich jemand ein Kapitän-Rundum-Blick-Arbeitszimmer eingerichtet.  Ich könnte da nicht arbeiten, mein Blick würde sich immer auf dem Wasser verlieren, den Schiffen folgen …. Aber wenn man so viel Geld hat, dass man sich hier ein Haus leisten kann, dann ist das wohl kein Problem mehr.

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Unten angekommen sehen wir die Piers, die für den Americas Cup aufgebaut werden. Wir schlendern am Wasser entlang bis zum Hafen, da liegt einer der alten Cupper mit denen man heutzutage mitsegeln kann. Danach kommen die Touri-Piers, da wir aber direkt am Wasser bleiben kommen wir in weiten Teilen darum herum – bis wir bei den Seelöwen sind.  Knapp 50 Tiere liegen auf den alten Holzpontons und lassen sich durch die deutlich mehr Touristen als Tiere nicht stören. Wir schlendern durch die Nippes-Buden zu unserem nächsten Busstopp, der uns, mit einem kleinen Umweg über die Golden Gate und wieder zurück, nach Hause bringt.

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Eigentlich wollten wir nochmal aussteigen um viktorianische Häuser zu fotografieren, aber der Bus hält nicht. So ein Mist, trotz des aufziehenden Nebels. An vielen anderen Dingen sind wir einfach nur vorbei gefahren, bei einigen wie dem Financial District, Little Italy und dem Hippie-Viertel reicht mir das. Anderes bleibt für morgen. Alcatraz wird leider nicht dazugehören, die nächste verfügbare Tour ist laut Anschlag beim Verkauf erst wieder am Sonntag. Da sind wir bereits nicht mehr hier.

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Der Nebel gibt ein ganz eigenes Licht. Ich bin froh, dass wir mittags bei der Golden Gate waren, abends ist sie fast vollständig im Nebel verschwunden. Der Tourgiude erklärt, woher der Nebel kommt: Das Wasser ist hier sehr kalt, da es direkt von Alaska kommt. Es kondensiert, wenn es auf warme Luft trifft.  Wieder was gelernt. An manchen Ecken kommt die Sonne noch durch, dann ist alles grau und leicht gedämpft und ein Spot ist in hellem Licht, für uns ein Segelboot (sic!) und weiter entfernt die Bay Bridge (the envious sister of the Golden Gate).

Neben toller Architektur und Straßenkunst, insbesondere kunstvoll bemalten Wänden, haben wir auch viele Homeless People gesehen. Einer, der sich am Straßenrand die Zähne putzt, andere, die in einem Hauseingang oder Park schlafen. Ein weiterer, der ein Schild „Smile“ in der Hand hält. Gestern ist im Feierabendverkehr eine Frau im Rollstuhl zwischen den Autos entlang gefahren und hat gebettelt. Uns, auf den Motorrädern hat sie keine Beachtung geschenkt, klar, dass wir nicht mal eben Bares griffig haben. Zum Greifen nah – und doch eine komplett andere Welt.

Basti: Für mich sind Städtereisen so ein Ding für sich. Am liebsten tauche ich in die Städte ein, erlaufe sie mir, atme sie ein, sitze rum und beobachte Leute und Geschehen. Dafür braucht es allerdings mehr als nur ein zwei Tage – einen Luxus den wir uns nicht gönnen. Alternativ hat sich für uns der Start mit einer Stadtrundfahrt als praktisch erwiesen, da es einen guten Überblick über die „Pflichtsehenswürdigkeiten“ gibt und für mich bei der Orientierung hilft, da ich mit einer reinen Karte zwar zu einem Ziel navigieren kann, aber keinen Eindruck der Stadt und der Entfernungen bekomme. Hop-on-Hop-off bedeutet wir haben dann die Wahl was uns vom Bus aus reicht und was wir uns in Ruhe ansehen wollen. Ich bin mir sicher wir werden den letzten Touri-Geheimtipp nicht sehen und einiges voreilig verwerfen, aber das ist halt so. Solange wir einen Eindruck, ein Gefühl von der Stadt bekommen ist alles erreicht, was man in 2 Tagen erwarten kann.

Laut Werkstatt sind die Motorräder fertig und unserer Abreise am Samstag steht nichts im Wege. Rena hat sich sogar zu der Aussage verstiegen, daß sie bereit wäre eine Sehenswürdigkeit auch noch mit dem Motorrad abzuklappern – falls wir es morgen nicht mit dem Bus schaffen sollten. Mutig in einer fremden Großstadt wo ich doch das Navi habe J. Apropos Motorrad, ich will doch das Thema Kurven nicht ganz aus dem Auge verlieren, die Lombard Street ist morgen dran – zu Fuß.

Mittwoch, 5. Juni, Gualala – Sonoma Lake – Petaluma – San Francisco, 155 mls

Das Frühstück schafft mich. Ich hatte um eine Waffel gebeten und bekomme einen riesigen Teller mit einer dicken Waffel, die mit viel Sirup lecker schmeckt – die anderen Hälft ißt Basti. Das Frühstück ist lustig, findet in einer Mischung aus Büro und Frühstücksraum statt, mit mehreren anderen Biker aus Georgia und Alabama, die Geschichten erzählen und uns Tipps für den Yosemite Park geben. Überhaupt, das Surfer Inn war sehr nett, der Typ am Empfang hat geredet wie eine Maschinenpistole, sowohl abends beim Einchecken als auch morgens, da waren neben den übliche Stories aber auch ein paar gute Tipps dabei. Zum Beispiel waren wir gestern im „Bones Roadhouse“ essen – sehr lecker. Und dass sich eine Fahrt durchs Sonoma Valley, so wir es planen, durchaus lohnt. Guten Service gibt es auch – auf unseren Motorrädern liegen alte Handtücher zum Abtrocknen des Taus.

Wir fahren ein kurzes Stück den Hwy 1, überholen bald schon die Biker vom Frühstück (Basti etwas frech, aber die waren schon sehr langsam unterwegs) und dann blinkt der Mann vor mir auf einmal links. Ich kriege gerade noch die Kurve – das soll unser Weg sein? Von hier aus sieht es aus, als ob ein Schotterweg in den Wald führt. Hm.

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Tatsächlich entpuppt sich die Straße als weiteres Vergnügen. Von jetzt auf gleich sind wir tief im Wald, der Weg erinnert an die Upper-Smith-River-Road, hat aber deutlich mehr Steigung. Wir kurven uns den Berg hoch. Oben dann auf einmal – eine Schule. Woher wohl die Kinder dazu kommen, dann bis auf die Schule selber sind nur ein, zwei Gebäude zu sehen. Direkt vor uns biegt ein Log-Truck auf unsere Straße ein. Schlechtes Timing. Es ist sehr steil, jetzt geht’s erst mal nach unten. Und der Logger ist sehr langsam. Gleich falle ich um. Aber schneller will ich eigentlich auch nicht, der Motor bremst im zweiten Gang, aber auf der Hinterradbremse stehe ich zusätzlich. 90° Steigung – mindestens. Zumindest fühlt es sich so an. Ich begreife erst nicht, dass der Logger uns vorbei läßt, Basti brüllt von hinten, ich halte die Luft an und werde schneller. Aber nicht schnell genug, der Logger holt wieder auf – bis Basti mich überholt, Gas gibt und ich mich ziehen lasse – was der kann, kann ich auch.

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Raus aus dem Wald wird die Strasse besser, weniger Macken im Belag, weniger „Gravel“ auf der Strasse. Coole Blicke, in einem Tal hat sich ein Wolke verhangen. Will ich ein Foto machen? Ja. Kann ich mein Bike abstellen? Nein, nicht sicher. Also schieße ich ein schnelles Bild ohne Abzusteigen – keine Ahnung, ob es etwas geworden ist.

Inzwischen bin ich wieder vorne und biege spontan ab als ein Schild Sonoma Lake View Point sagt. Die View Point Schilder sind meistens super. Dieser hier auch, toller Blick auf den Stausee und die ersten Weinberge. Hinter uns eine Wolke, das Wetter aus dem wir gekommen sind.

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Wir machen einen gedanklichen und optischen Abstecher in die Pfalz, fahren an zum Teil herrschaftlichen Weingütern vorbei und genießen das gute Wetter – nicht zu warm, nicht zu kalt. Plötzlich ist die 101 da, wir fahren Richtung Süden weiter. Freeway, eher langweilig, aber gut zum Strecke machen.

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In Petaluma gibt es Mittagessen und der TomTom sagt noch 45 min nach San Francisco. Sooo früh wollen wir dann doch noch nicht in der Stadt sein und anstatt zurück auf die 101 zu fahren, nehmen wir den Weg zurück zur Küste – und es lohnt sich. Der kleine Zubringer ist bereits toll, aber zurück auf der 1 – Der Gott der Motorradfahrer ist ein kalifornischer Straßenbauer. Und als er damit fertig war, hat er Achterbahnen gebaut. Heilige Scheiße, ich wußte gar nicht, dass man solche Kurven bauen, geschweige denn fahren kann. Die Straße schmiegt sich quasi in die Topographie der Küste und wenn da ein Stein liegt, dann macht die Straße halt einen Knick um den Stein herum.

Irgendwann hänge ich hinter einem Bus –Basti, wenn Du nochmal so überholst, übernehme ich das Umbringen, wenn der Gegenverkehr es nicht schafft!- aber auch der läßt mich bei einem Turnout vorbei. Ich bin ein großer Fan der Turnouts – dazu gehört allerdings auch, dass man eher zusammen als gegeneinander fährt.  Was in Deutschland wohl leider nicht der Fall ist.

Am Ende geht es zurück auf die 101, die hier unten schon ziemlich breit ist. Auf einmal sind es vier Spuren und es ist windig wie die Pest und das dahinten, fast unter mir sind rote Pylonen und dann sind wir über die Golden Gate gefahren und in San Francisco.  Woher kam die Brücke auf einmal? Stadtverkehr. Weniger Pickups (deutlich weniger Pickups in allen städtischen Gebieten), viel mehr Verkehr. Ich bleibe an Basti dran, ihn jetzt bloß nicht aus den Augen verlieren, er weiß wo das Motel ist, das wir in diesem Fall vorgebucht haben, einfach hinterher auch wenn hier abbiegen eigentlich nicht mehr erlaubt ist. Ich bin sehr erleichtert, als wir am Motel sind.

Aber es ist nur ein kurzer Stopp: Einchecken, Gepäck loswerden und dann fahren wir weiter – Bastis Ninja kriegt neue Füße und beide Moppeds kriegen einen Baby Check-up. Was wahrscheinlich auch ganz gut ist, denn die Ninja wirft Schrauben ab.

Als die Moppeds in der Werkstatt untergebracht sind –Trennungsschmerz, ich bin seit 14 Tagen das erste Mal weiter als 150m von der Bumble Bee entfernt- gehen wir in der Gegend noch ein bißchen spazieren, suchen uns aber bald ein Taxi und fahren zurück zum Motel um unsere nächsten Tage zu planen.

 

Basti: Ihr habt es geschafft! Alle nicht-Motorradfahrer, Ihr habt jetzt 3 Tage Pause von den ständigen Kurven-Schwärmereien. Das Nächste sind Sightseeing-Berichte und hoffentlich ein paar nette Bilder aus San Francisco. Leider sagt der Wetterbericht, daß es in den nächsten Tagen zuziehen soll – schlecht für Fotos. Das Motel ist ein Glücksgriff was die Einrichtung angeht, das geschmackvollste was ich bis jetzt gesehen habe, leider etwas laut durch die Straße. Wir sind im Marina District nicht weit von der Golden Gate, Nob Hill und die Piers leicht östlich von uns. Die Fahrt in einer fremden Stadt im aufkommenden Berufsverkehr zur Werkstatt ist etwas nervenaufreibend, zumal ich kurz vorher am Hotel festgestellt habe, dass sich eine Schraube am Bremsklotz auf der letzten Rüttelstrecke gelöst hat. Habe sie wohl beim Zusammenbau nicht fest genug angezogen. Die Werkstatt gehört einer Deutschen, die vor 20 Jahren hierhergekommen ist und heißt daher auch „Werkstatt“, mir erleichtert das die Erklärungen was ich von Ihr geprüft haben will (neben den neuen Reifen). Also ab ins Bett, damit wir morgen frisch und fit sind für die Stadt!

Dienstag, 4. Juni, Garberville – Hwy 1 – Gualala, 128 mls

Meistens machen Sebastian und ich ja so 14-Tage-Urlaube. Dann müßten wir uns jetzt zur Rückreise ins Flugzeug setzen. Es wäre auf jeden Fall ein großartiger Urlaub gewesen, mit vielen, sehr unterschiedlichen Bildern zum Erinnern. Stattdessen geht es weiter – das Leben ist gut zu uns. Danke Anna, Volker & Team und Scott, Linda A. & Team.

Die 1, der Küstenhighway, macht, wie so viele Straßen hier, glücklich. Erst einmal geht es in schmalen Kurven den Berg hinauf. Die Sonne ist bereits am Morgen knallig warm aber je höher wir kommen, desto wärmer wird es. Dann sind wir oben, versichern uns gegenseitig, wie gut und passend wir angezogen sind „Genau richtig!“ und fahren auf der anderen Seite wieder runter. In den Nebel, der zu leichtem Regen oder zumindest sehr hoher Luftfeuchtigkeit wird. Die Sonne, die eben noch gewärmt hat, ist im Dunst verschwunden. Wenn es nicht nur Wasser sondern auch Wetterscheiden gibt, dann sind wir eben über ein gefahren, auf der anderen Seite des Berges – und so hoch ist er gar nicht- herrscht ein komplett anderes Klima, deutlich kälter, leicht feucht. Wir ziehen uns die, Gott sei Dank griffigen, Skihemden an und es geht weiter durch den Wald.

Dann kommt ein kleiner Anstieg, Sebastian vor mir sieht aus als wolle er ins Nichts fahren, einfach weiter gerade aus, da macht die Straße einen Knick und da isser wieder: Der Pazifik, heute mal in bleigrau. Den Rest des Tages fahren wir an der Küste, mal so nah an der Klippe, dass zwischen mir und dem Meer nur 50m Abhang sind, mal etwas weiter entfernt durch Alleen hoher Bäume.

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Sehr optimistisch finde ich die Schilder, die mir abwechselnd sagen, dass ich die Tsunami Hazard Zone betrete, respektive wieder verlasse. Die Schilder „You are leaving…“ sind aus meiner Sicht echt früh und deutlich niedriger als ich es erwartet hätte.  Wir reden schließlich nicht von einer Sturmflut, die mal etwas höher ist sondern von Tsunamis. Hoffen wir mal, dass die Schilder von Menschen kommen, die wissen was sie tun.

Die Küste hier sieht aus als hätte jemand wahllos mit Steinen geworfen, immer wieder liegen ein paar Felsen im Wasser, mal größer und deutlich sichtbar mal kleiner und nur durch die Brandung zu erkennen. Sehr dramatisch aber an den wirklich beeindruckenden Stellen, wenn die Straße erst gerade auf’s Meer  zu führen scheint und erst im allerletzten Moment einen Knick macht,  oder wenn eine Brücke über eine Flußmündung führt und die Mündung ist voller Steine und Seegang, also immer dann gibt es keine Chance zu halten, selbst wenn ich rechtzeitig dran denken würde (was keineswegs immer der Fall ist).

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Ich versuche trotzdem ein paar gute Bilder zu machen, auch wenn das Licht wenig Kontrast hergibt, denn der Nachteil an so vielen so tollen Eindrücken in so kurzer Zeit ist, dass sie sich überlagern, nicht einprägen. Wo waren wir gestern nochmal? Wie hieß die tolle Straße? Welcher See war im Nebel verschwunden? Wenn ich schon jetzt darüber nachdenken muß, wie wird das erst im Winter sein, wenn ich mich mit Erinnerungen über die Motorradfreie Zeit retten muß?

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Anderes bleibt ohne Datumsstempel in Erinnerung. Die vielen Raubvögel, die hier kreisen, eigentlich sind fast immer welche da. Vorhin auf der 1, sie war gerade etwas höher, stieg ein Vogel gerade neben der Straße hoch und für einen kurzen Moment waren wir auf derselben Höhe – ich hätte fast vergessen die Kurve zu fahren. Manche sind so groß, das sind bestimmt Adler. Andere sind kleiner, aber ich habe nicht genug Ahnung um zu sagen, was es ist.

Jetzt sitze ich draußen vor mir der Pazifik, über mir ein weiterer Raubvogel und in dem Baum vor mir ein Kolibri und andere Vögel, die wie Spatzen mit roten Köpfen aussehen.  Rechts neben mir ein Schwalben(?)- Nest, vor mir schwimmen ein paar Robben oder Seelöwen durchs Wasser und über mir sind Zugvögel auf dem Weg in den Norden.  Nee, was geht es mir gut.

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Montag, 3. Juni, Red Bluff – 36 – Avenue of the Giants – Garberville , 195 mls

Rena: Wir starten früh, sind vor 09:00 Uhr unterwegs, es ist trotzdem bereits warm; wir hoffen auf kühle 17°C an der Küste (was sich später als trügerisch herausstellt).  Von Red Bluff aus sind wir mehr oder weniger direkt auf der 36. Ein Fest auf Rädern. Es sind mindestens 4 Straßen in einer: wir starten in einer Umgebung von braunem, trockenen Gras und wenigen Bäumen. Das ganze Land schreit „Trocken. Heiß. Kein Wasser.“ Die Straße staubt und verbindet enge Kurven mit Kamelbuckeln. Kamelbuckel fahren ist wie im Comic: Die Straße geht rauf und runter und auf der Hügelkuppe sackt das Motorrad unter Dir weg weil es schwerer ist als Du und eine winzige Ewigkeit später landet dein Hintern wieder auf der Sitzbank. Halt wie im Comic, wenn die Figur über die Klippe hinausrennt aber erst fällt, wenn sie merkt, dass sie keinen Boden mehr unter den Füßen hat. Dann bist Du aber schon fast wieder im tiefsten Punkt der Senke, es geht wieder bergauf und das Ganze wiederholt sich, ab und an garniert mit ein paar Kurven. Manchmal sieht es so aus, als ob Basti, der gerade vorfährt,  ins Nichts fährt weil die Straße nicht nur absackt sondern auch wegknickt.

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Fast hätte ich den Mann auf der Straße übersehen. Er steht auf dem Mittelstreifen, auf der Gegenfahrbahn steht ein Pferd mit Reiterin (Cowgirl) und dann steht da noch ein riesiges Viech – wir sind daran vorbei bis ich begreife, dass zwischen mir und Kuh kein Zaun ist und es nicht darum ging nicht das Pferd sondern nicht das Rind scheu zu machen. Puh.

Hinterherfahren ist heute auch schwieriger als sonst, denn Bastis Bremslicht leuchtet dauerhaft. Er hat gestern noch etwas am Bremspedal verstellt – anscheinend mehr als er wollte. Naja, ich gewöhne mich dran, mein Kurventempo bestimme ich eh selber. Aber es hilft zu wissen, ob der Vordermann bremst. So geht es eine ganze Zeit auf und ab, bis die 36 anfängt, sich in die Höhe zu schrauben. Und dann –von einem Moment auf den anderen wird es ringsherum grün. In der Senke war alles um uns herum noch braun und karstig und jetzt ist alles grün und die Kurven werden weiter, wir werden schneller, es schwingt sich wunderbar von Kurve zu Kurve. Das ist der 36 zweiter Teil. Der dritte führt über den Berg, ist eng, direkt neben der Straße geht es tief runter, es fällt mir schwer, hier entspannt zu fahren. Aber der Blick in die Landschaft –wenn ich denn mal weiter als bis zur gelben Mittellinie schaue, ist grandios. Wir „spielen“ mit einem Pickup. Er läßt uns vorbei, wir bedanken uns fahren und halten nach ein paar Meilen für einen Fotostopp. Da fährt er wieder an uns vorbei. So geht es ein paar Mal, inklusive eines Tankstopps von uns.

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Wir beschließen, hier zwar zu tanken aber laut TomTom gibt es im nächsten Ort auch eine Tankstelle und da vielleicht auch ein Cafe. Wie gut, dass wenigstens die Motorräder etwas zu trinken bekommen habe – der Ort, zumindest die Tankstelle kommt nicht mehr. Da sind wir dann schon im vierten Teil der 36, die Kurven haben wieder einen größeren Radius, die Landschaft wird von Bäumen (und ganz am Ende auch von den ersten Redwoods bestimmt) und es gibt mehr Seitenstraßen. Wie gesagt, ein Fest auf Rädern.

Selbst eine kleine Unterbrechung  ist -trotz schlechtem Anlass- ganz nett. Ein Feuerwehrmann bremst uns mit Handzeichen und Fackel runter. Auch am Straßenrand liegen kleine brennende Fackeln. Im Wald? Wo an fast jeder Ecke ein Schild steht, dass Dich informiert, wie groß die Waldbrandgefahr ist? Und wo an all den anderen Ecken Aufforderungen stehen, Camp fire zu löschen? Wo rechts und links die ersten großen, wunderschönen Redwoods stehen? Hm. Egal, wir werden runtergebremst bis der nächste Feuerwehrmann uns zum Anhalten bringt. Ein Auto hat sich auf die Seite gelegt, die Straße muss geräumt werden. Hinter uns ein paar weitere Motorradfahrer, der Feuerwehrmann kommt erst mit denen, dann mit Basti ins Gespräch. Woher wir kommen. Seattle. Deutschland. Ja, Deutschland – tolle Autobahnen. Stimmt und ist besser als die Assoziation „Hitler, Hitler“, die ich mal in Frankreich erlebt habe. Und dann kommt das traurige Schild, dass die 36 hier zu Ende ist.

@Randy: Thanks for this spot, the 36 is awesome!

Wir touchieren kurz die 101, bekommen in Rio Dell etwas zu essen (Frühstück? Lunch? Who cares.) und biegen dann wieder ab um neben der 101, die hier langweiliger, ausgebauter Freeway ist, über die Avenue der Giants zu fahren. Das Schild sagt „Scenic Byway“ – und es hat Recht. Die Straße schwingt locker zwischen den hohen, alten Bäumen hindurch. Dann kommt wieder eine Lichtung, auf der einen Seite Bäume, auf der anderen Seite eine helle Wiese. Der Lichtwechsel ist irre, ganz abrupt und nicht nur dunkler sondern auch rötlicher wird das Licht. Keine Ahnung, ob die Fotos das wiedergeben. Aber Redwoods zu fotografieren ist eh eine Kunst, ohne Vergleich wirken die Bäume nur halb so groß und deutlich weniger beeindruckend.

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Wir halten. Und Basti fängt quasi vom Ausrollen an zu schrauben. Er hat irgendetwas nachgeschaut, keine Ahnung was und dabei ist ihm aufgefallen, dass er eine Schraube locker hat. Nee fehlt. Also dem Mopped, nicht ihm. Jedenfalls muss er das sofort heile machen. Quasi noch in Fahrt. Okaaay. Hier eine Schraube ab, da wieder dran, dann noch schnell am Bremslicht gewerkelt (hilft aber nicht andauernd und das alles ohne Kabelbinder. Ich sehe ihn schon zurück in Deutschland stundenlang in der Garage verschwinden. Naja, solange er sich dabei um den kompletten Fuhrpark kümmert soll’s mir Recht sein.

Hatte ich schon erwähnt, dass wir es nicht so weit an die Küste geschafft haben, dass der Seewind echte Abkühlung bringt? Zwischendurch in den Bergen war es super, hier auf dem flachen Land ist es wieder zu warm. Das Skihemd unterwegs anzuziehen war eine Fehlentscheidung, die ich beim nächsten Stopp wieder rückgängig mache. Trotzdem, wir machen am frühen Nachmittag Schluss, das erste Motel in  Garberville ist unseres, auch wenn es ein Best Western Plus ist und damit eigentlich über Budget. Das wird uns noch öfter so gehen.

Basti: Aber es gibt Wein und Käse für die Gäste – für mich ein vollständiges Abendessen :-). Zur Strecke, ich habe noch nie eine solche Vielfalt auf einer durchgehenden Straße erlebt. Leider habe ich kein Foto bei Rena in Auftrag gegeben, aber in Red Bluff am Abzweig auf die 36 steht ein Schild Kurvenreich (Der übliche geschlängelte Pfeil) und darunter „Next 148 miles“. Für Maria: Wenn Dir mal richtig Seekrank beim Fahren werden soll – dies ist Deine Strecke! Spätestens die 270° Kurven machen einen kirre weil man gefühlt den eigenen Weg kreuzen, oder gegen den Berg fahren müßte.

Sonntag, 2. Juni, Redding – Lassen Volcanic NP – Red Bluff, 153 mls

Basti: Der Wecker klingelt schon um 7:00 Uhr, aufstehen im Motel 6 – irgendwie haben wir uns auf diese Kette eingeschossen, „good value for money“. Es sind schon 25°C gegen 8 Uhr, aber wir planen den „Lassen Loop“ zu fahren und das heißt auf 2300m Höhe zu kommen, dort sollte es angenehm sein. Wir testen das erste Mal, ob unsere warmen Klamotten alle auch ins Gepäck passen, denn es sind T-Shirt und Jeans angesagt.

Raus aus Redding und ab auf den Highway 44, langsam fast unmerklich steigen wir mit jeder Meile höher. An einem Rastplatz ziehen wir eine zusätzliche Schicht unter die Jacken – und das ist gut so. Am Eingang zum Nationalpark sagen uns die Ranger, dass die Straße kurz vor dem Ende noch gesperrt ist (wg. Schnee). Später am Abend findet Rena raus, daß wir eine Woche zu früh sind. Wir fahren trotzdem rein und das ist gut so. Beeindruckende Landschaft vom Vulkanausbruch 1915 geprägt, aber aufgrund der 100 Jahre auch wieder bewachsen und oben dann endlich wieder Schnee! Glücklicherweise diesmal nur neben der Straße während uns die Sonne anlacht.

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Es ist trotzdem kalt, ich schätze um die 12°C, also drehen wir am Lake Helena um und treten den Rück- bzw. Umweg an. Raus aus dem Park, zurück nach Shingletown (ca. 35°C), tanken, Kaffee, Banane am der Tanke und dann weiter zur Black Butt Road Richtung Süden zum Hwy 36.

Die Black Butt Road entpuppt sich als kleiner kurvenreicher Abstieg in die Nordausläufer der Sierra Nevada, unten angekommen erstreckt sich eine bizarre trockene Landschaft mit ein paar widerstandsfähigen Bäumen und trockenem Grasland. Bis auf ein paar Farmen (keine Ahnung wie die Kühe diese Hitze ertragen) ist hier nichts, nur eine gerade Straße. Aber wir sehen einen „echten“ Cowboy am Rande einer Farm – wie im schlechten Film.

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40°C auf dem Motorrad, wer sich das vorstellen möchte setzt einen Helm auf, lässt das Visier offen und hält einen Fön rein. Wir fahren zügig, um der Hitze zu entkommen und in Red Bluff ein verspätetes Mittagessen in einem klimatisierten Restaurant zu bekommen. Beides klappt dank „Appelbees“ und zu groß ist die Versuchung als wir gegenüber ein Motel 6 sehen. Es ist 15:00 Uhr und wir beschließen, daß wir nicht mehr die 150mls bis zur Küste fahre wollen – auch wenn es dort nur 17°C sein sollen.

Rena: Wenn Basti das große Ganze beschreibt, habe ich die Chance auf ein paar Details einzugehen. Auf das Motel 6 zum Beispiel oder überhaupt auf Motels. Alle bisherigen Motels 6 sind so ähnlich, dass ich keine Chance habe, sie zu unterscheiden. Nur das heute in Red Bluff hat nicht diese unglaublich bunte, blind machende Überdecke, dafür bin ich dankbar. Alles Motels, egal ob Kette oder nicht, sind mehr Sicht- und Wetterschutz als sonst etwas. Vom Gefühl her habe ich bereits auf dem Highway, einer Tankstelle, der I5 aber auch in irgendeinem Hinterhof geschlafen – je nachdem in welche Richtung das Zimmer rausgeht. Unterstützt wird das noch dadurch, dass man beim Öffnen der Tür direkt auf dem Parkplatz ist. Ein gewöhnungsbedürftiges Konzept, wenn Basti zum Rauchen rausgeht und ich gerade Zähne putze. Aber die Zimmer sind sauber und billig, wir müssen uns nicht überlegen welche der anderen Ketten wir ausprobieren und ich mag den Slogan „We‘ll leave the light on for you“.

Was wir mindestens genauso oft machen wie ein Zimmer nehmen, ist tanken. Das machen wir mindestens einmal, gerne auch zweimal am Tag. Und zwar immer, wenn es geht. An der Küste, auf der 101 oder auch hier an der I5 ist es kein Problem, aber dazwischen? Ich will nicht irgendwo wegen Spritmangel liegen bleiben wohl wissend, dass die nächste Tanke 60 mls oder mehr entfernt ist. Eigentlich wollten wir heute ja auch noch etwas weiter fahren, aber zwischen hier und der Küste ist – nix. Es war eine ganz oder gar nicht Entscheidung weil es weder Bett noch Sprit zwischendurch gibt. Und weil wir Urlaub haben, passt „gar nicht“ wunderbar. Was mich zu einem anderen Punkt bringt: Natürlich sind auf der 36 zwischen hier und der Küste Orte eingezeichnet. Die meisten sind dann aber nur eine Ansammlung von Häusern, die wir meistens gar nicht sehen. Die Black Butt Road fängt mit einem Schild „Rural Aera, avoid truck noise“ an, man sieht aber nichts, außer den obligatorischen Briefkästen. Entsprechend habe ich mich davon verabschiedet, in einer solchen Ortschaft etwas anderes zu erwarten als einen – im schlechtesten Fall geschlossenen – Minimarket. Aber ich war ja eigentlich noch beim Tanken. Ich bin so froh, dass Basti ein amerikanisches Konto hat. Ich habe ihm Front-up Kohle auf dieses Konto überwiesen, er zahlt jetzt alles und wir haben keine Extrakosten für Auslandsfee. Was unter anderem bedeutet, dass ich mich mit den Tanksäulen hier nicht auseinander setzen muss. Man bezahlt an der Säule, d.h. Basti zieht seine Kreditkarte durch. Dann tippt er ein paar Nummern und wählt den Sprit. Es gibt zwei Schläuche für Diesel oder Benzin und was immer man von den unterschiedlichen Sorten gewählt hat, kommt halt. Und dann haben die meisten noch einen Gummi-Schutz, den man zurückziehen muss, damit Sprit kommt. Beim Auto vereinfacht es das Tanken vermutlich, beim Mopped macht es das einfach nur anstrengend weil beide Hände fest zupacken müssen.

Basti hat den Cowboy ja schon erwähnt – ich weiß überhaupt nicht, warum er das „echt“ in Anführungszeichen gesetzt hat. Ein Mann mit Hut auf einem Pferd, der sich um Kühe kümmert – was soll das denn sonst sein, wenn nicht ein Cowboy? Wobei, dass mit den Kühen ist so ein Thema, ich gestehe, für mich sind Kühe schwarzbunt, auf jeden Fall gefleckt. Die hier haben Hörner und sind einfarbig, so dass ich sie eher als Rinder denn als Kühe bezeichnen würde. Red Bluff ist eine Rinderstadt und hat einen eigenen Round up, da wäre ich trotz Hitze stehen geblieben. Stattdessen finde ich zumindest einen Artikel über Red Rock und Lane Frost – Bulle und Rodeoreiter. 8 Sekunden oben bleiben, das sind die Dinge, die hier wichtig sind.

Vielleicht braucht man einfache Dinge, an denen man sich festhalten kann, denn die Landschaft macht einen klein. Der Lassen Volcanic NP zeigt die Gewalt der Natur aber auch deren Regeneration. Dahinter dann die weite Ebene des Sacramento Valleys, beides auf die jeweils ganz eigene Art beeindruckend. Menschen? Wozu?

Samstag, 1,Juni, Eureka – Trinity Dam – Redding, 198 mls

Hurra, meine Motorrad-Hosen gehen ganz einfach zu. Nicht, dass ich abgenommen hätte, das wäre bei dem ganzen Junk Food eher ein Wunder. Aber ich habe heute Morgen eine weitere Schicht weggelassen. Nachdem wir schon Tage ohne Regenkombi unterwegs sind, bleibt heute das Skihemd im Seesack. So leicht wie die Hose zugeht, so schwer wird es langsam mit dem Seesack. Aber noch geht es.

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Wir fahren ins Landesinnere, verlassen ein weiteres Mal den Pazifik um uns über die 299 wieder in die Berge zu schrauben. Ich dachte ja, es wird eher kühler, je höher wir kommen. Ich hätte dem Reiseführer glauben sollen, der sagt, dass Redding einer der wärmsten Orte in US ist. Heute kommt Redding auf 100°F. Ich ziehe auch den Fleece aus, habe aber immer noch Skisocken an.  Und mir ist warm, warm und warm. Wir sehen so viele Motorräder wie noch nie, fast alles Harleys, fast alle Fahrer in T-Shirt und Braincap. Ich kann’s verstehen, auch wenn ich bisher dankbar um jede Schicht war.

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Die 299 hat Potential, viel Abwechslung, anfangs riecht es nach Meer, später nach Kiefernwald, dann wieder nach warmem Sand. Wir machen einen Abstecher auf die 3 zum Trinity Dam.

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Die 3 lockt mit Kurven, würde uns aber weiter nach Norden führen. Mit leichtem Bedauern fahren wir zurück auf die 299. Hätten wir das doch nicht gemacht. Ein paar Meilen vor Redding ist eine riesige Baustelle, der Verkehr aus beiden Richtungen wird abwechselnd über Schotter und Kies geführt und das mindestens für eine Meile, vielleicht auch länger. Im Schritttempo geht es den Berge hinunter, langsam und vorsichtig, bloß nicht zu stark bremsen, hier bloß nicht stürzen –es würde einen Megastau produzieren. Okay, man hätte auch viele Helfer, die einen möglichst schnell aus dem Weg haben wollen. Nach der Baustelle geht es in einer riesigen Schlange weiter, denn natürlich haben sich die Autos angesammelt, es gibt keine Alternativen, also schleichen wir in maximal 45 mph weiter. Vorbei an ein paar Ruinen rechts und links am Straßenrand, hier war wohl mal eine Stadt. Angucken und 50 Autos später wieder einreihen? Nee, danke, so spannend kann es gar nicht sein.

In Redding angekommen fährt Basti zielstrebig – weiter. Okay, wir hatten uns darauf geeinigt, wieder zum Motel 6 zu fahren. Aber rechts und links ist die Stadt und ein paar Motels und Freßketten und dann wird es leerer und wir sind wieder draußen und dahinten ist die I5 und wir fahren in die falsche Richtung und hier ist einfach nichts mehr. Ich wünsche mir das erste Mal auf dieser Fahrt ein Sprechgeschirr um „Halt doch endlich an!“ zu rufen. Tue ich so auch, nutzt aber nichts. Er fährt bis zum Motel 6, gnadenlos, Tomtom-hörig. Grummel. Bleiben will ich nicht, zurückfahren auch nicht. Ich hab jetzt erst mal schlechte Laune. Und Hunger.

Wir bleiben, bestellen Sandwich und Caesars Salat ins Motel und gehen in den Pool. Also ich gehe, dem Weber ist es mit ca. 25°C Wassertemperatur zu kalt. Chicken.

Basti: Ich liebe diese Frau, auch wenn sie mich mit einer Mischung aus Vorwurf, Erschöpfung und waidwundem Reh ansieht. Essen und Aircon waren auf meiner Seite.

Überlege genau was Du Dir wünschst es könnte eintreten! Wir fahren bei ca. 15°C in Eureka los und ich habe mein Halstuch vergessen – im Stillen hoffe ich es wird bald mal wärmer.  Keine 100mls und 3 Stunden später haben wir 30°C und noch ein gutes Stück Weg vor uns.

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Ich komme heute irgendwie nicht in den Rhythmus fühle mich kaputt und die Wärme auf einmal ist auch anstrengend. Am Trinity Dam treffen wir Leute aus Redding und die sagen uns dass es dort 37°C sind. Wir sehen im Vergleich zu denen aus wie Marsmenschen in unseren Kombis, die tragen T-Shirt und Jeans oder Shorts, aber wir durcheilen ja auch diverse Klimazonen an einem Tag! Die Strecke heute war sehr schön, auch wenn Bitumen-Flicken nicht nur bei Regen sondern auch bei Hitze rutschig sind. Egal, das Motel hat Airconditioning und einen Pool – ja, ich war nur bis zu den Knien drin, aber es waren auch höchstens 21°C 🙂

Morgen sind die Lavafelder dran und danach muß ich ein Versprechen einlösen und den Hwy 36 abfahren. Randy, tomorrow is for you as this bike wouldn‘t be in the shape it is without your help and advice.

Nachtrag Rena. Der menschliche Körper ist ein Wunder: Ich habe seit über 30 Jahren Löcher in den Ohren und kaum trage ich mal eine Woche keine Ohrringe wächst das eine Loch wieder zu. Hm. Entweder ich muss mit Schmuck fahren (ziept beim Auf- und Absetzen des Helmes) oder mir in Deutschland neue Löcher stechen lassen.

Freitag, 31.May, Crescent City – 101 – Eureka, 101 mls

Ein ganz anderer Tag als gestern, geprägt von den Redwoods und Mangel an Strom. Wir verlassen Crescent City zügig Richtung Süden, halten aber immer wieder am Pazifik und später dann am Klamath Look Out an, einer Auffahrt zum Pazifik. Angeblich hat man von hier aus schon Wale gesehen – heute nicht. Meine Kamera meldet dringenden Strombedarf. Und Bastis Tomtom sagt, sobald kommt keine Tankstelle. Also drehen wir um, erst Sprit, dann Essen und Strom im Forrest Cafe tanken. Auch wenn es „Forrest Cafe“ heißt, da wo wir sitzen, hat es eine Unterwasserdekoration. Entenfüße hängen aus der Decke und eine davon taucht gerade, so dass man den Kopf sieht. An einer anderen Stelle hängen Angelhaken herunter und ein Fisch schwimmt vorbei. Nicht wirklich hübsch, aber sehr kreativ.

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Nach wenigen Meilen biegen wir auf den Newton B. Drury Scenic Parkway ab und sind sofort mitten in den Redwoods. Ähnlich wie am Pazifik halten wir zwar nicht an jedem, aber an fast jedem Parkplatz. Meistens machen wir nur ein paar Fotos, von Bäumen, aber auch von den frechen blauen Vögeln, die fast wie Eichelhäher aussehen. Dann ist „Big Tree“ ausgeschildert und ich kann Basti davon überzeugen auch mal ein paar Schritte zu gehen. Der Big Tree ist beeindruckend, aber wie auch in den Olympic Mountains zeigt sich das nur, wenn man Menschen als Maßstab daneben stellt. Was ich allerdings viel beeindruckender als die schiere Größe finde, ist das Alter. Der Big Tree soll ungefähr 1.500 Jahre alt sein und würde damit zu den ältesten Lebewesen der Welt gehören. Und die Menschen haben nichts Besseres zu tun als ein „John was here“ in den Stamm zu ritzen. Okay, nein, das hat sich keiner getraut, aber an vielen der anderen Bäume und Baumstümpfe hat jemand herum geschnitzt. Könnt Ihr Euch für Eure völlig belanglosen Botschaften nicht an die Toilettenhäuschen halten?

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Dann sind die Redwoods zu Ende und wir wieder auf dem 101, der zum Freeway wird, so dass wir ziemlich bald in Eureka sind. Nachdem wir gestern erst gegen 20:30 Uhr im Hotel waren, finde ich es völlig okay, heute schon um 17:00 Uhr eingecheckt zu sein. Wie gesagt – ein ganz anderer Tag.

Eureka ist komisch, viel Absicht, wenig Substanz. Die 101 schneidet die Stadt in zwei Teile. Der alte liegt zwischen Meer und 101, viele alte Häuser, zum Teil sehr nett zurechtgemacht. Dazwischen ein paar Bruchbuden. Und dann ganz viele Absichtserklärungen, was man direkt am Wasser für tolle Häuser bauen wird. Die Schilder sehen aus, als ständen sie schon länger hier und die Fläche am Wasser liegt brach. Zu großer Optimismus? Wirtschaftskrise?

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Nach einem frühen Abendessen wäscht Basti sein Motorrad. Ist ja so gar nicht mein Spiel. Deshalb starren auch alle Fahrzeuge in Deutschland vor Dreck. Das heißt, mein Auto hat Basti ja durch die Waschstraße gefahren als er das letzte Mal da war :-).

Das erste, was ich im Motelzimmer checke ist mein Tomtom. Wir haben zwei Stück mit – und beide zicken wegen Strom. Das ist das einzige, was im Moment so ein bißchen nervt. An Tagen wie heute – nur geradeaus und  die Touriziele gut ausgeschildert- ist das egal. In San Francisco möchte ich nicht nach Karte fahren müssen. Aber Basti’s Tomtom lädt auf dem Motorrad gar nicht und meiner nur manchmal. Meiner lädt auch direkt an der Steckdose nur manchmal, man merkt, dass es ein altes Schätzchen ist. Jetzt ist er wieder mal ausgegangen, hat also nicht geladen. Grummel. Aber wir lassen uns durch etwas zu wenig Strom  nicht einen schönen, faulen, entspannten Tag verderben.

Donnerstag, 30.Mai, Yreka – Oregon Caves – Crescent City, 212 mls

Holla die Waldfee. Oder wie Sebastian sagt (und dann lange erst mal gar nichts: Holy Shit.  Aus diesem Tag könnte man drei, fast vier machen und es wären immer noch genug Highlights dabei.

Zuerst einmal gibt es 110 mls Motorradfahrer-Himmel über die 263 und dann die 96 durch den Klamath National Forrest. Wie beschreibt man ein Motorradfahrer-Paradies allen Nicht-Fahrern? Unzählige Kurven, gleichmäßiger Radius, griffiger Asphalt, kaum Ortsdurchfahrten, kein Verkehr , phänomenale Landschaft drum herum,  das Ganze auf 110 mls – alles richtig, aber es fehlt was. Die Freude, wenn eine Kurve perfekt gelingt. Das Verwischen des Zeitgefühls weil alles fließt und jeder Schwung fein in den nächsten übergeht. Die pure Euphorie wenn nach der nächsten und der nächsten und der nächsten Kurve immer noch nicht Schluss ist. In Happy Camp –schöner Name, oder?- machen wir Pause und verlassen die 96 auf eine National Forrest Route Richtung Norden. Es wird schmaler, langsamer, aber nicht weniger schön. Und ich schwöre, als wir die Grenze nach Oregon überfahren wird es schlagartig ein paar Grad kälter, trotz der Sonne.  Teil eins der Highlights.

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Teil zwei der Highlights hat auch etwas mit Kurven zu tun. Bisher dachte ich, dass der Begriff „sich schwindlig fahren“ bildhaft gemeint ist – die Straße zu den Orgeon Caves beweist, dass es wirklich geht. Die 46 fängt ganz harmlos in Cave Junction an. Das Städtchen heißt wirklich so (Durch Hamburg sind wir heute auch gefahren). Irgendwann kommt ein Schild, dass ab hier Anhänger nicht mehr empfohlen sind. Und dann fahren wir uns im wahrsten Sinne des Wortes schwindelig. Eine Kurve reiht sich an die andere, links geht eine Wand steil nach oben, rechts geht es genauso steil nach unten. Fast jede Rechtskurve hat auch eine Senke. Wer immer Achterbahnen erfunden hat, war vorher hier. Oben angekommen fehlen uns beiden die Worten, außer, wie gesagt „Holy Shit“, was es mit deutlicher Bewunderung in der Stimme für den Straßenbauer vermutlich auch am allerbesten beschreibt.

Teil drei der Highlights: Erstens können sich Höhlen nicht im Nebel verstecken und zweitens scheint heute sowieso die Sonne (Ja!!!!). Wir gucken uns die Oregon Caves National Monument an. Die 15:00 Uhr Führung haben wir knapp verpaßt, was uns die Chance gibt, bis zum 16:00 Start etwas zu essen.  Es gibt – passenderweise – einen Milchshake und ein BLT. Passend weil das Cafe original aus den 30er Jahre ist. Wie übrigens alles hier noch Original aus der Zeit ist. Sieht super aus, schmeckt lecker und vertreibt die Stunde Wartezeit. Die sich auf jeden Fall lohnt. Die Höhlen sind gigantisch. Riesig groß, voller unterschiedlicher Tropfsteingebilden, Granit, Marmor, Höhlen, Tunneln, Löchern. Wir haben eine sehr nette Führerin, die sich gut in der Erdgeschichte aber auch in den hiesigen Geschichtchen auskennt. Die 90 min vergehen wie im Flug. Ich bin sehr stolz auf meine Kamera, denn die Bilder ohne Blitz sind beeindruckend gut.

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Gegen 18:15 Uhr sind wir wieder auf der Straße, wieder die 46 runter, wieder nach Cave Junction. Und dann geht es auf der 199 zurück zum Pazifik. Wir sind beide müde, es macht aber immer noch Spaß. Aber gerade als der Tag fast zu Ende ist, als Crescent City nur noch wenige Meilen entfernt ist, da lauert hinter einer Kurve das nächste und dann tatsächlich letzte Highlight des Tages: Redwoods. Auf einmal führt die Straße durch große, hohe, riesige Bäume hindurch. Es ist schlagartig noch dunkler als an den Stellen, wo es die Sonne nicht mehr über den Berg schafft. Beeindruckend.

Was für ein phänomenaler, großartiger, anstrengender Tag.

Schon so viel geschrieben und immer noch nicht den Satz losgeworden, mit dem Basti den Tag quasi gestartet hat: „Ich habe Kaltmetall dabei.“ Mein Mann, mein geliebter, reinlicher, das Mopped zur Inspektion bringender Basti hat nicht nur Kabelbinder, Imbusschlüssel (eng: Alans), Multitool und Bordwerkzeug dabei sondern eben auch Kaltmetall. Ich bin total beeindruckt (ironiefrei!) und freue mich, dass ich mir keine Gedanken machen muss. Auch für seinen Ölverlust scheint er eine Lösung zu haben – aber das soll er selber erzählen.

Basti: Diese Überleitung zwingt mich ja geradezu dazu auch wieder was zu schreiben.

Ja, ich habe am Morgen in der Sonne unterm Motorrad gelegen um die Quelle des Ölverlusts zu lokalisieren – ich, der wie gesagt sonst immer den Schlüssel seiner Fahrzeuge an die Fachwerkstatt des Vertrauens übergibt und sagt „macht heil“. Ursprung sind nicht die Kratzer am Gehäusedeckel wie ich befürchtet habe sondern ein kleiner Kreis am oberen Ende des Gehäusedeckels. Glücklicherweise gibt es einen Motorradhändler in Yreka (sprich: Wy-reka) und der behauptet es ist ein Blindstopfen den wir vorsichtig mit Hammer und Körner weiter reindrücken. Es schwitzt immer noch etwas Öl aus, aber in einer Menge die „beobachten“ als weitere Vorgehensweise rechtfertigt. Und im Zweifel schmiere ich etwas Kaltmetall (2-Komponenten Knetmasse) drüber und es ist dicht.

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Zu Renas Wegbeschreibung fallen mir nur folgende Bilder ein:

Hinter Yreka die 96 ist wie das Lahntal lang fahren nur halt über 100Km und die Landschaft fängt eher karstig (erinnert an Grand Canaria) an und wird zunehmend grüner – nur direkt im Flußtal ist es grün und üppig.

Ab Happy Camp wird die Strecke enger, eher wie gute Eifelstraßen, aber immer noch mit Mittelstreifen und super Belag. Das Beste ist allerdings, daß uns auf der gesamten Strecke von ca. 180Km zwei Hände voll Autos entgegenkommen und wir nur eins oder zwei überholen müssen – und die machen in der Regel auch noch von selbst Platz!!!

Ich bin schon lange nicht mehr so viele Kurven an einem Tag gefahren und war Renas Gesichtsausdruck nach den langen Geraden gestern eher angespannt bis genervt nimmt sie heute in den Pausen den Helm ab und….. kennt Ihr das Bild?: Ihre Augen leuchten und die Mundwinkel berühren fast die Ohren.

Mittwoch, 29.Mai, Chemult – Yreka. 252 mls

Es schneit. Muss ich mehr über den Tag sagen?

Okay, wir hätten es wissen können, denn eigentlich wollten wir über die Nordzufahrt zum Crater Lake. Die war aber gesperrt. Niemand hat uns gezwungen stattdessen langweilige 40 mls gerade aus zu fahren um dann über die Südeinfahrt zum Crater Lake zu kommen. Nur ist der See gar nicht da, der hat Urlaub, stattdessen gibt es dichten Nebel und kurz bevor wir oben sind, fängt es auch noch an zu schneien.  Vielen Dank auch. Wie gut, dass sich die Auffahrt gelohnt hat.- Rechts neben der Straße ist ein phänomenaler Graben, tief, schmal, bewachsen, hohe Granitkanten, vermutlich ist da mal Lava durchgeflossen.  Wir gehen vom Parkplatz direkt in den Andenkenladen mit Cafe und fahren nachdem wir uns bei einem Tee aufgewärmt haben wieder runter. Sightseeing ist anders. Oder zumindest anders herum – ich bin noch nie so oft angesprochen worden, ob wir wirklich mit den Motorrädern hier hochgefahren sind. Nein, ich habe den Helm nur zur Zierde mit. Aber das ist nicht fair, die Fragen sind nett gemeint, fast alle enden mit einem „Take care“ oder „Drive safely“.

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Unten ist es sonnig – wir sind tatsächlich freiwillig in das Mistwetter gefahren. Ein Foto vom Berg mit dem Kopf in den Wolken kriege ich leider nicht hin, das muß auf meine Liste der nichtgemachten Fotos. Die Liste ist jetzt schon lang. Unten ist auf eine ganz eigene Art auch beeindruckend: Eine riesige Ebene umringt von hohen, teilweise schneebedeckten Bergen. Ich probiere es, aber das fängt keine Kamera.

Unsere Streckenführung danach ist leider suboptimal. Was auf zwei Karten wie eine Straße aussah entpuppt sich im wahren Leben als ein Schotterweg. Wollen wir 10 mls Schotter fahren nachdem wir bereits 150 mls hinter uns haben? Eher nicht. Schade, schade, schade, wir fahren zurück auf die 97 und lassen uns nach California bringen. Ups, Oregon ist schon zu Ende? Das ging aber schnell. Okay, könnte natürlich auch daran liegen, dass wir unseren geschätzten Schnitt von 100 mls/Tag nicht hinbekommen – im Moment sind wir eher bei 160 mls/Tag.

Fahrerisch ist die Strecke eher langweilig, nur der Blick entschädigt für vieles. Erst fahren wir fast direkt auf Mt. Hebron zu, dann auf Mt. Shasta, beide eher unerwartet in der Landschaft, beide schneebedeckt, beide sehr beeindruckend. Was sicherlich auch daher kommt, das die Gegend drum herum eher flach ist. Was ich allerdings total unfair finde, und das ändert sich hoffentlich noch: Entweder gibt es Kurven – dann ist es kalt. Oder es ist warm, aber dann ist die Strecke langweilig. Kann ich bitte mal warm und Kurven haben? Immerhin beenden wir den Tag ohne die Regenkombis anzuhaben.

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Ich gewöhne mich immer mehr an den Smalltalk hier – egal wo wir stehen, irgendeiner kommt immer, fragt woher wir kommen, wohin wir wollen oder nach Bastis Mopped. Nett, offen, belanglos. Ich gewöhne mich dran und es übt ungemein im Herumfloskeln.

Was gibt es sonst noch zu erzählen? Dass wir fast 1h beim Starbucks herumgehangen haben weil Bastis Tomtom auf dem Motorrad nicht lädt? Oder dass Bastis Mopped nach dem Umfaller Öl verliert? Wir werden es irgendwie richten müssen.

Basti:Für mich hat der Tag mit Sonnenschein und einem starken Kaffee begonnen, falls Ihr euch an das Bild von gestern erinnert, so stehe ich mit dem Kaffee auf der Veranda bei den Pferden J

Vor unserem Motel steht ein Truck in der Sonne und 3 Spatzen kämpfen um den Spitzenplatz an seinem Chrom-Kühlergrill. Ich brauche einen Moment um zu kapieren, daß die sich um den Spitzenplatz am Frühstücksbuffet streiten, denn die frisch erlegten Fliegen und Mücken  am Kühlergrill müssen nichtmehr gejagt werden sie sind frisch erlegt.

Glücklicherweise erfahren wir von der Rezeption, dass der Nordzugang zum Crater Lake gesperrt ist, sonst hätten wir 30mls vergebens gemacht. Der Umweg zum Südzugang ist zwar deutlich länger, aber Crater Lake muß einfach sein. Bis zum Eingang zum Nationalpark (hier kassieren die Ranger) ist uns die Sonne treu – auf den Hinweis der Ranger, daß es oben neblig ist gebe ich nichts, denn ich bin ja ein Glückskind und es wird schon aufreißen bis wir da sind. Renas Beschreibung lässt erahnen welch eine maßlose Selbstüberschätzung das ist.

Meine Motorradstiefel sind nicht wasserdicht und an der Stelle wo ich ständig den Schalthebel bediene kommt zuerst das Wasser durch, nur heute nicht. Der Grund ist leider keine Selbstheilung des Stiefels, sondern ein leichter Ölnebel der sich darüber gelegt hat. Anscheinend verliert der Motor seit dem Umfaller ein wenig Öl – muß noch rausfinden wo genau und wie viel, aber weniger als einen halben Liter auf 500mls sind es auf jeden Fall.

Dienstag, 28.Mai Reedsport – Chemult, 231mls

Wir starten – wie unerwartet – im Regen. Aber es ist deutlich weniger als gestern, alles gut. Unser erster Weg führt uns auf die Lower Smith River Road. Anfangs eine normale Strasse wird es bald zu einem, naja, Weg. Also ein meistens geteerter Weg, breit genug für 2 Autos, nur ein paar Stellen sind zwischendurch Schotter und andere Schlamm und die Schlaglöcher, dass über die Brücken immer nur einer paßt, wird per Schild angekündigt.  Nachdem wir mit  normalen 30 mph angefangen haben sind wir bald runter auf 15 mph, werden aber belohnt durch eine einsame Waldgegend. Als wir halten ist nur noch lautes, vielfältiges Vogelgezwitscher zu hören.  Der Smith River ist immer neben uns, meistens rechts, manchmal auch links. Meistens fast auf selber Höhe, nur ein paar Meter unter uns, dann wieder kommt Straße, dann lange nichts und dann der Fluss. Leitplanken?  Hier nicht. Schön ist es, einsam, klein, auf den ersten 40 mls kommt uns ab und an ein Truck entgegen, ansonsten könnten wir auch alleine auf der Welt sein.

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Schade nur, dass Basti sein Mopped auf die Seite legt. An einer der wenigen Gabelungen, die es gibt, will er anhalten, daß heißt er steht schon, aber das Motorrad noch nicht, das Vorderrad rutscht im Schlamm weg.  Wie gut, dass es inzwischen aufgehört hat zu regnen. Wir richten die Ninja wieder auf, Basti macht heile (das kann er selber besser erzählen)  und wir entscheiden uns für den kürzeren Weg zurück in die Zivilisation.

Wie immer auch der längere Weg gewesen wäre, der kürzere führt über einen Berg und bietet einen faszinierenden Ausblick (jedenfalls in den Momenten, wo ich den Blick von der Straße nehme) und erklärt auch, warum es diese Weg überhaupt gibt: Hier wird Holz gemacht und zwar nicht zu knapp. Auch hier verzichtet man aus gutem Grund auf Leitplanken oder ähnliches, vermutlich kämen die Schwertransporter sonst nicht um die engen Kurven, daher geht es  direkt neben der Straße steil runter. Ich sehe abgeholzte und wieder aufgeforstete Berge und kann ganz weit gucken – bis wir wieder auf dem Weg nach unten sind und die jungen Bäume bereits zu hoch um weiter als bis zu ihnen zu sehen. Im Himmel kreisen ein paar Adler. So fühlt sich Weite an.

In Elkton biegen wir auf die 138 ab und wenn das anfangs eine ganz normal, breite Straße ist, später hinter Roseburg sogar zweispurig und sehr langweilig, entwickelt sie sich zu einem Fest.  Sie schlängelt sich den Umqaph River entlang, ist aber im Gegensatz zum Smith River Road durchgängig sehr gut geteert. Wir fliegen  um die Kurven – möglicherweise etwas schneller als legal. Gott sei Dank warnt uns ein entgegenkommender Motorradfahrer vor dem Sheriff am Straßenrand.  Die 70 mls zwischen Roseburg und dem Diamond Lake vergehen im wahrsten Sinne wie im Flug. Es ist eine Strecke der ungemachten Fotos.  Der Fluss schimmert manchmal türkisfarben zwischen den Bäumen hindurch, manchmal fahren wir direkt auf ihn zu. Er hat Stromschnellen, fließt schnell, alles sehr schön, durchaus beeindruckend. Aber dafür anhalten – no way.

Die  Regenkombis hatten wir bereits in Elkton ausgezogen – so  also sieht Oregon im Sonnenschein aus. Deutlich besser als gestern.  Jetzt rächt sich das, denn die Kombis halten nicht nur den Regen ab sondern auch den Wind.  Wir schrauben uns auf 5.900 ft hoch (knappe 2.000m) und entdecken neue Schilder: Warnung vor kreuzenden Snowmobilen und: „Don’t pass the snow plough on the right side“. Okay, machen wir nicht. Kalt ist es auch ohne Schnee.  Und ab der Hochebene geht es schnurgerade aus. Zwar nicht schön zu fahren aber erst einmal ein völlig unerwarteter Blick.

Wir halten an einer -ich weiß nicht- Bude an der Mündung der 138 auf die 97. Es gibt Kaffee, Cola, Alkohol, Naschzeug, Mehl, Haferflocken, Andenken und was weiß ich noch. In der einen Ecke zieht die Besitzerin (im Raum!) Tomaten, in einer anderen steht ein alter Holzofen und bollert vor sich hin. Es ist kruschig, aber nicht vollgestellt. Ihr Geld verdient sie vermutlich mit den Truckern und dem Alkohol. Schräg, aber sehr nett. Weitere 10mls später sind wir in Chemult – wer immer das Kaff, bestehend aus 3 Motels, zwei Tankstellen, einem Restaurant und einem Supermarkt, auf der Landkarte finden mag – und finden ein Bett, die Pferde davor angebunden.

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Basti: Also……

Seit wir in Newport eine Karte von Oregon gekauft haben, die ausreichend fein im Maßstab ist, ist Rena in ihrem Element. Alle Strassen die eine Farbe haben, sind eigentlich zu groß – so sind wir an die Smith River Road gekommen. Ich hatte Schwierigkeiten im TomTom weit genug „rein-zu-zoomen“ um die Straße überhaupt zu finden, aber es hat sich gelohnt. Ist wie kleinste Eifel- oder Schwarzwaldsträßchen, nur eben 40mls lang und wie erwähnt kein Verkehr.

Mein Ausrutscher/Umfaller ist primär ärgerlich – weil dumm – und das zusätzliche Gewicht vom Gepäck war sicher auch nicht hilfreich. Die Bilanz: ein paar neue Kratzer am Motorgehäusedeckel, ein Lenkerspiegel aus der Halterung gesprungen (nicht kaputt und vor Ort wieder eingebaut) und ein verzogener vorderer Kotflügel. Da der Kotflügel aus Karbon ist, wird wohl eine der Halterungen leicht verzogen sein. Da er schleift, hilft nur eins, eine Halterungsschraube raus zur Entlastung und mit Kabelbinder ordentlich fixiert (Danke Alexander!!!). Jetzt muß ich nur noch die Lenkstange wieder in den gleichen Winkel bekommen damit ich nicht schief auf dem Moped sitze – was ein cm so alles ausmachen kann!

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Kaum sind wir auf dem Highway 138 (entspricht einer deutschen Bundesstraße) erklärt sich Rena bereit vorzufahren. Find ich gut, denn vorfahren ist anstrengend. Vielleicht bin ich Ihr aber auch zu langsam, denn nachdem wir am Sheriff vorbei sind pendelt sie sich schnell um die 80mph ein.

Auf dem letzten Stück nach der Passhöhe ein Aha-Erlebnis für mich und eine Vorbereitung auf die Strecken bei Las Vegas. Ich fahre das erste Mal bewußt eine schurgerade Straße für über 20mls – und Rena zieht das Tempo an. Ich beschwere mich nicht denn auf 2000m ist es sau kalt und ich will es schnell hinter mir haben. Der Kaffee an der Kreuzung zur 97 ist himmlisch (heiß und stark).

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Montag, 27.Mai Florence – Reedsport, 24 mls.

Memorial Day zur Erinnerung an die gefallenen Soldaten. Und der Himmel weint dazu. Dauerregen. Bisher hatten wir immerhin so viel Glück, dass wir trocken starten konnten. Heute nicht einmal das. Von den Böen will ich gar nicht reden, aber es ist nicht angenehm, wenn das Moped in einer Kurve durch den Wind versetzt wird. Die Oregon Dunes verpassen wir. Manchmal guckt ein Sandhügel zwischen den Bäumen hindurch. Aber der Himmel ist bleigrau und ein bißchen Sand kann uns nicht zum Anhalten bewegen. Keine Düne der Welt kann so beeindruckend wie die Wüste in Abu Dhabi sein, warum also naß werden. Wir suchen uns ein Motel in Reedsport, in dem man auch waschen kann und hoffen auf morgen.  Denn morgen wollen wir uns –vollgetankt und ausgeschlafen- in die Büsche schlagen, runter von den großen, rauf auf die kleinen Straßen. Ich liebe meine Oregon-Karte, sie verspricht Kurven.

Vom trockenen Fenster aus beobachten wir die Rückreise der großen Jungs mit ihren noch größeren Spielzeugen. Ich drehe mich immer noch um, wenn es hinter mir tief und sonor blubbert. Meistens um dann fast auf Augenhöhe mit einer Motorhaube zu sein. Ja, ich gebe zu, hier würde ich auch einen höhergelegten 8-Zylinder-Pickup fahren. Ich bräuchte zwar eine Leiter zum Einsteigen und einen Kran zum Beladen aber hier kann man die Autos bewegen. In Deutschland käme man um keine Kurve, geschweige denn in einen Parkplatz. Die großen Jungs haben auf ihren großen Spielzeugen die kleinen geladen: Eine Art Jetski um durch den Sand zu heizen. Um das Paket komplett zu machen, hängt hinten dran ein riesiger Trailer. Wie gesagt, hier ist alles etwas größer. Noch kostet die Gallone keine $5. Umweltschutz –was ist das? Dreck sammeln vielleicht, Müll trennen ja, Energie sparen – kein amerikanisches Konzept. Weder beim Heizen noch beim Fahren.

Trotz der kurzen Strecke kommen wir wieder an ein paar lustigen Schildern vorbei.  Ich mag die gelben Quadrate, die hochkant stehen. Manche sind klar, wie „Slow“. Über andere wie „Congestion“  muss ich nachdenken. Ich kenne das Wort nur in Bezug auf Verdauung, auf die genaue Übersetzung komme ich nicht. Beschäftigt mich ein paar Meilen bis ich auf Verstopfung komme. „Dip“ mag ich auch und auch die feine Unterscheidung zwischen „Rocks“ und „Slides“ aber am allerliebsten sind mir die Schilder, bei denen ein Maler kunstvolle Kurven gemalt hat. Ich schwöre, jedes Kurvenwarnschild hat andere Radien. Sehr hübsch und meistens vielversprechend. Im Gegensatz dazu meint „Speed Zone ahead“ leider nicht, dass man da Gas geben darf, sondern das Gegenteil.

Sonntag, 26.Mai, Pacific City – Newport – Florence, 115 mls

Bevor wir starten bringen wir meinen TomTom wieder an – mit Klebeband. Ach, hatte ich gar nicht erzählt. Wir haben ja an beiden Motorrädern Strom und Halterung für einen TomTom (Navi). Eigentlich. Bei meinem ist direkt am ersten Tag die Halterung abgebrochen. Jetzt haben wir sie mit Duct Tape wieder zusammengeklebt und meistens lädt er auch. Nicht immer, aber man kann nicht alles haben. Ich bin ein Fan von Duct Tape (aka Duck Tape), die Seitentasche meines Tankrucksack hält es auch zusammen.  Wahrscheinlich kann man auch Autos damit reparieren und die amerikanischen Häuser, die ja eh aus Spanplatten bestehen. Deshalb sind die Motels auch nur ein Sicht- und Wetterschutz, man hört alles und Isolierung gibt es auch nicht. Heizung an = warm, Heizung aus = kalt.

Nachdem wir die ersten Meilen ohne Regenkombi gefahren sind, fängt es –natürlich- an zu nieseln. Ich wußte gar nicht, wie viele unterschiedliche Sorten von Regen es geben kann. Wir bekommen alle ab.

In Newport gibt es angeblich Seelöwen, aber wir finden sie nicht. Stattdessen gibt es dort Frühstück und eine Karte von Oregon auf der auch die kleinen, netten „weißen“ Straßen zu finden sind.  Die kurvigen, bei denen man sich nicht sicher sein kann, dass sie irgendwo ankommen und bei denen man vorher tanken sollte. Newport ist eine witzige Mischung aus Fischfabrik und Tourismus, Nippes neben frischen Fisch. Gleich neben der Historic Bayfront ist ein alter Leuchtturm. Während Basti an seinem Headset vom TomTom fummelt und ich ein paar Pazifik-Bilder mache, zieht Wetter auf. So schnell hatte ich die Regenkombi,  die wir für den Spaziergang in Newport ausgezogen hatten, noch nie an. Das ist nämlich gar nicht so einfach, den Vollkörpergummianzug über die Motorradkombi zu bekommen, Irgendwo hängt es immer, an der Schulter, am Schuh…

Der 101 (ausgesprochen One Oh One) ist prima zu fahren, nur etwas voll. Da am Montag Memorial Day ist, sind alle Amerikaner zum Campen unterwegs. Und Campingplätze gibt es hier viele. Fast so viele wie Trailheads, Anfänge oder Einstiege von Wanderwegen. Urlaubsgegend, halt. So sieht es auch aus, immer wieder kann man zwischen Straße und Meer Häuser erkennen.

Unser einziger Abstecher heute führt uns zum Cape Perpetua. Grandioser Ausblick auf ca. 240 m Höhe. Ein Adler schwebt vor uns langsam über die Bucht weiter ins Landesinnere. Toll.

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In Florence halten wir, suchen uns ein Motel an der 101 und fahren dann ohne Gepäck in die Innenstadt. Niedlich. Wie essen Chowder und Krabben. Chowder ist Muschel-Speck-Kartoffel-Eintopf mit ganz viel Stärke. Klingt nicht lecker – ist es aber, jedenfalls wenn er gut gemacht ist.

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Der Rest des Abends ist mit Computer-Ärger ausgefüllt. Der Blog ist weg und es kostet uns beide Nerven während Basti das Ding neu aufsetzt. Ihm beim Machen, mir beim Zusehen. Irgendwann gehe ich lesen, das ist besser für den Weltfrieden.

Samstag, 25.Mai Stevenson – Portland – Pacific City, 153 mls

Frühstücken  – Packen – Losfahren. Keine Hickups, nichts, was uns aufhält und trocken ist es auch. Okay, so darf es bleiben. Nach keiner Meile biegen wir links auf eine Brücke ab, die nur deshalb erwähnenswert ist, weil sie keinen Belag hat sondern aus Eisengittern besteht. Ich kenne das nur von Treppen. Bremsen oder Kurvenfahren will ich hier nicht, brauche ich auch nicht, ist auf 15 mph beschränkt. Auf der andern Seite des Columbos haben wir Washington State verlassen und sind in Oregon. Basti zahlt souverän die Maut von 1$, er hat tatsächlich daran gedacht, Geld außen dabei zu haben, nicht unter der Regenpelle irgendwo tief vergraben. Denn der Himmel ist immer noch grau in grau und wir fahren wie gestern im Zwiebel-Look. Ich habe an: Zwei Paar Strümpfe (eines davon Skisocken), lange Unterhose, T-Shirt, Fleece, Skihemd, darüber die Motorradkombi und darüber die Regenpelle. Da ist es schon schlau daran zu denken, das Geld griffig zu haben.

Jetzt also Oregon.

Nach einem winzigen Stück über die den Highway landen wir auf der Historic Orgeon Route 30. Ein Schild warnt uns: „Narrow and windig road“ – ja bitte. Die Strasse schlängelt sich zwischen dem Columbo und dem neuen Highway auf der einen und relativ steilen Bergen auf der anderen Seite entlang. Hinter jeder zweiten Kurve ist ein grandioser Wasserfall zu bewundern, wir halten aber nur an einem, den Multnomah Falls, einem zweistufigen Wasserfall über ca. 190 m. Sagt der Reiseführer. Vor Ort ist alles in Fuß angegeben und wenn ich damit noch einigermaßen klarkomme, weil ich es vom Segeln her kenne, bringen mich die Meilen regelmäßig durcheinander.  Die Reichweite meines Motorrads? Keine Ahnung, zudem die Jungs hier auch noch anders rechnen. Wir rechnen wie viel  Liter ein Fahrzeug auf 100km braucht. Die Amis rechnen, wie viel Meilen ein Fahrzeug mit einer Gallone schafft. Wer kann das vergleichen?

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Aber was kümmern mich die Meilen oder auch die Reichweite, solange die Reichweite der Ninja kleiner ist als die der Bumble Bee. Basti wird schon halten, wenn er Sprit braucht und dann habe ich immer noch ca. 50 mlx Reserve.

Der wunderschönen, geschlängelten Historic Route 30 folgen wir weiter. Sie schraubt sich langsam in die Höhe und ab und an blitzt der Columbo auf. Davon ein Foto wäre toll,  aber es gibt nur Haltemöglichkeiten an den Wasserfällen und da ist die Sicht zum Columbo meistens beschränkt. Bis wir oben sind und bevor es wieder runter, bzw. weiter vom Fluß weg geht, kommt ein Parkplatz. Mit einer phantastischen Aussicht, ein bißchen wie der Rhein auf Steroide: Alles ein etwas größer, breiter, kräftiger als nötig. Sehr beeindruckend.

Nach ein paar weiteren kurvigen Meilen, einer langweilen Ortseinfallstrasse und einem quirligen Studentenviertel mit vielen kleinen Cafes sind wir in Portland und parken fast direkt am Pioneer Courthouse Square, dem Mittelpunkt der Stadt. Der Platz ist belebt, vereint alte und neue Architektur, es gibt viele Radfahrer hier. Nett. Nach einem gesunden Mittagessen (Wrap und Salat) fahren wir weiter zum „Rose Test Garden“. Kein Wunder, dass Portland auch die Rosenstadt genannt ist, der Rosengarten ist riesig. Sehr schön, aber auch kein Grund lange zu bleiben.

Wir verlassen Portland und nähern uns über die Route 6 dem Pazifik. Ein Fest! Langgezogene Kurven, die man gleichmäßig schwingen kann, immer noch mehr. Das macht einen Heidenspaß und hat erst ein Ende als vor uns eine Schlange von Autos sich brav an das Speed Limit hält. 55mph sind erlaubt – wir waren meistens etwas schneller unterwegs, so um die 70 mph vielleicht. Also manchmal. In Ausnahmesituationen. Natürlich sind wir ansonsten absolut gesetzestreu. Wie in Deutschland eben auch. Hüstel.

Die Bumble Bee macht schaltfaul. In vielen Bereichen fährt sie ähnlich wie mein Fazer in Deutschland. Während die aber unter 5.000 Umdrehungen unwillig auf der Kette hackt, geht die Bumble Bee ab 2.000 Touren mit. Die reine Fahrfreude. Landschaft rechts und links? Ja, bestimmt vorhanden.

Ab Tillamouk biegen wir auf den Three Capes Scenic Loop ab. Von der Straße entspricht das ungefähr einer kleinen Landstraße in der Eifel, aber der Belag ist besser.  Tja und dann sind wir auf einmal am Pazifik. Ich war noch nie vorher mit dem Motorrad am Meer – wozu auch.  In Deutschland ist das plattes Land, schön und windig aber langweilig zum Fahren. Hier ist es atemberaubend. Die Straße schlängelt sich einen Berg hoch, von oben hat man einen kurzen aber tollen Blick auf’s Meer (keine Chance zum Anhalten), dann geht es wieder runter und es muss das Wissen reichen, dass der Pazifik zum Greifen nah ist, gleich hinter dem nächsten Hügel. Und dann ist man oben und sieht – Sand.  Eines der lustigen gelben Schilder (von denen ich maximal die Hälfte richtig deuten kann) warnt vor Sandverwehungen und bevor man sich wundern kann, fährt man durch eine Dünenlandschaft. Nur der Pazifik ist nicht zu sehen und dann sind da wieder Bäume rechts und links. Aber das Meer ist da, ich weiß es genau.

Am Ende halten wir in Pacific City und bekommen gerade noch das letzte Zimmer. In US ist langes Wochenende, am Montag ist Memorial Day, und jeder ist unterwegs, die Campingplätze sind ausgebucht.

Wir haben ein Bett, pröteln noch ein wenig an den Motorrädern und gehen dann hier im Inn essen – überraschend lecker. Ein Burger wird zur Delikatesse, wenn man statt Mayo Aioli nimmt. Yummi.

Freitag, 24.Mai. Centralia – Mt. St Helens – Stevenson, 252 mls

Einen einfachen Start haben wir wieder nicht – ich finde meinen Motorradschlüssel nicht.  Nach mehr als 30 min suchen und fluchen können wir endlich los. Und ich werde mir von heute an hoffentlich merken, in welche Hosentasche ich den Schlüssel tue, so dass ich ihn rausnehmen kann bevor ich die Jeans ganz nach unten in den Seesack packe.  Immerhin hat Basti so Zeit für seinen ersten Kaffee.

Wir nehmen die I5 bis zur Ausfahrt Toledo, wie wir es eigentlich gestern vorhatten. Es ist immer noch kalt aber zumindest trocken. Die 505 bringt uns durch das typisch amerikanische Hinterland – eine lange gerade Straße und ab und an häufen sich die Briefkästen am Straßenrand. Das ist dann eine Siedlung. Die 504 dagegen auf die wir dann abbiegen ist nichts weiter als eine –großartige- Sackgasse, denn sie führt „nur“ zum Johnston Ridge Vulcanic Observatorium.  Aber was für eine Straße. Ohne den Nieselregen und ohne den Schnee (!) am Straßenrand wäre es ein Motorradparadies. So macht es Spaß zu fahren, für’s Paradies ist es zu kalt. Wir halten zwischendurch und kommen ins Gespräch mit zwei Kanadiern, Iron Butts, die mal eben von Halifax in guten 100 Stunden hergeballert sind. Ihre Frauen sind dieselbe Strecke geflogen – ich finde, das spricht eindeutig für die Intelligenz der Frauen. Die vier wollen eine ähnliche Tour fahren wie wir, allerdings in 2 Wochen. Okay – wer es braucht.  Weiter zum Gipfel fahren wir alleine, die Jungs warnen uns noch vor Eis auf den Brücken. Dass es jetzt wieder stärker regnet, macht es auch nicht besser.

Die Landschaft um uns herum ist beeindruckend. Aber zum Anhalten und Fotografieren fehlen Sonne und Muße. Schließlich ist die Straße zu Ende, das Observatorium erreicht. Allein, Mt. St. Helens hüllt sich in Regenwolken und nichts verspricht, dass es besser wird. Ein paar Fotos mache ich trotzdem, Motorräder vor Schnee hatte ich auch  noch nicht. Und dann fahren wir die 30mls wieder zurück. Je trockener die Straße, desto großzügiger ignorieren wir die Speed Limits. Deutlich südlich von Toledo nehmen wir nochmal die I5, an einer Raststätte gibt es ein spätes Mittagessen. Dann schlagen wir uns wieder in die Büsche, über die 503 geht es nach Cougar, südlich vom Mt. St. Helens. Touristisch werden wir wieder enttäuscht. Der Lava Tunnel ist geschlossen und zum Ape Cave gehen wir zwar, haben aber beide keine Lust uns mit unseren Taschenlampen weiter als das Tageslicht reicht vorzutasten.  Zudem ich Dank des letzten kräftigen Regens wieder nasse Füße habe, in meinen Schuhen steht jeweils eine kleine Pfütze. Selbst Schuld. Ich habe mir extra für diese Tour neue Motorradschuhe gekauft weil ich keine Lust hatte, mit meinen schweren Stiefeln durch’s Death Valley zu tapsen. Ich hatte so sehr Kalifornien und so wenig Washington im Kopf, dass ich Sommerschuhe gekauft habe. Die natürlich alles mögliche, aber eben  nicht wasserdicht sind. Jetzt ist es zu spät und solange ich die Schuhe jeden Abend wieder trocken kriegen – Kismet.

Der Rest der Strecke geht über National Forrest Routes: Klein, kurvig, mitten durch den Wald. Am Straßenrand stehen ein paar Hirsche. Ein bißchen wie Schwarzwald, aber wo im Schwarzwald nach 20 km wieder Ortschaften kommen, kommt hier weitere 20 mls erst einmal nichts. Außer noch mehr Kurven. Und eine tolle Landschaft: großzügig, bergig, 1.000m unter uns Wasser, hohe Bäume. Ein letzter Versuch, sich wie Touristen zu benehmen und an einem Aussichtspunkt zu halten scheitert auch, ausgerechnet dieser Viewpoint wird gerade repariert. Wenn das so weiter geht, macht es nichts, dass wir noch immer keine Fotos im Blog hochladen können.

Wir landen in dem Hotel, das wir eigentlich für die letzte Nacht reserviert hatten; wir konnten die Reservierung verschieben. Das schlechte Wetter verabschiedet sich (hoffentlich) mit einem Regenbogen. Das Foto allerdings ist toll geworden.

Basti: was mich wirklich umhaut ist Rena’s Gesicht nachdem Sie den Helm abnimmt. Ich rechne mit Erschöpfung und Unzufriedenheit wegen nasser Füße und was ich sehe ist Euphorie und Zufriedenheit. Für die Eingeweihten: Schauinsland auf 90km. Ich selbst bin ziemlich kaputt nach 5 Stunden reiner Fahrzeit – aber schön ist die Strecke J.

Donnerstag, 23.Mai, Kirkland – Centralia, 98 mls

Das Beste, was man vom heutigen Tag sagen kann, ist, dass wir unterwegs sind. Auch wenn wir noch nicht weit gekommen sind.

Bevor wir losfahren, sind die allerletzten Last-Minute-Vorbereitungen dran. Final packen. Wir sortieren noch ein paar T-Shirts aus und dann gehen auch irgendwie Bastis Schuhe mit.  Keine Ahnung, ob ich etwas vermissen werde oder doch wie sonst auch immer im Urlaub einiges gar nicht anziehen werde.

Versicherungskarte besorgen. Ach ja, vergessen zu erzählen. Bastis Versicherung hat zwar Unterlagen geschickt, die beim Fahrzeug sein müssen –  allerdings dummerweise die von der Kawasaki, falsches Bike. Also alles nochmal von vorn. Aber es lohnt sich nicht auf die Mail zuwarten, denn im Haus ist gerade kein Strom, der Nachbar wird gerade angeschlossen, also gibt es einen angemeldeten Stromausfall. Hm. Wenn wir gar keinen Strom haben – wie geht dann die Garage auf?

Kurzes Bangen.

Dann der Zug an der richtigen Strippe, das Garagentor kann hochgeschoben werden. Puh. Durch den Hinterausgang hätte ich nicht gewollt.

Und dann sind wir tatsächlich unterwegs. Erst einmal Interstate I5 (entspricht unseren Autobahnen) Richtung Süden bis nach Toledo, WA, dann östlich zum Mount St. Helens. So zumindest der Plan.

In Kirkland scheint die Sonne.  Ab Tacoma nicht mehr. Es regnet. Und regnet und regnet und regnet. Wir haben rechtzeitig die Regenkombis angezogen, aber Spaß macht es trotzdem nicht. In der Gischt der Laster sehe ich gerade noch Sebastian und seine umgebaute ZX12R (aka Ninja), die Autos davor auch schon nicht mehr.  Ich habe kalte Hände und langsam aber sicher laufen meine Schuhe voll mit Wasser.

In Centralia fahren wir ab, es reicht. Es ist nass und kalt (50°F, was etwa 10°C entspricht) und vom Berg würde man eh‘ nichts sehen. Obwohl es erst 13:30 Uhr ist, suchen uns eine Übernachtung und hoffen auf besseres Wetter.

Mittwoch, 22.Mai. Kirkland

Nachdem wir vorgestern beide Bikes nach Hause gebracht hatten – Bastis stand ja noch bei Randy – haben wir uns gestern dann um die Last-Minute-Vorbereitungen gekümmert. Die Bumble Bee zum Händler gebracht, damit sie neue Füsse bekommt ( Road Pilot 2). Die gekauften waren zwar noch nicht abgefahren, aber alt. Ich glaube, es waren  immer noch ihre ersten und nachdem mir bei einer Bremsung das Hinterrad leicht seitlich weggerutscht war, habe ich mich umso mehr auf die neuen gefreut. Die alten haben wir wieder mitgenommen, um sie damit wieder zu verkaufen. Die Pilots werden dann abgefahren sein.

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Dann haben wir für Sebastian einen Tankrucksack besorgt. Noch sehe ich uns nicht alles mitnehmen, was sich beim „Reisegepäck“ stapelt.  Neben den Klamotten macht mich vor allem das ganze elektonische Zeug kirre: Heutzutage hat alles ein Ladegerät:  Handys, Bücher, Zahnbürste, Kamera, der Tablet, Bastis Rechner, die beiden Navigeräte, das Headset dazu, usw. Es läppert sich zusammen. Da bleibt jedenfalls kein Platz für ein zweites Paar Schuhe – Las Vegas geht in Flipflops, Turnschuhen oder gar nicht, andere habe ich nicht mit.  Beim Probepacken am Mittwochabend waren wir noch ganz zuversichtlich – das war allerdings bevor Basti aufgefallen ist, dass er die Schuhe und Jeans, die er anhat ja auch mitnehmen will.

Beim Abholen der Bumble Bee probiert ein junger Mann im Laden Helme für „Dirt Tracks“ aus. Er hat einen gefunden, der ihm gut paßt, ist aber wegen des Designs zögerlich: es ist wild verschlungen rot-weiß gemustert.  „Isn’t that something women like?“  fragt er den Verkäufer, Basti und mich. Ich hebe meinen Helm hoch – mattschwarz. Der Verkäufer lacht: „You are asking the wrong girl.“ Dass hier jeder mit jedem im Laden redet, jeder Verkäufer wissen will, wie es mir geht und auch andere Menschen im Laden ins Verkaufsgespräch einbezogen werden, daran muss ich mich erst einmal gewöhnen.

Apropos gewöhnen: Ich gewöhne mich langsam aber sicher an den amerikanischen Verkehr. Natürlich fahre ich viel bewusster, denke mehr über die Regeln nach als ich es in Deutschland tun würde und achte besonders auf die Dinge, von denen ich weiß, dass sie anders sind. Aber in einer bestimmten Situation hilft das alles nichts: Es gibt Kreuzungen, da steht an allen vier Straßen ein Stopp-Schild und darunter „All ways“. Das bedeutet, dass alle Fahrzeuge stoppen und in der Reihenfolge weiterfahren, in der sie an die Kreuzung gekommen sind. Klappt wunderbar. Aber wenn ich links abbiegen will und vor dem dran wäre, der mir gegenüber geradeaus will – das geht nicht.  Das fühlt sich so dermaßen falsch an, in Deutschland hätte der Vorfahrt, dazu muss ich mich regelrecht überwinde, so tief sitzt das.

So nun ist er wieder online….

Hallo Ihr lieben Blog-Leser,

Ich habe es vorgestern irgendwie geschafft den Blog abzuschiessen und musste ihn ganz neu aufsetzen. Bis auf die ersten Beiträge und die dazugehörigen Kommentare steht der Blog jetzt aber wieder und einige Texte haben wir im Backup gefunden.

Sebastian

Und da ich nun auch endlich Bilder hochladen kann, hier die zwei Gefährte (denn auch ich bin stolz auf mein Moped):

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Ach ja, so hat sie mal ausgesehen:

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