Die Entscheidung zu dieser Moppedtour ist frühmorgens in einer Mischung aus Jetlag (ich) und leichtem Schlaf (Basti) entstanden. Wir haben nie lange darüber diskutiert, sondern es uns zusammen ausgemalt, für gut befunden und so gemacht. Der heutige Tag entsteht ähnlich: Wir kommen nicht aus dem Bett, irgendwann ist es zu spät um die komplette Runde Glacier National Park zu fahren. Also entscheiden wir auszuschlafen, nur zum Logan Pass zu fahren und da spazieren zu gehen. Einziger Nachteil: Wir verpassen das Frühstück.
Glacier NP ist schön, die Straße schmaler als Yellowstone und kurviger. Leider gibt es genauso viele Schnecken und eine 3-Meilen-Baustelle. Aber das gibt auch mir die Zeit nach rechts und links zu schauen. Nach der Baustelle wird es spannender, die Straße wurde 1932 fertig gestellt, glaube ich, mit Steinen als Leitplanken quasi an den Rand der Berge gezimmert. Tolle Ausblicke, schöne Wasserfälle, schneebedeckte Berge, glatte Seen – es gibt hier wirklich viel Landschaft zu sehen.
Am Logan Pass parken wir erst jetzt fällt mir auf, dass es hier ausnahmsweise mal keinen Generalstore oder etwas ähnliches gibt. Wir haben nicht gefrühstückt und auch nichts mitgenommen. Seit dem Raben bin ich sehr zurückhaltend, aber tatsächlich – ich habe es schlicht vergessen. Egal, wir gehen trotzdem auf den Hidden Lake Trail. Wobei der Name falsch ist, der Parkplatz ist voll und ich glaube alle sind auf diesem einen Trail unterwegs. Vermutlich aus den gleichen Gründen wie wir, es ist der kürzeste, 1,5 Meilen eine Richtung. Am Ende sind wir 2 – 3 Stunden unterwegs, wir haben nicht zur Uhr geguckt und es hat sich gelohnt.
Das erste Stück ist ein angelegter Weg, erst Stein, dann Holzbohlen. Rechts und links sind Frühlingswiesen und Panorama. Mitten im Panorama auf einmal eine weiße Ziege, die gemütlich frißt. Vorne ist sie ihr Winterfell schon fast los, hinten trägt sie noch dicke Hosen. Süß. Und es wird besser, denn sie hat ihr Junges dabei. Beide stehen entspannt am Weg und fressen während die Kameras heiß laufen (meine auch). Wahrscheinlich wurden sie von den Rangern hier positioniert.
Der Weg geht bergauf und bald ist von den Holzbohlen nichts mehr zu sehen, wir stampfen durch Schnee. Nassen, schmelzenden, alten Schnee, aber eben Schnee. Cool – im wahrsten Sinne des Wortes. Alle stapfen und schlittern ihren Weg nach oben oder zurück, alle mit mehr oder weniger Spaß. An einer Engstelle staut es sich, man muss um eine Kante herum, es ist steil und rutschig und eigentlich nur Platz für einen – aber die Leute wollen hin- und auch wieder zurück. Vorne steht eine Frau und kommt nur Stückchenweise vorne, dadurch staut sich alles. Basti hilft ihr. Nett, so isser halt.
Irgendwann liegt das Schneefeld hinter uns, allerdings ist der Weg eher ein Bach, Tauwasser macht genauso nasse Füße wie Schnee. Die Landschaft ist toll, hier gibt es bestimmt Trolle. Ach nee, Bären, aber solange die nächste Ziege entspannt grast wird wohl keiner in der Nähe sein.
Schön, einfach schön ist es hier, angenehme Luft, viel zu gucken, der Hidden Lake ist den Weg wert. Auf der anderen Seite entdeckt Basti ein Paar Wanderer in einem riesigen Schneefeld. Wann die wohl losgegangen sind? Und wo die wohl hinwollen? Ich beneide sie um die Einsamkeit und die Ausdauer. Das zweite fehlt mir, daher wird es mit dem ersten nichts. Aber es ist auch witzig, die Leute zu beobachten und ihnen zuzuhören, wie zum Bespiel dem Vater, der seine kleine Tochter an der Hand hat und sie beruhigen will, dass Schnee nichts Schlimmes ist, nur ein bißchen naß. Und sie wird schon nicht hinfallen, er paßt ja auf. In dem Moment kommt er ins Rutschen und hält sich nur knapp auf den Beinen. Ob das die Tochter beruhigt hat? Wir sind inzwischen wieder auf dem Rückweg, eine weitere Ziege, wieder mit Lamm kreuzt unseren Weg. Das Lamm bleibt erst im Schatten stehen, aber Basti versucht mir ja bei der Tierfotografie Geduld beizubringen. Also warte ich, bis es weiter läuft. Süß.
Direkt hinter der ersten Kurve nach dem Losfahren haben wir unsere nächste und bis dahin letzte Ziegenbegegnung. Sie fängt –wie so oft im NP- mit einem Autostau an. Eine Rangerin läuft vor uns Hände klatschend über die Straße und versucht die Ziege, die im Inneren einer Serpentine in Bewegung ist, weg von den Leuten zu bringen. Es gelingt ihr und das weiße Tier läuft direkt vor mir über die Straße und in den Hang hinein, der mir zu steil zum Stehen, geschweige denn zum Gehen oder Weglaufen wäre. Die Ziege ist sofort hangabwärts verschwunden. Schöne Gesichter, die Tiere. Die nächste Zeit des Rückwegs fahren wir –unter anderem- hinter zwei Harleys her. Ich werde nicht so schnell begreifen, wieso man auf dem Mopped so laut Musik hören muß, dass es drei Autos weiter noch zu hören ist. Meine Ohrstöpsel habe ich im Hotel vergessen. Naja, bei meinem nächsten Fotostopp ziehen sie davon.
Und wir tauschen Moppeds. Ich habe ja Respekt vor Bastis umgebauter Ninja, so viel Power, so wenig Windschutz. Aber sie fährt sich ganz nett, nur die Rückspiegel sind an einer Stelle, wo ich sie nicht erwarte. Immer, wenn ich in den Spiegel gucken will, sehe ich die Straße vor mir. Ich muß den Spiegel bewußt suchen, dann sicherstellen, dass ich im richtigen Winkel gucke, sonst sehe ich nur Bäume – sie mögen ja schick aussehen, aber funktional ist echt anders. Kein Wunder, dass Basti dem einen Auto auf der Interstate vor den Kühler gefahren ist, in dem toten Winkel kann man Laster verstecken.
Inzwischen ist es fast 19:00 Uhr und ich habe fast schon wieder vergessen, dass ich Hunger habe. Aber als das Essen –fast Food – auf dem Tisch steht, fällt es schwer, nicht zu schnell zu essen. Aber ich schaffe es, naja, meistens.
Last but not least braucht Basti noch einen Kaffee. Also landen wir beim Starbucks, Basti kauft einen 5-Liter-Kaffee-Becher und wir haben beide keine Lust hier zu bleiben. Wie gut, dass ich den Tankrucksack mithabe, und genug Zeug um den Becher zu verkeilen – hoffe ich. Bis zum Hotel ist es auch nicht mehr weit, gestern waren wir zu Fuß hier. Wird schon schief gehen und klappt dann tatsächlich problemlos.
Basti: Ich habe auf unserer Reise von mindestens 3 Leuten, denen wir von unserem Reiseverlauf erzählt haben, gehört, daß Glacier einfach der beste Nationalpark ist (oder zumindest bei Weitem besser als Yellowstone). Bis jetzt ist Glacier auf jeden Fall harscher. Es ist irgendwie kompakter und eher Hochalpin, Yellowstone wirkt dagegen weitläufig und mit viel mehr Grasland. Vielleicht wird deswegen in Glacier auch nur noch vor Bären gewarnt, von Bison, Elch und Hirsch lese ich hier nichts.